Diagnostische und therapeutische Aspekte sekundärer ... - APA
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debildern gestellt worden, in denen sexuelle Traumatisierungen im Kindesalter<br />
vorlagen.<br />
Natürlich ist selbstkritisch zu fragen, ob das Stellen einer oder mehrerer zusätzlicher<br />
Diagnosen in irgendeiner Weise weiterhilft, zumal die Symptomatiken<br />
eher miteinander verflochten sind, als dass klar abgrenzbare Komplexe vorliegen.<br />
Außerdem wird das Schwergewicht der Behandlung ohnehin die Psychose als<br />
Primärkrankheit betreffen <strong>und</strong> derzeit können auch – was ein komorbides<br />
Stresssyndrom betrifft – noch keine spezifischen Behandlungsempfehlungen abgegeben<br />
werden. So erscheint eine gesonderte Traumatherapie riskant oder<br />
kontraindiziert, da ein konfrontatives Vorgehen zu einer gefährlichen Dramatisierung<br />
<strong>und</strong> zu einer erneuten Dekompensation beitragen kann. Eher sollte wohl<br />
ein vorsichtiges Thematisieren des traumatischen Gehalts von Erkrankung <strong>und</strong><br />
Therapie <strong>und</strong> ein sensibles Eingehen auf deren psychische Auswirkungen<br />
erfolgen.<br />
Dass eine krankheitswertige Stresssymptomatik infolge schwerer Ges<strong>und</strong>heitsstörungen<br />
wie HIV, Krebs oder Herzinfarkt, auftreten kann, aber auch durch<br />
invasive medizinische Maßnahmen, etwa Chemotherapie oder Organtransplantation,<br />
induziert wird, ist unmittelbar evident <strong>und</strong> auch durch zahlreiche empirische<br />
Studien belegt.<br />
Dennoch gibt es nach wie vor eine kontroverse Debatte darüber, ob auch körperliche<br />
<strong>und</strong> seelische Krankheiten als traumatisierende Vorkommnisse einzuordnen<br />
sind, oder ob Krankheiten lediglich minderschwere Stressoren, also nur<br />
„belastende Lebensereignisse“ darstellen, welche höchstens zu Anpassungsstörungen<br />
führen können.<br />
Eine Diagnose stellen zu können wie »psychosebedingte PTSD« oder »schwere<br />
seelische Belastungsreaktion auf eine Zwangsunterbringung <strong>und</strong> akutpsychiatrische<br />
Behandlung in der Klinik«, hängt davon ab, ob solche Ereignisse <strong>und</strong> Erfahrungen<br />
als traumatischer Stressor zu werten sind.<br />
Das ist prinzipiell möglich, da in den Klassifikationssystemen (DSM-IV, ICD-10)<br />
zwar in erster Linie auf das Kriterium der vitalen Lebensgefahr rekurriert wird,<br />
andererseits aber auch Fälle indirekter Traumatisierung subsumiert werden,<br />
also Gelegenheiten, in denen eine Person traumatische Vorfälle beobachtet oder<br />
von ihnen erfährt.<br />
Ich möchte an dieser Stelle außerdem betonen, dass empirische Untersuchungen<br />
zeigen, dass es hier weniger auf die objektive Belastung, also die physikalisch<br />
oder medizinisch messbare Stressorintensität ankommt, die eine Reizkonfiguration<br />
als schwer belastend, d.h. als Trauma qualifiziert, sondern vielmehr auf die<br />
subjektive Bewertung durch den jeweils Betroffenen.<br />
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