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Diagnostische und therapeutische Aspekte sekundärer ... - APA

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Einige schizophren Erkrankte berichten sogar von regelrechten Spaltungserlebnissen,<br />

von Zerrissenheit des Denkens, von Unverb<strong>und</strong>enheits- <strong>und</strong> Entfremdungsgefühlen.<br />

Andere erleben gewissermaßen die Auflösung der Ich-Grenzen.<br />

Nicht weniger quälend sind akustische Halluzinationen <strong>und</strong> kognitive Störungen,<br />

wie das Rasen, das Lautwerden, die Ausbreitung oder das Abreißen von Gedanken.<br />

Solche Erscheinungen können bedrohliche Form annehmen, wenn Betroffene sich<br />

nicht nur permanent kommentierenden oder schimpfenden, sondern auch imperativen<br />

Stimmen ausgesetzt erleben.<br />

Da Kranke vielfach nicht in der Lage sind, ihre intensiven Wahrnehmungen wegen<br />

deren Fremdartigkeit zu artikulieren <strong>und</strong> darüber hinaus manchmal wahnbedingt<br />

das Sprechen darüber verboten bzw. hochgefährlich ist, geraten viele darüber<br />

in Verzweiflung.<br />

[Abb. 3] Möglicherweise befand sich der Maler van Gogh (1853-1890) in einer<br />

solchen Lage, als er sich 1888 (am 23.12.1888) am linken Ohr selbst verstümmelte.<br />

Es wird ja vermutet, dass er tinnitusartige Ohrgeräusche wahrnahm, daraufhin<br />

einen Hörwahn entwickelte <strong>und</strong> in einem Anfall von Verzweiflung per Radikalschnitt<br />

mit einem Rasiermesser versuchte, die quälenden Phänomene zu beseitigen.<br />

Anschließend soll der Maler - bevor er in die Klinik von Arles kam - das abgetrennte<br />

Ohr gut verpackt einer Prostituierten übergeben haben 1 . Kurz darauf<br />

brachte man ihn nach einem anfallsartigen Vergiftungswahn <strong>und</strong> wegen Halluzinationen<br />

in eine Nervenheilanstalt. 2<br />

Circa ein Jahr später (am 27. Juli 1890) suizidierte sich van Gogh im Kornfeld mit einem Revolver. 3 Unter<br />

Fachleuten stehen allerdings die Einzelheiten des Vorfalls mit der Ohrabtrennung nicht mit letzter<br />

Sicherheit fest. Ob z.B. tatsächlich akustische Halluzinationen vorgelegen haben, oder es sich um eine<br />

nervliche Krise, eine schwere Depression, ein epileptisches Anfallsleiden oder gar um einen unkontrollierten<br />

Erregungszustand als Folge einer Absinth-Intoxikation gehandelt hat. Außerdem wurde spekuliert, ob den<br />

1) »In Arles kam Gauguin zu ihm, jedoch gerieten die beiden Fre<strong>und</strong>e ständig in Streit. Van Gogh litt unter den ersten<br />

Anfällen seiner psychischen Störungen <strong>und</strong> schnitt sich die Ohrmuschel ab ...« (aus: Weltgeschichte der Malerei in 27<br />

Bänden, Editions Recontre, Lausanne, Bd. 18, S. 168). »In einem Augenblick geistiger Überspannung schnitt Vincent<br />

sich sein rechtes Ohr ab. Nervenkrisen, Halluzinationen <strong>und</strong> Anfälle von Verfolgungswahn wiederholten sich ...« (aus:<br />

Kindlers Malerei Lexikon in 15 Bänden, Bd. 5, S. 114). »Gauguin trifft am 20. Oktober 1888 ein; es folgen für beide zwei<br />

Monate fruchtbarer Arbeit. Aber die Verschiedenartigkeit ihrer Temperament sowie die dauernden Streitigkeiten reiben<br />

die schwachen Nerven van Goghs völlig auf. In der Nacht des 23. Dezember versucht er zweimal, sich mit einem<br />

Rasiermesser auf den Fre<strong>und</strong> zu stürzen. Dann richtet er das Messer gegen sich selbst, um sich zu bestrafen, <strong>und</strong><br />

schneidet sich ein Ohr ab, das er gut verpackt einem Mädchen in einem Bordell bringt ...« (aus: Galerie der großen<br />

Maler, Nr. 5: van Gogh, Bastei Verlag; vgl. auch "Van Gogh" von Rene Huyghe, München, Südwest Verlag, S. 80).<br />

2) Am 7. Februar 1889 kam er freiwillig für 10 Tage beobachtungshalber in die von Dr. Théophile Peyro geleitete Klinik<br />

SAINT PAUL-DE-MAUSOLE in Saint-Rémy-de-Provence. Im Mai wurde er dann noch einmal – <strong>und</strong> diesmal nach einem<br />

„Bürgerbegehren“ per Beschluss – für 6 Wochen eingewiesen.<br />

3) Franceschini, S. (2002). Vincent van Gogh: Wie das Genie verrückt wurde / Glanz <strong>und</strong> Elend in der Anstalt / Das<br />

tragische Ende eines Genies. Internetpublikation vom 8.12.02 [http://www.schuelerweb.de/Referate/kun0025.asp];<br />

siehe auch den schönen Text von Bruno Wenk [http://www.vangoghgallery.com/international/german/misc/bio.htm].<br />

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