Zeitschrift Heft 03/08
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Fuzzy-Logic-basierte Reglersysteme für Kläranlagen –<br />
ein fi nanzieller Lichtblick für den öffentlichen Haushalt<br />
von Dr. Malte Jordy, Königswinter und Oliver Keuer, Wesseling<br />
1. Einleitung<br />
Kommunale und städtische Kläranlagen sind in vielerlei Hinsicht<br />
bedeutende Bauwerke. Neben ihrer wichtigen ökologischen<br />
Funktion zur Entlastung der Fließgewässer sind Kläranlagen<br />
auch erhebliche Kostenfaktoren für den öffentlichen<br />
Haushalt. Dies gilt sowohl für bauliche Leistungen als auch<br />
für die dauerhaft anfallenden Betriebskosten der Anlagen.<br />
Die Entsorgungsbetriebe Stadt Wesseling hatten sich in Bezug<br />
auf die Ertüchtigung ihrer Kläranlage über effizienzsteigernde<br />
Maßnahmen informiert und sich letztendlich für die<br />
Installation des wissensbasierten Reglersystems AQUALO-<br />
GIC® der Passavant-Intech GmbH für die Kläranlage Rodderweg<br />
entschieden.<br />
Nachfolgend werden die mit der Installation von AQUALO-<br />
GIC® erzielten Energie- und Kosteneinsparungen von jährlich<br />
ca. 80.000 Euro sowie die zusätzlich erreichten Umweltentlastungen<br />
dargestellt und diskutiert.<br />
2 Ausgangssituation<br />
Die Kläranlage Rodderweg der Entsorgungsbetriebe Stadt<br />
Wesseling ist eine seit ihrem Bau Anfang der 60er Jahre permanent<br />
wachsende und an die über die Jahre verschärften<br />
Einleiterbedingungen angepasste mechanisch-biologisch<br />
arbeitende Abwasserreinigungsanlage. Das anaerob stabilisierende<br />
Klärwerk hat eine Bemessungsgröße von 40.000<br />
Einwohnerwerten. Das Betriebsgelände der Kläranlage ist<br />
mittlerweile nahezu vollständig bebaut und bietet somit keine<br />
weiteren räumlichen Ausbaumöglichkeiten mehr. Die nachfolgende<br />
Luftbildaufnahme bietet einen Überblick über die<br />
Gesamtanlage.<br />
Die Betriebsleitung der Kläranlage Rodderweg hatte sich im<br />
Rahmen verschiedenster Sanierungsarbeiten auch verstärkt<br />
mit den Möglichkeiten einer Effizienzsteigerung der Reinigungsleistung<br />
und der Senkung des Energieverbrauchs<br />
der Anlage auseinandergesetzt. Gründe hierfür waren zum<br />
einen die relativ hohe Auslastung der Anlage und der damit<br />
verbundene Wunsch nach weiteren Reserven für zukünftige<br />
Betriebsjahre und zum anderen die deutlich gestiegenen Energiekosten<br />
und den damit verbundenen erhöhten Betriebskosten.<br />
Nach einer detaillierten Marktanalyse hat man sich<br />
für die mit dem Bayerischen Umweltpreis prämierte Reglersystemserie<br />
AQUALOGIC® der Passavant-Intech GmbH aus<br />
Rimpar entschieden.<br />
Das Fuzzy-Logic-basierte Reglersystem erzielt über eine bedarfsgerechte<br />
Ansteuerung der Belüftungsaggregate einen<br />
hocheffizienten Sauerstoffeintrag in die Belebungsbecken<br />
von Kläranlagen, was eine Verringerung der ablaufenden<br />
Schmutzfrachten zur Folge hat. Weiterhin werden durch die<br />
gezielte Belüftung Energieeinsparungen und somit Betriebskostenreduktionen<br />
erreicht.<br />
3 Maßnahmen und Ergebnisse<br />
Möchte man die Effizienz einer Kläranlage steigern, gilt es,<br />
im Vorfeld einen genauen Überblick über den aktuellen Stand<br />
der Anlage zu gewinnen. Beckengeometrien, Sauerstoffeintragsysteme,<br />
Verfahrensführung, aktuelle Betriebsdaten und<br />
nicht zuletzt die vorhandene Sensorik müssen aufgenommen<br />
und bewertet werden.<br />
Nach der Bestandsaufnahme durch die Passavant-Intech<br />
GmbH wurde in enger Absprache mit dem Betriebspersonal<br />
der Kläranlage Rodderweg befunden, dass die beiden in<br />
Reihe geschalteten Belebungsbecken der Kläranlage sowohl<br />
von Seiten der Belüftungsauslegung (Belebung 1 mit Druckbelüftung,<br />
Belebung 2 mit Oberflächenrotoren) als auch von<br />
Seiten der Sensorikausstattung (je Belebung drei Sauerstoffsonden<br />
mit Temperaturmessung und Ammonium- und Nitratanalysatoren)<br />
für einen über AQUALOGIC® geregelten intermittierenden<br />
Betrieb ausreichend waren.<br />
Zur regelungstechnischen Überwachung wurde ein Personal<br />
Computer (PC) und eine mit dem PC kommunizierende speicherprogrammierbare<br />
Steuerung (SPS) installiert. Eingehende<br />
Sensoriksignale werden dem PC über die SPS zugeleitet und<br />
dort über die patentierte Fuzzy-Logic-Regelung sekündlich<br />
miteinander verrechnet. Je nach Belastungszustand im Belebungsbecken<br />
werden im PC berechnete Stellsignale über<br />
die SPS an die Belüftungsaggregate zur Änderung der Sauerstoffzufuhrleistung<br />
weitergegeben. Das letztendliche Resultat<br />
sind bedarfsabhängige und somit unterschiedlich lang belüftete<br />
Phasen im Wechsel mit bedarfsabhängigen unbelüfteten<br />
Phasen. Während dieser jeweiligen Zustände werden unterschiedliche<br />
Abbauprozesse durch unterschiedliche Mikroorganismengruppen<br />
erreicht, was zu einem gezielten Abbau<br />
der schädlichen Abwasserinhaltsstoffe führt.<br />
3.1 Entwicklung der Ablaufkonzentrationen<br />
Aus Tabelle 1 können die gemittelten Ablaufkonzentrationen<br />
der unterschiedlichen Abwasserinhaltsstoffe im Auslauf der<br />
Kläranlage entnommen werden. Die Ablaufwerte der Vergleichsmonate<br />
Februar bis Dezember 2006 wurden ohne, die<br />
der Vergleichsmonate Februar bis Dezember 2007 mit der<br />
Fuzzy-Logic-Regelung erreicht.<br />
Tab. 1: Gemittelte Ablaufkonzentrationen der verschiedenen<br />
ablaufrelevanten Parameter sowie deren relative Änderungen<br />
für die Untersuchungszeiträume Februar bis Dezember 2006<br />
und 2007<br />
CSB NH 4 -N NO 3 -N Nanorg P ges<br />
(mg/l) (mg/l) (mg/l) (mg/l) (mg/l)<br />
Ablaufkonzentration<br />
Feb. – Dez. 2006<br />
(ohne AQUALOGIC ® ) 19,74 0,15 6,80 6,99 0,97<br />
Ablaufkonzentration<br />
Feb. – Dez. 2007<br />
(mit AQUALOGIC ® ) 20,04 0,18 5,13 5,46 0,88<br />
Änderung (%) 1,5 20 -24,6 -21,9 -9,2<br />
Tabelle 1 zeigt, dass die organische Restbelastung (CSB)<br />
des ablaufenden Abwassers während der beiden Vergleichs-<br />
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