22.10.2012 Aufrufe

Mein Gesundes Magazin 2 2010 - Arbeitskreis Gesundheit eV

Mein Gesundes Magazin 2 2010 - Arbeitskreis Gesundheit eV

Mein Gesundes Magazin 2 2010 - Arbeitskreis Gesundheit eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Quelle: fotolia.com<br />

„Man muss selbstbewusst<br />

zu seinem Recht stehen“<br />

Die Dresdner Juristin Kathrin Borchert kennt sich eigentlich<br />

mit dem Ausfüllen von Anträgen gut aus. Trotzdem ist ihr<br />

Antrag auf eine Mutter-Kind-Reha gar nicht erst bis zu<br />

ihrer Krankenkasse gekommen – sie hat ihn nach einem<br />

Gespräch mit ihrem Arbeitgeber nicht mehr eingereicht.<br />

In MGM erklärt sie, was sie daran hinderte.<br />

Gescheitert bin ich im Grunde an meinem<br />

eigenen schlechten Gewissen und an der<br />

Reaktion meines Arbeitgebers.<br />

Eigentlich wollte ich schon 2007, kurz nach<br />

der Geburt meines Sohnes, in eine Mutter-Kind-Reha.<br />

Die Schwangerschaft war<br />

für mich schlimm, bis hin zu Depressionen.<br />

Bis zur 20. Woche<br />

der Schwangerschaft<br />

war total unklar, ob mein<br />

Kind mit einem Down-<br />

Syndrom zur Welt<br />

kommt oder nicht. Die<br />

Frauenärztin hatte bei<br />

meinem Sohn im Ultraschall<br />

eine verdickte Nackenfalte festgestellt.<br />

Dabei wollte ich diese Untersuchung<br />

am Anfang eigentlich gar nicht. Die<br />

Zeit bis zur Geburt war schrecklich. Das<br />

hat die Beziehung zwischen meinem<br />

Sohn und mir von Anfang an belastet.<br />

Ich würde diese Dinge gern aufarbeiten –<br />

ich dachte, drei Wochen Reha nur mit den<br />

Kindern und mir gibt uns dafür die Zeit. Ich<br />

habe die Anträge besorgt und ausgefüllt.<br />

Dann habe ich mit meiner Chefin in der<br />

<strong>Gesundheit</strong><br />

ist ein Bereich, in<br />

dem man<br />

auch an sich selbst<br />

denken muss.<br />

Rechtsbehelfsstelle, in der ich arbeite,<br />

über meinen Reha-Wunsch gesprochen.<br />

Ihre Antwort war: „Frau Borchert, ich darf<br />

Ihnen nicht im Weg stehen, das steht Ihnen<br />

zu, aber von Ihnen hätte ich eine andere<br />

Arbeitseinstellung erwartet.“ Dazu<br />

kommt, dass meine Kollegen und ich sehr<br />

große Rückstände aufzuarbeiten<br />

haben. Fällt ein<br />

Kollege aus, müssen die<br />

anderen seine Arbeit<br />

auch noch übernehmen.<br />

Den Kollegen zu vermitteln,<br />

dass man drei Wochen<br />

zusätzlich zum Urlaub<br />

ausfällt, ist schwer. Ich hatte das<br />

Gefühl, die Reha ist meinen Arbeitskollegen<br />

gegenüber unfair. Deswegen habe<br />

ich den Antrag nicht eingereicht.<br />

Andererseits merke ich, dass ich eine Auszeit<br />

brauche. <strong>Mein</strong> Arbeitgeber weiß ja<br />

nicht, warum ich eine Reha will. Wenn<br />

meine Kollegen das wüssten, würde ich<br />

mich vielleicht weniger vor Kommentaren<br />

wie „warum muss die drei Wochen Urlaub<br />

machen und bekommt das von der<br />

Öffentlichkeit bezahlt“ fürchten. Aber die<br />

Ängste während der Schwangerschaft<br />

und eine durchgestandene Depression<br />

packt man ja auch nicht so einfach auf<br />

den Tisch.<br />

Wenn ich in diesem Reha-Verfahren etwas<br />

ändern könnte, würde ich auf jeden<br />

Fall die Antragsbögen vereinfachen: Sie<br />

auszufüllen dauert ewig – dabei bin ich<br />

selbst Juristin. Die Formulare schrecken<br />

wirklich ab. Bevor man etwas ankreuzt,<br />

muss man erst einmal eine halbe Stunde<br />

darüber nachdenken. Damit ist schon die<br />

erste Barriere gelegt.<br />

Außerdem würde ich die Forderung streichen,<br />

dass man als Mutter vor einen stationären<br />

Reha erst ambulante Reha-Maßnahmen<br />

versucht haben muss. Für mich<br />

wäre das wirklich schwierig und ich bin sicher<br />

nicht die Einzige. Ich habe eine 35-<br />

Stunden Stelle, nach der Arbeit hole ich<br />

die Kinder jeden Tag nachmittags um vier<br />

aus dem Kindergarten. <strong>Mein</strong> Mann<br />

kommt nicht vor halb acht abends nach<br />

Hause. Wie soll eine ambulante Therapie<br />

in diesen Ablauf passen?<br />

Ich werde im nächsten Jahr trotzdem<br />

noch einmal versuchen, einen Antrag einzureichen.<br />

Anderen Frauen würde ich mittlerweile<br />

den Rat geben, ganz selbstbewusst<br />

vorzugehen. <strong>Gesundheit</strong> ist ein<br />

Bereich, in dem man auch an sich selbst<br />

denken muss. Ich kann mir gut vorstellen,<br />

dass das Herausnehmen aus dem Alltag<br />

positiv auf Mütter und Kinder wirkt. Wenn<br />

man wegen der Reha mit seinem Arbeitgeber<br />

spricht, muss man selbstbewusst<br />

auftreten und davon überzeugt sein, dass<br />

die Reha einem zusteht. Ich ärgere mich<br />

jetzt enorm darüber, dass ich das nicht<br />

von vornherein gemacht habe. Insgesamt<br />

sollte die Mutter-Kind-Reha bekannter gemacht<br />

werden. Frauen sollten wissen,<br />

dass sie ein Recht darauf haben.<br />

(Der Name der Betroffenen wurde von der Redaktion<br />

geändert. Der richtige Name ist der Redaktion bekannt.)<br />

MEIN GESUNDES MAGAZIN 23<br />

Quelle: Thorben-Wengert/pixelio.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!