Panorama 1 / Februar 2012 - Erlebnisbank.ch
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10 | GELD<br />
www.raiffeisen.<strong>ch</strong>/panorama<br />
Auf Kriegszug<br />
mit Währungen<br />
Auf der Welt tobt ein «versteckter<br />
Krieg», der ohne Waffen, dafür mit<br />
Worten und We<strong>ch</strong>selkursen geführt<br />
wird: ein «Währungskrieg», in dem<br />
der Franken eine «Flu<strong>ch</strong>twährung»<br />
ist. Neutralität gibt es dabei keine<br />
– au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t für die S<strong>ch</strong>weiz. Zu<br />
diesem S<strong>ch</strong>luss kommt der Wirts<strong>ch</strong>aftsthriller-Autor<br />
Markus A. Will<br />
im folgenden Beitrag.<br />
K So sehr si<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>weizerinnen und S<strong>ch</strong>weizer<br />
mit dem starken Franken im Portemonnaie über<br />
die Einkaufsvorteile im Euroland gefreut haben<br />
mögen, so fatal war diese massive Aufwertung<br />
für die heimis<strong>ch</strong>e Wirts<strong>ch</strong>aft. Umso wi<strong>ch</strong>tiger<br />
war es au<strong>ch</strong>, dass die S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Nationalbank<br />
(SNB) dieser spekulativen Flu<strong>ch</strong>t in den<br />
Franken mit ihrer Ents<strong>ch</strong>eidung vom 6. September<br />
2011 eine Obergrenze von 1.20 Franken je<br />
Euro gesetzt hat. Die Franken-Aufwertung<br />
gegen Euro und au<strong>ch</strong> gegenüber dem US-Dollar<br />
ist dabei einer der «Kriegss<strong>ch</strong>auplätze» des<br />
s<strong>ch</strong>on länger tobenden «Weltwährungskriegs».<br />
Worum geht es? «Währungskrieg» ist ein<br />
martialis<strong>ch</strong>er Begriff, do<strong>ch</strong> er s<strong>ch</strong>wirrt dur<strong>ch</strong> die<br />
Weltwirts<strong>ch</strong>aft. Au<strong>ch</strong> wenn dieses militäris<strong>ch</strong>e<br />
Vokabular hier immer in Anführungszei<strong>ch</strong>en ges<strong>ch</strong>rieben<br />
wird, so bes<strong>ch</strong>reibt die Metapher die<br />
Lage ans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>. Im «Währungskrieg» sind die<br />
«Waffen» We<strong>ch</strong>selkurse, Zinsdifferenzen und<br />
Inflation, die «Kriegsfolgen» Staatsbankrotte<br />
oder der Zerfall von Euroland. Gerade letzteres<br />
darf au<strong>ch</strong> im s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Interesse ni<strong>ch</strong>t<br />
passieren; es gibt in dieser Auseinandersetzung<br />
keine währungspolitis<strong>ch</strong>e Neutralität.<br />
Franken bindet si<strong>ch</strong> an Euro<br />
Au<strong>ch</strong> ein «Währungskrieg» kann nur gewonnen<br />
werden, wenn das Volk zusammensteht. Der im<br />
Januar zurückgetretene Nationalbankpräsident<br />
Philipp M. Hildebrand und sein Direktorium ha-<br />
1/<strong>2012</strong> PANORAMA RAIFFEISEN<br />
ben das mit grossem taktis<strong>ch</strong>em Ges<strong>ch</strong>ick errei<strong>ch</strong>t;<br />
die Haltung der SNB wurde weltweit<br />
gelobt und als Vorbild für die Europäis<strong>ch</strong>e Zentralbank<br />
(EZB) angeführt. Das ist die eine Seite<br />
der Medaille. Die andere Seite ist, dass die<br />
S<strong>ch</strong>weiz seit dem 6. September faktis<strong>ch</strong> ein Mitglied<br />
der Europäis<strong>ch</strong>en Währungsunion ist. Die<br />
SNB muss seither jeden geldpolitis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>ritt<br />
der EZB berücksi<strong>ch</strong>tigen, um den Frankenkurs<br />
ni<strong>ch</strong>t zu belasten.<br />
Warum hat die Nationalbank si<strong>ch</strong> an den<br />
momentan so kranken Euro gebunden? Ein<br />
Währungsraum, in dem si<strong>ch</strong> die Staaten über<br />
ihre Vers<strong>ch</strong>uldungsquoten «bekriegen», ist do<strong>ch</strong><br />
kein Währungstraum für eine We<strong>ch</strong>selkursanbindung.<br />
Die Antwort ist ganz einfa<strong>ch</strong>: Über<br />
50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) werden<br />
in den Euroraum exportiert, überwiegend<br />
von den über 30 000 international tätigen kleinen<br />
und mittelständis<strong>ch</strong>en Unternehmen. Vom<br />
Tourismus gar ni<strong>ch</strong>t erst zu reden, der ebenfalls<br />
unter einem hohen Franken leidet. Mit der Obergrenze<br />
kennen Unternehmen wie die Hotellerie<br />
nun ihre S<strong>ch</strong>merzgrenze.<br />
Es war und ist eine Ents<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en<br />
Pest und Cholera, zwis<strong>ch</strong>en Preis- und We<strong>ch</strong>selkursstabilität.<br />
Genau deshalb hat si<strong>ch</strong> die SNB<br />
dafür vorab die Unterstützung aller politis<strong>ch</strong>en<br />
Kräfte versi<strong>ch</strong>ert. Diese Einigkeit ist keine hinrei<strong>ch</strong>ende,<br />
sondern eine notwendige Bedingung.<br />
Es darf kein Zweifel aufkommen, dass<br />
diese S<strong>ch</strong>merzgrenze im Innern als «währungspolitis<strong>ch</strong>e<br />
Demarkationslinie» gegen aussen mit<br />
allen Mitteln verteidigt wird. Geldpolitik hat viel<br />
mit Psy<strong>ch</strong>ologie zu tun, mit «psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>er<br />
Kriegsführung» im «Währungskrieg».<br />
Wa<strong>ch</strong>stum s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong> ab<br />
Die Experten loben die SNB, weil sie den Märkten<br />
ihre Haltung unmissverständli<strong>ch</strong> klar gema<strong>ch</strong>t<br />
hat. Deshalb glauben die Beoba<strong>ch</strong>ter,<br />
dass die Spekulanten die Grenze von 1.20 gar<br />
ni<strong>ch</strong>t testen werden, weil sie ebenfalls zu wissen<br />
glauben, dass die SNB ni<strong>ch</strong>t blufft. Es grenzt fast<br />
an ein Wunder, dass die ausländis<strong>ch</strong>en Währungsreserven<br />
im Herbst seit der Ankündigung<br />
sogar sanken. Die SNB brau<strong>ch</strong>te kaum Euro zur<br />
oberen Absi<strong>ch</strong>erung des Frankenkurses anzukaufen.<br />
Sollte es dauerhaft funktionieren, so<br />
wäre dies eine geniale «Kriegslist» der SNB.<br />
Denno<strong>ch</strong> wird <strong>2012</strong> au<strong>ch</strong> mit der Euro-Anbindung<br />
das Wa<strong>ch</strong>stum s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>er werden. Die<br />
Inflationsangst und die niedrigen Zinsen werden<br />
eine Flu<strong>ch</strong>t in Realgüter fortsetzen und die Immobilienpreise<br />
weiter in die Höhe treiben. Das<br />
Platzen einer Immobilienblase wird aber erst bei<br />
steigenden Zinsen, die mit der Inflation kommen<br />
werden, zu einer Gefahr. Allerdings brau<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong><br />
der normale Eigenheimbesitzer keine Sorgen zu<br />
ma<strong>ch</strong>en, solange er ni<strong>ch</strong>t in einem der überhitzten<br />
«hot spots» wohnt. Soweit zum «Kriegss<strong>ch</strong>auplatz<br />
Euroraum».<br />
Foto: Raiffeisen S<strong>ch</strong>weiz