Wie schön leuchtet der Morgenstern - Evangelische ...
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<strong>Wie</strong> <strong>schön</strong> <strong>leuchtet</strong> <strong>der</strong> <strong>Morgenstern</strong><br />
voll Gnade und Wahrheit von dem Herrn,<br />
du süße Wurzel Jesse.<br />
Du Sohn Davids aus Jacobs Stamm,<br />
mein König und mein Bräutigam,<br />
hast mir mein Herz besessen;<br />
lieblich,<br />
freundlich,<br />
<strong>schön</strong> und herrlich,<br />
groß und ehrlich,<br />
reich an Gaben,<br />
hoch und sehr prächtig erhaben.<br />
Alle Verse dieses Liedes sind so getextet, dass die Silben einer jeden Strophe das Bild eines<br />
Kelches ergeben.<br />
Nicht irgendeines Kelches, son<strong>der</strong>n eines Abendmahlskelches.<br />
Das ist kein Zufall. Philipp Nicolai hat sich natürlich etwas dabei gedacht. Als überzeugter<br />
Lutheraner ist <strong>der</strong> Abendmahlskelch für ihn eine Art Wasserzeichen, auf dessen Hintergrund<br />
er alle Worte seines Liedes gedruckt und verstanden wissen will. Genauer gesagt: Alles Singen,<br />
alle Predigt, alle Arbeit in <strong>der</strong> Gemeinde ist für ihn verzichtbar, wenn sie nicht auf dem<br />
Hintergrund <strong>der</strong> Weihnachts- und Osterbotschaft geschieht:<br />
Gott ist Mensch geworden, uns Menschen zugute.<br />
Jesus Christus litt für uns und starb und auferstand zum ewigen Leben.<br />
Der Kelch ist das Zeichen des Heils, das Christus ganz ohne unser Verdienst für uns erlangt<br />
hat.<br />
Wo diese Mitte <strong>der</strong> Schrift und damit <strong>der</strong> Verkündigung verblasst o<strong>der</strong> gar entfällt, da ist alle<br />
Verkündigung und alle Gemeindearbeit vergeblich. Und deshalb bringt Philipp Nicolai alles<br />
für uns zusammen: Das Wort für Ohr und Geist, die Musik für Herz und Ohr, das Bild für Auge,<br />
Herz und Verstand. Nicht „Herz und Herz vereint zusammen", son<strong>der</strong>n vielmehr Herz<br />
und Mund und Ohr und Auge und Geist zusammen. Alle Sinne sind gefor<strong>der</strong>t und werden<br />
angesprochen bei dem Menschen, <strong>der</strong> dem Geheimnis des Glaubens auf <strong>der</strong> Spur ist.<br />
Das ist übrigens auch ein deutlicher Unterschied zwischen lutherischem und reformiertem<br />
Denken und Feiern.<br />
Die „Lutherische Messe", <strong>der</strong> Gottesdienst nach den Vorstellungen Martin Luthers, will zwar<br />
das Wort in den Mittelpunkt stellen, begleitet es aber und formt es aus durch Musik und Bil<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Liturgie. So kann man durchaus unterschiedlichen Zugang zum Glauben bekommen:<br />
Über das Wort, über die Musik o<strong>der</strong> auch über die Bil<strong>der</strong> und vielleicht erst recht, wenn alles<br />
im Gottesdienst zusammenkommt und aufeinan<strong>der</strong> bezogen ist. Damit bestärkt es sich gegenseitig<br />
in seiner Wirkung.<br />
Die Reformierten Christen indes setzen stärker auf die Kraft des verkündigten Wortes: Kräftige<br />
Predigt, kaum Liturgie, keine Bil<strong>der</strong>, die ablenken könnten.<br />
Freilich gehört kräftiger Gesang dort auch zum Kern <strong>der</strong> Verkündigung. Heute stellen viele<br />
Menschen an sich selbst fest, dass sie eigentlich nicht nur mit dem Verstand und dem Geist<br />
in den Gottesdienst kommen, son<strong>der</strong>n immer auch mit Herzen, Mund und Händen und Oh-<br />
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