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Stichwort: ?Ostern?

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Schwerpunktthema: AUFERSTEHUNG _______________<br />

<strong>Ostern</strong> ist das wichtigste Fest der<br />

Christen. Im Mittelpunkt steht die<br />

Feier der Auferweckung Jesu von<br />

den Toten (1. Korinther 15,3-5).<br />

Das Osterfest ist das älteste christliche<br />

Jahresfest. Die christliche<br />

Osterfeier hat ihre Wurzel im alttestamentlich-jüdischen<br />

Passah-Fest.<br />

Passah heißt „Verschonung“ und<br />

meint die jüdische Feier zur Erinnerung<br />

daran, dass die Erstgeburt der<br />

Israeliten verschont wurde und das<br />

Volk aus Ägypten auszog (2.Mose<br />

12). Gefeiert wird es am 14. Nissan<br />

(März-April) durch Schlachtung<br />

eines Lammes.<br />

Das letzte Abendmahl als Passahmahl<br />

Fresko in Sant Angelo in Formis, um 1000<br />

Dass sich die ersten Christen am<br />

Passahfest orientierten, hat seinen<br />

Grund in Folgendem: Sie sahen<br />

einen inneren Zusammenhang zwi-<br />

6<br />

<strong>Stichwort</strong>: „<strong>Ostern</strong>“<br />

schen den Ereignissen, an die sich<br />

das Volk Israel in seiner Passahfeier<br />

erinnert (Auszug aus Ägypten,<br />

Errettung aus der Knechtschaft),<br />

und dem Leiden, dem Tod und der<br />

Auferstehung Jesu.<br />

So ist für Christen das alttestamentliche<br />

Passah eine Art Vorbild<br />

für die Geschichte Jesu und eine<br />

Verbindung als Volk des Neuen<br />

Bundes zum Volk Israel. Eine spezifisch<br />

christliche Passahfeier ist<br />

erst im 2. Jahrhundert nachzuweisen.<br />

Die genaue Herkunft der Bezeichnung<br />

„<strong>Ostern</strong>“ ist unklar.<br />

Der Termin des Osterfestes wurde<br />

auf dem Konzil von Nicäa 325 n.<br />

Chr. auf den ersten Sonntag nach<br />

dem Frühjahrsvollmond festgelegt.<br />

Vor diesem Hintergrund fällt <strong>Ostern</strong><br />

in jedem Jahr auf ein anderes Wochenende.<br />

<strong>Ostern</strong> schließt die Passionszeit<br />

ab. Sie reicht von<br />

Aschermittwoch bis Karsamstag<br />

und enthält 40 Fastentage und 6<br />

fastenfreie Sonntage. Bis zum<br />

Himmelfahrtstag sind es dann vierzig<br />

Tage, bis zum Pfingstfest insgesamt<br />

fünfzig, weshalb auch diese<br />

Festtage im Kalender variabel sind.


<strong>Stichwort</strong>: „Auferstehung“<br />

Kann es die Auferstehung von den<br />

Toten als ein reales Geschehen<br />

tatsächlich geben? Und ist Jesus<br />

wirklich auferstanden? Dass an der<br />

Sache etwas dran sein muss, legen<br />

zwei Aspekte nahe: 1. Die Auferweckung<br />

Jesu ist die Initialzündung<br />

für das Entstehen des Christentums;<br />

2. Auferstehung gehört zum<br />

Kernbestand des christlichen Glaubens,<br />

hat Bekenntnischarakter und<br />

ist als Begriff von keiner christlichen<br />

Gruppe je abgelehnt worden.<br />

Im Neuen Testament ist von einem<br />

wirklichen Geschehen die Rede.<br />

Betrachtete man die Auferstehung<br />

lediglich als eine Wunschvorstellung,<br />

so ist zu fragen, wie ein solcher<br />

Glaube angesichts des Todes<br />

eines geliebten Menschen tatsächlich<br />

trösten und Hoffnung entfalten<br />

kann.<br />

Für das Neue Testament steht fest,<br />

dass es sich bei der Auferstehung<br />

Jesu um ein historisches Ereignis<br />

handelt, mit dem die Geschichte<br />

des Christentums ihren Anfang<br />

nahm. Dass Jesus der verheißene<br />

Messias ist, lässt sich nur vor dem<br />

Hintergrund behaupten, dass er<br />

auferweckt wurde. Und wäre er<br />

nicht auferweckt worden, so hätte<br />

sein Tod keine Heilsbedeutung.<br />

Jesus wäre mit seiner Mission gescheitert.<br />

Jesu Auferstehung wird nicht als<br />

Rückkehr eines Toten in das irdische<br />

Leben (z.B. Wiederbelebung)<br />

beschrieben. Vielmehr geht es um<br />

eine Verwandlung zu einem neuen,<br />

unvergänglichen Leben. Dies wird<br />

schon an der Wortwahl sichtbar,<br />

die hier verwendet wird. Die Rede<br />

von der Auferstehung bzw. Auferweckung<br />

drückt das Geschehen<br />

metaphorisch aus. Wie man vom<br />

Schlaf aufsteht oder geweckt wird,<br />

so soll es analog auch den Toten<br />

einmal widerfahren.<br />

Auferweckung der Tabea (Tabita)<br />

Fenster von Walther Benner<br />

in St. Peter zu Syburg<br />

7


Die Antwort auf die Frage nach der<br />

Möglichkeit einer Auferstehung von<br />

den Toten hängt letztlich damit zusammen,<br />

ob nur das geschehen<br />

kann, was sich menschlicher Erkenntnis<br />

voll und ganz erschließt.<br />

Es kommt auf unser Wirklichkeitsverständnis<br />

an. Die biblische Sprache<br />

mit ihren Gleichnissen und<br />

Metaphern weist über das Empirisch-Faktische<br />

hinaus. Der Osterglaube<br />

ist übrigens nicht entstanden,<br />

weil bewiesen werden konnte,<br />

8<br />

dass das Grab leer war. An keiner<br />

Stelle berufen sich die Jünger Jesu<br />

auf das leere Grab, sondern stets<br />

auf die Begegnung mit dem Auferstandenen.<br />

Der Vorgang der Auferweckung<br />

fand jenseits menschlicher<br />

Beobachtung statt. Die Auferweckung<br />

Jesu ist Inhalt der Verkündigung.<br />

Die Auferstehung ist als<br />

Wunder verstanden worden, als<br />

Eingreifen Gottes in unsere Welt,<br />

menschlichem Begreifen entzogen<br />

und dennoch nicht unzugänglich.<br />

Johannes 11, 43-44: Die Auferweckung des Lazarus<br />

Fliese aus Amsterdam um 1760 (aus der „Fliesenbibel)<br />

Diese und die folgenden Abbildungen sind dem<br />

Ausstellungskatalog „Mit Bilderfliesen durch die Bibel“ entnommen.


„Die Lieder treiben uns in das Geheimnis“<br />

von Fulbert Steffensky<br />

Der Osterglaube ist auch Arbeit. Es<br />

glaubt sich nicht von allein. Man<br />

sieht es an den Osterliedern, die oft<br />

mit einer Glaubensaufforderung<br />

beginnen: „Wach auf, mein Herz,<br />

die Nacht ist hin!“, heißt es oder:<br />

„Wir wollen alle fröhlich sein!“ Paul<br />

Gerhardt ermuntert das Herz: „Auf,<br />

auf, mein Herz, mit Freuden nimm<br />

wahr, was heut geschieht!“ Wie<br />

man eine müde Kuh auftreibt, ruft<br />

er dem kläglichen Herzen zu: „Auf,<br />

auf!“ Mach dich an die Glaubensarbeit<br />

und richte dich nicht ein in der<br />

traurig-süßen Ersichtlichkeit eines<br />

verlorenen Lebens. Die Lieder treiben<br />

uns in das Geheimnis. Und wie<br />

man im Singen besser wandert, so<br />

machen uns die Osterlieder Glaubensbeine.<br />

Ja, vielleicht könnte ich<br />

auf die Osterpredigt verzichten, nie<br />

aber auf die Osterlieder. So hält<br />

man die Auferstehung Christi im<br />

Gedächtnis – nicht in einer theologischen<br />

Lehre, nicht durch eine<br />

kluge Erklärung, sondern im Gebet<br />

und in dessen höchster Form: im<br />

Gesang. Die Lieder bewahren uns<br />

am besten davor, in den klugen<br />

Sagbarkeiten zu ersticken.<br />

Matthäus 28, 2-4: Die Auferstehung Jesu Christi<br />

Fliese aus Harlingen um 1760 (aus der „Fliesenbibel“)<br />

9


10<br />

Er ist erstanden, Halleluja<br />

Er ist erstanden, Halleluja.<br />

Freut euch und singet, Halleluja.<br />

Denn unser Heiland hat triumphiert,<br />

all seine Feind gefangen er führt.<br />

Lasst uns lobsingen vor unserem Gott,<br />

der uns erlöst hat vom ewigen Tod.<br />

Sünd ist vergeben, Halleluja!<br />

Jesus bringt Leben, Halleluja!<br />

Er war begraben drei Tage lang.<br />

Ihm sei auf ewig Lob, Preis und Dank;<br />

denn die Gewalt des Tods ist zerstört;<br />

selig ist, wer zu Jesus gehört.<br />

Lasst uns lobsingen vor unserem Gott,<br />

der uns erlöst hat vom ewigen Tod.<br />

Sünd ist vergeben, Halleluja!<br />

Jesus bringt Leben, Halleluja!<br />

Der Engel sagte: »Fürchtet euch nicht!<br />

Ihr suchet Jesus, hier ist er nicht.<br />

Sehet, das Grab ist leer, wo er lag:<br />

er ist erstanden, wie er gesagt.«<br />

Lasst uns lobsingen vor unserem Gott,<br />

der uns erlöst hat vom ewigen Tod.<br />

Sünd ist vergeben, Halleluja!<br />

Jesus bringt Leben, Halleluja!<br />

»Geht und verkündigt, dass Jesus lebt,<br />

darüber freu sich alles, was lebt.<br />

Was Gott geboten, ist nun vollbracht,<br />

Christ hat das Leben wiedergebracht.«<br />

Lasst uns lobsingen vor unserem Gott,<br />

der uns erlöst hat vom ewigen Tod.<br />

Sünd ist vergeben, Halleluja!<br />

Jesus bringt Leben, Halleluja!


Er ist erstanden, hat uns befreit;<br />

dafür sei Dank und Lob allezeit.<br />

Uns kann nicht schaden Sünd oder Tod,<br />

Christus versöhnt uns mit unserm Gott.<br />

Lasst uns lobsingen vor unserem Gott,<br />

der uns erlöst hat vom ewigen Tod.<br />

Sünd ist vergeben, Halleluja!<br />

Jesus bringt Leben, Halleluja!<br />

Text: Ulrich S. Leupold 1969 nach dem Suaheli-Lied<br />

»Mfurahini, Haleluya« von Bernard Kyamanywa 1966<br />

Matthäus 28, 5-6: Der Engel verkündet den Frauen die Auferstehung<br />

Fliese aus Harlingen um 1850 (aus der „Fliesenbibel“)<br />

11


12<br />

„Am Ende ein Doppelpunkt“<br />

von Heinz Zahrnt<br />

Das Leben ist zwar eine Einbahnstraße<br />

auf den Tod hin, aber keine<br />

Sackgasse. Es bleibt die Hoffnung,<br />

dass es am Ende mit dem Menschen<br />

gut ausgeht. Wer mehr will,<br />

ist ein religiöser Nimmersatt!<br />

Die Frage nach dem Jenseits und<br />

dem ewigen Leben ist heute weitestgehend<br />

ausgeklammert.<br />

Durch die Aufklärung hat diese<br />

Frage eine entscheidende Wende<br />

hinsichtlich ihrer Bedeutung für<br />

unser Leben erfahren.<br />

Sie betrifft aber nicht einen Teilbereich<br />

bzw. einen einzelnen Glaubensinhalt,<br />

sondern das Ganze.<br />

Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts<br />

wollten die Menschen sich<br />

das ewige Heil ihrer Seele nicht<br />

verscherzen und nahmen eher eine<br />

tödliche Strafe auf sich, als sich<br />

gegen die Überzeugung der Herrschaft<br />

Gottes zu stellen. Heute<br />

werden Glaube, Werte und geliebte<br />

Menschen verraten und verkauft,<br />

Moral und Ethik nicht gefragt, „nach<br />

mir die Sintflut“, der Zweck heiligt<br />

die Mittel – gemeint ist Geld.<br />

Die Prioritäten sind vertauscht. Vor<br />

der Aufklärung wurde der Blick vornehmlich<br />

auf das Jenseits gerichtet<br />

und nach dem ewigen Heil gefragt,<br />

wobei die Antwort auf diese Frage<br />

half, das Leben im Diesseits zu<br />

gestalten. Heute hingegen blicken<br />

die Menschen auf die Lebenszeit<br />

und fragen danach, wie sie das<br />

irdische Leben so angenehm und<br />

wertvoll wie möglich im Sinne von<br />

Erfolg und Kaufkraft schaffen. Interessanterweise<br />

bezieht sich diese<br />

Wahrnehmung auf Menschen der<br />

finanziell reicheren Länder und<br />

Kulturen.<br />

Selbst moderne Theologen sehen<br />

das ewige Leben als veraltete Anschauung<br />

aus Spätantike und Mittelalter<br />

– einem überholten Weltbild<br />

angehörig – und sprechen von<br />

„postmortaler Existenz“ (Sölle).<br />

Das verlorene Jenseits. ist keine<br />

Klage und Forderung zum Rückschritt.<br />

lch will nicht eine falsche<br />

Jenseitsfrömmigkeit, welche das<br />

Diesseits verschlingt. Jesus antwortete<br />

auf die Frage, was zu tun<br />

sei, um das ewige Leben zu erlangen,<br />

mit dem Gleichnis vom barmherzigen<br />

Samariter. Es geht nicht<br />

um das ewige Heil meiner Seele,<br />

sondern um die Bewahrung und<br />

Rettung der Welt.<br />

Paulus in Phil. 1,23ff: Denn es setzt<br />

mir beides hart zu: Ich habe Lust<br />

aus der Welt zu scheiden und bei<br />

Christus zu sein, was auch viel<br />

besser wäre; aber es ist nötiger im<br />

Fleisch zu bleiben, um euretwillen.<br />

Mit dieser Einstellung hat er viel


geleistet in dieser vergänglichen<br />

Welt.<br />

Jesus in Apg. 1,9ff zieht seine Jünger<br />

nicht nach sich himmelwärts,<br />

sondern sie hören eine Stimme, die<br />

zu ihnen spricht: „lhr Männer von<br />

Galiläa, was steht ihr und seht zum<br />

Himmel? Dieser Jesus, der von<br />

euch weg gen Himmel aufgenommen<br />

wurde, wird so wiederkommen,<br />

wie ihr ihn habt gen Himmel<br />

fahren sehen.“<br />

Das ist eine eindeutige Einweisung<br />

in das Diesseits und die Übergabe<br />

der Verantwortung für das Schicksal<br />

der Welt. Demnach bedeutet<br />

der Verlust der voraufklärerischen<br />

Jenseitsvorstellung insofern keinen<br />

Verlust für den christlichen Glauben,<br />

als dass der Bezug unseres<br />

Glaubens auf das Diesseits deutlich<br />

wird. Es bedeutet schon einen<br />

Verlust hinsichtlich der allein diesseitig<br />

gedachten Zuwendung Gottes<br />

und damit den Verlust der Hoffnung<br />

auf eine ganz andere Qualität<br />

der Schöpfung und des Dasein.<br />

Apostelgeschichte 1,9: Die Himmelfahrt<br />

Fliese aus Amsterdam um 1790 (aus der „Fliesenbibel“)<br />

13


14<br />

„Auferstehung des Fleisches<br />

– das verstehe ich nicht.“<br />

Gemeindebrief Kairo, 1967<br />

Auferstehung des Fleisches – das<br />

verstehe ich nicht. Freund, ich auch<br />

nicht. Wie sollte man solch ein<br />

Wunder verstehen? Ich verstehe<br />

auch nicht, wie aus dem Samen<br />

eine Blume wächst, ich verstehe<br />

nicht, wie das Kind im Mutterleib<br />

wächst – wiewohl ich es erfuhr –<br />

ich verstehe nicht, wie ein Wassertröpfchen<br />

so voller Leben sein<br />

kann, das mein Auge nicht sieht.<br />

Ich verstehe überhaupt nicht, was<br />

Leben ist, ich verstehe auch nicht,<br />

was Tod ist. Wo geht das Leben<br />

hin, wenn es den Leib verlässt?<br />

Und wie ist es hineingekommen?<br />

Nichts verstehe ich, Freund, nicht<br />

das Geringste. Meine Gedanken<br />

können das Wunder umkreisen,<br />

aber sie dringen nicht ein. Ich glaube,<br />

ich will es auch gar nicht. Ich<br />

kann mich nur freuen am Leben<br />

oder es erleiden – am meisten wohl<br />

dies. Ich bin nur ein einfacher<br />

Mensch, aber auch wenn ich das<br />

nicht wäre, verstünde ich das Wunder<br />

des Lebens nicht. Ich glaube<br />

aber, dass das Leben nie zu Ende<br />

ist und dass die Auferstehung ein<br />

Wunder ist wie das Leben auch. Ich<br />

brauche „Auferstehung“ nicht zu<br />

verstehen. Aber erleben werde ich<br />

sie und werde gar nichts fragen. Ich<br />

werde da sein, wo ich nach Gottes<br />

Willen sein soll, und das sein, wozu<br />

Gott mich bestimmt hat schon zu<br />

der Zeit, als ich noch im Leibe lebte.<br />

Meine Aufgabe hier ist, nicht zu<br />

grübeln über Wunder, die ich nie<br />

verstehen kann, sondern das zu<br />

tun, was ich als Gottes Willen verstanden<br />

habe.


15<br />

Johannes 20, 3-9: Der Osterwettlauf<br />

(Petrus und Johannes laufen zum Grab)<br />

Fliese aus Hage 2004 (aus der „Fliesenbibel“)<br />

Die Auferstehung Jesu von den Toten<br />

Die Osterberichte in den vier Evangelien<br />

des Neuen Testaments sind<br />

im Zusammenhang gesehen widerspruchsvoll.<br />

Aus ihnen lässt sich<br />

nicht mit Sicherheit ein einheitliches<br />

Ostergeschehen rekonstruieren,<br />

das nach Ort, Zeit, beteiligten Personen<br />

und geschehener Ereignisfolge<br />

eine genaue Kunde von dem<br />

Tathergang geben könnte. Eine<br />

unabhängige und somit objektive<br />

historische Bezeugung des Ostergeschehens<br />

ist uns nicht gegeben.<br />

Im strengen Sinne historisch gesichert<br />

ist alleine der Osterglaube der<br />

Jünger, nicht jedoch das Ostergeschehen<br />

selbst.<br />

Warum handelt Gott im Verborgenen,<br />

wenn er sich doch der Welt<br />

offenbaren will? Warum haben wir<br />

Zugang zum Ostergeschehen nur<br />

auf dem subjektiven Wege des


Glaubens und nicht auf dem objektiv<br />

gesicherten Wege einer historischen<br />

Erforschung? Die Auferstehung<br />

Jesu von den Toten ist kein<br />

objektives Ereignis innerhalb der<br />

Menschheitsgeschichte. Was uns<br />

in den vier neutestamentlichen<br />

Evangelien als Ostergeschehen<br />

kundgegeben wird, ist als theologische<br />

Wahrheit niemals eine geschichtliche<br />

Wirklichkeit gewesen.<br />

Nicht nur die Erzählung von den<br />

Wächtern am leeren Grab, sondern<br />

alle Rede vom leeren Grab und<br />

seiner Auffindung ist historisch betrachtet<br />

sekundär, spätere legendarische<br />

Sicht und Ausschmückung<br />

der apostolischen Osterbotschaft.<br />

Die vier uns überlieferten biblischen<br />

Osterberichte sind vier unterschied-<br />

liche Osterlegenden der zweiten<br />

christlichen Generation.<br />

Zur ersten christlichen Generation<br />

gehören die Briefe des Apostels<br />

Paulus. Hier gibt es keine Erzählungen<br />

von der Auffindung des leeren<br />

Grabes und sich daran anschließender<br />

Erscheinungen des<br />

Auferweckten an verschiedenen<br />

Orten. Paulus berichtet in 1. Korinther<br />

15 von visionären Erscheinungen<br />

vor verschiedenen Osterzeugen.<br />

Damit verändert die Osterbotschaft<br />

ihren Charakter. Aus dem<br />

Bericht objektiver Geschehnisse<br />

wird das persönliche Zeugnis subjektiver<br />

Erlebnisse. <strong>Ostern</strong> hat sich<br />

nicht als ein äußerliches Geschehen<br />

vor den Augen der Jünger objektiv<br />

manifestiert, sondern wurde<br />

Johannes 20, 26-27: Der ungläubige Thomas<br />

Fliese aus Utrecht 1800 (aus der „Fliesenbibel“)<br />

16


von ihnen in der Innerlichkeit des<br />

Herzens erfahren. Religionspsychologisch<br />

betrachtet ist das Ostergeschehen<br />

ein visionäres Ereignis<br />

im Seelenleben der Jünger, das<br />

als solches durchaus innergeschichtlich<br />

ableitbar ist.<br />

<strong>Ostern</strong> ist der Moment der Vergewisserung<br />

des Glaubens im Seelenleben<br />

der Jünger, dass der Gekreuzigte<br />

durch Gottes Handeln<br />

lebt. Als Seelenphänomen ereignet<br />

es sich unter der Gestalt eines subjektiven<br />

visionären Erlebnisses, das<br />

innergeschichtlich ableitbar ist und<br />

streng geschichtlich gedacht des<br />

Wundercharakters entbehrt. Unter<br />

den zeitgeschichtlichen Denk- und<br />

Glaubensbedingungen der Jünger<br />

begründen die visionären Erlebnisse<br />

den Glauben an den Auferweckten<br />

und sind nicht selber Ausdruck<br />

des Glaubens. <strong>Ostern</strong> wird von den<br />

Jüngern im Rahmen des damaligen<br />

Wirklichkeitsverständnisses als<br />

Wunder erlebt und im Kontext der<br />

frühjüdischen Religionsgeschichte<br />

vom vorgegebenen Auferstehungsgedanken<br />

her gedeutet. Die vier<br />

neutestamentlichen Osterlegenden<br />

der zweiten Generation sind nichts<br />

anderes als eine nachträgliche religionsgeschichtlich<br />

bedingte Interpretation<br />

des visionären Ostererlebnisses<br />

der Jünger vom frühjüdischen<br />

Interpretament des Auferstehungsgedankens<br />

her.<br />

Die Wahrheit der Osterbotschaft<br />

steht und fällt nicht mit der persönlichen<br />

Glaubwürdigkeit der ersten<br />

Osterzeugen, sondern mit der von<br />

ihnen bezeugten Lebenswirklichkeit<br />

des Gekreuzigten. Was religionspsychologisch<br />

betrachtet ein ambivalentes<br />

Phänomen bleibt, indem<br />

es immer als göttliche Selbstkundgabe<br />

und menschlicher Selbstbetrug<br />

zugleich gedacht werden kann,<br />

zwingt zur Glaubensentscheidung.<br />

Die Lebenswirklichkeit des Gekreuzigten<br />

erschließt sich uns<br />

jedoch niemals auf dem Wege<br />

eines historischen Beweises,<br />

sondern nur vermittels einer lebendigen<br />

Beziehung zu Jesus<br />

selbst. Erst wenn mir Jesus in<br />

meinem eigenen Leben wichtig<br />

wird, erlebe ich <strong>Ostern</strong>, erlebe ich<br />

die lebendige Wirklichkeit des Gekreuzigten,<br />

der immerdar von Gott<br />

her in der Liebe des Heiligen Geistes<br />

lebt und wirkt. Zugang zu Jesus<br />

gewinne ich nur auf dem Wege<br />

einer lebendigen Beziehung zu<br />

ihm, auf dem Wege des Glaubens,<br />

des Hoffens und des Liebens.<br />

Lukas 24, 15: Die Emmaus-Jünger<br />

Fliese aus Rotterdam 1750<br />

(aus der „Fliesenbibel“)<br />

17


18<br />

,,Die Rede von der Auferstehung der Toten"<br />

Ich konnte mir eine Auferstehung<br />

der Toten einfach nicht vorstellen.<br />

Die Rede von der Auferstehung der<br />

Toten schien mir an der erfahrbaren<br />

Wirklichkeit des Todes zu<br />

scheitern.<br />

Bei der Rede von der Auferstehung<br />

der Toten geht es nicht einfach um<br />

eine Wiederherstellung des Lebens,<br />

sondern um eine Wiederherstellung<br />

der Gottesbeziehung. Gott<br />

ist es, der hier handelt. Gott sendet<br />

seinen Heiligen Geist, um die Toten<br />

zu einer neuen Gottesbeziehung zu<br />

erwecken. Die Auferweckung der<br />

Toten ist nach dem Zeugnis der<br />

Bibel Gottes Tat am Menschen,<br />

indem er durch seinen lebensspendenden<br />

und beziehungsstiftenden<br />

Geist am Ende der Zeit die Beziehungslosigkeit<br />

des Todes durchbricht.<br />

Das ist das Grundlegende, was die<br />

Bibel über das Leben und über den<br />

Tod zu sagen hat. Leben heißt: in<br />

Beziehung zu Gott, in Beziehung<br />

zu Menschen und in Beziehung zur<br />

Welt stehen. Tod ist Beziehungslosigkeit.<br />

Tod heißt: in keiner Beziehung<br />

zu Gott, in keiner Beziehung<br />

zu anderen Menschen und in keiner<br />

Beziehung zur Welt stehen.<br />

In Beziehung miteinander leben<br />

kann nur, wer über eine eigene<br />

Identität verfügt, wer weiß, wer er<br />

ist, und von dem andere Menschen<br />

auch wissen, wer er ist. Wir Menschen<br />

können eine solche Identität<br />

nur als eine leibliche denken.<br />

In Bildern und Erzählungen haben<br />

Menschen sich das sehr bildhaft<br />

vorgestellt und ausgemalt. Das ist<br />

durchaus auch Ausdruck dessen,<br />

was die biblische Rede von der<br />

Auferstehung der Toten wirklich<br />

meint. So sehr die Auferstehung<br />

der Toten die von Gott gewirkte<br />

Überwindung der Beziehungslosigkeit<br />

des Todes ist, so sehr macht<br />

dieses nur Sinn, wenn es zu einer<br />

Überwindung allen Leidens kommt,<br />

wenn die Schöpfung, in der wir<br />

leben und deren Teil wir sind, vollendet<br />

wird. Die biblische Rede von<br />

der Auferstehung der Toten sagt<br />

immer auch die Vollendung der<br />

Schöpfung aus. Sie ist aus biblischer<br />

Sicht nur als ein Geschehen<br />

am Ende der Zeit denkbar, weil ein<br />

ewiges Leben in einer unerlösten<br />

Welt nur ein ewiges Leiden sein<br />

könnte. Beides gehört untrennbar<br />

zusammen: die Überwindung der<br />

Beziehungslosigkeit des Todes und<br />

die Vollendung der Schöpfung.<br />

Gottes Wille zu einer heilen Beziehung<br />

mit uns Menschen und unsere<br />

Beziehung zu einer heilen Welt.<br />

Wenn die Bibel diese Vollendung<br />

aussagt, dann bevorzugt sie bildliche<br />

Rede: Sie spricht vom<br />

,,Aufwecken" und vom „Aufstehen


aus dem Schlaf“. Sie tut das, weil<br />

ihr alles daran gelegen ist, Gott als<br />

den auszusagen, der alleine die<br />

Menschen aus der Beziehungslosigkeit<br />

und totalen Passivität des<br />

Todes zu neuern Leben befreit.<br />

Dabei kann die Bibel sehr unterschiedlich<br />

von der Wirklichkeit des<br />

Todes sprechen. Der Tod als Beziehungsabbruch<br />

kann als ein ganz<br />

natürliches Phänomen dieser Welt<br />

ausgesagt werden. Das kann man<br />

schon an der biblischen Erzählung<br />

von Adam und Eva erkennen. Beide<br />

müssen den Paradiesgarten<br />

verlassen, damit sie nach dem<br />

Sündenfall nicht vom dort befindlichen<br />

„Baum des Lebens“ essen<br />

und ewig leben, so heißt es in der<br />

Bibel. Das heißt aber, dass Gott sie<br />

von Anfang an als endliche, als<br />

sterbliche Lebewesen erschaffen<br />

hat. Die Ausweisung aus dem Paradies<br />

ist schon Gottes erste Gnadentat<br />

ihnen gegenüber, da er an<br />

ihnen die angedrohte Todesstrafe<br />

nicht vollzieht. Er verweigert ihnen<br />

nur ein mögliches ewiges Leben,<br />

damit die Macht der Sünde, das<br />

Böse, in seiner Schöpfung nicht ins<br />

Unendliche wachsen kann. Die<br />

Menschen sind sterblich, damit sie<br />

nicht unendlich Böses tun können<br />

und dadurch den Bestand der gesamten<br />

Schöpfung gefährden. Aus<br />

Rücksicht auf seine Schöpfung hat<br />

Gott ihre Möglichkeiten, ihr Leben<br />

beschränkt. Dennoch wird der Tod<br />

in der Bibel grundsätzlich nie als<br />

etwas an und für sich Gutes angesehen.<br />

Die Wirklichkeit des Todes<br />

widerspricht grundsätzlich den Absichten<br />

des Schöpfers. Gott hat<br />

keinen Gefallen am Tod, auch nicht<br />

am Tod des Sünders, so bringt es<br />

der Prophet Hesekiel auf den<br />

Punkt.<br />

Die Beziehungsstörung der Sünde<br />

erzwingt von Gott den zeitweisen<br />

Beziehungsabbruch mit den Menschen.<br />

Die Vollendung der Schöpfung<br />

jedoch führt zur Wiederaufnahme<br />

dieser Beziehung, damit<br />

alle Menschen an der Vollendung<br />

teilhaben können, denn ohne Menschen<br />

wäre Gottes Vollendung der<br />

Schöpfung eben nur eine unvollständige<br />

Vollendung. Die Vollendung<br />

der Schöpfung wird in der<br />

Bibel als „Reich-Gottes“ bezeichnet.<br />

Die Rede von der Auferstehung<br />

der Toten sagt diese Vollendung<br />

der Schöpfung auf die gesamte<br />

Menschheit hin aus.<br />

Menschliche Unsterblichkeit. Dahinter<br />

steht der Gedanke, irgendein<br />

Teil des Menschen, seine Seele,<br />

sei unsterblich. Der Tod könne ihr<br />

nichts anhaben, sondern von ihm<br />

unberührt würde sie weiterleben.<br />

Die Hoffnung auf ein Weiterleben,<br />

auf eine ungebrochene Identität, ist<br />

darin deutlich ausgedrückt. Aber<br />

die biblische Rede von der Auferstehung<br />

der Toten ist mit dem Gedanken<br />

einer menschlichen Unsterblichkeit<br />

nicht vereinbar. Die<br />

Rede von der Auferstehung spricht<br />

von einer Tat Gottes. Sie ist<br />

menschliche Hoffnung, die auf göttlicher<br />

Offenbarung beruht. Die Rede<br />

von der Unsterblichkeit spricht<br />

19


demgegenüber nur von einer Veränderung,<br />

einer Wandlung des<br />

Lebens. Mit Gott hat all dieses nicht<br />

viel zu tun. Man kann zwar Gott als<br />

den Schöpfer der Unsterblichkeit<br />

denken. Der einmal unsterbliche<br />

Mensch ist dann jedoch aus sich<br />

selbst heraus unsterblich. Diese<br />

Unsterblichkeit ist kein Gegenstand<br />

der Hoffnung auf Gottes Macht und<br />

Liebe, sondern ein Gegenstand<br />

menschlicher Erkenntnis.<br />

Das kann man gut an der Vorstellung<br />

einer unsterblichen Seele aufzeigen.<br />

Die europäische Geistesgeschichte<br />

verdankt vor allem dem<br />

griechischen Philosophen Platon<br />

den Gedanken einer unsterblichen<br />

Seele. Platon leitete ihn durch philosophische<br />

Schlussfolgerungen<br />

aus dem menschlichen Denken ab.<br />

Man kann offen sagen, daß das<br />

Menschenbild, das der griechische<br />

Philosoph vor 2500 Jahren vertreten<br />

hat, nicht mehr das Menschenbild<br />

heutiger wissenschaftlicher<br />

Erkenntnis ist. Der Mensch ist kein<br />

Lebewesen, das aus einem sterblichen<br />

Leib besteht, der von einer<br />

unsterblichen Seele bewegt und<br />

belebt wird. Und der Tod ist auch<br />

keine Trennung von Leib und Seele,<br />

sondern nach allem was wir<br />

wissen, das Aufhören der Funktionen<br />

des Körpers, das ein Ende der<br />

seelischen Funktionen des Körpers<br />

mit einschließt. Der biblischen Rede<br />

vom Tod als Beziehungslosigkeit<br />

tut das keinen Abbruch. Anders<br />

verhält es sich jedoch mit dem Ge-<br />

20<br />

danken einer unsterblichen Seele.<br />

Dieser Gedanke widerstreitet<br />

gleichsam dem modernen wissenschaftlichen<br />

Verständnis des Todes<br />

als Ende der Körperfunktionen.<br />

Innerhalb der Theologie hat man<br />

diesem Erkenntnisfortschritt Rechnung<br />

getragen und aufgehört, von<br />

der Unsterblichkeit der Seele zu<br />

sprechen.<br />

Doch wie verhält es sich mit dem<br />

Gedanken einer Wiedergeburt? Er<br />

begegnet in vielen Ausprägungen<br />

und ist keineswegs an die Vorstellung<br />

einer unsterblichen Seele gebunden.<br />

Der Buddhismus lehrt zum<br />

Beispiel eine Wiedergeburt der<br />

Verstorbenen, bindet diesen Gedanken<br />

aber keineswegs an eine<br />

Seelenvorstellung, sondern lehnt<br />

eine genauere Erklärung des Vorgangs<br />

ab. Aus der Sicht der Bibel<br />

ist diese Vorstellung aus drei Gründen<br />

nicht mit der Rede von der<br />

Auferstehung der Toten vereinbar.<br />

Zum einen wird hier wiederum unabhängig<br />

von Gott von Unsterblichkeit<br />

gesprochen. Zum anderen<br />

kann man so weder die Einmaligkeit<br />

gelebten Lebens, noch die<br />

Hoffnung auf eine zukünftige Erlösung<br />

und Vollendung der ganzen<br />

Schöpfung denken. Zumindest<br />

muss man zugeben, dass der Gedanke<br />

einer Wiedergeburt eher auf<br />

eine nicht enden wollende Wiederholung<br />

von verschiedenen gelebten<br />

Leben hinausläuft, während die<br />

Bibel eine Vollendung der Schöpfung<br />

am Ende der Zeit verheißt.


Aus biblischer Sicht überhaupt<br />

nicht zu akzeptieren ist jedoch eine<br />

Karma-Vorstellung, das heißt,<br />

wenn das Lebensschicksal der einzelnen<br />

Menschen als Folge der<br />

guten oder schlechten Taten eines<br />

vorhergehenden Lebens gedeutet<br />

wird. Das heißt in der letzten Konsequenz,<br />

dass jeder Mensch sein<br />

Unglück, sein Leiden, seine Armut,<br />

seine Krankheit oder Behinderung<br />

selbst verschuldet hat. Das wird der<br />

Wirklichkeit erfahrbaren Lebens<br />

nicht gerecht und lässt Opfer zu<br />

Tätern werden. Ein solcher Gedanke<br />

ist mit dem biblischen Denken<br />

nicht vereinbar.<br />

Die Bibel verheißt eine leibliche<br />

Auferstehung der Toten am Ende<br />

der Zeit im Zusammenhang einer<br />

Vollendung der Schöpfung. Die<br />

Leiblichkeit sichert die Identität und<br />

den Weltbezug, so habe ich es<br />

vorhin gesagt. Aber dürfen wir die<br />

bildliche Rede von der Auferstehung<br />

der Toten wirklich wörtlich<br />

nehmen?<br />

Ich will ganz offen antworten und<br />

mich dabei dem anschließen, was<br />

innerhalb der evangelischen Theologie<br />

des 20. Jahrhunderts weitgehend<br />

vertreten worden ist und auch<br />

noch vertreten wird: Nein, wir dürfen<br />

die biblische Rede von der Auferstehung<br />

der Toten nicht so wörtlich<br />

nehmen, wie sich etwa mittelalterliche<br />

Maler das gedacht haben.<br />

All unser Denken und Reden ist an<br />

Raum und Zeit gebunden. Die Rede<br />

von der Auferstehung der Toten<br />

spricht jedoch von einem Gesche-<br />

hen am Ende der Zeit, das bereits<br />

in Gottes Ewigkeit hineinragt und<br />

dadurch Raum und Zeit durchbricht.<br />

Die biblische Rede von der<br />

Auferstehung der Toten ist die bildliche<br />

Beschreibung einer Wirklichkeit,<br />

die jenseits unserer Vorstellungskraft<br />

liegt. Die in dieser bildlichen<br />

Rede ausgedrückten Inhalte<br />

sagen jedoch Unaufgebbares, sagen<br />

jedoch Wahrheit aus: Gott wird<br />

die Beziehungslosigkeit des Todes<br />

durchbrechen, weil er seine Schöpfung<br />

liebt und deswegen vollenden<br />

wird. Und er wird die Beziehungslosigkeit<br />

auch unseres Todes<br />

durchbrechen, weil wir ein Teil seiner<br />

Schöpfung sind. Ohne uns will<br />

er seine Schöpfung nicht vollenden.<br />

Das ist die Logik seiner Liebe.<br />

Aber kann Gott das auch? Hier<br />

muss ich auf den Erkenntnisgrund<br />

biblischer Rede von der Auferstehung<br />

der Toten zu sprechen kommen.<br />

Die Auferstehung der Toten<br />

ist aus der Sicht der Bibel keineswegs<br />

nur ein zukünftiges Ereignis<br />

am Ende der Zeit, sondern sie ist<br />

bereits in der Auferstehung Jesu<br />

Christi von den Toten zur Wirklichkeit<br />

geworden. Von der Wirklichkeit<br />

der Auferstehung der Toten her in<br />

ihrem Anbruch am Ostermorgen<br />

redet der christliche Glaube von der<br />

Wirklichkeit der Auferstehung am<br />

Ende der Zeit. Die Auferstehung<br />

Jesu von den Toten ist Gottes Erweis<br />

seiner Macht zur Beziehung,<br />

auch über die Beziehungslosigkeit<br />

des Todes hinweg. Jesus Christus<br />

ist Gottes Hoffnungszeichen für<br />

21


diese Welt, Gottes Versprechen,<br />

dass er seine Schöpfung vollenden<br />

will und wird, über alle Beziehungsstörung<br />

hinweg und durch alle Beziehungslosigkeit<br />

hindurch.<br />

Diese Vollendung beinhaltet die<br />

Vollendung unseres einen kleinen<br />

Erdenlebens mit allem Guten, aber<br />

auch allem Bitteren. Zur Vollendung<br />

unseres Lebens gehört die<br />

Gerechtigkeit, gehört, dass die Unterdrückten,<br />

Misshandelten, Gequälten<br />

und vom Leben Betroge-<br />

22<br />

nen von Gott her Gerechtigkeit geschenkt<br />

bekommen.<br />

Die Vollendung der Schöpfung wird<br />

die endgültige Offenbarung von<br />

Gottes Solidarität mit den Leidenden,<br />

Unterdrückten und Gequälten<br />

bringen. Mir ist die Rede von der<br />

Auferstehung der Toten eine Kraft<br />

Gottes zum Widerstand gegen alles<br />

Leid und Elend auf Erden, eine<br />

lebendige Hoffnung, für die ich<br />

meinem Gott danke<br />

Johannes 21, 11-13: Der Auferstandene isst mit seinen Jüngern<br />

Fliese aus Amsterdam um 1750


„Das Dunkle ist nicht das Letzte!“<br />

Gedanken zum Titelbild von Frank Thomaschewski<br />

Seit Karfreitag hängt in der Kirche<br />

auf dem Höchsten über dem Taufbecken<br />

ein Bild des Glaskünstlers<br />

und Malers Hans Bernhard (Bernd)<br />

Gossel. Es ist ein Bild, das sich erst<br />

in der längeren Betrachtung erschließt.<br />

Zunächst sieht man vor<br />

allem das dunkle Kreuz im Vordergrund.<br />

Das entspricht auch der<br />

Lebenssituation des Künstlers. Bei<br />

ihm war Lungenkrebs diagnostiziert<br />

worden – er hatte den Tod vor Augen.<br />

Bernd Gossel gab aber auch angesichts<br />

der schlechten Prognose<br />

seinen Glauben nicht auf. Der römisch-katholische<br />

Christ vertraute<br />

darauf, dass der Tod nicht ein Endpunkt<br />

ist. Er glaubte an die Auferstehung,<br />

an ein Leben nach dem<br />

Tode. So kann man bei längerer<br />

Betrachtung des Bildes sehen: Es<br />

geht weiter. „Das Dunkle ist nicht<br />

das Letzte!“ – so hat es der Künstler<br />

beschrieben.<br />

Das Kreuz ist das Kreuz Jesu. Blut<br />

ist dort zu sehen, wo die Nägel im<br />

Kreuz saßen. Jetzt ist das Kreuz<br />

leer. Im Hintergrund eröffnet sich<br />

ein Raum. Hinter dem Kreuz liegt<br />

mehr, als man am Anfang erkennen<br />

konnte. Was es ist, das lässt<br />

sich nicht so leicht sagen. Das<br />

Kreuz ist das einzige Gegenständliche<br />

auf dem Bild. Ansonsten gibt<br />

es Farbflächen, die sich übereinander<br />

schichten. Und je länger man<br />

hinsieht, umso mehr Farben kann<br />

man erkennen. Was auf den ersten<br />

Blick abweisend und dunkel erscheinen<br />

mag, öffnet sich immer<br />

mehr in die Tiefe. Da ist Licht, da<br />

sind Farben: „Das Dunkle ist nicht<br />

das Letzte!“<br />

Das Bild ist ein Auferstehungs-Bild.<br />

Es zeigt nicht den Tod Jesu, sondern<br />

die Situation danach: Das<br />

Kreuz ist leer. Der Tod ist nicht der<br />

Endpunkt, sondern ein Doppelpunkt,<br />

hinter dem es weitergeht.<br />

Wie es weitergeht, können wir nicht<br />

sagen. Dass es weitergeht, davon<br />

gehen wir als Christen aus.<br />

Konkrete Vorstellungen über das<br />

„Danach“ sind schwierig. Aber<br />

Künstlerinnen und Künstler haben<br />

es immer wieder gewagt, ihre eigene<br />

Vorstellung in Literatur oder in<br />

Malerei auszudrücken. Eine literarische<br />

Auseinandersetzung mit der<br />

Thematik ist zum Beispiel die Novelle<br />

„Spökenkieken“ von Gertrud<br />

von le Fort (siehe nächste Seite).<br />

Ein Beispiel aus dem Bereich der<br />

Malerei ist das Bild in der Kirche<br />

auf dem Höchsten.<br />

Bernd Gossel ist inzwischen verstorben.<br />

Er ist aber nicht ohne<br />

Hoffnung gestorben. Er starb mit<br />

dem Glauben an die Auferstehung.<br />

Er starb mit der Gewissheit: „Das<br />

Dunkle ist nicht das Letzte!“<br />

23


24<br />

„…eine tiefe, große Freundlichkeit.“<br />

von Getrud von le Fort<br />

Zu jener Zeit begann auch für Kort<br />

das Grauenvolle, das das Ende<br />

seiner kleinen Jugendgespielin<br />

umgab, zu verschwinden, und<br />

wenn sich sein Verstand auch künftig<br />

noch der dunklen Tatsachen<br />

erinnerte, so war in seinem Gefühle<br />

doch fortwährend die Vorstellung,<br />

Annia sei nicht gestorben, sondern<br />

in das ferne, schöne Land entwichen,<br />

von dem sie im Leben<br />

manchmal gesprochen hatte. Es<br />

kam wohl daher, weil der gewöhnliche<br />

Übergang von Krankheit und<br />

Leiden fehlte und weil selbst ihr<br />

kurzer Todeskampf sich den Blicken<br />

der Menschen entzogen hatte.<br />

Es war, als ob sie, die im Leben<br />

so gern Rücksichten nahm, dies<br />

selbst im Sterben getan hätte, und<br />

unwillkürlich erhob sich in Korts<br />

Erinnerung die Freundlichkeit ihres<br />

Wesens zu immer leuchtenderer<br />

Schönheit. Es erschien ihm unmöglich,<br />

dass dieses Kind in ein Jenseits<br />

gegangen sei, das zu seinem<br />

Wesen nicht passe.<br />

Und in diesem Gedankengang lernte<br />

sich sein Geist allmählich daran<br />

gewöhnen, jenes bisher in Gedanken<br />

gemiedene Reich des Todes<br />

als ein fernes, schönes Land zu<br />

betrachten und zu begreifen, dass<br />

unser Schicksal in alle Ewigkeit<br />

beschlossen liegt in eine Macht,<br />

deren Wesen nichts anderes sein<br />

kann als eine tiefe, große Freundlichkeit.<br />

Auszug aus der Novelle „Spökenkieken“ von Gertrud<br />

von le Fort. Die Geschichte spielt unter anderem<br />

in der Kirche St. Peter zu Syburg, auf dem Kirchhof<br />

Syburg und in der unmittelbaren Umgebung. Das<br />

Büchlein ist von Renate Breimann neu herausgegeben,<br />

kommentiert und bebildert worden. Es ist beim<br />

Ingrid Lessing Verlag, 0231-46 23 35, bei Frau<br />

Breimann, 02302-4 88 22, und in unserer Gemeinde<br />

zum Preis von 8,00 Euro erhältlich.

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