Sabine Malzkorn & Louisa Wickert
Sabine Malzkorn & Louisa Wickert
Sabine Malzkorn & Louisa Wickert
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Inhaltsverzeichnis:<br />
1. Einleitung 2<br />
2. Hauptteil 3-21<br />
2.1 Einordnung in den Gesamtzusammenhang des 14. Buches 3-4<br />
2.2 Gliederung und Interpretation der Metamorphose der Schiffe des Äneas 4-7<br />
2.3 Vergleich mit Vergil, Äneis 9, 77-122 8-9<br />
2.4 Bildliche Rezeption 9-10<br />
2.5 Unterrichtsvorschläge 10-22<br />
2.5.1 Didaktische Analyse 10-14<br />
2.5.1.1 Legitimation 10-12<br />
2.5.1.2 Zum Lernstand 13<br />
2.5.1.3 Lernziele 13-14<br />
2.5.2 Methodische Analyse 15-22<br />
2.5.2.1 Vergleich mit Vergil, Äneis, 9, 77-122 17-19<br />
Drei Varianten der didaktischen Umsetzung<br />
2.5.2.1.1 Lateinischer Text 17-18<br />
2.5.2.1.2 Deutscher Text 18<br />
2.5.2.1.3 Synoptischer Vergleich 19<br />
2.5.2.2 Der Umgang mit bildlichen Rezeptionsbeispielen 20-22<br />
2.5.2.2.1 Produktives Arbeiten 20<br />
2.5.2.2.2 Bilder-Text-Vergleich 21<br />
2.5.2.2.3 Bilder als Impuls 21-22<br />
3. Schluss 23<br />
4. Literaturverzeichnis 24<br />
4.1 Primärliteratur 24<br />
4.2 Sekundärliteratur 24<br />
5. Anhang 26-39
1. Einleitung<br />
In dieser Arbeit wird die Verwandlung der Schiffe des Äneas, die Ovid im 14. Buch der<br />
Metamorphosen im Rahmen seiner kleinen Äneis schildert, und ihre Rezeption<br />
behandelt. Als Rezeptionsbeispiele dienen drei Illustrationen aus verschiedenen<br />
Ovidausgaben aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Als Beispiel der literarischen<br />
Rezeption soll in dieser Arbeit die der bildlichen Rezeption entgegengesetzte Richtung<br />
behandelt werden, und zwar Ovids Rezeption der Darstellung der Schiffsverwandlung<br />
in Vergils Äneis.<br />
Diese theoretische Abhandlung ist in einem zweiten Teil durch die Darstellung<br />
verschiedener didaktischer Umsetzungsmöglichkeiten im Unterricht erweitert.<br />
Dabei stehen die soeben genannten Rezeptionsbeispiele im Vordergrund, sowie die<br />
Schiffsverwandlung bei Vergil, da so - neben der Rezeption – den Schülern<br />
literaturgeschichtliche Aspekte und intertextuelle Bezüge verdeutlicht werden.<br />
Diese Darstellung umfasst die didaktische und methodische Analyse, um eine<br />
entsprechende Berechtigung der einzelnen Vorschläge zu liefern. Zu beachten ist, dass<br />
es sich auf Grund der theoretischen Darstellung nicht um Vorschläge handelt, die sich<br />
auf eine ganz bestimmte Schulklasse beziehen, sondern lediglich um gedankliche<br />
Konzepte. Die Unterrichtsvorschläge sind nicht für ganze Unterrichtsstunden oder<br />
-reihen konzipiert, sondern stellen einzelne Unterrichtseinheiten dar, die flexibel in den<br />
Unterrichtsverlauf eingebaut werden können.<br />
Da die Arbeit als Gesamtwerk angesehen wird, in dem sich einzelne Aspekte immer<br />
wieder auf einander beziehen oder aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden,<br />
sind Überschneidungen innerhalb der Kapitel nicht zu vermeiden.<br />
Die Aufteilung der Arbeit wurde so vorgenommen, dass von <strong>Sabine</strong> <strong>Malzkorn</strong> die<br />
Punkte 2.1 bis 2.4 und von <strong>Louisa</strong> <strong>Wickert</strong> die Unterrichtsvorschläge<br />
(Gliederungspunkt 2.5) ausgearbeitet worden sind.<br />
2
2. Hauptteil<br />
2.1 Einordnung in den Gesamtzusammenhang des 14. Buches<br />
Die Verwandlung der Schiffe des Äneas erzählt Ovid im 14. Buch der Metamorphosen.<br />
Die im 13. Buch nach der Schilderung der Zerstörung Trojas und der Heimfahrt der<br />
Griechen (vgl. vv.13, 1-622) dargestellte Flucht des Äneas aus Troja und seine Seefahrt<br />
bis nach Sizilien wird im 14. Buch fortgesetzt. Hierbei erzählt Ovid jedoch zuerst die<br />
als Übergang zwischen den Büchern dienende Geschichte von Glaucus und Scylla und<br />
deren Verwandlung durch Circe in ein gefährliches Riff vor Sizilien zu Ende (vgl. vv.1-<br />
74). Als die Trojaner dieses Riff bereits umfahren hatten, bringt sie ein Seesturm, mit<br />
dem Vergil seine Äneis beginnen lässt, nach Karthago, wobei der Aufenthalt der<br />
Trojaner bei Dido in wenigen Versen erwähnt wird (vgl. vv. 75-81), da Ovid beim<br />
zeitgenössischen Leser von der Kenntnis dieser Episode aus der Lektüre der „Aeneis“<br />
Vergils ausgehen konnte. Auf der Fahrt von Karthago nach Unteritalien (vgl. vv. 82-<br />
100) gelangt Äneas auch nach Cumae und zu der Seherin Sibylle, die ihm den Weg zur<br />
Unterwelt weist (vgl. vv.101-128) und auf dem Rückweg von Apolls Liebe zu ihr<br />
erzählt (vgl. vv. 129-153).<br />
Am Strand von Cumae, dem später nach Äneas’ Amme benannten Caieta (vgl. vv. 441-<br />
444), trifft der von Äneas aufgenommene und damit vor Polyphem gerettete<br />
Achaemenides seinen ehemaligen Gefährten Macareus und erzählt ihm seine Erlebnisse<br />
mit Polyphem (vgl. vv. 154-222). Daraufhin schildert nun auch Macareus, was er und<br />
Odysseus nach ihrer Flucht vor Polyphem erlebt haben: Nach dem furchtbaren<br />
Aufenthalt beim König Antiphates (vgl. vv. 223-247) werden er und einige andere<br />
Gefährten bei Circe in Schweine verwandelt und wieder erlöst (vgl. vv.223-307).<br />
Anschließend erfährt Macareus von einer Magd der Circe die Verwandlungsgeschichte<br />
des Fürsten und Saturnsohnes Picus in einen Specht und der Auflösung seiner Ehefrau<br />
Canens in Luft (vgl.vv.308-434), die er nun auch Achaemenides und den Aeneaden<br />
wiedergibt.<br />
Bereits in der Metamorphose des Latinerfürsten Picus wird die Handlung nach Latium<br />
versetzt, wo nun auch Äneas und die Trojaner ankommen (vgl. vv.445-453). Hierauf<br />
wehrt sich Turnus dagegen, Lavinia und damit seine Vorherrschaft in Latium dem<br />
Äneas zu übergeben. Es wird zum Krieg gerüstet und Äneas erbittet erfolgreich die<br />
Waffenhilfe Euanders, während Turnus die des Diomedes verweigert wird (vgl. vv.454-<br />
3
511). Auch hier baut Ovid, wie schon bei dem Zusammentreffen des Acheamindes und<br />
des Macareus, eine Erzählung der griechischen Rückkehrer ein, indem er Diomedes<br />
Venulus, dem Gesandten des Turnus seine Heimfahrt von Troja und die Verwandlung<br />
seiner Gefährten in Kraniche erzählen lässt (vgl. vv. 461-511). Bevor Venulus zum<br />
Kriegsschauplatz in Latium zurückkehrt, kommt er an der Grotte vorbei, in der ein<br />
Hirte zu einem Oleasterbaum verwandelt worden ist, weil er den Tanz der dort<br />
wohnenden Nymphen verlacht hat (vgl. vv. 512-526).<br />
Als Turnus von Venulus von der Absage des Diomedes erfahren hat, zündet er die<br />
Schiffe des Äneas an, wobei es zu der später noch genauer zu behandelnden<br />
Metamorphose in Nymphen kommt (vgl. vv. 527-565). Während die Verwandlung von<br />
der Stadt des Turnus, Ardea, in einen Vogel in mehreren Versen ausgeführt wird, ist die<br />
Niederlage und der Tod des Turnus mit einem Satz geschildert (vgl. vv. 566-580). Ovid<br />
beendet seine Äneis, anders als Vergil, der mit dem Tod des Turnus endet, mit der<br />
Apotheose des Äneas (vgl. vv.581-608). In die Schilderung der Latinerkönige nach<br />
Äneas wird die Liebesgeschichte von Vertumnus und Pomona eingeflechtet (vgl. vv.<br />
622-771), in der Vertumnus, als alte Frau verkleidet, Pomona von der tragischen Liebe<br />
des Iphis zu Anaxarete, die sich schließlich ganz in Stein verwandelt, erzählt (vgl. vv.<br />
698-761). Nach diesem Exkurs über die erfolgreiche Werbung des Vertumnus um<br />
Pomona wird die Schilderung der Geschichte der Gründung Roms wieder<br />
aufgenommen (vgl. vv. 762-804). Schließlich endet das 14. Buch mit einer zweiten<br />
Apotheose und zwar mit der des Romgründers Romulus und seiner Gattin Hersilia (vgl.<br />
vv. 805-851).<br />
2.2 Gliederung und Interpretation der Metamorphose der Schiffe des Äneas in<br />
Nymphen<br />
Nach der aitiologischen Erzählung der Metamorphose eines apulischen Hirten, der,<br />
nachdem er Nymphen verhöhnt hatte, in den bittere Beeren tragenden Oleaster<br />
verwandelt wurde, nimmt Ovid die Erzählung des Krieges in Latium wieder auf.<br />
Obwohl Venulus Turnus die erhoffte Unterstützung von Diomedes nicht überbringen<br />
konnte, kämpfen die Rutuler unvermindert weiter gegen die Trojaner. In der Situation<br />
des heftigen Kampfes, der im Gegensatz zu den ausführlichen Kampfschilderungen<br />
Vergils in einem Satz abgehandelt wird (multumque ab utraque cruoris/ parte datur vv.<br />
529f.), zündet Turnus die Schiffe der Trojaner an. Die Motivation des Turnus dafür<br />
4
wird anders als in Ovids Vorlage (vgl. Verg.Aen. 9, 65-67), nicht genannt (fert ecce<br />
avidas in pinea Turnus/ texta faces, ignesque timent, quibus unda pepercit. vv. 530f.).<br />
Die Kenntnis der hier als Vorlage dienenden Passage (vgl. Verg.Aen. 9,65-122) kann<br />
von Ovid beim zeitgenössischen Lesers jedoch vorausgesetzt werden. Das Abrufen<br />
dieses Vorwissens wird durch zahlreiche intertextuelle Verweise und Motivparallelen<br />
vereinfacht, geradezu herausgefordert. So erinnert der Nebensatz quibus unda pepercit<br />
(v. 531) an den Seesturm, den die Trojaner und ihre Schiffe vor der Küste Karthagos zu<br />
Beginn der Äneis überstehen mussten (vgl. Verg.Aen. 1, 81-120).<br />
Ab Vers 535 wird die Epiphanie der Kybele beschrieben, die sich erinnert, dass die<br />
Fichten, aus denen die Schiffe, die bereits lichterloh brennen (vgl. vv. 532-534),<br />
hergestellt wurden, auf dem ihr heiligen Berg Ida gefällt worden sind. Kybele erscheint<br />
auf einem Wagen, der von gezähmten Löwen gezogen wird, mit Flöten und<br />
Zimbelklang, Geräuschen, mit denen der Kult der Kybele zur Zeit Ovids in Rom<br />
begangen wurde. 1 Das Anzünden der Schiffe ist für Turnus nicht nur deswegen<br />
frevlerisch (vgl. inrita sacrilega v. 539), weil die Schiffe vom Berg Ida sind, sondern -<br />
Ovid setzt auch hier beim Leser vergilisches Vorwissen voraus (vgl. Verg.Aen. 9, 80-<br />
106) - weil Jupiter selbst Kybele zur Entschädigung für das Fällen ihrer Bäume<br />
versprochen hatte, die Schiffe nach der Ankunft an dem ihnen bestimmten Ziel in<br />
Meeresnymphen zu verwandeln.<br />
Und während sich bei Vergil die Schiffe selbst losreißen, ist es bei Ovid die<br />
Göttermutter, die die Schiffe vom Ufer losreißt und sie mit Hilfe der Winde, den<br />
Söhnen des Astreus, im Meer versenkt.<br />
Mit dem Untergang der Schiffe beginnt nun die Verwandlung der Schiffe, wobei Ovid<br />
bereits im ersten Vers proleptisch auf den Abschluss der Verwandlung verweist (robore<br />
mollito lignoque in corpora verso v. 549).<br />
Im Gegensatz zu den vielen Erzählungen, in denen Menschen in Bäume verwandelt<br />
werden 2 , tritt hier der umgekehrte Vorgang ein, in dem harte Materie zu einem<br />
beweglichen und weichen Körper wird. 3 Die Besonderheit dieser Verwandlungsart wird<br />
1 Vgl. Sarolta A. Takacs, Kybele. DNP Band 6, Sp.949-956.<br />
2 Vgl. z. B. I,549: Daphne. VII,714-720: Philemon und Baucis. X,137-142: Cyparissus X,494.503:<br />
Myrrha. XI, 82 f. Maenaden. XIV,523f.: Oleaster.<br />
3 Eine ähnliche Verwandlung ist bestenfalls bei Pygmalion (temptatum mollescit ebur positoque rigore<br />
X, 283) festzustellen, wobei hier nicht die Materie Holz weich wird.<br />
5
hervorgehoben, in dem immer wieder das Schlüsselwort ‚mollis’ (vgl. vv.549.554.558)<br />
erscheint. 4<br />
Bei der Schilderung der Verwandlung in die einzelnen Körperteile, geht Ovid nach<br />
äußerlicher Ähnlichkeit mit den einzelnen Schiffsteilen vor und verwendet dabei die<br />
üblichen Verben des Wandels und der Veränderung (mutantur v.550, abeunt v.551,<br />
fiunt v.554) und hebt auch hervor, dass manches sogar gleich bleibt (ut fuerat v.555<br />
vgl. v.552). 5 So verwandelt sich das Heck der Schiffe zu den Köpfen, die Ruder<br />
werden zu den Zehen und zu Beinen, die sofort schwimmen (vgl. vv.550f.). Die Seiten<br />
des Schiffs bleiben und der Kiel wird zum Rückgrat (vgl. vv.552f.). Die Taue<br />
verwandeln sich in Haare, die Masten in die Arme und die Farbe bleibt blau<br />
(vgl.vv.554f.).<br />
Der erfolgreiche Abschluss der Verwandlung beschreibt Ovid besonders kunstvoll. So<br />
bezieht sich die Stelle intertextuell auf Vers 531, wodurch nun zuerst an die bisherigen<br />
(ante v.555) Gefahren erinnert wird, die die Schiffe immer wieder (vgl. iterativer<br />
Aspekt von timebant v. 555), überstehen mussten. Der nächste Vers stellt dann das<br />
neue unbeschwerte Verhalten der verwandelten Nymphen dar. Die neue Harmonie und<br />
Ruhe, die nun das Element Wasser darstellt, ist in der Form des goldenen Verses<br />
verdeutlicht, der im doppelten Hyperbaton das Verb exercent umfasst. Erst im dritten<br />
Vers nun nennt Ovid das Subjekt und gibt das ‚Endprodukt’ der Verwandlung preis,<br />
indem er die verwandelten Wesen Naides nennt. Das Epitheton aequoreae nimmt das<br />
neue Element unda aus dem vorhergehenden Vers wieder auf und verdeutlicht, indem<br />
es direkt neben dem Adjektiv duris steht einerseits noch einmal den<br />
Verwandlungsvorgang von harter zu weicher, flüssiger Materie und andererseits den<br />
Gegensatz zwischen dem Ort, an dem sich die Nymphen jetzt befinden und dem Ort<br />
von dem sie kommen, nämlich einem steinigen Gebirge. In dieser Antithese ist parallel<br />
dazu auch der nächste Vers aufgebaut, der ebenfalls zu Beginn das molle fretum (v.558)<br />
und das unbeschwerte Verhalten (celebrant v.558) der Nymphen darin beschreibt und<br />
am Ende des Verses an die Herkunft der Nymphen erinnert wird. Während nämlich die<br />
Nymphen an ihre frühere Heimat, den Wald auf dem Idagebirge, nicht mehr denken,<br />
scheint Ovid es doch wichtig an ihre Herkunft zu erinnern, wenn er doch gleich parallel<br />
an das Versende das Wortfeld Herkunft abruft (ortae v.557 und origo v.558). Hierdurch<br />
4<br />
Vgl. Franz Bömer, Publius Ovidius Naso. Metamorphosen. Kommentar. Buch XIV-XV. Heidelberg<br />
1982. S. 181 -182.<br />
5<br />
Vgl. Rudolf Ehwald/Michael von Albrecht (Hgg.), P.Ovidius Naso: Metamorphosen, 2. Band, Buch<br />
VII-XV. Zürich/Dublin 1966. S. 397.<br />
6
wird auf eine noch frühere Phase in der Verwandlung des Holzes, verwiesen, als die<br />
Schiffsplanken noch Fichten waren.<br />
Wie hier die Phase der Verwandlung, werden auch in den Illustrationen in den<br />
Buchausgaben die Schritte der Verwandlung vom Schiff zu den Nymphen ausgelassen.<br />
So kann man einmal brennende Schiffe sehen und dann im Wasser schwimmende<br />
Nymphen. Es ist nur das Ausgangsstadium und das Endstadium der Verwandlung<br />
dargestellt, weder die Verwandlung der einzelnen Schiffsteile noch das Untergehen der<br />
Schiffe ist erkennbar.<br />
Wenn auch auf Erzählerebene an die ursprüngliche Herkunft der Nymphen erinnert<br />
wird, so weist der nächste Vers darauf hin, dass für die Nymphen selbst viel mehr ihre<br />
Vergangenheit als Schiffplanken und die damit verbundenen Gefahren eine Rolle<br />
spielen. Dies verdeutlicht die Alliteration in pericula (…)/ pertulerint pelago und in<br />
dem Pleonasmus von quam multa (…) saepe. Im Gedenken an ihre Vergangenheit<br />
halten die Nymphen nun helfend ihre Hände unter in Seenot geratene Schiffe, solange<br />
es, und diese Ausnahme wiederum in Erinnerung an ihre trojanischen Passagiere, keine<br />
griechischen sind (vgl. vv.560-562).<br />
Diesen Verweis auf die Griechen benützt Ovid, um eine weitere Schiffsmetamorphose<br />
in dieser Passage zu schildern. Denn die Nymphen freuen sich einmal über den<br />
Schiffbruch Odysseus und dann darüber, dass das Schiff, das der Phäakenkönig<br />
Alcinoos Odysseus für seine Rückkehr nach Ithaka gegeben hatte, auf der Rückfahrt<br />
kurz vor dessen Ankunft im Heimathafen von Poseidon versteinert wird (vgl. Hom.Od.<br />
13,163). Die Schadenfreude der Nymphen hebt die Wiederholung der Junktur laetis<br />
vultibus (vv.563-565), die sich durch die verschränkte Stellung über drei Verse<br />
hinzieht, hervor. 6 In dieser Metamorphose wird nun anders als in der vorausgehenden<br />
das Material des Schiffes nicht weicher sondern noch härter (rigescere (.../...) saxumque<br />
increscere ligno vv.564f.).<br />
6 Der Hass und das Unterlassen von Hilfeleistung gegenüber griechischen Schiffen in Gedenken an das<br />
Schicksal Trojas wird bei Vergil (Aen. XI, 271) eigentlich den Vögeln des Diomedes zugeschrieben, die,<br />
ursprünglich Griechen, Nicht-Griechen feindlich gesinnt sind. Dies nennt Ovid in der entsprechenden<br />
Stelle in den Metamorphosen (vgl.vv.494-509) nicht, überträgt diese Eigenschaft aber auf die<br />
verwandelten Nymphen. Vgl. Bömer S. 184.<br />
7
2.3 Vergleich mit Vergil, Äneis 9, 77-122<br />
Ovid konnte in den Metamorphosen und der so genannten Kleinen Äneis, die sich über<br />
die Bücher 13 (ab v. 623: Non tamen eversam Troiae cum moenibus esse/ spem quoque<br />
fata sinunt: sacra et, sacra altera, patrem/ fert umeris, venerabile onus, Cythereius<br />
heros.) und 14 erstreckt, auf die ‚Äneis’ Vergils zurückgreifen. Hierbei hat er auch die<br />
beiden einzigen Metamorphosen, die Vergil darstellt, übernommen, nämlich die<br />
Verwandlung der Vögel des Diomedes (vgl. Verg.Aen. 11, 225-230) und die im<br />
vorhergehenden Abschnitt näher erläuterte Metamorphose der Schiffe des Äneas (vgl.<br />
Verg.Aen. 9, 77-122). Hierbei konnte Ovid einerseits auf entsprechendes Vorwissen<br />
der Leser aus Vergils Äneis zurückgreifen und bestimmte Passagen weglassen,<br />
andererseits hat Ovid aber die Schilderung der Metamorphose in einigen Punkten auch<br />
erweitert und aus anderer Perspektive betrachtet. Diese Unterschiede sollen nun kurz<br />
erläutert werden.<br />
Vergil bindet die Brandschatzung der Schiffe durch Turnus in eine lange<br />
Kampfschilderung des Angriffs der Rutuler gegen die Verschanzungen der Trojaner ein<br />
(vgl. Verg.Aen. 9,25-66) und begründet Turnus’ Handeln an den Schiffen damit, dass<br />
Turnus in den brennenden Schiffen eine Möglichkeit gesehen hat, die Trojaner aus<br />
ihren Festungen hervor zu locken (vgl. Verg.Aen. 9,67-69). Ovid handelt den Kampf in<br />
einem Satz ab und gibt auch keine Motivation für das Anzünden der Schiffe durch<br />
Turnus an.<br />
Bei der Epiphanie Kybeles, die sich sowohl bei Vergil (vgl. Verg.Aen. 9,107-117) als<br />
auch bei Ovid (vgl. vv. 535-547) findet, wird, wie schon erwähnt, die Vorgeschichte<br />
der Schiffe und das Versprechen Jupiters gegenüber Kybele bei Vergil ausführlich<br />
erzählt (vgl. Verg.Aen. 9, 77-106), während Ovid dieses Wissen voraussetzt und in<br />
seiner Erzählung weglässt.<br />
Bei Ovid ist es jedoch Kybele selbst, die mit Hilfe eines Windgottes die Taue der<br />
Schiffe zerreißt (praerupit Phrygiae retinacula classis v. 547) und sie im Meer versenkt<br />
(medioque sub aequore mergit v. 548). Bei Vergil reißen sich die Schiffe von alleine<br />
los und die eigentliche Verwandlung, die bei Ovid so ausführlich beschrieben wird<br />
(vgl. vv. 549-558), fehlt bei Vergil. Der Vorgang der Verwandlung der Schiffe zu etwas<br />
Lebendigem wird nur in dem Vergleich des Untergehens der Schiffe mit dem<br />
Untertauchen von Delphinen angedeutet (delphinumque modo demersis aequora<br />
rostris/ ima petunt. Verg.Aen. 9,119f.).<br />
8
Für Ovid stellt der Krieg der Trojaner mit Turnus und seinen Verbündeten und der<br />
Kampf um das verheißene Latium nur die Rahmenhandlung für die Schilderung von<br />
Metamorphosen dar. Schließlich hat Ovid den gesamten zweiten Teil der Äneis in<br />
einem Satz zusammengefasst: Faunigenaeque domo potitur nataque Latini (v. 449).<br />
Das Bewusstsein für das Ziel des Krieges, nämlich die von Venus versprochene Heimat<br />
zu erlangen, und damit ein gewisses Sendungsbewusstsein für ein zukünftiges<br />
‚Imperium Romanum’ ist bei Ovid den Kämpfenden verloren gegangen (nec iam<br />
dotalia regna/ nec sceptrum soceri nec te, Lavinia virgo,/ sed vicisse petunt deponendi<br />
pudore/ bella gerunt. vv. 569-572). 7<br />
2.4 Bildliche Rezeption<br />
Für die Metamorphose der Schiffe des Aeneas in Nymphen werden drei<br />
Rezeptionsbeispiele aus frühneuzeitlichen Ovidausgaben näher betrachtet.<br />
In der frühesten Ausgabe von Sigmund Feyerabendt aus dem Jahr 1581 hat der<br />
Künstler Virgil Solis (1514-1562) in 183 Illustrationen in Holzschnitttechnik neben<br />
vielen anderen Metamorphosen auch die der Schiffsverwandlung dargestellt (vgl.<br />
Anhang S. I, Bild A).<br />
Die illustrierte Ovidedition von Johann Wilhelm Baur (1607-1642), die zum ersten Mal<br />
in Wien 1641 und dann 1709 in Augsburg herausgegeben wurde, beinhaltet 150<br />
ganzseitige Kupferstiche (vgl. Anhang S. II, Bild B).<br />
Aus dem Jahr 1690 stammt die illustrierte Ovidedition von Johann Ulrich Krauss<br />
(1655-1719) mit 226 halbseitigen Kupferstichen (vgl. Anhang S. II, Bild C).<br />
Interessanterweise setzen alle drei Buchillustratoren die Verwandlung in ähnlicher<br />
Weise bildlich um.<br />
Am auffälligsten ist, dass die eigentliche Metamorphose, die von Ovid ausführlich<br />
dargestellt und in ihrer detaillierten Beschreibung geradezu als eine Anleitung für eine<br />
bildliche Umsetzung verstanden werden kann (vgl. vv.549-555), nicht dargestellt ist.<br />
Vielmehr werden in allen drei Bildern jeweils der Anfangspunkt, nämlich die<br />
brennenden Schiffe (iamque picem et ceras alimentaque cetera flammae/ Mulciber<br />
urebat perque altum ad carbasa malum/ ibat, et incurvae fumabant transtra carinae<br />
vv.532-534), und das Endstadium der Metamorphose, die Nymphen (quasque ante<br />
timebant,/ illas virgineis exercent lusibus undas/ naides aequoreae vv.555-557),<br />
7 Vgl. Siegmar Döpp, Vergilrezeption in der Ovidischen ‚Äneis’. In: RhM 134 (1991) S. 340-343.<br />
9
gezeigt. So nehmen die Künstler einerseits den mythologischen Stoff der Antike auf,<br />
setzen ihn aber humanistisch rational um, indem sie den unwirklichen, mystischen<br />
Vorgang der Verwandlung nicht darstellen. Der Buchdruck war schließlich im 16. und<br />
17. Jahrhundert das Medium, das zur Verbreitung wissenschaftlicher Texte und des<br />
anthropozentrischen, rationalen Weltbildes der Humanisten beigetragen hat.<br />
Sowohl bei Virgil Solis als auch bei Johann Ulrich Krauss sind im Vordergrund auf<br />
einem Felsen Soldaten zu sehen. Diese können entweder Turnus und seine Soldaten<br />
darstellen und damit die Urheber des Brandes (vgl. v.530) oder Äneas und seine<br />
Gefährten, die, aus ihren Verschanzungen hervorgeholt, den Brand ihrer Schiffe<br />
bemerken, was allerdings in den Metamorphosen nicht geschildert wird.<br />
Baur hat auf dieses Element verzichtet, dafür aber die Flammen und Rauchsäulen<br />
bedrohlicher dargestellt, die fast zwei Drittel des Bildes ausmachen. Er stellt auch eine<br />
größere Anzahl der Schiffe und der Nymphen dar, während die anderen beiden<br />
Illustratoren nur ein Schiff ganz und nur drei Nymphen zeichnen. Insgesamt wird bei<br />
Krauss und Virgil Solis das Geschehen aus einer näheren Perspektive betrachtet, als bei<br />
Baur.<br />
In allen drei Darstellungen ist in den Wolken Kybele auf einem Wagen zu sehen, der<br />
bei Baur und Virgil Solis, wie von Ovid beschrieben, von einem Löwengespann<br />
gezogen wird (vgl. v.538). Bei Krauss wird Kybeles Wagen von Vögeln gezogen. Hier<br />
könnte Krauss die Metamorphose der Gefährten des Diomedes in Kraniche (vgl.<br />
vv.494-511) mitverarbeitet haben und auf diese als erste der beiden von Ovid<br />
rezipierten vergilischen Metamorphosen verweisen.<br />
2.5 Unterrichtsvorschläge<br />
2.5.1 Didaktische Analyse<br />
2.5.1.1 Legitimation<br />
Die Metamorphosen des Ovid sind eine wertvolle Quelle, um zu zeigen, dass<br />
Phantasiegeschichten bereits in der Antike in großer Fülle vorhanden waren und einen<br />
hohen Stellenwert hatten. Zaubern, Wunder tun, Verwandlungen waren von großer<br />
Bedeutung in der Gesellschaft, nicht zuletzt durch den Glauben an die Götter und die<br />
gesamte Mythologie.<br />
10
Heute fällt einem in diesem Zusammenhang der englische Begriff „Phantasy“ ein, der<br />
sich in unserer Gesellschaft fest etabliert hat, sowohl in den Köpfen der Erwachsenen<br />
als auch bei den Kindern. Auf diese Weise ist also die antike „Phantasywelt“ in der<br />
Gegenwart aufgegriffen und fortgeführt. Diesen Gedanken formuliert auch Christine<br />
Walde, indem sie Stoffe aus der Antike und anderen Zeiten und Kulturen als Motiv-<br />
und Requisitenfundus bezeichnet und ihnen „den Status von Phantasy oder Science<br />
Fiction“ zuspricht. 8<br />
Die Inhalte der Metamorphosen sind demnach gut auf die Ideen- und Gedankenwelt der<br />
Kinder übertragbar und spielen auch in der Erwachsenenwelt eine wichtige Rolle.<br />
Die hier im Vordergrund stehende Verwandlung der Schiffe des Äneas in Nymphen ist<br />
ein gutes Beispiel dafür, dass Kinder sich mit einzelnen Elementen der Geschichte<br />
identifizieren können. Nymphen oder Feen spielen auch heute eine wichtige Rolle, wie<br />
man am Kostüm- und Spielzeugmarkt gut erkennen kann, aber auch im<br />
vorangeschrittenen Alter durch gewisse Schönheitsideale wieder findet. Auch die<br />
Vorgeschichte mit der Brandstiftung oder das Wesen der Schiffe selbst ist – vielleicht<br />
besonders bei Jungen – ein neugierweckendes Element.<br />
Über diesen Aspekt der Aktualität hinaus spielen die Inhalte dieser<br />
Verwandlungsgeschichte bezüglich kindlichen Lernens eine wichtige Rolle. Denn die<br />
heutige Gesellschaft ist geprägt durch Zeitmangel, Schnelllebigkeit und allgemein<br />
schnelle Veränderungen beispielsweise durch die heutigen Medien,<br />
Kommunikationsmittel oder Transportmöglichkeiten. Genau dies spiegelt sich in der<br />
vorliegenden Geschichte durch die Verwandlung wider. Durch die Ovidlektüre wird<br />
man als Kind mit eben solchen schnell fließenden Veränderungen konfrontiert, man<br />
lernt, sich bewusst darüber zu werden, welche Bedeutung, welche Rolle, welche<br />
Zeitdauer bestimmte Situationen im Leben für die Zukunft haben, man bekommt ein<br />
Gefühl für den Stellenwert bestimmter Ereignisse und Gegebenheiten. Anders<br />
formuliert, ist man als Kind flexibel und erfahren genug, um die Lektüre vollständig zu<br />
verstehen, da es eine Art von kindlichem Lernen ist, schnell zu reagieren und Dinge<br />
aufzunehmen. Einerseits kann durch den Textinhalt diese Art kindlichen Lernens weiter<br />
gefördert werden, andererseits findet das Kind einen vertrauten Zugang zum Text.<br />
8 Christine Walde, Auferstehungen, Literarische Ovidrezeption an der Wende vom 20. zum 21.<br />
Jahrhundert. In: Markus Janka, Ulrich Schmitzer, Helmut Seng (Hgg.), Ovid – Werk, Kultur, Wirkung.<br />
Darmstadt 2007. S. 345.<br />
11
Daher findet die Metamorphose im Allgemeinen, speziell die der Schiffsverwandlung,<br />
hier seine Berechtigung.<br />
Neben dieser exemplarischen Legitimation und der Gegenwartsbedeutung spielen die<br />
Metamorphosen eine wichtige Rolle für die Zukunft der Kinder. Sie machen sie<br />
sensibel für die in ihnen angesprochenen Problematiken, wie beispielsweise<br />
Vergewaltigung, Mord und Uneindeutigkeit zwischen den Geschlechtern, und für die<br />
Übertragung des Inhalts auf den Alltag. Für zukünftige Begegnungen mit solchen<br />
Themen bieten die Metamorphosen eine gute und sinnvolle Basis. In der hier<br />
vorliegenden Verwandlungsgeschichte handelt es sich zwar nicht um die so eben<br />
genannten Aspekte, doch zeugt die von Turnus versuchte Brandstiftung dennoch von<br />
Gewalt und Hass, wodurch die Zukunftsbedeutung ebenfalls aufgegriffen wird.<br />
12
2.5.1.2 Zum Lernstand<br />
Es kann davon ausgegangen werden, dass der Begriff „Metamorphose“ in der Klasse<br />
bekannt ist, da es sich erstens bei den Metamorphosen des Ovid um Texte handelt, die<br />
einige Sprachkenntnisse im Lateinischen und in der Mythologie voraussetzen und<br />
zweitens es sich bei der hier zu behandelnden Verwandlungsgeschichte nicht um eine<br />
solche handelt, mit der man typischer Weise die Metamorphosen einführen würde und<br />
man daher den Begriff bereits in einem anderen Zusammenhang gelehrt hat. Der Autor<br />
Ovid, das Übersetzen von Poesie im Allgemeinen, die metrische Analyse, sowie die<br />
Behandlung von Stilmitteln kann je nach Jahrgangsstufe ein noch nicht ganz vertrautes<br />
Feld sein, weshalb der Schwerpunkt der Unterrichtsstunde je nach Klasse mehr oder<br />
weniger auf der Grammatik oder auf weiterführenden Aufgabenstellungen liegen kann.<br />
Um die Struktur des Gesamtwerkes Ovids nicht zu vernachlässigen, wird die<br />
Eingliederung in den Gesamtzusammenhang, das Eingehen auf den Autor und die<br />
zeitliche Einordnung als nötig und sinnvoll angenommen, zumal man davon ausgehen<br />
kann, dass der Autor zumindest ein Begriff ist und daher nicht vorenthalten werden<br />
darf. Dabei ist zu beachten, dass nicht zu viele verschiedene Aspekte zu detailliert in<br />
den Unterricht eingebaut werden, da es vom eigentlichen gewählten Schwerpunkt des<br />
Unterrichts ablenkt.<br />
Da die Metamorphose auf Grund des sprachlichen Niveaus im Lateinischen nicht in der<br />
Unterstufe unterrichtet wird, kann man davon ausgehen, dass alle Sozialformen in der<br />
Klasse bekannt sind, also auch Gruppenarbeit eine Routine ist. Allerdings ist es<br />
wichtig, sich als Lehrkraft diesbezüglich zu erkundigen, falls einem die Klasse noch<br />
nicht vertraut ist.<br />
2.5.1.3 Lernziele<br />
Angestrebtes Lernziel im kognitiven Bereich bezüglich der Textstelle von Ovid ist das<br />
Textverständnis, das nach dem Übersetzen sowohl auf lateinisch sprachlicher als auch<br />
auf deutscher inhaltlicher Seite erreicht worden ist. Die in dieser Metamorphose<br />
auftretenden Grammatikphänomene und Vokabeln müssen verstanden sein, um sie so<br />
auch lernen zu können. Parallelen und Unterschiede zu anderen<br />
Verwandlungsgeschichten, beispielsweise dass es sich hier nicht um die Verwandlung<br />
von Menschen handelt, sondern umgekehrt um eine aszendente Verwandlung aus Holz<br />
13
in Nymphen, das heißt aus einem Schiff in einen menschlich-halbgöttlichen Körper,<br />
dass auch hier eine Gottheit verantwortlich für die Verwandlung ist, welche Rolle diese<br />
Gottheit in der Mythologie spielt, mit welchen Attributen sie zu finden ist, sind<br />
herauszuarbeiten.<br />
Bei dem Vergleich mit der entsprechenden Textstelle bei Vergil stehen inhaltliche und<br />
sprachliche Unterschiede als kognitives Ziel im Vordergrund. Hier ist auf das Kapitel<br />
2.3 zu verweisen. Das Kennenlernen des Begriffes „anamorphotisch“ ist in diesem<br />
Zusammenhang ein wichtiges Lernziel.<br />
In Bezug auf die Rezeptionsgeschichte durch die drei vorliegenden Bilder ist die<br />
zeitliche Einordnung der Bilder ein wichtiges kognitives Lernziel sowie die<br />
Textverwertung in den Bildern. Welche Möglichkeiten es gibt die Textstelle zu<br />
rezipieren, wird deutlich. Auch der Vergleich der drei Bilder untereinander fällt in<br />
diesen Bereich, um die Rezeptionsbreite zu verdeutlichen.<br />
Affektive Lernziele werden dadurch erreicht, dass die Schüler den Inhalt der<br />
Schiffsverwandlung auf die eigene und heutige Welt übertragen, indem sie die<br />
Bereitschaft zeigen, sich auf die Götterwelt und die Mythologie einzulassen. Die<br />
Lebendigkeit der Sprache Latein soll hier verstanden werden. Denn „Die lateinische<br />
Sprache ist, zumindest bis heute, die erfolgreichste Sprache der Welt (regina<br />
linguarum)“ 9 , wie Wilfried Stroh es formuliert. Durch die Aufgabe, anhand der<br />
Beschreibung der Metamorphose (vgl. vv.549-555) selbst ein Bild zu malen und dabei<br />
den Text bildlich umzusetzen, werden die instrumentellen und psychomotorischen<br />
Lernziele berücksichtigt. Auch die Bilder als Rezeptionsbeispiele selbst gehören hier<br />
dazu, da sie die Fähigkeit der Schüler fördern, eigenständig Text und Bild in Einklang<br />
zu bringen und Verbindungen zu erkennen.<br />
Durch die Sozialform der Gruppenarbeit sollen die Schüler lernen, sich in einer kleinen<br />
Gruppe einzubringen, die Gedanken der Mitschüler zu akzeptieren und sich dann auf<br />
eine gemeinsame Lösung der Fragestellungen zu einigen. Dieser Aspekt und das<br />
Vorstellen der Gruppenergebnisse im Plenum verfolgen sozial-kommunikative<br />
Lernziele.<br />
9 Wilfried Stroh, Latein ist tot, es lebe Latein! Kleine Geschichte einer großen Sprache. Berlin 2007. S.<br />
15.<br />
14
2.5.2 Methodische Analyse<br />
Im Folgenden werden die einzelnen bereits angedeuteten Unterrichtsvorschläge<br />
vorgestellt und durch Arbeitblätter im Anhang (vgl. Anhang S. III-X) ergänzt. Dabei<br />
handelt es sich nicht um gesamte Unterrichtsstunden, sondern einzelne unabhängig zu<br />
einander stehende Unterrichtsphasen werden vorgestellt, die miteinander verbunden<br />
werden können, aber auch einzeln stehen.<br />
Die auf dem Thesenblatt (vgl. Anhang S. XI-XIV) zu findenden Vorschläge werden<br />
hier aufgegriffen und erweitert, nämlich zum einen der Vergleich mit der<br />
entsprechenden Textstelle des Vergil in der Äneis, zum anderen die bildliche Rezeption<br />
dieser Metamorphose durch die Kunst anhand von drei Bildern. Dadurch wird die<br />
Schiffsmetamorphose durch eine bildliche und eine literarische Verknüpfung vertieft.<br />
Die folgenden Vorschläge sind Möglichkeiten, diese Verwandlung der Schiffe in den<br />
Lateinunterricht einzubauen und dienen zur weiteren Anregung. Dabei wird nicht<br />
darauf eingegangen, wie die Textstelle bei Ovid den Schülern vermittelt werden kann,<br />
sondern es werden Vorschläge geliefert, in welchem Zusammenhang diese in das<br />
Unterrichtsgeschehen eingebaut werden kann.<br />
Generell sieht der Lehrplan G8 (genehmigter Lehrplan – gültig) 10 11 das Behandeln der<br />
Metamorphosen Ovids in der 10. Klasse vor, was bei den Unterrichtsvorschlägen<br />
berücksichtigt wird.<br />
Wenngleich es den Rahmen sprengt, noch weitere didaktische Möglichkeiten<br />
ausführlich zu erläutern, so ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass die hier vorliegende<br />
Metamorphose durchaus auch in einem Zusammenhang unabhängig von Vergil oder<br />
der Rezeptionsgeschichte, also unabhängig von anderen Metamorphosen behandelt<br />
werden kann. Ein Thema wie „der Götterkult im Alten Rom“ bietet sich an, um über<br />
Kybele eine Verbindung herzustellen, aber auch Themen, bei denen es sich schlicht um<br />
Schiffe handelt. In diesem Fall empfiehlt es sich, nur die eigentliche Verwandlung (vgl.<br />
vv.549-555) den Schülern vorzulegen, den Fokus also speziell auf die Schiffe zu<br />
richten, wodurch der Aufbau antiker Schiffe, das Schiffsvokabular und die wichtige<br />
Bedeutung der Schiffe verdeutlicht wird. Damit wird auf das im Lehrplan G8<br />
10 Aus Gründen der Aktualität wird sich im Folgenden auf diesen Lehrplan bezogen.<br />
11 Vgl. http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=0&QNav=4&TNav=0&INav=0&Fach=<br />
&LpSta=6&STyp=14.<br />
15
(genehmigter Lehrplan – gültig) 12 für die 10. Klasse vorgesehene Schwerpunktthema<br />
„der römischen Staat und seine Gesellschaft in Republik und Kaiserzeit“ 13<br />
eingegangen.<br />
Da es sich bei den hier vorliegenden Rezeptionsbeispielen um Buchillustrationen<br />
handelt, wäre des Weiteren ein fächerübergreifender Unterricht mit Deutsch möglich,<br />
in dem die Geschichte des Buchdrucks behandelt wird oder mit Kunst, in dem die<br />
verschiedenen Techniken und die Geschichte von Buchillustrationen erklärt werden.<br />
12 http://www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26212.<br />
13 Vgl. http://www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26212.<br />
16
2.5.2.1 Vergleich mit Vergil, Äneis, IX 77-122 – Drei Varianten der didaktischen<br />
Umsetzung<br />
2.5.2.1.1 Lateinischer Text<br />
Da das Übersetzen im Lateinunterricht ein wichtiger Bestandteil ist, darf das genaue<br />
Behandeln des Lateinischen nicht vernachlässigt werden. Die Übersetzung der<br />
Metamorphose des Ovid ist hier vorausgesetzt, so dass nun noch die Textstelle bei<br />
Vergil übersetzt werden muss. Dies scheint sinnvoll, um wirkliche Unterschiede in der<br />
Sprache bei Vergil und Ovid zu erkennen, wie im Kapitel über die Lernziele formuliert<br />
worden ist. Wenngleich Vergil mit seiner Äneis an Gymnasien in Bayern erst für die<br />
Jahrgangsstufe 12 vorgesehen ist 14 , sollte es keine Überforderung sein, mit sinnvollen<br />
Übersetzungshilfen, die dem Klassenniveau angepasst sind, die Schüler mit diesem<br />
Text zu konfrontieren, zumal das Übersetzen, Erschließen und Interpretieren von<br />
anspruchsvollen lateinischen Texten laut Lehrplan ebenfalls für die 10. Klasse gedacht<br />
ist 15 . Das Übersetzen eines Textes im Unterricht kostet Zeit, was bei der<br />
Unterrichtsplanung berücksichtigt werden muss. Als Sozialform bietet sich hier die<br />
Partnerarbeit an, da die Schüler selbstständig arbeiten müssen, dennoch im Gespräch<br />
mit einem Mitschüler sind und sich austauschen können. Die Kontrolle durch den<br />
Lehrer ist beim Übersetzen notwendig, um fehlerhaftes Einprägen zu vermeiden, so<br />
dass ein Unterrichtsgespräch geleitet durch den Lehrer sinnvoll ist. Durch diese Art von<br />
Frontalunterricht kann einem Schereneffekt vorgebeugt werden, da jedem Schüler die<br />
richtige Lösung dargeboten wird. Das Stärken des Selbstvertrauens kann durch einen<br />
lehrerzentrierten Unterricht ebenfalls gesteuert werden, da der Lehrer direkt auf die<br />
Schüler Einfluss haben kann, wenn er denn einen Gesamtüberblick über die Klasse hat.<br />
Da es sich doch um eine recht lange Textstelle handelt, sollte das Übersetzen in<br />
einzelnen Etappen geschehen. Das Unterteilen der Klasse in drei Gruppen (vgl. Anhang<br />
S. III-V) ist dabei sinnvoll, um Zeit zu sparen. Da die einzelnen Arbeitsaufträge der drei<br />
Gruppen gleichen Umfang haben sollten, wurden die Verse 73-76 weggelassen. Diese<br />
können entweder im Voraus im Plenum übersetzt oder vom Lehrer paraphrasiert<br />
werden, um den Schülern den Inhalt nicht vorzuenthalten.<br />
14 Vgl. http://server.co101.spacenet.de/isb.co101.spacenet.de/contentserv/3.1/g8.de/index.php?<br />
StoryID=2621.<br />
15 Vgl. ebd.<br />
17
Da sich die Schüler alle intensiv mit dem lateinischen Text auseinander gesetzt haben<br />
und es laut Lehrplan Lernziel der 10. Klasse sein soll, die „Wirksamkeit des Einsatzes<br />
sprachlicher und stilistischer Mittel“ 16 sowie „weitere metrische Erscheinungen und<br />
ihre Funktion“ 17 zu erkennen, ist es beinahe unerlässlich, auf die metrische Analyse<br />
und Stilmittel einzugehen. Das Übersetzen eines lateinischen poetischen Textes und die<br />
Bestimmung von Stilmitteln sowie eine metrische Analyse gehen meist Hand in Hand.<br />
Das bloße Übersetzen eines poetischen Textes ohne eine nähere Betrachtung und<br />
Bestimmung von Stilistik und Metrik würde nämlich nur einen Teil und zwar die<br />
inhaltliche Seite des Gedichtes erfassen.<br />
2.5.2.1.2 Deutscher Text<br />
Möchte man als Lehrkraft den Schwerpunkt nicht auf den lateinischen Text und das<br />
Übersetzen legen, so bietet es sich an, die Übersetzung der Vergil-Textstelle auf<br />
Deutsch zu liefern, um so Zeit zu sparen, jedoch die Vergil-Textstelle nicht auslassen<br />
zu müssen. Ein Gegenüberstellen der beiden Textstellen scheint wichtig, um die<br />
Schüler Bezüge innerhalb der Literatur erkennen zu lassen und die Autoren in<br />
Zusammenhang zu bringen, um bilingue Lektüre zu betreiben und zu fördern.<br />
Es bietet sich an, als Sozialform die arbeitsgleiche Gruppenarbeit zu wählen, da auf<br />
diese Weise jeder Schüler zu aktivem, selbstständigem Arbeiten angeregt wird und<br />
nicht nur passiv und rezeptiv lernt. Den so genannten Trittbrettfahrern kann dadurch<br />
vorgebeugt werden, dass jedes Gruppenmitglied zur Präsentation des Ergebnisses<br />
aufgerufen werden kann. Wichtig ist ein genauer Arbeitsauftrag mit gezielten<br />
Fragestellungen, bei denen auf die Altersgruppen eingegangen wird. Sinnvoll ist eine<br />
Hierarchie innerhalb der Fragen. Von Fragen zum Textverständnis kann übergeleitet<br />
werden zu Fragen, die auf den Vergleich abzielen – wie es auf den im Anhang zu<br />
findenden Arbeitsblättern (vgl. Anhang S. VI-VII) versucht worden ist.<br />
Eine Möglichkeit, die Ergebnisse im Plenum zu sammeln, ist, dass der vom Lehrer<br />
bestimmte „Gruppenexperte“ die Ergebnisse vorstellt, indem er die auf buntes Papier<br />
geschriebenen Schlagwörter, die in der Gruppe zusammengetragen worden sind, auf die<br />
an der Tafel gemalte Tabelle „Gemeinsamkeiten – Unterschiede“ anheftet und kurz<br />
erläutert. So ist die Präsentation anhand einer Folie, das häufig verwendet wird, mit<br />
einer abwechslungsreichen Alternative ersetzt.<br />
16 http://server.co101.spacenet.de/isb.co101.spacenet.de/contentserv/3.1/g8.de/index.php?StoryID=2621.<br />
17 Ebd.<br />
18
2.5.2.1.3 Synoptischer Vergleich<br />
Aufbauend auf die zwei soeben dargestellten Möglichkeiten, die Vergil-Textstelle in<br />
den Unterricht einzubauen, ist es ein wirkungsvoller Schritt, den lateinischen Text des<br />
Ovid neben den des Vergil abzudrucken, um so zu verdeutlichen, welcher Autor an der<br />
einen Stelle ausführlicher, welcher weniger ausführlich den Inhalt wiedergibt. Der<br />
Begriff „anamorphotisch“ ist in diesem Zusammenhang einzuführen, wie es als<br />
Lernziel definiert worden ist.<br />
Diese Unterrichtsphase nimmt nicht allzu viel Zeit ein, da es sich hauptsächlich um<br />
einen optischen Eindruck handelt und eine Erweiterung zu dem bereits gelernten und<br />
behandelten Unterrichtsstoff darstellt. Ein Unterrichtsgespräch, auch per Zuruf, bietet<br />
sich an, um den Schülern im Unterricht eine Auflockerung zu bieten. Da diese Aufgabe<br />
zum einen auf Vorheriges eingeht und zusammenfasst, zum anderen aber auch ausbaut,<br />
indem ein neuer Begriff eingeführt wird, eignet sich diese Aufgabe als Puffer für den<br />
Unterricht, die gegebenenfalls als Hausaufgabe erteilt wird, sofern im Unterricht keine<br />
Zeit bleibt. Auf diese Weise wird in der folgenden Unterrichtsstunde eine gute<br />
Überleitung zur vorherigen Stunde erreicht und den Schülern während der<br />
Hausaufgabenbesprechung durch das Einführen des neuen Begriffs der Sinn der<br />
Hausaufgabe gezeigt.<br />
Laut Lehrplan G8 (genehmigter Lehrplan – gültig) wird Ovid in der 10. Klasse<br />
behandelt 18 und Vergil in der 12. Klasse 19 . Diese Aufgabe bietet sich also in beiden<br />
Jahrgangsstufen an. In der 12. Klasse wäre Ovid bereits bekannt und man könnte<br />
zurückgreifen auf die Metamorphosen, diese wiederholen und gleichzeitig den neuen<br />
Autor sinnvoll mit bereits gelerntem Verknüpfen, sowie den Text in einen größeren<br />
Zusammenhang bringen.<br />
(Vgl. Anhang S. VIII-IX).<br />
18<br />
Vgl. http://server.co101.spacenet.de/isb.co101.spacenet.de/contentserv/3.1/g8.de/index.p<br />
hp?StoryID=26212.<br />
19<br />
Vgl. http://server.co101.spacenet.de/isb.co101.spacenet.de/contentserv/3.1/g8.de/index.php?<br />
StoryID=26237.<br />
19
2.5.2.2 Der Umgang mit bildlichen Rezeptionsbeispielen<br />
2.5.2.2.1 Produktives Arbeiten<br />
Die von Ovid dargestellte eigentliche Verwandlung (vv. 549-555) ist sehr präzise<br />
dargestellt und wirkt geradezu als Anleitung, so dass es nahe liegt, die Schüler selbst<br />
die Szene malen zu lassen, um ihre Kreativität und auch ihre Motivation gegenüber<br />
dem lateinischen Text zu fördern. Gleichzeitig wird die Konzentration der Schüler auf<br />
die genaue Formulierung gelenkt, wodurch der Wortschatz, der laut Lehrplan G8<br />
(genehmigter Lehrplan – gültig) in der 10. Klasse systematisch und lektürebegleitend<br />
aufgebaut werden soll, nicht nur erweitert, sondern gleichzeitig speziell auf die<br />
Bereiche Körper – Schiff gelenkt wird. Durch das Umsetzen der Vokabeln in ein selbst<br />
gemaltes Bild erhöht man die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Vokabeln beim Schüler<br />
einprägen, da sowohl das visuelle, als auch psychomotorische Register im Gedächtnis<br />
angeregt wird. Durch Beschriftung des Bildes mit den Vokabeln oder durch das<br />
Anfertigen einer Legende wird dieser Lernschritt verstärkt. Darüber hinaus werden die<br />
Transferförderung und das problemlösende Denken des Schülers gefördert, was ein<br />
wichtiger Aspekt im Unterrichtsgeschehen ist.<br />
Dieser Arbeitsauftrag muss in Einzelarbeit erfolgen, da nur so von jedem Schüler ein<br />
eigenes Bild mit den eigenen Ideen umgesetzt und die Individualität jedes Bildes und<br />
jeder Schüleridee berücksichtigt werden kann.<br />
Die Aufgabe scheint eher für jüngere Jahrgangsstufen interessant, da das spielerische<br />
Umsetzen vom lateinischen Text noch mehr im Vordergrund steht als in der Oberstufe.<br />
Die Lernmotivation kann auf diese Weise erhöht werden, ohne den eigentlichen<br />
Schwerpunkt, der auf dem Erlernen der Sprache liegt, zu vernachlässigen. Da jedoch in<br />
der Unterstufe Ovid auf dem Lehrplan nicht vorgesehen ist, ist es je nach<br />
Klassenzusammensetzung abzuwägen, ob sich diese Aufgabenstellung dennoch für die<br />
10. Klasse eignet oder nicht.<br />
Es bietet sich an, die Bilder im Klassenzimmer aufzuhängen und untereinander zu<br />
vergleichen, so dass jedem Bild seine Geltung zu kommt und der Schüler eine Reaktion<br />
auf sein Bild erhält. Je nach Klasse könnte es motivationssteigernd sein, einen<br />
Malwettbewerb durchzuführen, bei dem es die Aufgabe ist, der Beschreibung Ovids<br />
möglichst gerecht zu werden. Zeitmanagement ist hier ein wichtiger Aspekt.<br />
(Vgl. Anhang S. X).<br />
20
2.5.2.2.2 Bilder-Text-Vergleich<br />
Die drei Bilder, auf die bereits an verschiedenen Stellen eingegangen worden ist, bieten<br />
sich an, um nach der Textanalyse eine bildliche Darstellung zu liefern. Man erzielt<br />
dadurch, dass das bereits Gelesene in den Bildern wieder aufgegriffen und<br />
hervorgerufen wird und noch nicht verstandene Textpassagen durch die bildliche<br />
Unterstützung verständlich werden. Außerdem wird man dem entsprechenden Lehrplan<br />
gerecht. „Das Weiterleben antiker Stoffe und Motive in Literatur, Musik und Kunst“ 20<br />
ist ein Lernaspekt im Zusammenhang mit dem Autor Ovid, ebenso wie „die intensive<br />
Beschäftigung mit Rezeptionsdokumenten“ 21 , da es „das ästhetische Empfinden und<br />
Urteilsvermögen der Schüler fördert“ 22 . Darüber hinaus ruft man einen<br />
Methodenwechsel hervor, der im Unterricht von großer Wichtigkeit ist, um die<br />
Aufmerksamkeit der Schüler aufrecht zu halten. Das Transferdenken wird ebenfalls<br />
gefördert. Dies bezieht sich allerdings nicht nur auf den Text und ein Bild, sondern<br />
ebenfalls auf die Bilder untereinander, indem diese miteinander verglichen werden und<br />
so interessante Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufweisen.<br />
Da es von großer Bedeutung ist, möglichst viele Schüler dazu zu bringen, sich zu<br />
äußern und ihre Ideen einzubringen, ist eine sinnvolle Unterrichtsform das offene<br />
Gespräch, bei dem sich jeder Schüler einbringen darf, welches sich sogar erst dann<br />
positiv entwickelt, wenn verschiedene Meinungen preisgegeben werden.<br />
2.5.2.2.3 Bilder als Impuls<br />
Der bereits erwähnte Lehrplan für die 10. Klasse beinhaltet, dass „(fachbezogene)<br />
Medien zur Erreichung von Arbeitszielen adäquat verwenden“ 23 werden sollen. Die<br />
Rezeptionsbeispiele in Form der genannten Bilder sind also nicht nur dazu geeignet,<br />
nach der Textbehandlung einen Vergleich mit den Bildern zu liefern, sondern ebenfalls<br />
dazu, diese - als sinnvolles Medium - vor der Textanalyse als Impuls im Unterricht<br />
einzubauen und zwar dann, wenn bereits andere Metamorphosen im Unterricht<br />
behandelt worden sind und jeweiliges Bildmaterial geliefert worden ist.<br />
20 http://server.co101.spacenet.de/isb.co101.spacenet.de/contentserv/3.1/g8.de/index.php?StoryID=2612.<br />
21 Ebd.<br />
22 Ebd.<br />
23 Ebd.<br />
21
Die Schiffsverwandlung unterscheidet sich in bestimmten Punkten von den anderen<br />
Verwandlungsgeschichten, wie bereits in der Arbeit angesprochen und erläutert worden<br />
ist, so dass die Schüler durch die Verbildlichung dazu angeregt werden, die Bilder mit<br />
den bekannten Metamorphosen in Zusammenhang zu bringen, Gemeinsamkeiten und<br />
Unterschiede festzustellen. Dies bedeutet, dass auf kreative Art und Weise von<br />
Schülern herausgefunden werden soll, dass die eigentliche Metamorphose nicht auf den<br />
Bildern zu erkennen ist, sondern nur die einzelnen Stadien beziehungsweise, dass es<br />
sich um die Verwandlung mehrerer und nicht nur um eine einzige Verwandlung<br />
handelt. Dadurch wird eine positive Erwartungshaltung gegenüber dem Text erreicht,<br />
Interesse geweckt und Neugier erzielt.<br />
In Form eines Brainstormings können Bemerkungen festgehalten und zugleich<br />
Erkenntnisse, die bereits durch andere Metamorphosen gewonnen wurden, wiederholt<br />
werden.<br />
Voraussetzung für diese Umsetzung ist, dass die Verwandlung der Schiffe mit anderen<br />
Verwandlungsgeschichten zusammen behandelt wird, um so das Vorwissen anwenden<br />
und Erwartungen an den Text stellen zu können.<br />
22
3. Schluss<br />
Die Schiffsmetamorphose, überhaupt die Metamorphosen allgemein, regen zu vielen<br />
verschiedenen Interpretations- und Denkansätzen an. Dies bestätigt sich, wenn man<br />
sein Augenmerk auf die Rezeption richtet, die durch die Geschichte hindurch bis heute<br />
zur Gegenwart immer wieder auf musikalischer, literarischer und künstlerischer Art<br />
und Weise vollzogen wurde.<br />
Auf Grund ihrer Themenvielfalt und ihrer Themenbereiche sind die Metamorphosen<br />
auf die heutige Zeit übertragbar und darüber hinaus auch wieder zu finden. Phantasy-<br />
Geschichten können als „die Metamorphosen der Gegenwart“ verstanden werden. Dies<br />
sind wesentliche Aspekte, die den Metamorphosen zum einen eine Berechtigung für<br />
den Unterricht, zum anderen einen hohen Stellenwert im Unterrichtsgeschehen<br />
verleihen.<br />
Dies wurde exemplarisch an Hand der Schiffsmetamorphose verdeutlicht.<br />
Da es den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde und der Schwerpunkt auf der<br />
Rezeption lag, konnte ein Vergleich innerhalb einzelner Metamorphosen nicht<br />
angestellt werden, wenngleich sich dieses Thema sowohl für die Schiffsmetamorphose<br />
gut anbietet, da es sich auf Grund der Art und Weise der Verwandlung von anderen<br />
abhebt als auch als Unterrichtsthema, um so intertextuelle Bezüge erkennen zu können.<br />
Abschließend dient dieser Aspekt dennoch dazu, einen Ausblick zu schaffen und den<br />
Leser diesbezüglich zu eigenen Gedanken anzuregen.<br />
23
4. Literaturverzeichnis<br />
4.1 Primärliteratur<br />
- P. Vergili Maronis opera, hg. von R. Mynors, Oxford 1969.<br />
- P. Ovidius Naso, Metamorphosen. Lateinisch-deutsch, hg. von Erich Rösch,<br />
München 1968.<br />
- P. Ovidius Naso, Metamorphoses, hg. von Richard Tarrant, Oxford 2004.<br />
- Homer, Ilias. Odyssee, hg. von Heinrich Voß, Frankfurt am Main 1990.<br />
4.2 Sekundärliteratur<br />
- Michael von Albrecht: Das Buch der Verwandlungen. Ovid-Interpretationen.<br />
Düsseldorf 2000.<br />
- Franz Bömer, Publius Ovidius Naso. Metamorphosen. Kommentar. Buch XIV-XV.<br />
Heidelberg 1982.<br />
- Siegmar Döpp, Vergilrezeption in der Ovidischen ‚Äneis’. In: RhM 134 (1991) S.<br />
327- 346.<br />
- Rudolf Ehwald u. Michael von Albrecht (Hgg.), P. Ovidius Naso: Metamorphosen, 2.<br />
Band, Buch VII-XV. Zürich/Dublin 1966.<br />
- Niklas Holzberg, Ovids Metamorphosen. München 2007.<br />
- Sarolta A. Takacs, Kybele. DNP Band 6, hg. von Hubert Cancik und Helmuth<br />
Schneider. Stuttgart/Weimar 1999. Sp.949-956.<br />
- Wilfried Stroh, Latein ist tot, es lebe Latein! Kleine Geschichte einer großen Sprache.<br />
Berlin 2007.<br />
- Christine Walde, Auferstehungen: Literarische Ovidrezeption an der Wende vom 20.<br />
zum 21. Jahrhundert. In: Markus Janka, Ulrich Schmitzer, Helmut Seng (Hgg.), Ovid<br />
– Werk, Kultur, Wirkung. Darmstadt 2007. S. 317-347.<br />
- www.latein-pagina.de<br />
- http://server.co101.spacenet.de/isb.co101.spacenet.de/contentserv/3.1/g8.de/index.p<br />
- hp?StoryID=26212 (10. Klasse) (3.8.09)<br />
- http://server.co101.spacenet.de/isb.co101.spacenet.de/contentserv/3.1/g8.de/index.ph<br />
p?StoryID=26237 (11. und 12. Klasse) (3.8.09)<br />
- http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=0&QNav=4&TNav=0&INav=0&Fac<br />
h=&LpSta=6&STyp=14 (3.8.09)<br />
24
- http://www.isb-gym8-<br />
lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26212 (3.8.09)<br />
25
5. Anhang<br />
Bildliche Rezeptionsbeispiele 24 :<br />
A)<br />
Virgil Solis in: P. Ovidii Metamorphoses XIV, hg. von Sigmund Feyerabendt,<br />
Frankfurt am Main 1581.<br />
24 Vgl. www.latein-pagina.de.<br />
26
B)<br />
Johann Wilhelm Baur, Metamorphosen-Edition, Wien 1641/ Augsburg 1709. Detailfoto<br />
von Hans-Jürgen Günther 2007.<br />
C)<br />
Johann Ulrich Krauss, Metamorphosen-Edition Augsburg 1690.<br />
27
Mögliche Gestaltung für ein Arbeitsblatt zum Punkt 2.5.2.1.1 Lateinischer Text<br />
Gruppe 1<br />
Aufgaben:<br />
1. Markiere im folgenden Text die wörtliche Rede!<br />
2. Unterstreiche die vorkommenden Personen!<br />
3. Übersetze den Abschnitt unter Berücksichtigung des folgenden einleitenden Satzes!<br />
Bevor Kybele dem Turnus auf der Erde erscheint und es zur eigentlichen<br />
Metamorphose der Schiffe kommt (V. 107-122), führt Vergil folgende<br />
Vorgeschichte an (V. 73-91):<br />
Quis deus, o Musae, tam saeva incendia Teucris<br />
avertit, tantos ratibus quis depulit ignis?<br />
dicite, prisca fides facto, sed fama perennis.<br />
tempore quo primum Phrygia formabat in Ida<br />
Aeneas classem et pelagi petere alta parabat.<br />
ipsa deum fertur genetrix Berecyntia magnum<br />
vocibus his adfata Iovem: ’da, nate, petenti,<br />
quod tua cara parens domito te poscit Olympo.<br />
pinea silva mihi, multos dilecta per annos;<br />
lucus in arce fuit summa, quo sacra ferebant,<br />
nigranti picea trabibusque obscurus acernis:<br />
has ego Dardanio iuveni, cum classis egeret,<br />
laeta dedi; nunc sollicitam timor anxius angit.<br />
solve metus atque hoc precibus sine posse parentem:<br />
neu cursu quassatae ullo neu turbine venti<br />
vincantur, prosit nostris in montibus ortas.’<br />
28
Mögliche Gestaltung für ein Arbeitsblatt zum Punkt: 2.5.2.1.1 Lateinischer Text<br />
Gruppe 2<br />
Aufgaben:<br />
1. Markiere im folgenden Text die wörtliche Rede!<br />
2. Unterstreiche die vorkommenden Personen!<br />
3. Übersetze den Abschnitt unter Berücksichtigung des folgenden einleitenden Satzes!<br />
Nachdem Turnus die Boote entfachen will (V. 73-76), liefert Vergil die<br />
mythologische Vorgeschichte (V. 77-106), in der die Göttermutter Kybele folgende<br />
Worte an Jupiter richtet (V. 93-116):<br />
Filius huic contra, torquet qui sidera mundi:<br />
‘o genetrix, quo fata vocas aut quid petis istis?<br />
mortaline manu factae inmortale carinae<br />
fas habeant certusque incerta pericula lustret<br />
Aeneas, cui tanta deo permissa potestas?<br />
immo ubi defunctae finem porutsque tenebunt<br />
Ausonios olim, quaecumque evaserit undis<br />
Dardaniumque ducem Laurentia vexerit arva,<br />
mortalem eripiam formam magnique iubebo<br />
aequoris esse deas, qualis Nerëia Doto<br />
et Galatea secant spumantem pectore pontum.’<br />
dixerat idque ratum Stygii per flumina fratris,<br />
per pice torrentis atraque voragine ripas<br />
adnuit et totum nutu tremefecit Olympum.<br />
29
Mögliche Gestaltung für ein Arbeitsblatt zum Punkt: 2.5.2.1.1 Lateinischer Text<br />
Gruppe 3<br />
Aufgaben:<br />
1. Markiere im folgenden Text die wörtliche Rede!<br />
2. Unterstreiche die vorkommenden Personen!<br />
3. Übersetze den Abschnitt unter Berücksichtigung des folgenden einleitenden Satzes!<br />
Nachdem Turnus die Boote des Äneas entfachen will und die mythologische<br />
Vorgeschichte geliefert ist (V. 73-106), erscheint Kybele vor Turnus auf der Erde<br />
und es kommt zur eigentlichen Metamorphose (107-122):<br />
Ergo aderat promissa dies, et tempora Parcae<br />
debita complerant, cum Turni iniuria Matrem<br />
admonuit ratibus sacris depellere taedas.<br />
hic primum nova lux oculis offulsit et ingens<br />
visus ab Aurora caelum transcurrere nimbus<br />
Iaeique chori, tum vox horrenda per auras<br />
excidit et Troum Rutulorumque agmina complet:<br />
‘ne tridate meas, Teucri, defendere navis<br />
neve armate manus: maria ante exurere Turno<br />
quam sacras dabitur pinus. vos ite solutae,<br />
ite deae pelagi: genetrix iubet.’<br />
30<br />
et sua quaeque<br />
continuo puppes abrumpunt vincula ripis<br />
delphinumque modo demersis aequora rostris<br />
ima petunt. hinc virgineae – mirabile monstrum –<br />
reddunt se totidem facies ponotque feruntur.
Mögliche Gestaltung für ein Arbeitsblatt zum Punkt: 2.5.2.1.2 Deutscher Text<br />
Aufgaben:<br />
1. Lies Dir den folgenden Text durch und markiere dabei für den Inhalt wichtige<br />
Aussagen.<br />
2. Nenne Parallelen und Abweichungen des ovidischen Textes gegenüber der Äneis.<br />
3. Warum hat Ovid die Schiffsverwandlung anders dargestellt als Vergil?<br />
Vergil, Äneis, 9, 77-122:<br />
Dann aber drängen sie vor – es treibt sie des Turnus Gegenwart an -, und alle Männer<br />
versorgen sich mit schwelendem Kienholz. Sie haben die Herde geplündert; harzige<br />
Fackeln qualmen und glühen, und mitunter lässt Volcanus die Funken hochauf sprühen.<br />
Welcher Gott, ihr Musen, hat für die Trojaner eine so fürchterliche Feuersbrunst<br />
abgewandt? Wer hielt so viele Brände von den Schiffen fern? Kündet es! Altverbürgt<br />
ist das Ereignis, doch redet man immerdar davon. Zu der Zeit, als Äneas auf dem<br />
phrygischen Ida daran ging, eine Flotte zu bauen, und auf die hohe See hinausfahren<br />
wollte, soll die Göttermutter Kybele selbst die folgenden Worte an den großen Jupiter<br />
gerichtet haben: >> Gewähre mir, bitte, mein Sohn, was von dir deine teure Mutter<br />
verlangt – du hast den Olymp je bezwungen: Ich habe einen Fichtenwald, den ich liebe<br />
seit vielen Jahren. Ein heiliger Hain auf der Höhe war es, wohin man mir Opfergaben<br />
brachte, schattig von dunkelgrünen Kiefern und Ahornbäumen. Die habe ich dem<br />
Dardanerjüngling, da er eine Flotte brauchte, freudig überlassen. Nun drückt mich,<br />
unruhevoll wie ich bin, die quälende Sorge. Nimm von mir die Furcht und lass deine<br />
Mutter durch ihre Bitten bewirken, dass diese Stämme auf keiner Fahrt zerschellen und<br />
keinem Wirbelsturm unterliegen. Es helfe ihnen, dass sie auf meinen Bergen<br />
wuchsen!> Mutter, wozu willst du das Schicksal bewegen? Oder was verlangst du für diese<br />
deine Bäume? Sollen Schiffe, von sterblichen Händen gezimmert, Unsterblichkeit<br />
erlangen? Und soll Äneas sicher durch Unsicherheit und Gefahren seines Weges<br />
ziehen? Welchem Gott ist so große Macht verliehen? Nein, ich will vielmehr, wenn sie<br />
alles überstanden und ihr Ziel, Italiens Häfen erreicht haben, jedem Schiff, das den<br />
Wellen entronnen ist und den Trojanerfürsten zu Latiums Fluren getragen hat, seine<br />
vergängliche Gestalt nehmen und ihnen gebieten Göttinnen im weiten Meer zu sein, so<br />
31
wie des Nereus Tochter Doto und Galatea vor ihrer Brust die schäumenden Fluten<br />
teilen: >> Er hatte gesprochen, nickte bei seines Bruders Strom, der Styx, bei den<br />
pechschwarzen Wassern und den Ufern über dem schwarzen Schlund, dem Schwur<br />
Bestätigung und ließ den ganzen Olymp bei seinem Nicken erheben.<br />
Nun also war er da, der verheißene Tag, und die Parzen hatten die vorbestimmte Zeit<br />
ablaufen lassen, als die Freveltat des Turnus die Göttermutter dazu trieb, die<br />
Brandfackeln von den heiligen Schiffen abzuwehren. Da fiel erst ein seltsamer Glanz<br />
ins Auge, man sah von Osten eine riesige Wolke über den Himmel ziehen und die<br />
tanzende Schar vom Ida. Dann aber ertönt in den Lüften durchdringend eine furchtbare<br />
Stimme und erfüllt die Reihen der Troer und Rutuler mit Schrecken: >>Eilt nicht,<br />
Trojaner, die Schiffe zu schützen, das Meer in Brand zu setzen, als meine heiligen<br />
Fichten. Ihr aber zieht hin, ihr seid frei, zieht hin als Göttinnen des Meeres! Die Mutter<br />
befiehlt es.
Mögliche Gestaltung für ein Arbeitsblatt zum Punkt: 2.5.2.1.3 Synoptischer Vergleich<br />
Vergleich: Vergil, Äneis, IX 77-122 - Ovid, Met. XIV 530-557<br />
Turnus will die Boote entfachen<br />
(V. 73-76) (V. 530- 534)<br />
Tum vero incumbunt, urget praesentia Turni, fert, ecce, avidas in pinea Turnus<br />
atque omnis facibus pubes accingitur atris. texta. faces, ignesque timent, quibus unda pepercit.<br />
diripuere focos: piceum fert fumida lumen iamque picem et ceras alimentaque cetera flammae<br />
taeda et commixtam Volcanus ad astra favillam. Mulciber urebat perque altum ad carbasa malum<br />
ibat, et incurvae fumabant igne carinae,<br />
Vorgeschichte<br />
(V. 77-106) (V. 535-536)<br />
Quis deus, o Musae, tam saeva incendia Teucris cum memor has pinus Idaeo vertice caesas<br />
avertit, tantos ratibus quis depulit ignis? sancta deum genetrix<br />
dicite, prisca fides facto, sed fama perennis.<br />
tempore quo primum Phrygia formabat in Ida<br />
Aeneas classem et pelagi petere alta parabat.<br />
ipsa deum fertur genetrix Berecyntia magnum<br />
vocibus his adfata Iovem: ’da, nate, petenti,<br />
quod tua cara parens domito te poscit Olympo.<br />
pinea silva mihi, multos dilecta per annos;<br />
lucus in arce fuit summa, quo sacra ferebant,<br />
nigranti picea trabibusque obscurus acernis:<br />
has ego Dardanio iuveni, cum classis egeret,<br />
laeta dedi; nunc sollicitam timor anxius angit.<br />
solve metus atque hoc precibus sine posse parentem:<br />
neu cursu quassatae ullo neu turbine venti<br />
vincantur, prosit nostris in montibus ortas.’<br />
Filius huic contra, torquet qui sidera mundi:<br />
‘o genetrix, quo fata vocas aut quid petis istis?<br />
mortaline manu factae inmortale carinae<br />
fas habeant certusque incerta pericula lustret<br />
Aeneas, cui tanta deo permissa potestas?<br />
immo ubi defunctae finem porutsque tenebunt<br />
Ausonios olim, quaecumque evaserit undis<br />
Dardaniumque ducem Laurentia vexerit arva,<br />
mortalem eripiam formam magnique iubebo<br />
aequoris esse deas, qualis Nerëia Doto<br />
et Galatea secant spumantem pectore pontum.’<br />
dixerat idque ratum Stygii per flumina fratris,<br />
per pice torrentis atraque voragine ripas<br />
adnuit et totum nutu tremefecit Olympum.<br />
Epiphanie<br />
(V. 107-117) (V. 536-542)<br />
Ergo aderat promissa dies, et tempora Parcae tinnitibus aëara pulsi<br />
debita complerant, cum Turni iniuria Matrem aeris et inflati conplevit murmure buxi<br />
Admonuit ratibus sacris depellere taedas. perque leves domitis invecta leonibus auras<br />
hic primum nova lux oculis offulsit et ingens ‘inrita sacrilega iactas incendia dextra,<br />
visus ab Aurora caelum transcurrere nimbus Turne!’ ait, ‘eripiam, nec me patiente cremabit<br />
Iaeique chori, tum vox horrenda per auras ignis edax nemorum partes et membra meorem.’<br />
excidit et Troum Rutulorumque agmina complet: intonuit dicente dea,<br />
‘ne tridate meas, Teucri, defendere navis<br />
neve armate manus: maria ante exurere Turno<br />
quam sacras dabitur pinus. vos ite solutae,<br />
ite deae pelagi: genetrix iubet.’<br />
33
Sturm<br />
-- (V. 543-548)<br />
tonitrumque secuti<br />
cum saliente graves ceciderunt grandine nimbi,<br />
aeraque et tumidum subitis consursibus aequor<br />
Astraei turbant et eunt in proelia fratres.<br />
e quibus alma parens unius viribus usa<br />
stuppea praerupit Phrygiae retinacula puppis<br />
fertque rates pronas medioque sub aequore mergit.<br />
Verwandlung<br />
(V. 117-122) (V. 549-557)<br />
robore mollito lignoque in corpora verso<br />
in capitum facies puppes mutantur aduncae,<br />
et sua quaeque in digitos abeunt et crura natantia remi,<br />
continuo puppes abrumpunt vincula ripis quodque prius fuerat, latus est, mediisque carina<br />
delphinumque modo demersis aequora rostris subdita navigiis spinae mutatur in usum,<br />
ima petunt. hinc virgineae – mirabile monstrum – lina comae molles, antemnae bracchia fiunt;<br />
reddunt se totidem facies ponotque feruntur. caerulus, ut fuerat, color est;<br />
Aufgaben:<br />
quasque ante timebant,<br />
illas virgineis exercent lusibus undas<br />
naides aequorea;<br />
1. Was fällt an dieser Gegenüberstellung der beiden Textstellen auf?<br />
2. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sind zu finden?<br />
34
Mögliche Gestaltung für ein Arbeitsblatt zum Punkt: 2.5.2.2.1 Produktives Arbeiten<br />
Aufgabe:<br />
Die Verwandlung der Schiffe ist von Ovid sehr genau beschrieben. Ihr könnt sie als<br />
Anleitung für ein eigenes Bild verwenden. Malt in das unten angegebene Feld, wie Ihr<br />
Euch die Verwandlung vorstellt, indem Ihr Euch an die Anleitung Ovids haltet und<br />
dabei den lateinischen Wortschatz umsetzt.<br />
Legt anschließend eine Legende an oder beschriftet das Bild mit den von Ovid<br />
verwendeten Vokabeln.<br />
35
Thesenblatt<br />
Fachdidaktisches Seminar: Ovids Metamorphosen und ihre Rezeption<br />
Seminarleiter: Prof. Dr. Markus Janka<br />
Referentin: <strong>Sabine</strong> <strong>Malzkorn</strong>, <strong>Louisa</strong> <strong>Wickert</strong><br />
Ovid, Met. XIV 527-565: Die Schiffe des Äneas<br />
1. Einordnung in den Gesamtzusammenhang des 14. Buches<br />
1-74 Glaukus, Kirke und Skylla<br />
75-77 Sturm treibt Äneas nach Karthago weiter<br />
78-81 Äneas und Dido<br />
82-100 Von Karthago bis Unterintalien<br />
101-119 Cumae: Äneas in der Unterwelt<br />
120-153 Sibylle erzählt<br />
Achaemenides (154-222)<br />
Ulixes´ Abenteuer (223-307)<br />
Picus (308-415)<br />
Canens (416-440)<br />
441-461 Äneas kommt nach Latium<br />
Die Gefährten des Diomedes (461-511)<br />
Der wilde Ölbaum (512-526)<br />
527-565 Die Schiffe des Äneas<br />
566-580 Ardea<br />
581-608 Apotheose des Äneas<br />
609-621 Die Latinerkönige<br />
622-771 Vertumnus und Pomona<br />
Iphis und Anaxarete (698-761)<br />
772-851 Apotheose des Romulus und der Hersilia<br />
2. Gliederung der Erzählung<br />
527- 534: Turnus steckt die Schiffe des Äneas in Brand<br />
(...) fert ecce avidas in pinea Turnus<br />
texta faces, ignesque timent, quibus unda pepercit.<br />
- Anspielung auf Seesturm in Verg. Aen.1, 81-120.<br />
- (Didaktische Umsetzung: welche Motive leiten ihn dazu? Unterschiede bei Vergil, Ovid und Heinrich<br />
von Veldeke)<br />
535-548: Epiphanie der Göttermutter Cybele<br />
- Auftreten der Cybele mit dem Aufwand und den Geräuschen, mit denen der Kult der Cybele zur Zeit<br />
Ovids in Rom begangen wurde (Didaktische Umsetzung: Behandlung der verschiedenen Götterkulte im<br />
Alten Rom)<br />
- Cybele erinnert sich an Versprechen Jupiters, die Schiffe die aus Fichten des Idas, dem heiligen Berg<br />
der Cybele gebaut worden sind, nach ihrer Ankunft in Laurentum in Meergöttinnen zu verwandeln<br />
- Unwetter hat keine Parallele zur vergilischen Stelle, aber zu Aen. 5, 693-6, als die Frauen der Trojaner<br />
am Todestag des Anchises auf Sizilien ihre Schiffe anzünden, weil sie nicht weitersegeln wollen, und<br />
Jupiter nach der Bitte des Äneas den Brand durch ein Unwetter löscht.<br />
549-555: Verwandlung der Schiffe in Nymphen<br />
- Allgemeine Einleitung der Verwandlung<br />
robore mollito lignoque in corpora verso<br />
- Im Gegensatz zu den vielen Erzählungen, in denen Menschen in Bäume verwandelt werden, (I,549:<br />
Daphne. VII,714-720: Philemon und Baucis. X,137-142: Cyparissus als er den Nymphen heiligen Hirsch<br />
aus Versehen tötete. X,494.503: Myrrha. XI, 82 f. Strafe des Bacchus an den Maenaden nach der<br />
Ermordung des Orpheus. XIV,523f.: Oleaster, weil er die Tänze der Nymphen auslachte) tritt hier der<br />
umgekehrte Vorgang ein (vgl. Pygmalion X,283 temptatum mollescit ebur positoque rigore).<br />
36
- Ovid geht bei der Verwandlung der einzelnen Körperteile nach äußerlicher Ähnlichkeit mit den<br />
Schiffsteilen vor.<br />
in capitum faciem puppes mutantur aduncae<br />
in digitos abeunt et crura natantia remi,<br />
quodque prius fuerat, latus est, mediisque carina<br />
subdita navigiis spinae mutatur in usum,<br />
lina comae molles, antemnae bracchia fiunt,<br />
caerulus, ut fuerat, color est;<br />
555-565:Verhalten der Nymphen – Abschluss der Verwandlung<br />
(…) quasque ante timebant,<br />
illas virgineis exercent lusibus undas<br />
Naides aequoreae durisque in montibus ortae<br />
molle fretum celebrant nec eas sua tangit origo;<br />
- Die erfolgreiche Verwandlung wird von Ovid durch mehrere Antithesen auf inhaltlicher und formaler<br />
Ebene hervorgehoben.<br />
- Unterstützung in Seenot geratener Schiffe in Gedenken an eigene erlittene Gefahren auf See.<br />
- Hass und dementsprechend keine Hilfe gegenüber griechischen Schiffen in Gedenken an das Schicksal<br />
Trojas. Dieses Charakteristikum wird eigentlich den Vögeln des Diomedes zugeschrieben (Verg. Aen.<br />
XI, 271), die, ursprünglich Griechen, Nicht-Griechen feindlich gesinnt waren. Dies nennt Ovid dort<br />
nicht, überträgt diese Eigenschaft aber auf die verwandelten Nymphen.<br />
- Freude über Untergang eines Schiffes des Odysseus und über die Versteinerung des Schiffes des<br />
Odysseus nach dessen Rückkehr nach Ithaka.<br />
cladis adhuc Phrygiae memores odere Pelasgos<br />
Neritiaeque ratis viderunt fragmina laetis<br />
vultibus et laetis videre rigescere puppim<br />
vultibus Alcinoi sxumque increscere ligno.<br />
Abschluss der Verwandlungsgeschichte durch Epanalepsen (laetis vultibus und videre) und einer<br />
weiteren Metamorphose: Versteinerung des Schiffes des Phäakenkönigs Alkinoos, das Odysseus nach<br />
Ithaka gebracht hatte, kurz vor dessen Ankunft im Hafen des Alkinoos.<br />
3. Vergil, Äneis, IX 77-122<br />
Die Vorgeschichte Gespräch zwischen Cybele und Jupiter wird von Ovid vorausgesetzt<br />
(V. 77-106), wodurch die Textstelle bei Ovid erheblich gekürzt ist. Er erwähnt dies lediglich in<br />
zwei Versen (V. 535-536)<br />
Die Epiphanie Cybeles vor Turnus ist sowohl bei Vergil (V. 107-117) als auch bei Ovid (V.<br />
537-541) zu finden<br />
Zwischen dieser Erscheinung und der eigentlichen Verwandlung liest man bei Ovid von einem<br />
Sturm<br />
(542-548)<br />
Die eigentliche Verwandlung (V. 549-555) ist bei Vergil nicht vorhanden<br />
4. Rezeption<br />
37
Johann Ulrich Krauss, Metamorphosen-Edition 1690.<br />
Johann Wilhelm Baur, Metamorphosen-Edition 1659.<br />
5. Heinrich von Veldeke ‚Eneasroman’<br />
38
Bei Ovid wird das Göttergespräch zwischen Jupiter und Cybele nicht erwähnt, eventuell Hinweis darauf,<br />
dass Ovid bereits das Eingreifen und die Rolle der Götter mildert, und sie häufig viel menschlicher und<br />
familiärer darstellt als Vergil in der Äneis.<br />
Im Eneasroman wird der antike Götterapparat fast ganz herausgenommen, bei der Schilderung des<br />
Brandes der Schiffe (6469-6504), werden sie beispielsweise gar nicht erwähnt. Die Rolle der Götter für<br />
die Motivation von Handlung wird reduziert, stattdessen werden rationale Umdeutungen von<br />
Götterhandeln vorgenommen und das eigenverantwortliche Handeln der Menschen wird<br />
handlungsbestimmendes Element.<br />
Do Turnus solde dannen/ varen mit sinen mannen/ hinze herbergen/(…),/do gesach her schif stan/ in der<br />
Tiber da nider. /vil drate rander hine wider/mit zorenlichen dingen./ daz fure hiezer bringen(…)/her<br />
schuf daz man diu schif zoch/ zu dem wazzer an daz lant,/und worden schiere verbrant. (6469-6482)<br />
- Turnus lässt die Schiffe, in denen er eine Fluchtmöglichkeit für die Trojaner sieht, zornentbrannt an<br />
Land ziehen und anzünden. Die Verwandlung der Schiffe in Nymphen wird weggelassen.<br />
Didaktische Möglichkeiten: Götterbild in verschiedenen Epochen.<br />
Literatur:<br />
Von Albrecht, Michael: Das Buch der Verwandlungen. Ovid-Interpretationen. Düsseldorf 2000<br />
Bömer, Franz: Publius Ovidius Naso. Metamorphosen. Kommentar. Buch XIV-XV. Heidelberg 1982<br />
Holzberg, Niklas: Ovids Metamorphosen. München 2007.<br />
Rösch, Erich (Hg.), P. Ovidius Naso: Metamorphosen. München 1968.<br />
Heinrich von Veldeke, Eneasroman. Nach dem Text von Ludwig Ettmüller ins Neuhochdeutsche<br />
übersetzt, mit einem Stellenkommentar und Nachwort von Dieter Kartschoke. Stuttgart 1997.<br />
Mynors, R. (Hg.): P. Vergili Maronis opera. Oxford 1969.<br />
www.latein-pagina.de<br />
39