Achten statt ächten - Caritas NRW
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Die Resilienzforschung fragt nun danach, welche Eigenschaften<br />
und Fähigkeiten jene Kinder auszeichnen,<br />
die sich trotz vorliegender Risikokonstellationen positiv<br />
und psychisch gesund entwickeln. Durch zahlreiche Untersuchungen<br />
zu Risikoeinflüssen kindlicher Entwicklung<br />
hatte man zu Beginn der 1970er Jahre zunehmend<br />
erkannt, dass große Unterschiede existieren, wie Kinder<br />
auf Risikobedingungen reagieren: Auf der einen Seite<br />
gibt es Kinder, die Verhaltensstörungen entwickeln,<br />
auf der anderen Seite Kinder, die relativ unbeschadet<br />
„davonkommen“ oder die an diesen schweren Lebensbedingungen<br />
sogar erstarken und wachsen. Lange Zeit<br />
wurde dieses Phänomen der psychischen Widerstandskraft<br />
in der Erforschung kindlicher Entwicklungsverläufe<br />
nahezu ausgeblendet.<br />
Charakteristika von Resilienz<br />
Im Zuge der heutigen Forschungserkenntnisse kann<br />
das Phänomen der Resilienz u. a. folgendermaßen beschrieben<br />
werden:<br />
c Resilienz bezeichnet kein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal<br />
eines Kindes, sondern umfasst eine<br />
Kapazität, die im Verlauf der Entwicklung im Kontext<br />
der Kind-Umwelt-Interaktion erworben wird.<br />
Mit anderen Worten: Resilienz ist lernbar.<br />
c Resilienz kann mit der Zeit und unter verschiedenen<br />
Umständen variieren. Kein Mensch ist immer gleich<br />
widerstandsfähig. Mit anderen Worten: Resilienz ist<br />
keine lebenslange Fähigkeit gemäß: „einmal erworben,<br />
immer vorhanden“.<br />
c Die Wurzeln für die Entwicklung von Resilienz liegen<br />
in besonderen schützenden Bedingungen, die<br />
einerseits in der Person des Kindes, andererseits in<br />
seiner Lebensumwelt lokalisiert sein können.<br />
Was kennzeichnet resiliente Kinder?<br />
Obwohl es große Unterschiede in den jeweiligen Risikobelastungen<br />
und methodischen Vorgehensweisen der<br />
Untersuchungen gibt und auch der Resilienzansatz noch<br />
etliche konzeptuell-methodische Unklarheiten aufweist,<br />
kamen dennoch viele Forscher zu relativ übereinstimmenden<br />
Befunden hinsichtlich jener Faktoren, die Resilienz<br />
charakterisieren bzw. an der Entstehung maßgeblich<br />
beteiligt sind. Als bedeutsame Untersuchungen<br />
können dabei z. B. die „Kauai-Längsschnittstudie“ von<br />
Werner und Smith, die so genannte Pionierstudie der<br />
Resilienzforschung mit einer Laufzeit von 40 Jahren,<br />
die „Mannheimer Risikokinderstudie“ von Laucht u. a.<br />
sowie die „Bielefelder Invulnerabilitätsstudie“ von Lösel<br />
und Mitarbeitern benannt werden.<br />
Zusammenfassend konnten in diesen Untersuchungen<br />
u. a. folgende entscheidende schützende Faktoren bzw.<br />
Bedingungen identifiziert werden:<br />
Personale Ressourcen<br />
c Positive Temperamentseigenschaften, die soziale Unterstützung<br />
und Aufmerksamkeit bei den Betreuungspersonen<br />
hervorrufen (flexibel, aktiv, offen)<br />
c Problemlösefähigkeiten<br />
c Hohe Selbstwirksamkeitsüberzeugung<br />
c Realistische Kontrollüberzeugung<br />
c Hohes Selbstwertgefühl<br />
c Hohe Sozialkompetenz wie z. B. Empathie und Verantwortungsübernahme<br />
c Aktives und flexibles Bewältigungsverhalten wie<br />
z. B. die Fähigkeit, soziale Unterstützung zu mobilisieren<br />
c Optimistische, zuversichtliche Lebenseinstellung<br />
(Kohärenzgefühl)<br />
Flexible, aktive, offene Kinder<br />
können leichter soziale Unter-<br />
c<br />
stützung mobilisieren – ent-<br />
scheidende Faktoren bei der<br />
Ausbildung von psychischer<br />
Widerstandsfähigkeit.<br />
Foto: Pohl (s. S. 9)<br />
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