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Achten statt ächten - Caritas NRW

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gern gesehen<br />

Der Zivildienst bietet Chancen, soziale Kompetenz zu entwickeln<br />

Der Zivildienst bietet jungen Männern die Chance, soziale Kompetenzen zu<br />

erwerben und eventuelle Stärken im Hinblick auf die spätere Berufswahl zu<br />

entdecken. Eine freiwillige Verlängerung des Zivildienstes könnte die Probleme<br />

vieler Einrichtungen mit der kurzen Dienstzeit entschärfen. Die Diskussion<br />

eröffnet im Interview mit „<strong>Caritas</strong> in <strong>NRW</strong>“ Helga Roesgen, Präsidentin des<br />

Bundesamtes für den Zivildienst.<br />

Oberste Chefin aller Zivis:<br />

Seit Oktober 2006 leitet<br />

Helga Roesgen – als erste<br />

Frau – das Bundesamt für<br />

den Zivildienst.<br />

Foto: Lahrmann<br />

22<br />

caritas in <strong>NRW</strong> · 1/08<br />

<strong>Caritas</strong> in <strong>NRW</strong>: Sie sind die erste<br />

Frau an der Spitze einer Behörde,<br />

die nur mit jungen Männern zu tun<br />

hat. Ist das etwas Besonderes?<br />

Helga Roesgen: Ich werde von Zivildienstleistenden<br />

gefragt, wieso eine<br />

Frau das machen kann. Sie verstehen<br />

die Erklärung, dass es nicht darauf<br />

ankommt, den Dienst selber zu vollziehen,<br />

sondern das Bundesamt, eine<br />

selbstständige Bundesoberbehörde,<br />

zu leiten.<br />

c Als Präsidentin dieser Behörde<br />

sind Sie ja sogar Chefin und Disziplinarvorgesetzte<br />

aller Zivis.<br />

Ja. Deshalb finde ich es wichtig, dass<br />

ich weiß, was sie vor Ort alles machen<br />

müssen. Ein Teil meiner Arbeit liegt<br />

nicht auf dem Schreibtisch, sondern besteht darin, mir<br />

auch Dienststellen anzuschauen, mit Zivildienstleistenden<br />

zu diskutieren, zu ihnen vor Ort zu gehen.<br />

c In welchen Bereichen sind Zivis tätig?<br />

Sie sind überwiegend im pflegerischen Bereich tätig.<br />

Hier gibt es viele Stellen und eine große Auswahl. Heute<br />

fühlen sich Zivildienstleistende nicht mehr als Drückeberger,<br />

die zu geringfügigen Diensten herangezogen<br />

werden. Sie sehen, dass sie gebraucht werden. Sie sehen<br />

aber auch die Strukturen: In den Krankenhäusern<br />

bleibt oft viel zu wenig Zeit, sich mit den Menschen zu<br />

befassen. Die Schwestern und Pfleger bemühen sich natürlich<br />

sehr, aber das ist ein „Apparat“, der auch wirtschaftlich<br />

funktionieren muss, wie wir zwischenzeitlich<br />

alle wissen. Da bleibt manchmal die Zuwendung, das<br />

Mensch-Sein, etwas auf der Strecke. Die Zivildienstleistenden<br />

sind sehr angesehen, weil sie sich auch mal zu<br />

einer Patientin oder einem Patienten fünf Minuten ans<br />

<strong>Caritas</strong> heute<br />

Bett setzen und die Hand halten oder ein paar tröstende<br />

Worte wechseln können. Mir sagen Zivildienstleistende,<br />

dass ihnen der Dienst auch vieles gibt. Sie spüren,<br />

dass sie soziale Kompetenzen erwerben. Verbandsvertreter<br />

gehen davon aus, dass ungefähr 30 Prozent der<br />

Zivildienstleistenden aufgrund dieser Erfahrungen in<br />

Pflegeberufen „hängen“ bleiben. Das ist eine erfreulich<br />

hohe Zahl.<br />

c Hat das Bundesamt für den Zivildienst ein Interesse<br />

daran, diese soziale Kompetenz zu fördern?<br />

Wir haben ein großes Interesse daran und tun dies auch<br />

schon. Die Bundesregierung hat bereits über die Koalitionsvereinbarung<br />

den Auftrag erteilt, den Zivildienst<br />

zum Lerndienst auszugestalten (umzubauen). In Modellprojekten<br />

wurden hierzu Maßnahmen entwickelt.<br />

Unter anderem erhalten Zivildienstleistende nach der<br />

Teilnahme an bestimmten Kursen ein Zertifikat oder<br />

nehmen am Ende ihrer Dienstzeit an Reflexionsseminaren<br />

teil, um das Geschehen im Zivildienst zu überdenken.<br />

c 84 000 Zivildienstleistende haben im vergangenen<br />

Jahr ihren Dienst angetreten, aber real können immer<br />

weniger Zivildienstplätze besetzt werden. Warum<br />

ist das so?<br />

Das ist immer ein aktuelles Thema im Sommer, weil der<br />

Dienst nur noch neun Monate dauert. Wenn die Abiturienten<br />

im Mai ihr Abitur machen und dann in den<br />

Sommermonaten ihren Dienst beginnen, sind sie natürlich<br />

im Frühsommer des darauffolgenden Jahres fertig<br />

mit ihrem Zivildienst. Dann verzeichnen wir ein nicht<br />

unerhebliches Sommerloch. Im letzten Herbst hatten<br />

wir etwa 75 000 Zivis im Dienst, im Sommer teilweise<br />

auch nur knapp 39 000. Bei über 100 000 zu besetzenden<br />

Stellen wird dann das Defizit deutlich spürbar.<br />

c Was können denn die Einrichtungen tun, um ihre<br />

Plätze zu besetzen?<br />

Man kann natürlich Werbung machen und sich noch<br />

besser um die Zivis kümmern. Das spricht sich rum. Es<br />

gibt eine Mund-zu-Mund-Propaganda, die Zivildienstleistenden<br />

tauschen sich untereinander aus. Wenn die<br />

Einrichtungen sich intensiv um die Zivildienstleistenden<br />

kümmern, sie gut in den Dienst einführen, sich etwas<br />

Zeit nehmen, eben auch das Neue zu erläutern,<br />

Probleme erkennen und zu lösen versuchen, dann kommen<br />

junge Menschen gerne zu diesen Stellen. Wir haben<br />

festgestellt, dass das von den Zivildienstleistenden<br />

sehr honoriert wird.<br />

c Personallücken sind in der sozialen Arbeit nie gut.<br />

Durch die neun Monate Dienstzeit und durch die Lücke

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