Download - Bundesverband Öffentliche Dienstleistungen
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gen die Mitgliedstaaten den Wunsch, die Bedeutung der Dienste von allgemeinem<br />
Interesse hervorzuheben. Art. 1 des Protokolls präzisiert, was<br />
unter den gemeinsamen Werten der Union in Bezug auf Dienste von allgemeinem<br />
wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 14 AEUV zu verstehen<br />
ist. Dazu zählen die Subsidiarität und Nutzernähe der Erbringung<br />
öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong>, die Vielfalt der öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong><br />
in Europa und die Grundsätze des Universaldienstes. Art. 1 des<br />
Protokolls trägt so zu einer Konkretisierung der in Art. 16 EGV angesprochenen<br />
Werte bei und stellt einen klaren Bezug zum Modell des<br />
Universaldienstes her. 14 In Art. 2 des Protokolls betonen die Mitgliedstaaten,<br />
dass die Bestimmungen der Verträge in keiner Weise die Zuständigkeit<br />
der Mitgliedstaaten, nichtwirtschaftliche Dienste von allgemeinem<br />
Interesse zu erbringen, in Auftrag zu geben und zu organisieren, berühren.<br />
Dies ist eine Selbstverständlichkeit, deren ausdrückliche Betonung<br />
mindestens missverständlich ist, da sie suggeriert, es hätte einer Klarstellung<br />
der Kompetenz der Mitgliedstaaten für nicht-wirtschaftliche<br />
<strong>Dienstleistungen</strong> bedurft.<br />
Insgesamt lässt sich auf primärrechtlicher Ebene eine klare Öffnung des<br />
Gemeinschaftsrechts für nicht-wettbewerbliche Grundsätze bei der Erbringung<br />
und Organisation öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> zeigen. Vor<br />
allem der Hinweis auf die gemeinsamen Werte von Union und Mitgliedstaaten<br />
und die Präzisierung im Protokoll zu <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem<br />
Interesse im Vertrag von Lissabon machen deutlich, dass dem<br />
Primärrecht kein Primat des Wettbewerbs mehr entnommen werden<br />
kann. Allerdings ist auch vor übertriebenen Erwartungen in die entgegengesetzte<br />
Richtung zu warnen: Auch die skizzierten Veränderungen<br />
des Primärrechts bedeuten keine grundsätzliche Abkehr von den Grundprinzipien<br />
des Gemeinsamen Marktes, zu denen der unverfälschte Wettbewerb<br />
gehört. Eine positiv-rechtliche Absicherung der Grundzüge des<br />
französischen service public oder der deutschen Daseinsvorsorge lässt<br />
sich dem Gemeinschaftsrecht nicht entnehmen.<br />
2. Neuorientierung der Organe der Gemeinschaft?<br />
Der angedeutete Perspektivenwandel wird nicht nur in den Veränderungen<br />
des Primärrechts sichtbar, sondern lässt sich auch anhand einer –<br />
jedenfalls teilweise – Umorientierung der Gemeinschaftsorgane, insbesondere<br />
des Gerichtshofs und des Gemeinschaftsgesetzgebers nachzeichnen.<br />
14 Sauter (2008), S. 167 ff.<br />
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