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Herausgeber:<br />

<strong>Bundesverband</strong> <strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong><br />

Zukunft der öffentlichen Wirtschaft<br />

Referate einer vom Wissenschaftlichen Beirat des <strong>Bundesverband</strong>es<br />

<strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong> am 25./26. Februar 2009 in Eppstein<br />

(Taunus) veranstalteten Tagung<br />

Beiträge zur öffentlichen Wirtschaft<br />

Heft 31


ISBN 3-928615-26-2<br />

Die „Beiträge zur öffentlichen Wirtschaft“ wurden bisher herausgegeben von der Gesellschaft<br />

für öffentliche Wirtschaft e.V. (jetzt i.L.), Sponholzstraße 11, D-12159 Berlin, Telefon (030)<br />

852 10 45, Telefax (030) 852 51 11, E-Mail info@bvoed.de, Internet www.bvoed.de<br />

Sie werden seit 2009 vom <strong>Bundesverband</strong> <strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong> – Deutsche Sektion<br />

des CEEP e.V. (Anschrift, Telefon, Fax, E-Mail wie oben) herausgegeben.<br />

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der photomechanischen Wiedergabe<br />

und der Übersetzung, vorbehalten.<br />

Printed in Germany.<br />

Gesamtherstellung: Druckerei H. Schlesener KG, Berlin<br />

Berlin 2009


Zukunft der öffentlichen Wirtschaft<br />

Referate einer vom Wissenschaftlichen Beirat des <strong>Bundesverband</strong>es<br />

<strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong> am 25./26. Februar 2009 in Eppstein (Taunus)<br />

veranstalteten Tagung<br />

Inhalt Seite<br />

Public Corporate Governance – Modewelle oder<br />

tatsächlicher Bedarf?<br />

Gerhard Hammerschmid 5<br />

Finanzmarktkrise – Von der Hypothekenkrise zur<br />

globalen Bankenkrise<br />

Ulrich Kirchhoff 17<br />

Vom Primat des Wettbewerbs zum gemeinsamen Ver-<br />

fassungswert: Perspektivenwandel im europäischen<br />

Recht öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong>?<br />

Markus Krajewski 46<br />

Daseinsvorsorge zwischen Privatisierung und Kommunalisie-<br />

rung – Anmerkungen aus der Perspektive des Public Management<br />

Manfred Röber 74<br />

Die Teilnehmer der Tagung 103<br />

Die Referenten/Autoren 104<br />

3


Prof. Dr. Gerhard Hammerschmid *<br />

Public Corporate Governance – Modewelle oder<br />

tatsächlicher Bedarf?<br />

Die Public Corporate Governance (PCG) Debatte prägt seit einigen<br />

Jahren die Diskussion um adäquate Steuerungsformen öffentlicher<br />

Unternehmen und Beteiligungen. Im Zuge der Finanzkrise hat diese<br />

ehemals stark kommunale Thematik hohe Aktualität auch für Bund und<br />

Länder erfahren. Die Frage einer effektiven Steuerung öffentlicher<br />

Unternehmen und Beteiligungen sowie der dahinterliegenden Eigentümerstrategie<br />

der öffentlichen Hand ist heute aktueller denn je. Aufgabe<br />

der Wissenschaft muss es sein, drängende Fragen effektiver Steuerung<br />

zu analysieren, zu kommentieren und der Forschung zugänglich zu<br />

machen. Dieser Beitrag versucht, die Aktualität und Bedeutung von PCG<br />

aufzuzeigen und geht damit der Frage nach, inwieweit es sich bei den in<br />

Deutschland zunehmend veröffentlichten Public Corporate Governance<br />

Kodices (PCGK) um mehr als eine Modewelle bzw. zeitgeistige Verpackung<br />

alter Ideen des Beteiligungsmanagements und -controlling handelt.<br />

Dazu werden Kernfragen sowie zentrale Perspektiven bzw. Blickwinkel<br />

der Ausgestaltung von PCGK näher erläutert, bevor abschließend<br />

einige pointierte Thesen aus wissenschaftlicher Sicht vorgestellt werden,<br />

die für eine substantielle Weiterentwicklung der Thematik wichtig<br />

erscheinen. 1<br />

I. Relevanz und Aktualität<br />

Unter Public Corporate Governance werden allgemein Strukturen und<br />

Prozesse der Führung, Kontrolle und Steuerung öffentlicher Unternehmen<br />

und Beteiligungen durch deren Eigner verstanden. 2 Internationale<br />

Ansätze 3 weisen auf die Bedeutung von Prinzipien wie Verantwortung,<br />

Integrität und Transparenz hin und unterstreichen, dass PCG<br />

sowohl „harte“ Faktoren wie Strukturen, Prozesse, Systeme und Regeln,<br />

aber insbesondere auch weiche Faktoren wie Leadership, Kompetenzen,<br />

*<br />

Prof. Dr. Gerhard Hammerschmid lehrt Public Management und Financial Management an der<br />

Hertie School of Governance und ist wissenschaftlicher Leiter des Instituts für den öffentlichen<br />

Sektor e.V.<br />

1<br />

Der Verfasser möchte sich bei Herrn René Geissler für die Unterstützung bei der Verfassung dieses<br />

Beitrages bedanken.<br />

2<br />

Vgl. Waldersee u.a. (2006).<br />

3<br />

Vgl. IFAC-PSC (2001); OECD (2005a).<br />

5


Kultur und Verhalten betrifft. Zentrales Ziel ist es, die Interessen der<br />

öffentlichen Hand als Eigner sicher zustellen und Risiken aus den<br />

Unternehmen zu vermeiden. Der Begriff Corporate Governance verbreitete<br />

sich ab Mitte der neunziger Jahre in der Privatwirtschaft<br />

geradezu explosionsmäßig 4 und hat dort zu umfangreichen Bemühungen<br />

unter Anderem auch auf gesetzlicher Ebene geführt. 5 Die Besonderheiten<br />

der öffentlichen Wirtschaft lassen allerdings eine Anpassung des<br />

Konzepts notwendig erscheinen. Die Erfahrungen mit ausgegliederten<br />

öffentlichen Unternehmen zeigen deutlich, dass es in Folge von Ausgliederungen<br />

zu einer starken Verfolgung marktlicher Rationalitäten<br />

kommt, und der Grundsatz der Gemeinwohlorientierung vielfach in den<br />

Hintergrund gerät. 6 Dies ist insoweit nicht verwunderlich, da einer der<br />

Hauptgründe für die vielfältigen Ausgliederungen in den neunziger<br />

Jahren gerade die Steigerung der Wirtschaftlichkeit war. Die daraus<br />

resultierenden Nachteile und Risiken wurden lange Zeit nicht gesehen,<br />

so dass sich heute im Rahmen der Public Corporate Governance<br />

Debatte die Frage stellt, wie öffentliche Unternehmen wieder stärker auf<br />

ihre Gemeinwohlfunktion verpflichtet werden können bzw. inwiefern dies<br />

überhaupt noch der Fall sein soll.<br />

In Deutschland halten die Kommunen aufgrund historischer Entwicklungen<br />

und der funktionalen Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern<br />

und Kommunen die überwiegende Zahl öffentlicher Unternehmen. 7<br />

Es überrascht daher nicht, dass die Diskussion um Verselbständigung,<br />

Gemeinwohl und Steuerung ihren Anfang auf kommunaler Ebene nahm. 8<br />

Das quantitative Ausmaß kommunaler Beteiligungen ist erheblich: sie<br />

binden rund 50% der gesamten Verschuldung und stellen einen Großteil<br />

der Beschäftigten sowie des städtischen Umsatzes. 9 Die möglichen<br />

Rückwirkungen der Töchter auf den Kernhaushalt und die Bedeutung<br />

der Kategorie Konzern für die öffentliche Hand sind somit essentiell und<br />

in ihrer Tragweite oft nicht ausreichend erkannt. Die Masse kommunaler<br />

Unternehmen ist dem Aufgabenspektrum entsprechend eher lokal und in<br />

Branchen tätig, die ein überschaubares Risikoprofil vermuten lassen.<br />

Demgegenüber nehmen Banken auf Bundes- und Landesebene einen<br />

größeren Anteil im Beteiligungsportfolio ein. Gerade die aktuellen Ent-<br />

4<br />

So stieg etwa die Anzahl der in der Datenbank WISO-Wirtschaftswissenschaften aufscheinenden<br />

Veröffentlichungen mit „Corporate Governance“ im Beitragstitel von unter 100 im Jahr 1994 auf<br />

über 800 im Jahr 2003 an.<br />

5<br />

Die Bundesregierung setzte im Jahr 2000 eine erste Kommission zur Erarbeitung eines Musterkodex<br />

ein, der im August 2002 in Kraft trat. Börsennotierte Gesellschaften müssen seitdem eine<br />

Entsprechungserklärung abgeben.<br />

6<br />

Vgl. Edeling u.a. (2004).<br />

7<br />

Vgl. Henke u.a. (2005), S. 30.<br />

8<br />

Vgl. Edeling u.a. (2004).<br />

9<br />

Vgl. Bertelsmann (2008).<br />

6


wicklungen im Zuge der Finanzkrise zeigen mehr als deutlich auf, dass<br />

hier Defizite in Hinblick auf Transparenz, Steuerung und Risikokontrolle<br />

bestanden. Die Konsequenzen dieser Mängel reichen auf Bundes- und<br />

Landesebene in Folge der Branchenzugehörigkeit der Beteiligungen und<br />

der Spezifika des Bankgewerbes weit über jene der kommunalen Ebene<br />

hinaus. Beklagten Kommunen als Folge der Ausgliederungen „lediglich“<br />

den Verlust des Gemeinwohlgedankens mit ungewissen Folgen für die<br />

Daseinsvorsorge, nehmen die Folgen der Finanzkrise in einigen Bundesländern<br />

heute existenzielle Ausmaße an. 10<br />

Die Diagnose „systematischer Untersteuerung“ ausgegliederter bzw.<br />

öffentlicher Unternehmen bzw. eines „Steuerungsvakuums“ der öffentlichen<br />

Hand in Hinblick auf ihre Beteiligungen ist hingegen weder ein<br />

typisch deutsches Problem noch neu. 11 So haben international sowohl in<br />

der Verwaltungspraxis als auch in der Verwaltungsforschung Konzepte<br />

wie „joined-up governance“ oder „whole of government“ stark an Bedeutung<br />

gewonnen, die angesichts einer zunehmenden Anzahl verselbständigter<br />

bzw. ausgegliederter Verwaltungseinheiten den Fokus auf<br />

daraus resultierende Koordinations-, Steuerungs- und Fragmentierungsprobleme<br />

der öffentlichen Hand legen. 12<br />

II. Zentrale Fragestellungen<br />

Worin bestehen nun die Besonderheiten öffentlicher Wirtschaft im Vergleich<br />

zur privaten, welche die Entwicklung spezifischer Public Corporate<br />

Governance Regelungen bzw. Kodizes nötig machen bzw. überhaupt<br />

erst rechtfertigen? 13 Zuallererst ist hier die Sicherstellung des politischen<br />

Auftrags und des Gemeinwohls zu nennen, denen das Unternehmen<br />

dient. Dies bedeutet zwangsläufig eine Einschränkung des wirtschaftlichen<br />

Handlungsspielraums und ein unvermeidbares Spannungsfeld<br />

zwischen Gemeinwohl und Wirtschaftlichkeit, das zu den entscheidenden<br />

Fragen der Eigentümerstrategie gehört. In der Praxis finden sich<br />

häufig unklare Zielvorstellungen bezüglich des Unternehmenszwecks,<br />

der allein mit dem Attribut „öffentlich“ bzw. „Gemeinwohl“ oder „öffentliches<br />

Interesse“ eben nicht ausreichend operationalisiert ist.<br />

10<br />

Die Länder Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg und Schleswig-Holstein mussten<br />

Sicherheitsgarantieren und Eigenkapitalhilfen ausreichen, die teilweise höher als der Jahreshaushalt<br />

waren.<br />

11<br />

Vgl. Budäus (1993), S. 163; Reichard (1994), S. 15; Bremeier u.a. (2006).<br />

12<br />

Vgl. z.B. OECD (2005b); Christensen/Lægreid (2006); Catney (2009).<br />

13<br />

Vgl. Kolbe (2006).<br />

7


Während bei der privatwirtschaftlichen Corporate Governance der<br />

Schwerpunkt auf dem Schutz der Aktionärsinteressen liegt, ist dies im<br />

öffentlichen Sektor weniger vordringlich, da es meist mit dem Staat nur<br />

einen Anteilseigner gibt. Demgegenüber sind hier Regelungen zum<br />

Umgang mit dem typischen Rollen-, Rationalitäten- und Zielkonflikten<br />

vordringlich, die nicht allein für die öffentlichen Unternehmen sondern<br />

auch für Politik und Verwaltung Bindungswirkung entwickeln sollten.<br />

Dabei ist zu beachten, dass die öffentliche Hand sich in der Regel in<br />

einer Doppelrolle befindet. Sie ist einerseits Gewährleister für die Erfüllung<br />

des öffentlichen Auftrags und andererseits als Eigentümer für das<br />

wirtschaftliche Wohlergehen bzw. die Rendite und Vermögenslage des<br />

Unternehmens verantwortlich, was neue Spannungsfelder zwischen Gewährleistungsverantwortung<br />

und Eigentümerinteressen öffnet. 14 Im Zuge<br />

der Haushaltskrise sind Politik und Verwaltung auch immer stärker versucht,<br />

Beteiligungen aus rein finanzwirtschaftlicher Sicht zu instrumentalisieren,<br />

was dem originären öffentlichen Zweck bzw. der Gewährleistungsverantwortung<br />

nicht förderlich sein dürfte.<br />

Weitere Herausforderungen und Besonderheiten ergeben sich für öffentliche<br />

Unternehmen auch aus spezifischen Rechtsnormen oder Marktliberalisierungen<br />

der EU. Es bestehen damit Besonderheiten öffentlicher<br />

Wirtschaft im Vergleich zur privaten, die berücksichtigt werden müssen.<br />

In Deutschland werden öffentliche Unternehmen traditionell über das<br />

Aufsichtsorgan gesteuert, das mit Vertretern der öffentlichen Hand<br />

besetzt wird, um das öffentliche Interesse zu sichern. Die Idee liegt in<br />

einer Trennung der klaren Rollen von Geschäftsführung und Aufsicht.<br />

Institutionenökonomische Aspekte wie Prinzipal-Agenten-Probleme sind<br />

diesem Ansatz inhärent und lassen seine Wirksamkeit von vornherein<br />

zweifelhaft erscheinen. 15 Zu groß sind etwa die Informationsasymmetrien<br />

zwischen den Organen, um eine wirkliche Überwachung der Prozesse<br />

zu sichern und das Aufsichtsorgan findet sich nicht selten in einer<br />

schwierigen Doppelrolle im Spannungsfeld von politischem Auftrag und<br />

wirtschaftlichem Wohl des Unternehmens. Einen anderen Ansatz verfolgt<br />

daher etwa das in der Schweiz oder auch Neuseeland propagierte „duale<br />

Modell“ der Beteiligungssteuerung, welches auf eine klare Trennung von<br />

unternehmerischer Eigentümer- und politischer Gewährleisterrolle abzielt<br />

und diese Rollen unterschiedlichen Bereichen – v.a. Finanzressort und<br />

Fachressort – zuweist. 16 Während die auf das Unternehmenswohl abzielenden<br />

Eigentümerinteressen in der traditionellen Form über das Auf-<br />

14 Vgl. Schedler u.a. (2007).<br />

15 Vgl. Budäus (2008), S. 31 ff.<br />

16 Vgl. Schedler u.a. (2007).<br />

8


sichtsorgan sichergestellt werden, sollten die politischen Gewährleisterinteressen<br />

primär über Leistungsaufträge und kontraktuelle Vereinbarungen<br />

Durchsetzung finden. In diesem Sinne hält etwa der Kodex des<br />

Kantons Aargau in der Schweiz explizit fest, dass keine Politiker oder<br />

Verwaltungsbeamte in die Aufsichtsräte entsandt werden dürfen. Auch<br />

wenn solche zentralen Fragestellungen der PCG nicht abschließend<br />

beantwortet werden können, ist in den letzten Jahren gerade in Deutschland<br />

die Festlegung bzw. Formalisierung entsprechender Regeln in Form<br />

von eigenen Public Corporate Governance Kodices zunehmend in den<br />

Vordergrund gerückt. 17<br />

III. Zentrale Dimensionen der Ausgestaltung von Public Corporate<br />

Governance Kodices<br />

Die Formalisierung dieser Kodizes ist ein relativ junges Phänomen, das<br />

als Reaktion auf die gezeigten Steuerungsprobleme und Spannungsfelder<br />

sowie eine verbreitete Unzufriedenheit mit den traditionellen<br />

Steuerungsmodi der Beteiligungsrichtlinien entstand. Inhalte und<br />

Schwerpunkte variieren je nach den Problemen, denen in den Augen der<br />

Akteure begegnet werden soll.<br />

Corporate Goverance Kodices besitzen im privaten Sektor eine längere<br />

Tradition und haben sich dort bereits erfolgreich etabliert. Zusammen mit<br />

internationalen Vorbildern aus dem öffentlichen Sektor geben sie<br />

zentrale Impulse. Erstmals formal definiert wurde ein PCGK im Jahre<br />

2001 durch die Public Sector Commission der International Federation of<br />

Accountants. Sie spezifizierte die Anforderungen an PCGK aus Sicht der<br />

Rechnungsprüfung. Die OECD lehnte sich in ihrem 2005 publizierten<br />

Guidelines ebenfalls stark an ihr privates Modell aus dem Jahr 1999 an.<br />

Dieser Kodex bindet die Eigentümerfunktion an die politische Verantwortung.<br />

Allen diesen Ansätzen ist gemein, dass sie lediglich empfehlenden<br />

Charakter besitzen und damit einer „soft regulation“ entsprechen.<br />

Frühere nationale Initiativen stammen aus England oder Dänemark, die<br />

allerdings in starkem Unterschied zu Deutschland primär ethische Verhaltensgrundsätze<br />

für die Akteure in den Vordergrund rückten. 18<br />

In Deutschland sollte Public Corporate Governance in Zusammenhang<br />

mit dem bereits seit langem bestehenden Beteiligungsmanagement gesehen<br />

werden, das in Folge der Ausgliederungswelle notwendig wurde.<br />

Es ist stark formal rechtlich, finanziell orientiert und gibt allgemein wenig<br />

17 Für einen Überblick der Diskussion vgl. z.B. GÖW (2008).<br />

18 Vgl. z.B. das UK Committee on Standards in Public Life.<br />

9


Antworten auf die politische Dimension der Steuerung. Dies ist einer der<br />

Gründe, die zur Unzufriedenheit mit dieser Praxis und der Weiterentwicklung<br />

hin zu PCGK geführt haben. Befruchtet wurde die Diskussion aber<br />

vor allem durch die verbindliche Einführung des privatwirtschaftlichen<br />

Corporate Governance Kodex für börsennotierte Unternehmen im Jahr<br />

2002. Die ersten explizit so bezeichneten PCGK wurden in Deutschland<br />

ab 2005 verabschiedet, 19 wobei es in Hinblick auf die eingangs erwähnte<br />

Verteilung öffentlicher Unternehmen nicht verwundert, dass dieses<br />

Thema vordringlich von den Großstädten aufgegriffen wurde. Ein erster<br />

Blick auf die Inhalte dieser Kodizes zeigt deutliche Parallelen mit dem<br />

privatwirtschaftlichen Pendant, vor allem aber auch mit bereits seit<br />

längerem bestehenden Regelungen des Beteiligungsmanagement, so<br />

dass die Grenzen zwischen diesen fließend und beide Konzepte nur<br />

schwer voneinander abzugrenzen sind.<br />

Gerade deshalb erscheint es besonders wichtig, sich Einblick in die<br />

Substanz solcher Kodizes zu verschaffen. Nachfolgend soll daher deutlich<br />

gemacht werden, dass bei der Ausgestaltung eines PCGK mehrere<br />

Blickwinkel bzw. Dimensionen zu berücksichtigen sind, die sich unabdingbar<br />

ergänzen müssen, um den Zielsetzungen einer wirkungsvollen<br />

Steuerung und Kontrolle zu entsprechen.<br />

Mit den Anspruchsgruppen, dem Zweck, der Formalisierung und den<br />

Prozessen sind zumindest vier zentrale Dimensionen bzw. Blickwinkel zu<br />

beachten, welche sich auch als Prüfkriterien der Eignung und Vollständigkeit<br />

anbieten. 20 Ein PCGK soll der effektiven Steuerung und<br />

19<br />

Land Brandenburg 2005, Berlin 2005, Leipzig 2006, Bremen 2007, Stuttgart 2007, Rostock 2008,<br />

Potsdam 2008.<br />

20<br />

Vgl. dazu auch das Schwerpunktthema „Public Corporate Governance Kodizes auf dem Prüfstand“<br />

in Public Governance, Zeitschrift für öffentliches Management, Winter 2008/2009.<br />

10


Kontrolle öffentlicher Unternehmen dienen. Soweit dies unstrittig ist, stellt<br />

sich doch die Frage, wer Steuerungssubjekt und -objekt ist, wer also wen<br />

steuert. Soll der PCGK die Steuerung der Geschäftsführung durch den<br />

Aufsichtsrat stützen, oder die Steuerung des Aufsichtsrates durch die<br />

Verwaltung und Politik, oder gar den öffentlichen Gesamtkonzern durch<br />

den Bürger? Daraus ergeben sich die weiteren Inhalte des PCGK wie<br />

Pflichten der Akteure, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie<br />

deren Ausgleich. Es zeigt sich an dieser Stelle die Komplexität multipler<br />

Verantwortungsverhältnisse und mehrfacher Prinzipal-Agenten-Probleme<br />

im öffentlichen Sektor. 21 Explizites Ziel eines PCGK sollte es sein,<br />

die Interessen der verschiedenen Anspruchsgruppen und möglicher<br />

Spannungsfelder adäquat zu berücksichtigen und auf einen Ausgleich<br />

abzuzielen.<br />

Die Frage des Zwecks eines PCGK ist vom bereits angesprochenen<br />

Zweck des Unternehmens zu unterscheiden. Relevant ist hier vielmehr,<br />

was die öffentliche Hand mit dem PCGK erreichen will, wo also das zu<br />

lösende Problem in der Beteiligungssteuerung liegt. Das können z.B.<br />

typische Probleme wie Steuerungsdefizite in Hinblick auf den politischen<br />

Auftrag, fehlende Transparenz, Besetzung der Aufsichtsorgane oder<br />

auch jüngst verstärkt in den Fokus gerückte Fragen der Risikokontrolle<br />

sein. Erst wenn dieser Zweck bestimmt ist, können weitere Fragen nach<br />

Inhalten, Formalisierung und Einführungsprozess beantwortet werden.<br />

PCGK versuchen, Steuerungsbeziehungen zu formalisieren. Dabei besteht<br />

die Gefahr, die meist bereits bestehenden Beteiligungsrichtlinien<br />

lediglich zu wiederholen. Wichtiger noch als die bloße Wiedergabe von<br />

Rechten und Pflichten der Akteure sind dabei jedoch die Bestimmung<br />

des öffentlichen Zwecks der Beteiligung sowie Fragen der Operationalisierbarkeit<br />

und strategischen Steuerung. Interessenkonflikte und der<br />

Umgang damit sollten neben Verhaltensstandards der Akteure ebenfalls<br />

aufgenommen werden. Gerade entscheidende Punkte wie die erforderlichen<br />

fachlichen und sozialen Kompetenzen sowie die Integrität der<br />

Akteure wurden in der Vergangenheit häufig nicht ausreichend angesprochen<br />

bzw. als gegeben vorausgesetzt.<br />

Schließlich bemisst sich die Qualität der PCGK auch nach der Prozessdimension.<br />

Hierunter sind sowohl der Prozess der Erarbeitung, der Umsetzung<br />

sowie einer kontinuierlichen kritischen Evaluation in Hinblick auf<br />

Implementationsdefizite und Verbesserungsmöglichkeiten zu verstehen.<br />

In der klassischen Praxis wurden Beteiligungsrichtlinien top down durch<br />

21 Vgl. Henke u.a. (2005), S. 32.<br />

11


die öffentliche Hand gegenüber den Unternehmen erlassen, welche sich<br />

ihnen zu fügen hatten. Dieser primär rechtliche Steuerungsansatz hatte<br />

die beschriebenen Effekte eines Steuerungsentzugs zur Folge. Die<br />

Quintessenz aus diesen Erfahrungen sollte darin liegen, dass bereits die<br />

Methode der Aufstellung der PCGK entscheidend ist für deren spätere<br />

Befolgung durch die Akteure und damit die Wirksamkeit. 22 Die Lösung<br />

liegt in der partizipativen Erarbeitung der Kodizes durch Staat und Unternehmen<br />

als Subjekt und Objekt der Steuerung gemeinsam, um beide<br />

Seiten auf die Inhalte zu verpflichten. Selbstverpflichtung ist neben<br />

Transparenz und Veröffentlichungspflicht – entsprechend dem „comply<br />

or explain“ Prinzip – ein zentraler Funktionsmechanismus. Die zweite<br />

Prozessdimension ist dann die Frage der laufenden Umsetzung des<br />

PCGK, welche eher handwerkliche Fragen der Bestimmung von Berichtspflichten,<br />

Kommunikationswegen etc. betrifft. Schließlich sollte ein<br />

intelligenter PCGK so angelegt sein, sich beständig selbst zu hinterfragen<br />

und weiter zu entwickeln. Dazu bedarf es abgestimmter<br />

Evaluationsformen, die im Voraus definiert und in einem gewissen<br />

Automatismus angewandt werden sollten, um die praktische Relevanz<br />

des PCGK wiederholt zu stärken und Inhalte an sich ändernde Rahmenbedingungen<br />

anzupassen, was im Falle von Beteiligungsrichtlinien vielfach<br />

nicht erfolgt ist.<br />

IV. Zusammenfassende Thesen und Schlussfolgerungen<br />

Aus den vorstehenden Betrachtungen drängen sich für den Autor einige<br />

Thesen auf, die an dieser Stelle skizziert werden und Anregungen für<br />

weitere wissenschaftliche Reflektion geben sollen.<br />

Der inhaltliche Vergleich der bisher veröffentlichten PCGK mit bestehenden<br />

Beteiligungsmanagement-Richtlinien und dem Kodex für börsennotierte<br />

Unternehmen zeigt nur geringe Differenzen. Eine erste Reaktion<br />

könnte sein, diese lediglich als Modewelle abzutun. Bei eingehender Betrachtung<br />

fallen jedoch essentielle Unterschiede in der Schwerpunktsetzung<br />

auf. Beteiligungsrichtlinien sind hierarchisch erlassen und eher<br />

juristisch gefasst. Sie fokussieren auf die finanzielle Dimension der<br />

öffentlichen Unternehmen. In der Praxis bestanden daher erhebliche<br />

Defizite in der Bestimmung der Rolle der Aufsichtsräte und des Unternehmenszweckes<br />

und der Selbstverpflichtung der Adressaten. Diese<br />

Lücke können PCGK füllen. Sie beruhen auf der Erkenntnis, dass die<br />

bestehenden Steuerungsprobleme nicht allein rechtlich gelöst werden<br />

22 Vgl. Ruter (2005).<br />

12


können. Der Fokus liegt daher konsequenterweise auf den sozialen<br />

Beziehungen der Akteure, dem Aufbau von Vertrauen, stärkerer Transparenz,<br />

der klaren Bestimmung der Rollen und darauf bezogener Selbstverpflichtung.<br />

23 In diesem Sinne bauen PCGK auf dem Beteiligungsmanagement<br />

auf, ergänzen dieses aber substanziell. Ebenso wichtig wie<br />

der Inhalt ist die Prozessdimension der gemeinsamen Diskussion, Erarbeitung<br />

und Evaluation. Erst dadurch kann ein PCGK auch das Vertrauen<br />

der Bürger in öffentliche Unternehmen und Staat stärken.<br />

Andererseits können sie den Rechtsrahmen jedoch ebenso wenig ersetzen<br />

wie die notwendige staatliche Regulierung der öffentlichen Wirtschaft.<br />

De facto sind viele Normen den Akteuren nicht ausreichend bekannt<br />

bzw. wurden nicht beachtet. Die Verabschiedung eines PCGK<br />

schafft dahingehend Klarheit und weckt die Aufmerksamkeit der Akteure<br />

und Öffentlichkeit. Es geht nicht um neue Rechtspflichten, sondern um<br />

die Verdeutlichung der bestehenden Rechtslage, des Bekenntnisses<br />

aller Beteiligten hierzu und letztlich um die Erzeugung politischen Drucks<br />

durch Öffentlichkeit. Der PCGK hat somit auch eine wichtige deklaratorische<br />

und symbolische Wirkung.<br />

Nicht zuletzt ist die PCG Diskussion auch ein Zeichen eines gewandelten<br />

Staatsleitbildes. Beteiligungsmanagement entstand in den neunziger<br />

Jahren vor dem Hintergrund des Leitbildes „schlanker Staat“ und<br />

umfangreicher Ausgliederungen. Mit dem Übergang zum Leitbild des<br />

„gewährleistenden Staates“ musste sich daher auch der Anspruch an die<br />

Steuerung öffentlicher Unternehmen ändern. Die rechtlich fiskalische<br />

Orientierung wird ergänzt durch eine strategisch ganzheitliche Führung<br />

aller Einheiten der Gebietskörperschaft im Sinne des öffentlichen<br />

Interesses und politischen Auftrages. Die Unternehmen werden wieder<br />

stärker in die Entwicklungsstrategie der Gebietskörperschaft einbezogen.<br />

Eine gewisse Skepsis sollte angebracht sein gegenüber vermeintlich einheitlichen<br />

Lösungen bzw. die weitgehende inhaltliche Deckungsgleichheit<br />

bzw. Isomorphie der bisher bestehenden PCGK in Deutschland. Die<br />

Ausgestaltung eines PCGK muss sich an den konkreten lokalen Bedürfnissen<br />

orientieren und sich diesen auch beständig anpassen. Ein<br />

allgemeiner deutscher oder internationaler PCGK kann daher nicht mehr<br />

als ein Rahmen sein, der Anstöße liefert, die lokal beantwortet werden.<br />

Auch ein inhaltlicher und prozedural guter PCGK lebt von der Qualität<br />

der Akteure, die ihn anwenden. Von daher darf die Frage der Quali-<br />

23 Vgl. Budäus (2005).<br />

13


fikation der Aufsichtsräte als weiterhin zentrale Steuerungs- und Kontrollinstanz<br />

nicht vernachlässigt werden. Neben den notwendigen Kompetenzen<br />

ist auch die Praxis der Auswahl entscheidend. Sie sollte nicht<br />

allein nach politischen Kriterien, sondern fachlich begründet und transparent<br />

verlaufen.<br />

Sofern diesen Anforderungen Rechnung getragen wird besteht die<br />

Chance, dass sich Regeln der Public Corporate Governance zu einem<br />

erfolgreichen Ansatz der Steuerung öffentlicher Unternehmen entwickeln.<br />

Sie bieten auf Basis der skizzierten Mängel Perspektiven und<br />

Lösungsmöglichkeiten für eine zukünftig effektivere Steuerung. Die<br />

konkrete Ausprägung sollte aus Gründen der Transparenz und Selbstverpflichtung<br />

aller Akteure in einem Kodex festgelegt werden. Um die<br />

Potenziale zu nutzen, und eine weitere bloße Modewelle zu verhindern,<br />

erscheint ein kontinuierliches kritisches Hinterfragen der konkreten<br />

Umsetzungserfahrungen sowie eine wissenschaftliche Begleitung der<br />

angewandten Praktiken sinnvoll. Die Forschung zu PCG ist bisher<br />

sowohl im internationalen Vergleich als auch in Deutschland noch<br />

gering, was der Bedeutung nicht gerecht wird. Der Fokus liegt vielfach<br />

auf bestehenden Regeln statt konkreten Praktiken. Aus den bisher<br />

wenigen selektiven Fallbeispielen der Steuerung und Kontrolle öffentlicher<br />

Unternehmen lässt sich systematisches empirisches Wissen kaum<br />

ableiten. Es besteht die reale Gefahr einer unreflektierten Übernahme<br />

bestehender Kodizes, die den lokalen Gegebenheiten nicht gerecht<br />

werden und nur unzureichende Wirkung entfalten können. Tatsächlich<br />

sind wichtige Fragen nach der Wirkung von PCGK, etwaigen branchenspezifischen<br />

Ausprägungsformen, Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg<br />

oder auf die Strategiefähigkeit der Politik noch unbeantwortet.<br />

In diesem Zusammenhang bieten wissenschaftliche Initiativen<br />

wie etwa das EU-weite COBRA-COST-Action Netzwerk, das sich international<br />

vergleichend mit diesen Themen beschäftigt, Hoffnung auf neue<br />

Erkenntnisse. 24 Auf diese Weise kann die Wissenschaft sich wieder<br />

stärker in praktische Entwicklungen einbringen und einen Beitrag leisten,<br />

dass PCGK mehr als eine vorübergehende Modewelle wird.<br />

24 Die „Comparative Public Organization Data Base for Research and Analysis (COBRA)” ist ein<br />

wissenschaftliches Netzwerk auf dem Gebiet des Public Management. Es wurde 2001 durch die<br />

Katholieke Universiteit Leuven initiiert und ist zentraler Bestandteil eines von der EU finanzierten<br />

laufenden COST-Action Forschungsnetzwerkes „Comparative Research into Current Trends in<br />

Public Sector Organization“.<br />

14


Literaturverzeichnis<br />

Bertelsmann (2008): Bertelsmann Stiftung, Kommunaler Schuldenreport 2008,<br />

Gütersloh 2008.<br />

Bremeier u.a. (2006): Wolfgang Bremeier, Hans Brinckmann u. Werner Killian,<br />

Public Governance kommunaler Unternehmen: Vorschläge zur politischen Steuerung<br />

ausgegliederter Aufgaben auf der Grundlage einer empirischen Erhebung,<br />

Düsseldorf 2006.<br />

Budäus (1993): Dietrich Budäus, Kommunale Verwaltungen in Deutschland zwischen<br />

Leistungsdefizit und Modernisierungsdruck, in: Gerhard Banner u. Christoph<br />

Reichard, Kommunale Managementkonzepte in Europa, Köln 1993, S. 163-176.<br />

Budäus (2005): Dietrich Budäus, Public Corporate Governance Kodex: Ein Beitrag<br />

zur Bildung von Vertrauen in Politik und Management?, in: Rudolf Ruter u.a.<br />

(Hrsg.), Public Corporate Governance: Ein Kodex für öffentliche Unternehmen,<br />

Wiesbaden 2005.<br />

Budäus (2008): Dietrich Budäus, Public Corporate Governance in der öffentlichen<br />

Wirtschaft: Probleme, Ziele, Strukturen, in: Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft,<br />

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Catney (2009): Philip Catney, New Labour and Joined-up Urban Governance, in:<br />

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15


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16


Ulrich Kirchhoff *<br />

Finanzmarktkrise – von der Hypothekenkrise zur globalen<br />

Bankenkrise<br />

*<br />

Dr. Ulrich Kirchhoff, Leiter Verbundbank, Bankdirektor der Landesbank Hessen-Thüringen, Frankfurt/M.<br />

17


Markus Krajewski *<br />

Vom Primat des Wettbewerbs zum gemeinsamen Verfassungswert:<br />

Perspektivenwandel im europäischen Recht<br />

öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong>?<br />

I. Einleitung<br />

Seit den späten 1980er Jahren befindet sich der öffentliche Sektor in den<br />

Mitgliedstaaten der EU in einer tiefgreifenden Umbruchphase. <strong>Dienstleistungen</strong>,<br />

deren Erbringung bis dato durch den Staat, seine Untergliederungen<br />

(Länder und Kommunen) oder öffentlichen Unternehmen<br />

erfolgte, wurden sukzessive liberalisiert und privatisiert. 1 Zahlreiche Liberalisierungspolitiken<br />

haben ihren Ursprung in europäischen Rechtsakten<br />

oder in Urteilen des EuGH. 2 Während bis vor wenigen Jahren das Gemeinschaftsrecht<br />

den Erfordernissen des Binnenmarktes und dem unverfälschten<br />

Wettbewerb grundsätzlich den Vorrang vor sozialpolitisch<br />

motivierten Sonderregelungen der Mitgliedstaaten gab, scheint sich in<br />

jüngster Zeit ein Perspektivenwandel zu zeigen, der schlagwortartig als<br />

Wandel vom Primat des Wettbewerbs zu einem gemeinsamen Verfassungswert<br />

bezeichnet werden kann. Der vorliegende Beitrag will die<br />

Dimension dieses Wandels aufzeigen und deutlich machen, welche<br />

praktischen und konzeptionellen Konsequenzen sich hieraus ergeben<br />

können.<br />

Der Beitrag gliedert sich in drei Hauptteile: Im ersten Abschnitt werden<br />

die verschiedenen Schritte des erwähnten Perspektivenwandels auf primär-<br />

und sekundärrechtlicher Ebene sowie in der Rechtsprechung des<br />

EuGH nachgezeichnet. Dadurch soll belegt werden, dass tatsächlich<br />

Veränderungen stattgefunden haben (II.). Sodann werden die Grundstrukturen<br />

der Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> vor dem Hintergrund<br />

der skizzierten Veränderungen herausgearbeitet und zueinander<br />

in Bezug gesetzt (III.). Im dritten Teil wird die Frage aufgeworfen, ob das<br />

veränderte europäische Recht öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> im Anschluss<br />

an einen aktuellen staats- und verwaltungswissenschaftlichen<br />

* Prof. Dr. Markus Krajewski ist seit 2003 Juniorprofessor für <strong>Öffentliche</strong>s und Europäisches Wirtschaftsrecht<br />

und Wirtschaftsvölkerrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam und<br />

seit Oktober 2008 Gastprofessor am Sonderforschungsbereich 597 „Staatlichkeit im Wandel" der<br />

Universität Bremen<br />

1 Lippert (2005).<br />

2 Siehe Untersuchungen von Pielow (2001); Prosser (2005); Szyszczak (2007).<br />

46


Diskurs als entstehender europäischer Gewährleistungsverbund gedeutet<br />

werden kann (IV.).<br />

II. Akzentverschiebungen im Recht öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

1. Von Rom nach Lissabon: Veränderungen im Primärrecht<br />

Ausgangspunkt der Diskussionen um öffentliche <strong>Dienstleistungen</strong> in<br />

Europa ist die Vorschrift des Art. 86 Abs. 2 EGV, die bereits seit den<br />

Römischen Verträgen besteht (zuvor Art. 90 EWGV). Nach Satz 1 dieser<br />

Vorschrift gilt der EG-Vertrag, insbesondere die Wettbewerbsregeln<br />

(auch) für Unternehmen, die mit <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem wirtschaftlichem<br />

Interesse betraut sind, soweit die Anwendung des Gemeinschaftsrechts<br />

nicht die Erfüllung der diesen Unternehmen übertragenen<br />

Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Vorschrift ist das Ergebnis<br />

eines historischen Kompromisses zwischen denjenigen Mitgliedstaaten,<br />

die an einer effektiven Durchsetzung des Wettbewerbsrechts<br />

auch im öffentlichen Sektor interessiert waren und denjenigen Mitgliedstaaten,<br />

die öffentliche Unternehmen, die mit Leistungen der Daseinsvorsorge<br />

betraut waren, vor dem ungehinderten Einfluss von Binnenmarkt<br />

und Wettbewerb schützen wollten. 3<br />

Bis ca. 1990 wurde Art. 86 Abs. 2 EGV in nur wenigen Fällen angewandt<br />

und lag in diesen Jahren in einer Art. „Dornrösschenschlaf“. 4 Erst danach<br />

wurde die Vorschrift vom Europäischen Gerichtshof und der Kommission<br />

entdeckt. Seit Mitte der 1990er Jahre ist Art. 86 Abs. 2 EGV zur zentralen<br />

Norm für die Auseinandersetzung um öffentliche <strong>Dienstleistungen</strong><br />

geworden. 5 Nach Ansicht des EuGH liegen Sinn und Zweck von Art. 86<br />

Abs. 2 EGV darin, das Interesse der Mitgliedstaaten am Einsatz öffentlicher<br />

Unternehmen als Instrument der Wirtschafts- und Sozialpolitik mit<br />

dem Interesse der Gemeinschaft an der Einhaltung der Wettbewerbsregeln<br />

und der Wahrung der Einheit des Gemeinsamen Marktes in Einklang<br />

zu bringen. Um dies zu erreichen, lasse die Vorschrift unter bestimmten<br />

Voraussetzungen Ausnahmen von den allgemeinen Vorschriften<br />

des Vertrages zu. 6 Als Ausnahmevorschrift sei sie jedoch eng auszulegen.<br />

7 In der rechtswissenschaftlichen Literatur wurden zu Art. 86 Abs. 2<br />

EGV verschiedene Auffassungen vertreten. Einige Autoren vertraten<br />

ebenfalls die Ansicht, Art. 86 Abs. 2 EGV sei nur eine eng auszulegende<br />

3 Ambrosius (2000), S. 26.<br />

4 Ehricke (1993) S. 211 ff.<br />

5 Tettinger (2000), S. 97 ff.<br />

6 EuGH (1999), Rn 93.<br />

7 EuGH (1998), Rn 173.<br />

47


Ausnahme vom „Vorrang des Wettbewerbs“ 8 . Andere vertraten dagegen<br />

die Meinung, dass die Norm die Grundlage eines Sonderregimes für die<br />

Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> sei. 9<br />

Zu einer ersten Akzentverschiebung auf der Ebene des Primärrechts<br />

kam es durch die Einfügung von Art. 16 EGV im Rahmen des Vertrages<br />

von Amsterdam. Ebenso wie Art. 86 Abs. 2 EGV beruht die Vorschrift auf<br />

einem Kompromiss zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten. Durch Art.<br />

16 EGV wird der Stellenwert von <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem wirtschaftlichen<br />

Interesse „innerhalb der gemeinsamen Werte der Union“<br />

anerkannt und ihre „Bedeutung für die Förderung des sozialen und territorialen<br />

Zusammenhalts“ unterstrichen. Gemeinschaft und Mitgliedstaaten<br />

sind aufgefordert, die „Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren<br />

dieser Dienste so zu gestalten, dass sie ihren Aufgaben nachkommen<br />

können“. Mit Art. 16 EGV sollten die Rolle und Bedeutung<br />

öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> gestärkt und ihre Besonderheiten anerkannt<br />

werden. 10 Die Vorschrift ist als Funktionsgarantie für öffentliche<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> zu verstehen, die vor allem bei der Auslegung von Art.<br />

86 Abs. 2 EGV eine Rolle spielen kann. Art. 16 EGV enthält jedoch keine<br />

eigenständige Kompetenzgrundlage für den Gemeinschaftsgesetzgeber.<br />

Er verschafft den Mitgliedstaaten keine entscheidend neue Spielräume,<br />

da er „unbeschadet der Art. 73, 86 und 87“ gilt. Damit ist klar, dass Art.<br />

16 EGV die Grundsätze des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts<br />

nicht einschränken soll. Durch die Betonung des Stellenwerts von<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse macht Art.<br />

16 EGV aber zugleich deutlich, dass auch die Mitgliedstaaten verpflichtet<br />

sind, die Besonderheiten von öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong> zu schützen.<br />

11 Eine uneingeschränkte Politik der Deregulierung und Privatisierung,<br />

die zur Folge hat, dass bestimmte <strong>Dienstleistungen</strong> nicht mehr<br />

allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehen, ist damit unvereinbar.<br />

Das europäische Primärrecht für öffentliche <strong>Dienstleistungen</strong> wird durch<br />

den Vertrag von Lissabon an zwei Stellen verändert. Zum einen wird der<br />

bisherige Art. 16 EGV sprachlich modifiziert und durch eine Legislativkompetenz<br />

ergänzt (Art. 14 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen<br />

Union, AEUV). 12 Zum anderen enthält der Vertrag ein Protokoll<br />

über Dienste von allgemeinem Interesse. 13 Mit diesem Protokoll verfol-<br />

8<br />

Essebier (2005); ähnlich Schweitzer (2001) u. Mestmäcker (1998), S. 635 ff.<br />

9<br />

Baquero Cruz (2005), S. 169 ff.<br />

10<br />

Frenz (2000), S. 901 ff.<br />

11<br />

Ross (2005), S. 38.<br />

12<br />

Ausführlich dazu Krajewski (2010).<br />

13<br />

ABl. 2007 C 306/158.<br />

48


gen die Mitgliedstaaten den Wunsch, die Bedeutung der Dienste von allgemeinem<br />

Interesse hervorzuheben. Art. 1 des Protokolls präzisiert, was<br />

unter den gemeinsamen Werten der Union in Bezug auf Dienste von allgemeinem<br />

wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 14 AEUV zu verstehen<br />

ist. Dazu zählen die Subsidiarität und Nutzernähe der Erbringung<br />

öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong>, die Vielfalt der öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong><br />

in Europa und die Grundsätze des Universaldienstes. Art. 1 des<br />

Protokolls trägt so zu einer Konkretisierung der in Art. 16 EGV angesprochenen<br />

Werte bei und stellt einen klaren Bezug zum Modell des<br />

Universaldienstes her. 14 In Art. 2 des Protokolls betonen die Mitgliedstaaten,<br />

dass die Bestimmungen der Verträge in keiner Weise die Zuständigkeit<br />

der Mitgliedstaaten, nichtwirtschaftliche Dienste von allgemeinem<br />

Interesse zu erbringen, in Auftrag zu geben und zu organisieren, berühren.<br />

Dies ist eine Selbstverständlichkeit, deren ausdrückliche Betonung<br />

mindestens missverständlich ist, da sie suggeriert, es hätte einer Klarstellung<br />

der Kompetenz der Mitgliedstaaten für nicht-wirtschaftliche<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> bedurft.<br />

Insgesamt lässt sich auf primärrechtlicher Ebene eine klare Öffnung des<br />

Gemeinschaftsrechts für nicht-wettbewerbliche Grundsätze bei der Erbringung<br />

und Organisation öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> zeigen. Vor<br />

allem der Hinweis auf die gemeinsamen Werte von Union und Mitgliedstaaten<br />

und die Präzisierung im Protokoll zu <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem<br />

Interesse im Vertrag von Lissabon machen deutlich, dass dem<br />

Primärrecht kein Primat des Wettbewerbs mehr entnommen werden<br />

kann. Allerdings ist auch vor übertriebenen Erwartungen in die entgegengesetzte<br />

Richtung zu warnen: Auch die skizzierten Veränderungen<br />

des Primärrechts bedeuten keine grundsätzliche Abkehr von den Grundprinzipien<br />

des Gemeinsamen Marktes, zu denen der unverfälschte Wettbewerb<br />

gehört. Eine positiv-rechtliche Absicherung der Grundzüge des<br />

französischen service public oder der deutschen Daseinsvorsorge lässt<br />

sich dem Gemeinschaftsrecht nicht entnehmen.<br />

2. Neuorientierung der Organe der Gemeinschaft?<br />

Der angedeutete Perspektivenwandel wird nicht nur in den Veränderungen<br />

des Primärrechts sichtbar, sondern lässt sich auch anhand einer –<br />

jedenfalls teilweise – Umorientierung der Gemeinschaftsorgane, insbesondere<br />

des Gerichtshofs und des Gemeinschaftsgesetzgebers nachzeichnen.<br />

14 Sauter (2008), S. 167 ff.<br />

49


Am deutlichsten hat sich die Kommission mit ihren verschiedenen Mitteilungen<br />

sowie dem Grün- und dem Weißbuch zu <strong>Dienstleistungen</strong> von<br />

allgemeinem Interesse sich wiederholt mit öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong><br />

befasst 15 und diese als unverzichtbares Element des europäischen Gesellschaftsmodells<br />

bezeichnet. 16 Universaldienst, Kontinuität, Qualität der<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> gehören nach Auffassung der Kommission zu den<br />

wesentlichen Aspekten der Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong>. Aus<br />

den Mitteilungen ergibt sich jedoch kein klares Bild, welches Modell die<br />

Kommission bevorzugt. Einerseits unterstreicht sie, dass öffentliche<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> grundsätzlich auch am Markt erbracht werde können.<br />

Andererseits betont sie auch die besonderen Anforderungen an die Erbringung<br />

dieser Leistungen. Die Funktion der verschiedenen Kommissionsdokumente<br />

wird daher auch nicht klar. Die Kommission hat dem<br />

Weißbuch nicht wie sonst üblich konkrete Legislativvorschläge folgen<br />

lassen. Die Dokumente hatten auch wenig Einfluss auf die konkrete Entscheidungspraxis<br />

der Kommission. Man kann daher vermuten, dass die<br />

Kommission mit diesen Mitteilungen und Beiträgen ein bestimmtes<br />

Thema im politischen Diskurs besetzen wollte, um so die Richtung und<br />

die wesentlichen Aspekte des Diskurses zu bestimmen („agenda<br />

setting“). Tatsächlich beziehen sich sowohl die Beiträge der anderen<br />

Gemeinschaftsorgane als auch die Meinungen zahlreicher nationaler<br />

politischer Institutionen immer wieder auf das Grün- und das Weißbuch.<br />

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Kommission mit ihren Mitteilungen<br />

auch das Ziel verfolgte, mit einem genuin positiv-besetzten Thema<br />

(„<strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong>“) assoziiert zu werden und so dem Eindruck<br />

entgegen zu treten, die Kommission sei nur an Liberalisierungsmaßnahmen<br />

interessiert.<br />

Deutlicher, aber gleichwohl noch eher punktuell, lassen sich Akzentverschiebungen<br />

in der Rechtsetzung und Rechtsprechung aufzeigen. So<br />

hat der Gemeinschaftsgesetzgeber im Zusammenhang mit der Reform<br />

des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens für den öffentlichen Personennahverkehr<br />

eine Sonderregelung für die vergaberechtsfreie Aufgabenübertragung<br />

geschaffen. Nach Art. 5 Abs. 2 lit. a) der Verordnung<br />

1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und<br />

Straße 17 ist es „insbesondere bei öffentlich-privaten Partnerschaften nicht<br />

zwingend erforderlich, dass die zuständige Behörde zu 100 % Eigen-<br />

15<br />

Mitteilungen der Kommission, Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, ABl. 1996, C 281/3;<br />

Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, ABl. 2001, C 17/4; Grünbuch zu <strong>Dienstleistungen</strong> von<br />

allgemeinem Interesse, KOM(2003) 270 endg; Weißbuch zu <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem<br />

Interesse, KOM(2004) 374 endg.<br />

16<br />

Grünbuch zu <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem Interesse, KOM(2003) 270 endg, Abs. 2.<br />

17<br />

ABl 2007, L 315/1.<br />

50


tümer ist, sofern ein beherrschender öffentlicher Einfluss besteht und<br />

aufgrund anderer Kriterien festgestellt werden kann, dass eine Kontrolle<br />

ausgeübt wird.“ Diese Formulierung ist eine klare Abweichung 18 von der<br />

insoweit eindeutigen Rechtsprechung, nach der seit dem Urteil Stadt<br />

Halle eine private Beteiligung die vergaberechtsfreie „In house“-Übertragung<br />

in jedem Fall ausgeschlossen ist. 19 Damit hatte der Gerichtshof<br />

zahlreichen public-private partnership Modellen ihre Attraktivität genommen.<br />

20 Die Rechtsprechung und ihre Auswirkung auf die Erbringung<br />

öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> ist daher in Wissenschaft und Praxis zu<br />

Recht auf Kritik gestoßen. 21 Insofern ist die bewusste Lockerung dieser<br />

Rechtsprechung durch den Gemeinschaftsgesetzgeber jedenfalls für den<br />

ÖPNV nicht nur zu begrüßen sondern auch als Ausdruck einer gewissen<br />

Trendwende anzusehen.<br />

Weiterhin sind Veränderungen in der Rechtsprechung zur Vergaberechtsfreiheit<br />

von Verwaltungskooperationen, insbesondere interkommunaler<br />

Zusammenarbeit, zu beobachten. Die entsprechende EuGH-<br />

Rechtsprechung zeichnete sich zunächst durch eine relative Offenheit<br />

gegenüber der Anwendbarkeit des Vergaberechts aus. So hatte der<br />

EuGH in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien die pauschale<br />

Ausnahme jeglicher öffentlicher Kooperationsvereinbarungen<br />

vom Vergaberecht für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt. 22 In der Literatur<br />

wurde daraufhin die Auffassung vertreten, dass die Aufgabenübertragung<br />

im Rahmen von Verwaltungskooperationen ebenfalls generell dem<br />

Vergaberecht unterfalle. 23 Diese Auffassung entspricht allerdings nicht<br />

der neueren EuGH-Rechtsprechung: Überträgt eine Verwaltungsträger<br />

öffentliche Aufgaben auf einen Verbund oder eine andere Form der Verwaltungskooperation<br />

ist darauf abzustellen, ob die Kontrolle der Gesamtheit<br />

der Verwaltungsträger über die ausführende Einheit der<br />

Kontrolle entspricht, die eine Behörde über eigene Dienststellen ausübt.<br />

Diesen Grundsatz hat der EuGH in der Rechtssache Coditel ausdrücklich<br />

bestätigt. 24 Der Anteil, mit dem eine einzelne Gemeinde an einer<br />

interkommunalen Einrichtung beteiligt ist, ist unerheblich. Allerdings<br />

muss das gesamte Kapital der Einrichtung von öffentlichen Stellen gehalten<br />

werden; eine Beteiligung privaten Kapitals würde eine vergabe-<br />

18<br />

Mietzsch (2006), S 11 ff.<br />

19<br />

EuGH (2005), Rs. C-26/03, Rn 49.<br />

20<br />

Krajewski/Wethkamp (2008), S. 355 ff.<br />

21<br />

Vgl. die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft,<br />

Ausschreibung oder Direktvergabe öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> – Plädoyer für ein Wahlrecht der<br />

Gebietskörperschaften (2007), anders Schwintowski (2007), S. 91 ff.<br />

22<br />

EuGH (2005), Rs. C-84/03, Rn. 38.<br />

23<br />

Z.B. Steiff (2005), S. 205 ff.<br />

24<br />

EuGH (2009), Rs. C-324/07, Coditel/Uccle, NZBau 2009, 54, Rn. 50 ff.<br />

51


echtsfreie Aufgabenübertragung ausschließen. 25 Durch diese Rechtsprechung<br />

wird ein aktueller Streit im Sinne der Regelungsautonomie<br />

der Mitgliedstaaten und der kommunalen Träger öffentlicher<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> entschieden. Auch dies lässt sich als Akzentverschiebung<br />

interpretieren.<br />

Schließlich ist das Urteil des Gerichts erster Instanz in der Sache BUPA<br />

zu erwähnen, das eine Lockerung der Altmark Trans-Kriterien für die<br />

beihilfenrechtliche Bewertung von Ausgleichsfinanzierungen bewirkt. Im<br />

Altmark Trans-Urteil hatte der EuGH vier Bedingungen entwickelt, die<br />

erfüllt sein müssen, damit Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche<br />

Verpflichtungen keine Beihilfe i.S.d. Art. 87 Abs. 1 EGV darstellen. 26<br />

Problematisch ist vor allem das vierte Kriterium, das verlangt, dass das<br />

Unternehmen, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen<br />

betraut werden soll, entweder im Rahmen eines Vergabeverfahrens<br />

ausgewählt werden oder die Höhe des erforderlichen Ausgleichs objektiv<br />

bestimmt werden muss. Dies muss auf der Grundlage einer Analyse der<br />

Kosten geschehen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen,<br />

das angemessen mit Mitteln ausgestattet ist, um den gestellten<br />

gemeinwirtschaftlichen Anforderungen zu genügen, bei der Erfüllung der<br />

betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen<br />

und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen<br />

zu berücksichtigen sind. 27 Diesem Kriterium lässt sich eine deutliche<br />

Präferenz für die Vergabe im Wettbewerb entnehmen. 28<br />

In der Rechtssache BUPA hatte das Gericht erster Instanz (EuG) die<br />

Frage zu beantworten, ob Ausgleichszahlungen an private Krankenversicherungsunternehmen,<br />

die mit besonderen öffentlichen Aufgaben betraut<br />

und in ihrem Marktverhalten eingeschränkt waren, als Beihilfe anzusehen<br />

seien. Hierzu vertrat das EuG die Auffassung, dass aufgrund<br />

der Besonderheiten des Sektors die Anforderungen des vierten Altmark<br />

Trans-Kriteriums nicht genau auf den Fall angewendet werden könnten. 29<br />

Nach Ansicht des EuG besteht der Hauptzweck des vierten Kriteriums<br />

darin, die Dienstleistung möglichst kostengünstig zu erbringen. Hierin<br />

liegt eine deutliche Abweichung von der strikten Anwendung der Altmark<br />

Trans-Kriterien. Das EuG akzeptiert die Besonderheiten eines Sektors<br />

und reduziert das vierte Altmark Trans-Kriteriums auf eine bloße Missbrauchskontrolle.<br />

Eine Präferenz für eine Wettbewerbsvergabe ist dem<br />

25 EuGH, Rs. C-324/07, Coditel/Uccle, NZBau 2009, 54, Rn. 30.<br />

26 EuGH, Rs. C-280/00, Altmark Trans, Slg. 2003, I-7747. Ausführlich Bauer, Die mitgliedstaatliche<br />

Finanzierung von Aufgaben der Daseinsvorsorge und das Beihilfeverbot des EG-Vertrages, 2008.<br />

27 EuGH, Rs. C-280/00, Altmark Trans, Slg. 2003, I-7747, Rn. 90 ff.<br />

28 Thouvenin/Lorieux (2003), S. 641; Gromnicka (2005), S. 458.<br />

29 EuGH, Rs. T-289/03, BUPA u.a./Kommission, Rn. 267.<br />

52


nicht zu entnehmen. Es wird abzuwarten sein, wie sich der EuGH hierzu<br />

verhält. Nimmt er das Urteil des EuG zum Anlass, die strengen Altmark<br />

Trans-Kriterien zu Gunsten einer größeren Flexibilität aufzuweichen,<br />

wäre hierin ebenfalls eine Verschiebung der bislang primär wettbewerblich<br />

ausgerichteten Rechtsprechung des EuGH zu sehen.<br />

III. Grundstrukturen der Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

im EG-Recht<br />

Die im vorstehenden Abschnitt aufgezeigten Verschiebungen können<br />

nun in den Gesamtrahmen des europäischen Rechts öffentlicher<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> eingeordnet werden. Vereinfacht lässt sich sagen, dass<br />

diese Recht durch vier Grundsätze geprägt ist: Trägerneutralität, Wettbewerb,<br />

Transparenz und Individualrechte.<br />

1. Trägerneutralität<br />

Dem Recht öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> in Europa können keine ausdrücklichen<br />

Privatisierungsverpflichtungen entnommen werden. 30 Art.<br />

295 EGV macht deutlich, dass das Gemeinschaftsrecht öffentliches und<br />

privates Eigentum grundsätzlich als gleichberechtigt betrachtet. 31 Aus<br />

dieser Vorschrift ergibt sich, dass das Gemeinschaftsrecht die Offenheit<br />

der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen bezüglich der Aufgabenträgerschaft<br />

unberührt lässt. Aus der Neutralität des Gemeinschaftsrechts gegenüber<br />

der Eigentumszuordnung ergibt sich jedoch keine generelle<br />

gemeinschaftsrechtliche Bereichsausnahme für alle eigentums- und<br />

organisationsrechtlichen Fragen der Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong>.<br />

Art. 295 EGV entbindet die Mitgliedstaaten nicht von der Beachtung<br />

des gemeinschaftlichen Primärrechts. Der gleiche Grundsatz<br />

liegt auch Art. 86 Abs. 1 EGV zu Grunde, der ein Privilegierungsverbot<br />

für öffentliche Unternehmen enthält.<br />

Problematisch sind jedoch bestimmte konkrete Anforderungen des Gemeinschaftsrechts,<br />

vor allem der Grundfreiheiten und des Binnenmarktrechts,<br />

an die jeweilige Erbringungsform. Dies gilt z. B. für die Vereinbarkeit<br />

sog. „Goldener Aktien“ oder anderer gesellschaftsrechtlicher Sonderrechte<br />

(z. B. VW-Gesetz) als typischen Steuerungsinstrumenten des Pri-<br />

30<br />

Pietzker (2001), S. 245 ff. u. Bungenberg (2007), S. 32.<br />

31<br />

Vgl. EuGH, Rs. C-163/99, Portugal/Kommission, Slg. 2001, I-2613; Rn. 58 f. Siehe auch Hatje<br />

(2003), S. 735.<br />

53


vatisierungsfolgenrechts mit der Kapitalverkehrsfreiheit. 32 Der EuGH<br />

sieht die verschiedenen staatlichen Kontrollrechte in ständiger Rechtsprechung<br />

als Verletzungen der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 56 ff.<br />

EGV an, die nur in engen Grenzen zulässig sind. 33 Dadurch hat er den<br />

flexiblen Einsatz dieser Instrumente durch die Mitgliedstaaten und die<br />

Verwaltungen erheblich einschränkt.<br />

Ähnlich wirkt die Rechtsprechung zur vergaberechtsfreien Aufgabenübertragung<br />

auf gemischtwirtschaftliche Unternehmen. Indem der Gerichtshof<br />

diese Erbringungsform zwar nicht verbietet, sie jedoch weniger<br />

attraktiv macht entfaltet das Gemeinschaftsrecht einen Differenzierungsdruck:<br />

Als Idealtypen der Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> sieht<br />

das Gemeinschaftsrecht auf der einen Seite die möglichst staats- und<br />

verwaltungsnahe Erbringung durch den Aufgabenträger und auf der<br />

anderen Seite die vollständig privatwirtschaftliche Erbringung vor. Dieser<br />

Druck zur Differenzierung führt zu einem Bedeutungsverlust von öffentlich-privaten<br />

Mischformen der Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong>.<br />

Im Ergebnis kann diese Entwicklung zu einer deutlicheren Trennung von<br />

Tätigkeiten der öffentlichen Hand und der privaten Wirtschaft führen.<br />

2. Wettbewerb<br />

Das Gemeinschaftsrecht wird durch eine grundsätzliche Präferenz zur<br />

Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> im Wettbewerb geprägt. Dies<br />

zeigt sich schon daran, dass die Erbringer öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

gem. Art. 86 Abs. 1 EGV dem Wettbewerbsrecht unterworfen sind. Die<br />

Wettbewerbsvorschriften der Art. 81 und 82 EGV sind mit Modellen der<br />

Erbringung und Finanzierung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong>, die auf<br />

Monopole, ausschließliche Rechte oder Quersubventionierungen ausgerichtet<br />

sind, nicht vereinbar, wenn sie wettbewerbsverfälschend wirken. 34<br />

Aus diesem Grund geraten derartige Modelle, die in vielen Mitgliedstaaten<br />

die klassische Form der Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

darstellten, unter gemeinschaftsrechtlichen Rechtfertigungsdruck. Im<br />

Sekundärrecht finden sich darüber hinaus zum Teil explizite Liberalisierungsverpflichtungen.<br />

Beispielhaft kann die Binnenmarktliberalisierung<br />

im Telekommunikations-, Post- und Energiesektor genannt werden. In<br />

32<br />

Grundmann/Möslein (2003), S. 299 ff.<br />

33<br />

EuGH, Rs. C-367/98, Kommission/Portugal (Golden Share I), Slg. 2002, I-4731; Rs. C-483/99,<br />

Kommission/Frankreich (Golden Share II), Slg. 2002, I-4781; C-503/99, Kommission/Belgien<br />

(Golden Share III), Slg. 2002, I-4809. Siehe auch EuGH, Rs. C-112/05, Kommission/Deutschland<br />

(VW-Gesetz), Slg. 2007, I-8995.<br />

34<br />

Zu Monopolen und ausschließlichen Rechten Buendia Sierra (1999), S. 163 ff; zur Quersubventionierung<br />

Danner (2006), S. 47.<br />

54


diesen Sektoren sind (bzw. waren) staatliche Monopole oder besondere<br />

und ausschließliche Rechte sukzessive abzubauen.<br />

Der Wettbewerbsgedanke findet sich auch in den vergaberechtlichen<br />

Anforderungen an die Organisationsformen: Will ein öffentlicher Aufgabenträger<br />

die Erbringung einer Leistung auf eine rechtlich von ihm getrennte<br />

Einrichtung übertragen, muss er die Aufgabenübertragung bei<br />

Vorliegen der Voraussetzungen der sekundärrechtlichen Vergabevorschriften<br />

im Rahmen eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens übertragen.<br />

35 Wird eine Dienstleistungskonzession übertragen oder ein Auftrag<br />

unterhalb der Schwellenwerte vergeben, ist die Aufgabe ebenfalls<br />

grundsätzlich im Wettbewerb zu übertragen. Ebenso verlangen die beihilferechtlichen<br />

Anforderungen an Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche<br />

Dienste grundsätzlich eine Vergabe im Wettbewerb. 36<br />

Das europäische Recht öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> enthält allerdings<br />

keine ausnahmslose Verpflichtung zur Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

im Wettbewerb. Vielmehr kann dem einschlägigen Primär-<br />

und Sekundärrecht nur ein Grundsatz der möglichst wettbewerbsnahen<br />

Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> entnommen werden. 37 Das primäre<br />

Gemeinschaftsrecht gestattet gem. Art. 86 Abs. 2 EGV eine Ausnahme<br />

von den Wettbewerbsregeln, wenn die besondere Funktion von<br />

öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong> dies erforderlich macht und wenn die Ausnahme<br />

verhältnismäßig ist. Der Grundsatz der wettbewerbsnahen Erbringung<br />

lässt eine Regulierung des Wettbewerbs durch die Auferlegung<br />

von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu, solange dabei allgemeine<br />

Grundsätze von Nichtdiskriminierung und Transparenz beachtet<br />

werden. Im Sekundärrecht, insbesondere im Telekommunikationsrecht,<br />

finden sich zudem Verpflichtungen zur Sicherstellung des Universaldienstes.<br />

Damit wird deutlich, dass das Leitbild des Wettbewerbs im<br />

Recht der öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong> nicht der unkontrollierte und<br />

völlig freie Wettbewerb ist, sondern dass das Gemeinschaftsrecht auf<br />

einen regulierten Wettbewerb abzielt.<br />

3. Transparenz<br />

35 EuGH, Rs. C-107/98, Slg. 1999, I-8121, Teckal, Rn. 50. Dazu umfassend Wittek, Das In-House<br />

Geschäft im EG-Vergaberecht, 2004 und Hardraht, In-house-Geschäfte und europäisches Vergaberecht,<br />

2006.<br />

36 EuGH, Rs. C-280/00, Altmark Trans, Slg. 2003, I-7747, Rn. 90 ff. Ausführlich dazu Boysen/Neukirchen,<br />

Europäisches Beihilferecht und mitgliedstaatliche Daseinsvorsorge, 2007,<br />

37 Vgl. auch Baquero Cruz, (2005), S. 169.<br />

55


Als drittes Ordnungsprinzip prägt der Grundsatz der Transparenz das<br />

Recht öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong>. Besonders deutlich ist dies im Zusammenhang<br />

mit der Finanzierung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong>. Sowohl<br />

die sich aus der Altmark Trans-Rechtsprechung ergebenen Anforderungen<br />

an Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen<br />

als auch die entsprechenden Vorgaben des Sekundärrechts verlangen<br />

Finanzierungs- und Kostentransparenz für die Erbringer öffentlicher<br />

<strong>Dienstleistungen</strong>. Diese besteht vor allem in der genauen Bestimmung<br />

der erforderlichen Kosten für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen<br />

und ihrer Trennung von den übrigen Kosten. In diesem<br />

Kontext sind auch die Buchführungs- und sonstigen Publizitätspflichten<br />

zu nennen, die sich aus der Transparenzrichtlinie ergeben. 38<br />

Eine weitere Dimension des Transparenzgrundsatzes ergibt sich aus der<br />

sowohl in den Almark Trans-Kriterien als auch in Art. 86 Abs. 2 EGV<br />

enthaltenen Verpflichtung, die Übertragung von gemeinwirtschaftlichen<br />

Verpflichtungen durch einen klaren Betrauungsakt sichtbar zu machen.<br />

Durch den Betrauungsakt wird erkennbar, welche besonderen Aufgaben<br />

das betraute Unternehmen übernehmen muss. Der Transparenzgrundsatz<br />

prägt auch die verbraucherschutzrechtlichen Anforderungen an<br />

öffentliche <strong>Dienstleistungen</strong>. Insbesondere die Informationspflichten, die<br />

sich aus dem sekundärrechtlichen Verbraucherschutzrecht ergeben,<br />

tragen zur Transparenz der Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

bei. 39<br />

Das Transparenzprinzip dient in erster Linie der Verwirklichung des<br />

Wettbewerbsprinzips, indem es in eigentumsrechtlicher und finanzieller<br />

Hinsicht Klarheit von der Erbringern öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> verlangt<br />

und so wettbewerbsverzerrendes Verhalten verhindert. Die Transparenz<br />

der Kosten der Leistungserbringung oder die Zuordnung gemeinwirtschaftlicher<br />

Verpflichtungen durch den Betrauungsakt können<br />

jedoch auch dazu beitragen, dass die Auseinandersetzung über Kosten<br />

und Erbringungsmodalitäten öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> Gegenstand<br />

eines demokratischen Diskurses werden. Dadurch würden partizipative<br />

Ansätze befördert und die Nutzer könnten an der Erbringung und<br />

Kontrolle der öffentlichem <strong>Dienstleistungen</strong> teilhaben.<br />

38 Richtlinie 80/723/EWG der Kommission vom 25. Juni 1980 über die Transparenz der finanziellen<br />

Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, ABl. 1980,<br />

L 195/35, neugefasst als Richtlinie 2006/111/EG der Kommission, ABl. 2006, L 318/17.<br />

39 Rott (2009), S. 215 ff.<br />

56


4. Individualrechte<br />

Das Recht der öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong> wird schließlich durch die<br />

Existenz von individualrechtlichen Ansprüchen geprägt. Im wesentlichen<br />

lassen sich zwei große Gruppen von Rechten unterscheiden. Die erste<br />

Gruppe umfasst Rechte, die im weitesten Sinne als Leistungsansprüche<br />

bezeichnet werden können. Dazu zählen Ansprüche, die sich direkt an<br />

den Leistungserbringer richten. Dies sind neben den direkten Rechten<br />

auf Zugang zu öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong>, die sich z. B. aus dem Prinzip<br />

des Universaldienstes ergeben, alle Leistungs- und Qualitätsansprüche,<br />

die das Verhältnis des Dienstleistungsanbieters zum Dienstleistungsempfänger<br />

betreffen. Die genannten Rechte entsprechen der<br />

Logik von Leistungsbeziehungen, die auf privatrechtlichen und privatwirtschaftlichen<br />

Grundsätzen beruhen. Sie weisen einen dezidierten<br />

Marktbezug auf und sind auf die möglichst weitgehende Verwirklichung<br />

eines Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt gerichtet. Die Leistungsrechte<br />

verstärken zudem die grundsätzlich wettbewerbliche Ausrichtung des<br />

Rechts öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong>, indem sie den Dienstleistungsempfänger<br />

dazu anhalten, zwischen verschiedenen Leistungserbringern<br />

den effizientesten und effektivsten Erbringer auszuwählen. 40 Insofern lassen<br />

sich die Leistungsrechte als individualrechtliche Entsprechungen des<br />

Grundsatzes der wettbewerbsorientierten Erbringung öffentlicher<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> verstehen. Das Leitbild des Dienstleistungsnutzers, das<br />

sich aus diesen Leistungsrechten ableiten lässt, wird durch die Wahrnehmung<br />

der Leistungsempfänger als Kunden des Erbringers oder als<br />

Marktbürger beschrieben.<br />

Im Gegensatz zu den Leistungsansprüchen stehen individualrechtliche<br />

Vorstellungen, die auf Teilhabe und damit auf Solidarität ausgerichtet<br />

sind. Dazu zählen zunächst die in der Grundrechtecharta verbürgten Zugangsrechte,<br />

insbesondere Art. 36 der Charta der Grundrechte der<br />

Europäischen Union (im Folgenden: GRC), der den Zugang zu <strong>Dienstleistungen</strong><br />

von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrifft. Bei dieser<br />

Vorschrift handelt es sich um die zentrale grundrechtliche Verbürgung<br />

individueller Rechte in Bezug auf öffentliche <strong>Dienstleistungen</strong> in der<br />

Grundrechtecharta. 41 Nach Art. 36 GRC anerkennt und achtet die Union<br />

den Zugang zu <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem wirtschaftlichem<br />

Interesse, „wie er durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und<br />

Gepflogenheiten im Einklang mit den Verträgen geregelt ist, um den<br />

sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union zu fördern.“ Inhalt<br />

und Schutzrichtung von Art. 36 GRC sind umstritten. Einigkeit besteht<br />

40 Freedland (1998), S. 10.<br />

41 Krajewski (2005), S. 667 f.<br />

57


zunächst nur insofern, dass Art. 36 GRC in Ergänzung zu Art. 16 EGV<br />

den besonderen Wert öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> im Verfassungsgefüge<br />

der Union unterstreicht. 42 Sieht man in Art. 36 GRC „eine objektiv-rechtliche<br />

Verpflichtung der einzelnen Mitgliedstaaten und der Union“,<br />

öffentliche <strong>Dienstleistungen</strong> vorzuhalten, kann man die Vorschrift als<br />

Grenze für Deregulierung und Privatisierung dieser Leistungen interpretieren.<br />

43 Man kann Art. 36 GRC darüber hinaus ein subjektiv-öffentliches<br />

Recht auf Achtung und Anerkennung des Zugangs zu öffentlichen<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> durch die Unionsorgane entnehmen. Art. 36 GRC<br />

enthält eine direkte Pflicht der Union, den Zugang zu <strong>Dienstleistungen</strong><br />

von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nicht zu beeinträchtigen und<br />

andere an einer solchen Beeinträchtigung zu hindern. Die Union darf<br />

also weder rechtlich noch faktisch einen Mitgliedstaat, dessen regionale<br />

und lokale Untergliederungen oder ein mit öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong><br />

betrautes Unternehmen am Angebot einer öffentlichen Dienstleistung<br />

hindern oder den Zugang dazu erheblich erschweren.<br />

Neben Art. 36 GRC enthält auch das Universaldienstprinzip Teilhabe-<br />

und Solidaritätselemente, etwa im Prinzip der Erschwinglichkeit und des<br />

universellen Zugangs, die durch das Gemeinschaftsrecht individualrechtlich<br />

konstruiert sind. Diesen Rechten ist gemeinsam, dass sie nicht nur<br />

die individuelle Beziehung des Leistungsempfängers und des Leistungserbringers<br />

in den Blick nehmen, sondern auch die besondere Bedeutung<br />

öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> für das Gemeinwesen mit berücksichtigen.<br />

Sie beschränken sich nicht auf die individuellen Bedürfnisse des Leistungsempfängers<br />

in einer konkreten Austauschbeziehung, sondern erfassen<br />

auch kollektive Bedürfnisse nach Teilhabe und Solidarität als den<br />

Elementen, auf denen der Zusammenhalt in einer Gesellschaft beruht. 44<br />

Die zentrale Bedeutung von Solidarität ergibt sich – wie bereits erwähnt<br />

– aus der Formulierung von Art. 16 EGV. Das den Prinzipien der Teilhabe<br />

und Solidarität zu Grunde liegende Leitbild des Nutzers ist bürger-<br />

und grundrechtlich geprägt und entspricht dem Verständnis eines<br />

(Staats- oder Unions-)bürgers als Teil einer Solidargemeinschaft.<br />

Das europäische Verständnis öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> wird inzwischen<br />

durch beide Gruppen von Individualrechten geprägt. Zu Beginn<br />

der Liberalisierungspolitik in den frühen 1990er Jahren stand dagegen<br />

das Leitbild des Kunden und Verbrauchers im Vordergrund. Erst gegen<br />

Ende der 1990er Jahre und seit Beginn des neuen Jahrtausends setzt<br />

sich hier eine neue Erkenntnis durch. In diesem Sinne konnte die Euro-<br />

42 Kallmayer (2007).<br />

43 Riedel, (2006); ähnlich Ross (2007), S. 1064.<br />

44 Malaret Garcia (1998), S. 81.<br />

58


päische Kommission im Grünbuch zu <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem<br />

Interesse eine Synthese der beiden Ansätze vertreten, indem sie die<br />

Grundsätze des Universaldienstes, der Dienstleistungsqualität, der Erschwinglichkeit<br />

und des Verbraucher- und Nutzerschutzes zu den Elementen<br />

zählt, die als Elemente eines Gemeinschaftskonzepts der<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verstanden<br />

werden können. 45 In ähnlicher Weise betont das Protokoll zu Diensten<br />

von allgemeinem Interesse des Vertrags von Lissabon, dass „ein hohes<br />

Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung<br />

und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte“<br />

zu den gemeinsamen Werten der Union und der Mitgliedstaaten<br />

im Sinne des Art. 16 EGV gehörte. Vor diesem Hintergrund lassen sich<br />

die Nutzer öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> in Europa nicht auf bloße<br />

Kunden von privat-wirtschaftlichen Anbietern auf einem möglichst am<br />

Wettbewerb ausgerichteten Markt reduzieren. Bürgerschaftliche Ansprüche,<br />

Teilhaberechte und Elemente der Solidarität prägen das Leitbild<br />

des Nutzers in gleicher Weise.<br />

IV. Der europäische Gewährleistungsverbund als neues Leitbild?<br />

Die beschriebenen Grundstrukturen und Veränderungen des Rechts<br />

öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> sollen nun genutzt werden, um der Frage<br />

nachzugehen, ob sich der europäische Gewährleistungsverbund als<br />

neues Leitbild für das Recht öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> eignet.<br />

1. Begriff und Funktion des Gewährleistungsstaates<br />

Der Begriff des „Gewährleistungsstaates“ ist in den vergangenen Jahren<br />

zu einem populären Leitbild für den Wandel von Staatlichkeit geworden.<br />

46 Mit ihm soll die grundsätzliche Transformation vom Leistungsstaat,<br />

als einem Staat, der öffentliche Aufgaben weitgehend selbst erfüllt und<br />

öffentliche Leistungen direkt erbringt, zu einem Staat, der zunehmend<br />

Aufgaben auf private Einheiten überträgt und sich selbst auf Steuerungs-<br />

und Sicherstellungsaufgaben beschränkt, begrifflich zusammengefasst<br />

werden. 47 Nach diesem Verständnis steht der Staat zwar in der Verantwortung<br />

für bestimmte Gemeinwohlziele, überlässt die Realisierung<br />

dieser Ziele jedoch privaten Akteuren. Damit wird der enge Zusammenhang<br />

zwischen dem Leitbild des Gewährleistungsstaates und der<br />

45<br />

Grünbuch zu <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem Interesse, KOM(2003) 270 endg., Abs. 49.<br />

46<br />

Schuppert, (2004), S. 60 ff.<br />

47<br />

Eiffert (1998), S. 18; Trute (2002), S. 329.<br />

59


Transformation öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> deutlich. Erbrachte der<br />

Staat die Leistungen der Daseinsvorsorge noch bis vor wenigen Jahrzehnten<br />

weitgehend selbst, werden diese Leistungen inzwischen vielfach<br />

von privaten Akteuren erbracht, während sich die Rolle des Staates auf<br />

die Steuerung und die Gewährleistung dieser Erbringung beschränkt.<br />

Im Mittelpunkt der Überlegungen zum Gewährleistungsstaat steht das<br />

„Denken in Verantwortungsstufen“. 48 Die leistungsintensivste Stufe staatlicher<br />

Verantwortung ist die Verantwortung des Staates für die Erfüllung<br />

einer bestimmten Aufgabe bzw. die Erbringung einer bestimmten Leistung<br />

(Erfüllungs- oder Erbringungsverantwortung). Auf dieser Stufe zeigt<br />

sich die Transformation öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> besonders deutlich:<br />

Während vor der Post- und Bahnreform die Erbringung von Telekommunikations-,<br />

Post- und Bahndienstleistungen als Staatsaufgaben festgelegt<br />

waren und somit als Teil der Erfüllungsverantwortung angesehen<br />

werden konnten, gehört die Erbringung dieser Leistungen heute nicht<br />

mehr zur Verantwortung des Staates. Auf der untersten Stufe der Leistungsintensität<br />

steht die Auffang- oder Einstandsverantwortung. Der<br />

Staat wird hier nur tätig, wenn die privatwirtschaftlichen Kräfte nicht in<br />

der Lage sind, Gemeinwohlziele zu erreichen. In diesem Fall ist er gehalten,<br />

die Leistungen im Wege der „Ersatzvornahme“ selbst anzubieten.<br />

49 Zwischen diesen Kategorien ist die Gewährleistungsverantwortung<br />

als dritte Hauptkategorie einzuordnen. Mit dieser Kategorie wird die<br />

Frage beantwortet, wie der Staat, der in zahlreichen Bereichen öffentlicher<br />

Dienstleistung seine Erfüllungsverantwortung abgegeben hat,<br />

seiner Verantwortung für das Gemeinwohl weiter gerecht werden kann,<br />

ohne darauf beschränkt zu sein, auf Fehlentwicklungen im Rahmen<br />

seiner Auffangverantwortung zu reagieren. In Erfüllung seiner Gewährleistungsverantwortung<br />

setzt der Staat den Rechtsrahmen, damit sich<br />

die privatwirtschaftliche Produktion an Gemeinwohlzielen orientiert, z. B.<br />

durch Universaldienstverpflichtungen oder andere Qualitäts- und Quantitätsanforderungen.<br />

Der Staat überwacht und kontrolliert den Markt und<br />

beseitigt ggf. entstehende Erbringungsdefizite durch die Änderung des<br />

Rechtsrahmens, durch eigene Beschaffung am Markt oder die Bereitstellung<br />

von marktexterner Finanzierung.<br />

48 Schuppert (2000), S. 400 ff.; Voßkuhle (2003), S. 285.<br />

49 Schmidt-Aßmann (2004), S. 171.<br />

60


2. Die europäische Gemeinschaft als Gewährleistungsgemeinschaft?<br />

Im Diskurs über den Gewährleistungsstaat wurde die Europäische Gemeinschaft<br />

teilweise als „Gewährleistungsgemeinschaft“ bezeichnet. 50 Es<br />

stellt sich jedoch die Frage, ob man sinnvoll von einer „Gewährleistungsgemeinschaft“<br />

in Ergänzung zum Gewährleistungsstaat sprechen kann.<br />

Ansatzpunkt für die Konstruktion der Europäischen Gemeinschaft als<br />

Gewährleistungsgemeinschaft muss der Nachweis sein, dass sich die<br />

oben skizzierten Verantwortungsstufen auch auf der Gemeinschaftsebene<br />

nachweisen lassen. Dies ist nicht unproblematisch: Eine Erfüllungsverantwortung<br />

der Europäischen Gemeinschaft für bestimmte<br />

Leistungen findet sich im Gemeinschaftsrecht jedenfalls nicht. Dagegen<br />

lassen sich einzelne Elemente der Gewährleistungsverantwortung auf<br />

europäischer Ebene nachweisen. So trifft die Gemeinschaft insbesondere<br />

in den liberalisierten Netzdienstleistungen eine Pflicht, die Marktentwicklung<br />

zu beobachten und dabei auch die Auswirkungen auf den<br />

Zugang zu öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong> zu bewerten. Das Gemeinschaftsrecht<br />

erlaubt aber keine Feinsteuerung der Erbringung öffentlicher<br />

<strong>Dienstleistungen</strong>, sondern kann allenfalls den grundsätzlichen<br />

Rahmen bestimmen. Operative Reaktionsmöglichkeiten der Gemeinschaft<br />

auf Defizite bei der Leistungserbringung bestehen grundsätzlich<br />

nicht. Ähnliches gilt für die Auffangverantwortung. Der Europäischen<br />

Gemeinschaft fehlen die Kompetenzen und die Mittel auf Leistungsausfälle,<br />

durch die eigene Bereitstellung bestimmter Leistungen zu reagieren.<br />

Somit fehlen die Grundlagen für eine Gewährleistungsgemeinschaft.<br />

3. Idee und Elemente eines europäischen Gewährleistungsverbundes<br />

Auch wenn die Gemeinschaft nicht als Gewährleistungsgemeinschaft<br />

angesehen werden kann, kann die wechselseitige Durchdringung des<br />

nationalen und europäischen Rechts öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> nicht<br />

nur als europäische Dimension des Gewährleistungsstaates angesehen<br />

werden. 51 Aufgrund der Verzahnung der Rechtsordnungen ist vielmehr<br />

zu fragen, ob die Transformation des Rechts öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

zur Herausbildung eines europäischen Gewährleistungsverbundes<br />

führt.<br />

50 Hoffmann-Riem (1999), S. 125.<br />

51 Dazu Franzius (2006), S. 547 ff.<br />

61


Die Metapher des Verbunds erfreut sich im verfassungs-, verwaltungs-<br />

und europarechtlichen Schrifttum gegenwärtig großer Beliebtheit. 52 Mit<br />

ihr soll die Transformation der nationalen Staats- und Rechtsordnung<br />

durch den europäischen Integrationsprozess und die Verschränkung von<br />

nationaler und europäischer Ebene auf einen Punkt gebracht werden.<br />

Hier soll gefragt werden, ob der Gewährleistungsverbund als Leitbild benutzt<br />

werden kann, mit dessen Hilfe das bestehende Recht besser analysiert<br />

werden kann und der zu einem neuen Diskurs über öffentliche<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> beitragen kann.<br />

Zur Bewertung der Eignung des Gewährleistungsverbundes als Leitbild<br />

des Rechts öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> in Europa sind die zentralen<br />

Elemente des Verbundsmodells auf das Gewährleistungsparadigma zu<br />

beziehen. Hierfür ist zunächst darauf zu verweisen, dass sich Mitgliedstaaten<br />

und Union nach Art. 16 EGV bei der Organisation und Erbringung<br />

öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> an gemeinsamen Werten orientieren.<br />

Diese Formulierung bringt zum Ausdruck, dass die mitgliedstaatlichen<br />

Politiken, die auf eine umfassende und effiziente Erbringung öffentlicher<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> ausgerichtet sind, im Wertgefüge der Union einen legitimen<br />

Platz haben. Gleichzeitig verpflichtet der Hinweis auf die „gemeinsamen<br />

Werte der Union“ auch die Gemeinschaftsorgane, sich an den<br />

besonderen Bedingungen öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> orientieren. Die<br />

Konkretisierung der gemeinsamen Werte gem. Art. 16 EGV erfolgt in Art.<br />

1 des Protokolls zu Diensten von allgemeinem Interesse des Vertrages<br />

von Lissabon. Diese Konkretisierung kann als Grundlage des normativen<br />

Programms des Gewährleistungsverbundes interpretiert werden. Allerdings<br />

ist dieses normative Programm seinerseits konkretisierungsbedürftig.<br />

Die zahlreichen Konfliktpotentiale zwischen Gemeinschaftsrecht<br />

und mitgliedstaatlichen Erbringungsmodellen lassen sich mit Hilfe<br />

der gemeinsamen Werte nicht eindeutig lösen.<br />

Ein weiteres prägendes Merkmal des Verbundmodells ist, dass die gemeinsamen<br />

Ziele und Werte in einem komplexen Netz von Verantwortlichkeiten<br />

auf den unterschiedlichen Ebenen verfolgt werden. Mitgliedstaatliche<br />

und gemeinschaftliche Gewährleistungsverantwortung sind<br />

miteinander in einem System gestaffelter 53 und abgestufter Verantwortungsbereiche<br />

verschränkt. Vereinfacht lässt sich sagen, dass die Festlegung,<br />

welche <strong>Dienstleistungen</strong> als „öffentliche <strong>Dienstleistungen</strong>“ zu<br />

charakterisieren sind, in welchem Umfang sie erbracht werden sollen<br />

und mit welchen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sie verknüpft<br />

52 Nachweise bei Nettesheim (2007), S. 734; Ruffert (2007), S. 762 u. Britz (2006), S. 46 ff.<br />

53 Begriff von Hoffmann-Riem (1999), S. 127.<br />

62


werden sollen, in den Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten fällt. 54<br />

Die Mitgliedstaaten entscheiden auch im Grundsatz über die Organisations-,<br />

Erbringungs- und Finanzierungsmodelle. Hier bestehen allerdings<br />

zahlreiche gemeinschaftsrechtliche Vorgaben, die vor allem auf die Verwirklichung<br />

von Wettbewerb und Transparenz abzielen. Gleichzeitig stellt<br />

das europäische Wettbewerbs-, Beihilfen- und Vergaberecht den Mitgliedstaaten<br />

einen Rechtsrahmen für eine möglichst effiziente Erbringung<br />

öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> zur Verfügung.<br />

Als Beispiele für die Konkretisierung der Gewährleistungsverantwortung<br />

können die Entscheidung der Kommission zu Ausgleichszahlungen für<br />

öffentliche <strong>Dienstleistungen</strong> 55 und die Verordnung 1370/2007 über den<br />

öffentlichen Personenverkehr 56 genannt werden. Es ist kein Zufall, dass<br />

beide Rechtsakte in ihrem ersten Erwägungsgrund Art. 16 EGV erwähnen<br />

und sich somit auf den in diesem Artikel angesprochenen gemeinsamen<br />

Wert beziehen. Beide Rechtsakte sind von dem Bestreben geprägt,<br />

die Erbringung und Finanzierung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

sicher zu stellen und den Mitgliedstaaten gewisse Autonomiebereiche<br />

einzuräumen. Für Ausgleichszahlungen, die nicht den strengen Altmark<br />

Trans-Kriterien genügen, hält die Kommission unter Hinweis auf Art. 86<br />

Abs. 2 EGV eine flexible Rechtfertigungslösung bereit. Für die Übertragung<br />

öffentlicher Personenverkehrsdienste hat der Gemeinschaftsgesetzgeber<br />

in der Verordnung 1370/2007 ebenfalls eine flexiblere Regelung<br />

vorgesehen als die sich aus der EuGH-Rechtsprechung zur „In<br />

house“-Übertragung ergebenden Grundsätze. Damit hat der Gemeinschaftsgesetzgeber<br />

nicht nur seinen Willen zur Gestaltung des Rechtsrahmens<br />

für die Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> manifestiert,<br />

sondern seine Verantwortung für die Gewährleistung eines entsprechenden<br />

Rahmens auch angenommen.<br />

Anders als die Gewährleistungsverantwortung ist die Auffangverantwortung<br />

nicht zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaft geteilt. Vielmehr<br />

verbleibt diese bei den Mitgliedstaaten. Die Gemeinschaft hat keine umfassende<br />

Kompetenz zur Erbringung von öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong>.<br />

Können öffentliche <strong>Dienstleistungen</strong> nicht oder nicht in dem gewünschten<br />

Umfang oder der gewünschten Weise von Privaten auf einem regulierten<br />

Markt erbracht werden, stehen die Mitgliedstaaten und ihre<br />

Untergliederungen in der Pflicht, nicht dagegen die Gemeinschaft. Die<br />

54 Schroeder (2004), S. 31.<br />

55 Entscheidung der Kommission über die Anwendung von Art. 86 Abs. 2 EGV auf Beihilfen, die<br />

bestimmen mit der Erbringung von <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse<br />

betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden, ABl. 2005, L 312/67.<br />

56 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlamentes und des Rats über öffentliche<br />

Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße, ABl C 2007, L 315/1.<br />

63


fehlende Auffangverantwortung auf gemeinschaftlicher Ebene führt dazu,<br />

dass ein wesentliches Element des Gewährleistungsmodells, nämlich die<br />

Möglichkeit der Leistungserbringung bei strukturellem und anhaltendem<br />

Marktversagen im Mehrebenensystem nicht gleichmäßig verteilt ist. Dadurch<br />

entsteht eine nicht zu unterschätzende Asymmetrie. Mitgliedstaaten<br />

und Gemeinschaft sind zwar gemeinsam zuständig, den Rahmen für<br />

die Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> durch Private zu setzen. Im<br />

Krisenfall versagt jedoch die gemeinsame Gemeinwohlverantwortung<br />

und die Mitgliedstaaten sind allein für die auffangende Erbringung öffentlicher<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> zuständig. Die Rolle der Gemeinschaft ist<br />

bestenfalls darauf beschränkt, der staatlichen Auffangverantwortung<br />

nicht im Wege stehen, indem sie das anwendbare Gemeinschaftsrecht<br />

so gestaltet, dass die mitgliedstaatliche Eigenerbringung möglich bleibt.<br />

Insofern kann das gegenwärtige Recht öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> derzeit<br />

nur als unvollendeter Gewährleistungsverbund oder Gewährleistungsverbund<br />

in statu nascendi beschrieben werden.<br />

4. Funktion eines neuen Leitbildes<br />

Auch wenn – oder besser: gerade weil – der Gewährleistungsverbund<br />

noch im Entstehen ist, muss die Frage beantwortet werden, warum es<br />

sich bereits jetzt lohnen kann, von einem neuen Leitbild zu sprechen.<br />

Welche Folgerungen kann man aus einem neuen Leitbild ableiten und<br />

welche analytischen und rechtspolitischen Vorteile wären mit der Annahme<br />

eines derartigen Leitbildes verbunden?<br />

Zunächst kann das Leitbild des Gewährleistungsverbundes dazu beitragen,<br />

die komplexen und heterogenen Rechtsentwicklungen in der Folge<br />

der Transformation öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> begrifflich zu verdichten,<br />

um damit einen Diskurs über die Grundprinzipien und Entwicklungslinien<br />

dieser Transformation zu ermöglichen. 57 Wie alle Leitbilder, die auf der<br />

Grundlage eines Verbundmodells entwickelt werden, soll der Begriff des<br />

Gewährleistungsverbundes bestimmte Assoziationen wecken, mit deren<br />

Hilfe der Transformationsprozess auf den Punkt gebracht und damit<br />

kommunizierbar gemacht wird. Das Leitbild des Gewährleistungsverbundes<br />

würde zunächst den Blick auf die gemeinsamen Werte von Union<br />

und Mitgliedstaaten und die Verantwortungsverschränkungen zwischen<br />

Gemeinschaft und Mitgliedstaaten bezüglich des Rechts öffentlicher<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> lenken. Im Diskurs um die „Zukunft der Daseinsvorsorge“<br />

würde damit die Erkenntnis und Anerkennung einher gehen, dass<br />

57 Zu dieser Funktion von Leitbildern Voßkuhle (2001), S. 508 f.<br />

64


nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die Gemeinschaft auf die besondere<br />

Funktion öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> verpflichtet ist. Damit<br />

wäre eine Absage an einfache Dichotomien und binäre Schematismen<br />

verbunden, die – je nach Vorverständnis – entweder die dem Gemeinwohlinteresse<br />

verpflichtete mitgliedstaatliche Daseinsvorsorge durch<br />

eine an Wettbewerb und Marktöffnung ausgerichtete Gemeinschaftsrechtsordnung<br />

bedroht sehen 58 , oder in den Interessen der Mitgliedstaaten<br />

den Ausdruck eines ineffizienten Primates der nationalen Politik über<br />

das gemeinschaftliche (Wirtschafts-)Recht erkennen. 59 Schon für den<br />

Gewährleistungsstaat wurde konstatiert, dass er das Denken in „statischblockhaften“<br />

Unterscheidungen überwinden könne. 60 Das gilt in besonderer<br />

Weise für den Gewährleistungsverbund. 61 Gleichwohl negiert die<br />

Perspektive des Gewährleistungsverbundes den Antagonismus von<br />

Staat und Markt (oder Staat und Gesellschaft) nicht und blendet Politik-<br />

und Verfassungskonflikte zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft,<br />

die das Recht der öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong> prägen 62 ,<br />

nicht aus. Der Gewährleistungsverbund macht aber die Mehrdimensionalität<br />

und die Komplexität der Probleme deutlicher als dies durch pointierte<br />

Zuspitzungen möglich ist.<br />

Der Gewährleistungsverbund erhellt auch, dass Gemeinschaft und Mitgliedstaaten<br />

bei der Gewährleistung der Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

aufeinander angewiesen sind. Als Mitgliedstaat der Europäischen<br />

Union kann der Gewährleistungsstaat seine Gewährleistungsverantwortung<br />

nicht ohne und erst nicht gegen die Gemeinschaft erfüllen.<br />

Er ist darauf angewiesen, dass das Gemeinschaftsrecht Organisations-<br />

und Finanzierungsmodelle ermöglicht, die auf die besonderen<br />

Aufgaben und Funktionen öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> zugeschnitten<br />

sind. Das Gemeinschaftsrecht ist daher in diesem Sinne zu interpretieren<br />

und weiter zu entwickeln. Versuche der Mitgliedstaaten, ihre Gewährleistungsverantwortung<br />

in Opposition zur Gemeinschaft zu realisieren,<br />

laufen nicht nur Gefahr, in Rechtskonflikte zu geraten, sondern können<br />

auch einen Verlust an Transparenz und Effizienz nach sich ziehen. Auch<br />

die Gemeinschaft kann nicht autonom handeln. Die in Art. 16 EGV<br />

niedergelegten Werte kann die Gemeinschaft nur mit den Mitgliedstaaten<br />

erfüllen. Wenn öffentliche <strong>Dienstleistungen</strong> Teil des Europäischen Ge-<br />

58<br />

In diese Richtung z.B. Broß (2003), S. 875.<br />

59<br />

So z.B. Schweitzer (2004), S. 311.<br />

60<br />

Franzius (2005), S. 54.<br />

61<br />

Allgemein im Sinne der Überwindung von Konfrontationen Bauby (1999), S. 53 u. Prosser (2005),<br />

S. 236.<br />

62<br />

Becker (2005).<br />

65


sellschaftsmodells sein sollen 63 , ist die Gemeinschaft für die Umsetzung<br />

dieses Modells von den Mitgliedstaaten abhängig.<br />

Ein analytischer Mehrwert des Leitbildes des Gewährleistungsverbundes<br />

wäre die Verdeutlichung, dass die Transformation öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

für das europäische Recht öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> einen<br />

Perspektivenwandel bedeuten kann. Wurde bislang Art. 86 Abs. 2 EGV<br />

als „sedes materiae“ 64 für das Recht öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> in<br />

Europa verstanden, muss nunmehr Art. 16 EGV zum Ausgangspunkt<br />

gemacht werden. Diese Vorschrift enthält die „programmatische Leitnorm“<br />

65 des Rechts öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> in Europa. Art. 86 Abs.<br />

2 EGV bleibt als Konfliktbewältigungsregel oder Scharniervorschrift 66<br />

zwar bedeutsam, wenn ein Konflikt auftritt. Das Recht öffentlicher<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> im Gewährleistungsverbund sollte jedoch nicht mehr<br />

auf der Grundlage einer Konfliktregel konstruiert werden, da damit der<br />

mögliche Gegensatz zwischen mitgliedstaatlicher Daseinvorsorge und<br />

gemeinschaftlichem Wettbewerbsprinzip perpetuiert würde. Nicht der<br />

Konflikt, sondern die gemeinsamen Prinzipien und Wertvorstellungen<br />

sollten die Grundlage für eine Rekonstruktion des Verhältnisses von<br />

Gemeinschaftsrecht zu innerstaatlichem Recht sein. Konkret bedeutet<br />

dies, dass Sonderregelungen zum Schutz von <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem<br />

wirtschaftlichem Interesse nicht mehr nur als zu rechtfertigende<br />

Ausnahme, sondern als Ausdruck des gemeinsamen Werts angesehen<br />

werden können. Das Verhältnis von Art. 86 Abs. 2 EGV und Art.<br />

16 EGV ist daher gleichsam vom „Kopf auf die Füße“ zu stellen.<br />

Die Leitidee des Gewährleistungsverbundes enthält auch rechtspolitische<br />

Implikationen. Sie soll es ermöglichen, konkrete Ansprüche an die<br />

Interpretation des Gemeinschaftsrechts und an seine Fortentwicklung zu<br />

richten. Für die Weiterentwicklung der Rechtsprechung des EuGH insbesondere<br />

im Wettbewerbs-, Beihilfen- und Vergaberecht sowie bezüglich<br />

der Grundfreiheiten formuliert das Leitbild des Gewährleistungsverbundes<br />

die Erwartung, dass die jeweiligen Autonomiebereiche von Mitgliedstaaten<br />

und Gemeinschaft erhalten bleiben. Mit Hilfe des Leitbildes<br />

des Gewährleistungsverbundes können zudem Reformvorschläge für<br />

den Rechtsrahmen für öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> entwickelt und bewertet<br />

werden.<br />

63 Ziegler (2004), S. 30.<br />

64 Wernicke (2003), S. 481.<br />

65 Tomuschat (2006), S. 46.<br />

66 Steinberg (2004), S. 203.<br />

66


5. Eine Rahmenrichtlinie für öffentliche <strong>Dienstleistungen</strong> als konkreter Reformvorschlag<br />

Ein Reformvorschlag für das Recht öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> ist ein<br />

Rahmenrechtsinstrument für die Erbringung von <strong>Dienstleistungen</strong> von<br />

allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. 67 Ein gemeinschaftlicher<br />

Rechtsrahmen für <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem wirtschaftlichem<br />

Interesse könnte die bereits bestehenden Elemente des Gewährleistungsverbundes<br />

sinnvoll ergänzen, wenn damit die in Art. 16 EGV angesprochenen<br />

Werte weiter konkretisiert würden. So könnte der Grundsatz<br />

der gemeinsamen Verantwortung aufgegriffen werden und die<br />

konkreten Beiträge der Gemeinschaft benannt werden. Weiterhin<br />

könnten die Grundsätze des Universaldienstes so weiterentwickelt<br />

werden, dass sie als Verpflichtung für die Erbringung aller öffentlichen<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> gelten.<br />

Auch die Errichtung einer Institution zur neutralen Beobachtung der Entwicklung<br />

öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> und der Auswirkungen der Liberalisierung<br />

auf Qualität und Zugänglichkeit öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

wäre eine sinnvolle institutionelle Ergänzung materieller Grundsätze. 68<br />

Aufgabe eines derartigen „European Public Service Observatory“ wäre<br />

die Marktbebachtung. Durch entsprechende Verfahrensvorschriften<br />

müsste sicher gestellt werden, dass die Beobachtung als wesentliches<br />

Element der Gewährleistungsverantwortung von Gemeinschaft und Mitgliedstaaten<br />

gemeinsam ausgeübt wird. Eine derartige Beobachtungsstelle<br />

könnte auch den institutionellen Grundstein für eine weitere Kooperation<br />

und Kommunikation zwischen Kommission oder einer anderen<br />

Institution auf europäischer Ebene und den mitgliedstaatlichen Behörden<br />

sein.<br />

V. Zusammenfassung<br />

Fasst man die vorstehenden Überlegungen zusammen, zeigt sich ein<br />

ambivalentes Bild: Einerseits enthält das Gemeinschaftsrecht zunehmend<br />

Elemente, die den Gedanken der Solidarität und die Besonderheiten<br />

der Erbringung, Organisation und Finanzierung öffentlicher<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> berücksichtigen. Neben Art. 16 EGV und Art. 36 GrC ist<br />

auf primärrechtlicher Ebene vor allem das Protokoll zu <strong>Dienstleistungen</strong><br />

von allgemeinem Interesse des Vertrags von Lissabon zu nennen. Vor<br />

allem durch letzteres wurden die in Art. 16 EGV nur allgemein erwähnten<br />

gemeinsamen Werte der Mitgliedstaaten und der Union präzisiert. In<br />

67 Auby (2006), S. 785 ff.; Krajewski (2008), S. 377 ff.<br />

68 Obermann u.a. (2005), S. 39 ff.<br />

67


diesen Präzisierungen kann man die Grundlage eines gemeinsamen<br />

europäischen Modells öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> erkennen, das neben<br />

dem Gedanken der Solidarität auch die Autonomie der Mitgliedstaaten<br />

und ihrer Untergliederungen beachtet.<br />

Andererseits haben die genannten Veränderungen des Primärrechts<br />

„keinen Jota“ an den Bestimmungen über den Binnenmarkt (Grundfreiheiten)<br />

und über das Wettbewerbsrecht geändert. Damit sind diese<br />

Vorschriften weiterhin auf die Erbringung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

anwendbar. Hieraus folgt, dass die beiden grundsätzlichen Konfliktfelder,<br />

die das europäische Recht öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> prägen, nämlich<br />

die Frage nach der ordnungspolitischen Ausrichtung und die Kompetenzverteilung<br />

im Mehrebenensystem weiterhin bestehen bleiben. Vor<br />

diesem Hintergrund erhalten Entwicklungen und Veränderungen der<br />

Rechtsprechung und der Gemeinschaftsgesetzgebung eine entscheidende<br />

Bedeutung. In den Auseinandersetzungen um die Rechtsprechung<br />

und Gesetzgebung wird sich nämlich erweisen müssen, ob und in<br />

welchem Umfang die Akzentverschiebungen im Primärrecht auf sekundärrechtlicher<br />

Ebene bzw. in der Rechtsprechung aufgegriffen werden.<br />

Nur wenn dies der Fall ist, lässt sich von einem Paradigmenwechsel im<br />

Gemeinschaftsrecht sprechen.<br />

Für eine abschließende Beantwortung dieser Frage dürfte es noch zu<br />

früh sein. Es muss z.B. abgewartet werden, wie der EuGH auf das<br />

BUPA-Urteil des EuG reagiert. Ebenso ist derzeit noch offen, in welcher<br />

Weise die Gemeinschaftsorgane von dem Protokoll zu <strong>Dienstleistungen</strong><br />

von allgemeinem Interesse im Vertrag von Lissabon Gebrauch machen<br />

werden, sollte dieser in Kraft treten. Allerdings ist daran zu erinnern,<br />

dass die Gewährleistungsverantwortung der Gemeinschaft schon jetzt<br />

besteht und auch unabhängig vom konkreten Verhalten der Gemeinschaftsorgane<br />

ist. Insofern können die oben skizzierten rechtspolitischen<br />

Forderungen und Erwartungen an die Gemeinschaft, die ihre normative<br />

Grundlage in Art. 16 EGV haben, bereits jetzt erhoben werden und<br />

sollten künftige Auseinandersetzungen um die Zukunft öffentlicher<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> in Europa prägen.<br />

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73


Manfred Röber *<br />

Daseinsvorsorge zwischen Privatisierung und Kommunalisierung<br />

– Anmerkungen aus der Perspektive des<br />

Public Management 1<br />

I. Zusammenfassung<br />

Nach einer längeren Phase der Privatisierung von Aufgaben der Daseinsvorsorge<br />

rekommunalisieren inzwischen immer mehr Gebietskörperschaften<br />

einen Teil der früher privatisierten Aufgaben. Diese<br />

Entwicklung ist – wie ein Blick in die Geschichte der öffentlichen Wirtschaft<br />

zeigt – keineswegs neu, weil es in den letzten eineinhalb Jahrhunderten<br />

immer wieder Pendelbewegungen zwischen Privatisierung<br />

und Kommunalisierung gegeben hat. Die Gründe für die aktuellen Rekommunalisierungsen<br />

werden vor allem in Misserfolgen von Privatisierungen,<br />

in Ängsten der Bevölkerung, im gewachsenen Selbstbewusstsein<br />

der Kommunen in Bezug auf den Wettbewerb mit privaten Leistungsanbietern<br />

und in Befürchtungen vor einer Aushöhlung der kommunalen<br />

Selbstverwaltung gesehen. Fraglich ist allerdings, ob die Eigentumsfrage,<br />

die der Debatte über Privatisierung und Kommunalisierung<br />

zugrunde liegt, heutzutage überhaupt noch von Bedeutung ist. Im Zuge<br />

der Ausdifferenzierung des öffentlichen Sektors kann unter Rückgriff auf<br />

Überlegungen aus dem Public Management gezeigt werden, dass mit<br />

Hilfe des Gewährleistungsmodells inzwischen geeignete institutionelle<br />

Arrangements jenseits von Privatisierung und Kommunalisierung zur<br />

Verfügung, um Aufgaben der Daseinsvorsorge effizient und effektiv zu<br />

erfüllen. In diesem Zusammenhang wird vor allem auf das Management<br />

kommunaler Gesellschaften, die Interkommunale Zusammenarbeit und<br />

das Netzwerkmanagement eingegangen.<br />

II. Einleitung<br />

<strong>Öffentliche</strong> Unternehmen haben im Laufe der Geschichte immer wieder<br />

unter dem Generalverdacht der Unwirtschaftlichkeit gestanden. Politisch<br />

ist hierauf häufig – wie z.B. gegen Ende der 1980er Jahre – mit der<br />

* Prof. Dr. Manfred Röber ist Inhaber der Stiftungsprofessur für Verwaltungsmanagement / New<br />

Public Management an der Universität Leipzig.<br />

1 Bei diesem Text handelt es sich um die ausformulierte Fassung des Vortrages, den ich am<br />

26.02.2009 auf der Jahrestagung des Wissenschaftlichen Beirates des BVöD in Eppstein gehalten<br />

habe.<br />

74


Privatisierung von staatlich und kommunal wahrgenommenen Aufgaben<br />

der Daseinsvorsorge reagiert worden. In letzter Zeit ist allerdings eine<br />

zunehmende Skepsis zu beobachten, wenn es um die Privatisierung von<br />

öffentlichen Aufgaben – insbesondere von Aufgaben der Daseinsvorsorge<br />

– geht. Es wird verstärkt darüber diskutiert, früher privatisierte Aufgaben<br />

in öffentliche Regie zurückzuholen. Das Pendel schwingt offensichtlich<br />

in Richtung „Kommunalisierung“ zurück. In den folgenden Ausführungen<br />

wird es darum gehen zu diskutieren, ob diese Pendelbewegung<br />

– die im Prinzip auch schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu beobachten<br />

war – unausweichliches Schicksal ist oder ob es zwischen „Privatisierung“<br />

und „Kommunalisierung“ alternative Organisationsmodelle<br />

gibt.<br />

III. Privatisierung versus Kommunalisierung – eine unendliche<br />

Geschichte?<br />

Blickt man in die Geschichte der Daseinsvorsorge, dann ist deutlich zu<br />

erkennen, dass private Unternehmen in den Anfängen der Daseinsvorsorge<br />

im 19. Jahrhundert eine starke Rolle spielten. Gleichwohl hat<br />

es auch schon damals eine gewisse Trägervielfalt einschließlich institutioneller<br />

Arrangements gegeben, die man heute als Public-Private-Partnerships<br />

bezeichnen würde: So existierten in der Wasserversorgung<br />

– insbesondere in großen Städten – sowohl öffentliche als auch private<br />

Unternehmen, und „neben städtischen gab es manchmal staatliche und<br />

nicht selten auch genossenschaftliche und sogar gemischt-wirtschaftliche“<br />

Einrichtungen. 2 Angesichts von Unzulänglichkeiten in der quantitativen<br />

und qualitativen Versorgung mit Wasser erlangten die kommunalen<br />

Werke im Laufe der Zeit ein Übergewicht. Ähnlich sah die Entwicklung in<br />

der Gasversorgung aus – wobei der Anteil kommunaler Betriebe sehr<br />

schnell anstieg und am Anfang des 20. Jahrhunderts schon etwa zwei<br />

Drittel aller Gaswerke in Deutschland ausmachte. 3 In der Elektrizitätswirtschaft<br />

ist die Entwicklung auf Grund der Tatsache, dass die Produktion<br />

und Distribution von elektrischer Energie nur ab bestimmten<br />

Mindestgrößenordnungen wirtschaftlich zu betreiben ist, etwas anders<br />

verlaufen. Die Folge hiervon war, dass sich im Jahre 1914 noch 45 %<br />

aller deutschen Elektrizitätswerke im Privatbesitz befanden; 35 % dieser<br />

Werke gehörten hingegen Städten oder Landgemeinden, 15 % gemischt-wirtschaftlichen<br />

und 5 % staatlichen Unternehmen. 4<br />

2 Wessel (1995), S. 54.<br />

3 Vgl. ebenda, S. 65.<br />

4 Ebenda, S. 88.<br />

75


Die wachsende Bedeutung kommunaler und staatlicher Unternehmen<br />

gegen Ende des 19. Jahrhunderts resultierte daraus, dass Aufgaben der<br />

Daseinsvorsorge von privaten Unternehmen unter marktwirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen nur unzureichend erfüllt wurden – mit der Folge,<br />

dass es in diesen Bereichen zu quantitativen und qualitativen Versorgungsproblemen<br />

kam. Die wesentlichen Ursachen dieses Marktversagens<br />

werden in der Vernachlässigung externer Effekte, in den<br />

Grenzen der dezentralen Allokation öffentlicher Güter, in der Diskriminierung<br />

schwacher Marktteilnehmer auf Grund von Informationsasymmetrien<br />

und in Anpassungsmängeln von Märkten mit der Folge von<br />

Monopolbildungen gesehen. 5 Insbesondere die Gefahren, die mit der<br />

Bildung privater Monopole verbunden sind, haben zur Kommunalisierung<br />

vieler Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge beigetragen.<br />

In der darauf folgenden Epoche, die in das verwaltungspolitische Leitbild<br />

des sorgenden Wohlfahrtsstaates 6 mündete, spielten öffentliche Unternehmen<br />

– als Reaktion auf die negativen Folgen des Marktversagens –<br />

eine wichtige Rolle. In der Bundesrepublik Deutschland gehörte auch der<br />

sehr stark von der Gewerkschaftsbewegung geprägte Bereich der freigemeinwirtschaftlichen<br />

Unternehmen zu dieser Gruppe von Unternehmen.<br />

<strong>Öffentliche</strong> und frei-gemeinwirtschaftliche Unternehmen waren<br />

– als Ausdruck eines umfassenden staatlichen Steuerungsverständnisses<br />

in Verbindung mit einer an Keynes ausgerichteten Wirtschafts- und<br />

Gesellschaftspolitik – ein wichtiger Bestandteil einer Politik des „Dritten<br />

Weges“ zwischen Kapitalismus und Staatssozialismus. Sie sind lange<br />

Zeit als integraler (und dominierender) Bestandteil eines umfassenden<br />

wohlfahrtsstaatlichen Systems angesehen worden. Im Laufe der Zeit<br />

gerieten diese Unternehmen aber ihrerseits immer stärker in die Kritik.<br />

Ihre faktische und häufig auch in Bezug auf Gebietszuständigkeiten<br />

rechtlich abgesicherte Position als Angebotsmonopolist führte zu Monopolrenten<br />

in Form von „organizational slack“ und Privilegien der in diesen<br />

Unternehmen Beschäftigten. Zusätzlich wurden öffentliche Unternehmen<br />

parteipolitisch instrumentalisiert und zu begehrten Objekten parteipolitischer<br />

Patronagepolitik 7 – sowohl der Einfluss- bzw. Herrschaftspatronage<br />

als auch der Versorgungspatronage. 8 Letztlich wurden sie mit dem<br />

Schlagwort des Staatsversagens unter den Generalverdacht der Ineffizienz<br />

bei der Produktion öffentlicher Leistungen gestellt – wobei zu den<br />

Tatbeständen des Staatsversagens vor allem eigennütziges Politikerverhalten,<br />

budgetmaximierendes und/oder aufwandsminimierendes Ver-<br />

5 Vgl. z.B. Haug (2008), S. 166 f.<br />

6 Siehe zu diesem Begriff und seiner Deutung Vogel (2007), S. 40 ff.<br />

7 Vgl. Scheuch/Scheuch (1992) und Röber (2001).<br />

8 Vgl. Eschenburg (1961), S. 14.<br />

76


halten von Bürokraten, Lobbyarbeit einflussreicher Interessengruppen<br />

und inadäquate Preisgestaltung für öffentliche Leistungen gezählt<br />

wurden. 9<br />

Dies schlug sich in der Weise nieder, dass die politischen Akteure häufig<br />

nicht bereit oder in der Lage waren, für Unternehmen ihrer Gebietskörperschaft<br />

klare Ziele zu formulieren, und sich nur auf populistische<br />

ad-hoc-Interventionen beschränkten. Den so entstandenen Spielraum<br />

nutzten viele öffentliche Unternehmen, um eine an eigenen Interessen<br />

orientierte Unternehmenspolitik zu betreiben. Die Folge hiervon war,<br />

dass öffentliche Unternehmen in zunehmendem Maße in Bezug auf ihre<br />

Aufgaben der nachhaltigen Daseinsvorsorge strategisch untersteuert<br />

und auf Grund der kleinteiligen opportunistischen Eingriffe seitens der<br />

Politik operativ übersteuert waren. In dem Moment, als die Bürger nicht<br />

länger bereit waren, dieses Verhalten, das sich in schlechtem Service zu<br />

überhöhten Preisen niederschlug, zu tolerieren, und als andere Subsysteme<br />

der Gesellschaft nicht länger fähig waren, die häufig defizitär<br />

arbeitenden öffentlichen Unternehmen zu subventionieren, gerieten<br />

diese unter einen wachsenden Effizienz- und Legitimationsdruck. Diese<br />

Entwicklung führte ab den 1980er Jahren im OECD-Raum – durch eine<br />

von der Public Choice-Theorie begründete und durch pointierte politische<br />

Positionen beflügelte Politik – zu einer verstärkten materiellen Privatisierung<br />

öffentlicher Aufgaben.<br />

Die Bundesrepublik Deutschland gehörte im internationalen Kontext bis<br />

in die 1990er Jahre allerdings eher zu den EU-Ländern, die eine zurückhaltende<br />

Privatisierungspolitik betrieben. Im Laufe der Zeit „ … erzeugte<br />

die Liberalisierungspolitik der Europäischen Kommission (allerdings<br />

einen Privatisierungsdruck in den Mitgliedstaaten), sie stärkte die Konsumenten-,<br />

schwächte die Produzentenorientierung und reduzierte die<br />

Legitimation der öffentlichen Unternehmen in den betroffenen Sektoren“.<br />

10 Hiervon sind auch die öffentlichen Unternehmen in Deutschland<br />

betroffen gewesen – wie sich sowohl am zunehmenden Privatisierungsvolumen<br />

11 als auch am Rollenverständnis vieler Manager in der öffentlichen<br />

Wirtschaft ablesen lässt. 12 In jüngster Zeit mehren sich allerdings<br />

die Anzeichen, dass gerade die Konsumenten, die natürlich auch Bürger<br />

ihres Gemeinwesens mit Rechten und Pflichten sind, nicht unbedingt das<br />

Gefühl haben, dass ihre Position gestärkt worden sei. Dies korrespon-<br />

9 Vgl. hierzu Haug (2008), S. 167.<br />

10 Vgl. Mayer (2006), S. 268.<br />

11 Lagen die Veräußerungserlöse im öffentlichen Gesamthaushalt (Bund, Länder und Gemeinden)<br />

1970 noch bei rd. 1,9 Mrd. DM und 1980 bei rd. 4,4 Mrd. DM, stiegen sie 1995 auf rd. 31 Mrd. DM<br />

und erreichten 1998 mit knapp 53 Mrd. DM ihren Höhepunkt; Quelle: eigene Berechnungen.<br />

12 Siehe Edeling (2002).<br />

77


diert mit einer auch in der Politik zunehmenden Skepsis, ob die Privatisierung<br />

(in Verbindung mit einer ausgeprägten Liberalisierungs- und<br />

Deregulierungspolitik) die Ergebnisse gebracht hat, die man sich von ihr<br />

versprach – mit der Folge, dass inzwischen verstärkt über eine Rekommunalisierung<br />

von Aufgaben der Daseinsvorsorge nachgedacht<br />

wird.<br />

Insgesamt zeigt ein Blick in die Praxis, dass auch aktuell kein einheitlicher<br />

empirischer Gesamttrend zu erkennen ist. Neben den augenblicklich<br />

relativ stark im öffentlichen Blickfeld stehenden Rekommunalisierungen<br />

gibt es auch weiterhin bedeutende Privatisierungen, und der<br />

Bildung großer überregionaler Anbieter öffentlicher Leistungen steht zugleich<br />

die Gründung örtlicher Versorgungsunternehmen gegenüber. 13<br />

Das heißt, dass es offenkundig keinen aus der wirtschaftlichen und<br />

gesellschaftlichen Entwicklung resultierenden „Sachzwang“ gibt, sondern<br />

dass die politischen Akteure, die über Privatisierungsvorhaben oder<br />

Rekommunalisierungsprojekte entscheiden müssen, über organisationspolitische<br />

Optionen verfügen, in welcher Form die Trägerstruktur ausgestaltet<br />

werden kann.<br />

Welche Träger für ein institutionelles Arrangement in Gebietskörperschaften<br />

gewählt werden, hängt – neben anderen Einflussfaktoren –<br />

auch sehr stark vom Typ der öffentlichen Aufgabe ab. Bei solchen Entscheidungen<br />

wird z.B. zu berücksichtigen sein, ob es sich bei den<br />

Aufgaben um freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben (wie Elektrizität,<br />

Gas, Fernwärme, ÖPNV, Wohnungen, Bildung und Kultur, Freizeiteinrichtungen<br />

und Wirtschaftsförderung) oder um Pflichtaufgaben im<br />

eigenen Wirkungskreis (wie Wasser, Abwasser, Abfallbeseitigung,<br />

Brandschutz, Straßen, Kinderbetreuung und Krankenhäuser) handelt. Da<br />

bei den Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis die Leistung auf jeden<br />

Fall gesichert werden muss und bei der Ausgliederung dieser Aufgaben<br />

Transaktionskosten anfallen, die deren wirtschaftliche Attraktivität für die<br />

Gebietskörperschaft beeinträchtigen, wird hier eine größere Zurückhaltung<br />

vorherrschen, privaten Trägern diese Aufgaben zu übertragen.<br />

Diese Einschätzung wird in jüngster Zeit z.B. dadurch bestätigt, dass<br />

Kommunen, die Aufgaben in der Abfallwirtschaft vor Jahren auf private<br />

Anbieter übertragen haben, solche Auslagerungsentscheidungen zu<br />

korrigieren versuchen und einen Teil dieser Aufgaben verstärkt auf die<br />

Kommune rückübertragen. 14<br />

13 Siehe hierzu auch Wessel (1995), S. 51.<br />

14 Vgl. Verbücheln (2009); in die gleiche Richtung geht der Befund der Mannheimer Beratungsgesellschaft<br />

TIM Consult, wonach mittlerweile rund 100 Städte und Gemeinden ihre Müllabfuhr wieder<br />

eingegliedert haben.<br />

78


Bei Entscheidungen zur Rekommunalisierung können sich die politischen<br />

Akteure inzwischen auf eine breite Unterstützung der Bevölkerung<br />

berufen, die – nach einer Umfrage des dimap-Instituts im Auftrag des<br />

<strong>Bundesverband</strong>es <strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong> (BVÖD) und des Verbandes<br />

kommunaler Unternehmen (VKU) – den öffentlichen Unternehmen<br />

bei Aufgaben der Daseinsvorsorge (insbesondere bei Energie<br />

und Wasser) wesentlich mehr Vertrauen als den privaten Unternehmen<br />

entgegenbringen, wenn es um Kriterien wie „Zuverlässigkeit“, „Sicherheit“,<br />

„Nachhaltigkeit“, „Gemeinwohlorientierung“ und „Förderung der<br />

Region“ geht. Der Präsident des BVÖD und Hauptgeschäftsführer des<br />

VKU, Hans-Joachim Reck, spricht in diesem Zusammenhang von einer<br />

Renaissance der öffentlichen Unternehmen und stellt zugleich fest: „Wir<br />

sehen hierin nicht nur ein vorübergehendes Stimmungsbild, sondern<br />

einen gesellschaftlichen Trend.“ 15 Obgleich es nach wie vor eine große<br />

Vielfalt bei den institutionellen Arrangements gibt (und auch in Zukunft<br />

geben wird) und obgleich trotz der zuvor angedeuteten Entwicklung<br />

nicht von einer völligen Trendumkehr in Richtung „Rekommunalisierung“<br />

gesprochen werden kann, verschieben sich aber offensichtlich die Gewichte<br />

zwischen den Trägern von Aufgaben der Daseinsvorsorge zugunsten<br />

staatlicher und kommunaler Institutionen – das Pendel scheint<br />

sich wieder in die andere Richtung zu bewegen.<br />

IV. Privatisierung versus Kommunalisierung – eine überholte<br />

Debatte!<br />

Trotz der zuvor beschriebenen Akzentverlagerung bei den institutionellen<br />

Arrangements ist deren nach wie vor zu konstatierende Vielfalt aber<br />

offenkundig ein Beleg dafür, dass nicht generell gesagt werden kann,<br />

„öffentlich“ sei besser als „privat“. Das Gleiche gilt natürlich auch umgekehrt.<br />

16 Angesichts nicht eindeutiger empirischer Befunde über Privatisierungserfolge<br />

und -misserfolge ist deshalb zu fragen, ob das Eigentum<br />

für ein erfolgreiches Wirtschaften von Unternehmen überhaupt noch von<br />

signifikanter Erklärungskraft ist und ob deshalb die in dieser Debatte<br />

vorgenommene Fokussierung auf das Eigentum nicht längst überholt ist.<br />

Im Kontext der Daseinsvorsorge hat das Eigentum – als eine die<br />

Ordnungspolitik konstituierende Größe – eine Bedeutung, die ihm bei<br />

näherer Untersuchung von Entscheidungsprozessen in Unternehmen<br />

15 Pressemitteilung des BVÖD v. 6.11.2008.<br />

16 So kommen etwa Cavaliere / Scabrosetti (2006) bei ihrer Auswertung der theoretischen ökonomischen<br />

Literatur zum Thema Privatisierung und Effizienz zu keiner eindeutigen Aussage bezüglich<br />

der Vorteilhaftigkeit privater gegenüber öffentlicher Produktion – zit. nach Haug (2008), S. 164;<br />

siehe auch Mühlenkamp (2006).<br />

79


nicht zukommt. 17 Ordnungspolitisch viel entscheidender als die Frage<br />

nach dem Eigentum – und der daraus folgenden Befürwortung oder<br />

Ablehnung von Privatisierungen – ist die Frage, wie Wettbewerbsstrukturen<br />

und Regulierungsregimes geschaffen werden können, in<br />

denen öffentliche und private Unternehmen bei der Wahrnehmung<br />

öffentlicher Aufgaben zum Wohle der Gesellschaft und der Bürger<br />

(„citizen value“) arbeiten können, ohne dass es dabei zu Fehlallokationen,<br />

Effizienzeinbußen oder Machtmissbrauch kommt. Privatisierung<br />

ohne Wettbewerb hätte hingegen nur private Monopole zur Folge.<br />

Daraus folgt, dass man private Anbieter, wenn sie öffentliche Aufgaben<br />

übernehmen, nicht sich selbst überlassen kann, sondern dass man sie<br />

wirksam steuern und regulieren muss. Hierauf hat Yarrow schon frühzeitig<br />

hingewiesen und geschlussfolgert, „that competition and regulatory<br />

policy are more important determinants of economic performance than<br />

ownership per se”. 18 In dieselbe Richtung weisen auch andere Untersuchungen,<br />

in denen Erfolge von Privatisierungen nur unter der Bedingung<br />

ermittelt werden konnten, dass der Staat nicht zurückgedrängt und<br />

geschwächt wird, sondern dass er in der Lage ist, Spielregeln festzulegen<br />

und diese – wenn es sein muss – auch durchzusetzen, und dass<br />

er darüber hinaus auch auf soziale Ausgewogenheit achtet. 19 Dementsprechend<br />

stellt Hoffmann-Riem völlig zu Recht fest, dass die Kombination<br />

von Privatisierung und Deregulierung in die falsche Richtung geht<br />

und dass es stattdessen neuer Regulierungen („Reregulierungen“) bedarf.<br />

20 Damit wird zugleich zum Ausdruck gebracht, dass die vorgebliche<br />

Alternative von Markt oder Staat konzeptionell in die Irre führt, weil es<br />

sich beim Markt um ein Steuerungsmedium und beim Staat um einen<br />

„Eigentumstitel“ handelt, die nicht miteinander vermengt werden<br />

dürfen. 21<br />

Wenn in der Diskussion über die Zukunft der Daseinsvorsorge Fragen<br />

des Wettbewerbs und der Regulierung ausgeblendet werden, dann<br />

wächst die Gefahr, dass letztlich nur ordnungspolitische Glaubensbekenntnisse<br />

in der Weise ausgetauscht werden, dass auf der einen<br />

Seite das altbekannte Klischee von der effektiven Privatwirtschaft und<br />

17<br />

Siehe Röber (1996), S. 100 f.<br />

18<br />

Yarrow (1986), S. 325.<br />

19<br />

Siehe hierzu v. Weizsäcker/Young/Finger (2006) mit ihrer aufschlussreichen Studie für den Club of<br />

Rome.<br />

20<br />

Vgl. Hoffmann-Riem (1997).<br />

21<br />

Welche konzeptionellen Vorteile mit der sauberen Trennung dieser beiden Dimensionen verbunden<br />

sind, wird weiter unten näher ausgeführt wenn es um das Modell der Gewährleistungskommune<br />

geht.<br />

80


den unwirtschaftlichen öffentlichen Unternehmen aufgewärmt und auf<br />

der anderen Seite die öffentliche Wirtschaft romantisch verklärt wird.<br />

Aus all dem folgt, dass es bei der Rekommunalisierung nicht darum<br />

gehen kann, einfach die „Eigentumsschraube zurückzudrehen“. Damit<br />

liefe man Gefahr, zu den Zuständen zurückzukehren, die maßgeblich<br />

dazu beigetragen haben, dass öffentliche Unternehmen unter Privatisierungsdruck<br />

geraten sind. Die wahrscheinliche Folge hiervon wäre, dass<br />

das Pendel irgendwann wieder genau in die andere Richtung schlüge.<br />

Aus dem Grunde muss die Debatte über die Zukunft der Daseinsvorsorge<br />

wesentlich differenzierter geführt werden. 22<br />

V. Ursachen der Kommunalisierungs-Renaissance<br />

Bevor auf die Frage eingegangen wird, welche Anregungen sich für eine<br />

differenziertere Rekommunalisierungsdebatte aus dem Public Management<br />

gewinnen lassen, sollen zunächst die wesentlichen Ursachen der<br />

augenblicklich zu beobachtenden Renaissance der öffentlichen Wirtschaft<br />

skizziert werden.<br />

1. Misserfolge bei der Privatisierung<br />

Einer der wesentlichen Gründe für die zunehmende Attraktivität, kommunale<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> in Eigenregie zu erstellen, liegt offensichtlich darin,<br />

dass sich die ursprünglichen – mit der Privatisierung öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong><br />

verbundenen – Verheißungen nicht bewahrheitet haben und<br />

dass immer deutlicher wird, dass nicht alles Gold ist, was auf diesem<br />

Gebiet glänzt. Privatisierungen hatten häufig Preiserhöhungen (mit Gewinnabschöpfungen<br />

privater Monopole oder Oligopole) und Qualitätsverschlechterungen<br />

zur Folge. Aus der langen Liste von Beispielen aus<br />

der Bundesrepublik Deutschland, privatisierte Aufgaben zu rekommunalisieren,<br />

sei hier nur exemplarisch auf die Abfallentsorgung, Stadtreinigung<br />

und Abwasserbeseitigung in Saarbrücken 23 , auf die Müllabfuhr im<br />

Rhein-Sieg-Kreis 24 und in der Stadt Bergkamen 25 sowie auf die Stromversorgung<br />

in Nümbrecht 26 verwiesen. Dass es sich dabei nicht nur um<br />

22<br />

Einen interessanten und hilfreichen Anstoß hierfür hat z.B. der Deutsche Städte- und Gemeindebund<br />

mit seinen Zukunftskongressen in den Jahren 2007 und 2008 gegeben, auf denen über die<br />

Frage „Braucht Deutschland eine (Neu-)Definition der Daseinsvorsorge?“ diskutiert wurde.<br />

23<br />

http://kommunalverwaltung.verdi.de/themen/rekommunalisierung/saarbruecken, Februar 2008.<br />

24<br />

http://www.ask-eu.de/default.asp?Menue=10&KW=0&Bereich=5&SubBereich=0&ShowNews=2273<br />

25<br />

www.schaefer-bergkamen.de/muellabfuhr-stug-05-07.doc<br />

26<br />

FAZ v. 23. August 2008.<br />

81


Bestrebungen im eher politisch links orientierten Lager, sondern um eine<br />

Entwicklung handelt, die auch von Akteuren aus dem politisch eher<br />

konservativ ausgerichteten Spektrum vorangetrieben wird, zeigt das<br />

Beispiel Eppelborn im Saarland, in dem die dortige CDU-Mehrheit das<br />

Stromnetz rekommunalisieren will. 27 Interessanterweise sind die Rekommunalisierungen<br />

in nahezu allen Fällen damit begründet worden, dass<br />

die in die Privatisierung gesetzten Erwartungen nicht erfüllt wurden und<br />

oder dass Privatisierungsprojekte sogar komplette Misserfolge waren.<br />

Dies wird auch durch die Untersuchung der Rückübertragung operativer<br />

<strong>Dienstleistungen</strong> in der Abfallwirtschaft bestätigt, in der die dort präsentierten<br />

Fallbeispiele in Bezug auf Kostenersparnisse, regionales Marktversagen,<br />

Qualität der Leistung, Sicherung der Leistungserstellung, faire<br />

Bezahlung der Beschäftigten, regionale Beschäftigungswirkungen und<br />

ökologische Effizienz analysiert worden sind. 28<br />

Die wachsende Skepsis gegenüber dem Erfolg von Privatisierungen ist<br />

nicht auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt. „In Schweden<br />

wurde vor zehn Jahren der Bustransport im Personennahverkehr privatisiert.<br />

Zunächst konkurrierten viele Unternehmen auf dem Markt. Preise<br />

wurden reduziert und neue Linien aufgebaut. Heute gibt es noch zwei<br />

Unternehmen (aus England und Frankreich), viele Linien wurden eingestellt<br />

und die Preise massiv erhöht.“ 29 Besondere mediale Aufmerksamkeit<br />

hat in der Vergangenheit das britische Eisenbahnsystem<br />

erfahren. 30 Die Financial Times Deutschland und die Wochenzeitung DIE<br />

ZEIT, die beide in ihrer Grundhaltung nicht unbedingt privatisierungskritisch<br />

eingestellt sind, wenn es um öffentliche Aufgaben geht, prangern<br />

das britische Modell mit deutlichen Worten an. Das fragmentierte und<br />

unübersichtliche System sei nicht in der Lage, den Interessenkonflikt<br />

„zwischen den für den einwandfreien Netzbetrieb erforderlichen<br />

langfristigen Investitionen einerseits und den kurzfristigen Gewinninteressen<br />

der Aktionäre andererseits“ zu lösen. Daraus wird abgeleitet,<br />

dass sich in einer zivilen Gesellschaft nicht alle staatlichen <strong>Dienstleistungen</strong><br />

– vor allem nicht natürliche Monopole – zur Privatisierung<br />

eignen und dass es in der Gesellschaft kommerzfreier Zonen bedarf.<br />

27<br />

http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digiartikel/?ressort=na&dig=2009%2F02%2F03%2<br />

Fa0008&cHash=d09c4c7b30<br />

28<br />

Siehe Verbücheln (2009), S. 13 f.<br />

29<br />

Ebenda, S. 6.<br />

30<br />

Siehe zum Folgenden http://www.kpoenet.at/bund/archiv/antiprivatisierung/greatbritain.htm<br />

82


2. Ängste der Bevölkerung<br />

Vor dem Hintergrund der skizzierten Fehlentwicklungen nehmen die<br />

Ängste der Bevölkerung vor einer Privatisierung von Aufgaben der<br />

kommunalen Daseinsvorsorge offenkundig zu. Durch die Möglichkeiten,<br />

die mit der Einführung von direkt-demokratischen Entscheidungsformen<br />

auf der kommunalen Ebene geschaffen wurden, können die Bürgerinnen<br />

und Bürger ihren Befürchtungen mit Hilfe von Volksinitiativen, Volksbegehren<br />

und Volksentscheiden auch Ausdruck verleihen. So haben im<br />

Jahre 2002 bei der Frage „Soll die Stadt Münster alleinige Gesellschafterin<br />

der Stadtwerke Münster GmbH bleiben?“ 65,4 % der Abstimmenden<br />

mit „ja“ gestimmt (bei einer Wahlbeteiligung von 31,6 %).<br />

2004 hatte in Hamburg eine Mehrheit von 76,8 % dafür votiert, dass das<br />

Land Hamburg Mehrheitseigner des Landesbetriebes Krankenhäuser<br />

(LBK) bleibt. 31 In Freiburg hat im Jahre 2006 bei einer Wahlbeteiligung<br />

von 39,9 % eine große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger (70,5 %)<br />

für den Erhalt der städtischen Wohnungen im Besitz der Stadt Freiburg<br />

gestimmt. Schließlich sei noch auf den Bürgerentscheid in Leipzig im<br />

Jahre 2008 verwiesen, in dem sich 87,4 % der Wähler (bei einer Wahlbeteiligung<br />

von immerhin 42 %) gegen eine Teilprivatisierung der Leipziger<br />

Stadtwerke aussprachen. Diese Abstimmungsergebnisse korrespondieren<br />

mit einer Reihe von Ergebnissen in Bevölkerungsumfragen. So<br />

wird z.B. in einer forsa-Umfrage von Dezember 2007 zusammenfassend<br />

festgestellt, dass die Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger mit<br />

Privatisierung eher negativ als positiv sind und dass weitere Privatisierungen<br />

zunehmend kritisch gesehen werden. 32<br />

Die Ängste in der Bevölkerung sind auch literarisch und publizistisch verarbeitet<br />

worden. So feierte z.B. David Hare mit seinem Theaterstück<br />

„The Permanent Way“ im Jahre 2004 am National Theatre in London<br />

einen großen Erfolg. In dem Stück geht es um die Folgen der oben<br />

schon erwähnten Privatisierung von British Rail – dargestellt als außergewöhnliche<br />

Parabel britischen Privatisierungs-Missmanagements. In<br />

eher publizistischer Manier thematisiert Rüdiger Liedtke 33 in seinem<br />

Buch „Wir privatisieren uns zu Tode“ Fehlentwicklungen bei der Privatisierung.<br />

Mit seiner gewollten Assoziation zu Neil Postmans fundamentaler<br />

Medienkritik „Wir amüsieren uns zu Tode“ aus den 1970er Jahren<br />

erzeugt er – bei aller Seriosität seiner Recherchen – Konnotationen mit<br />

apokalyptischen Privatisierungsabgründen, die überdies mit flotten<br />

31<br />

Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg war an dieses Votum allerdings nicht gebunden,<br />

weil in der Verfassung nicht festgelegt war, dass Abstimmungsergebnisse bei Volksentscheiden<br />

verbindlich sind, und veräußerte seine Krankenhäuser an die Asklepios Kliniken.<br />

32<br />

Vgl. Güllner (2008), P090.34.<br />

33<br />

Liedtke (2007).<br />

83


Zwischenüberschriften wie „Privatisieren bis der Arzt kommt“, „Wenn der<br />

Müllmann doppelt kostet …“, „Private Monopole kennen kein Pardon“,<br />

„Die neuen Paten – Von Sponsoren und Stiftern“ und „Jubel, Trubel,<br />

Telecom“ gewürzt und garniert werden. Solche flotten Sprüche mögen<br />

durchaus hilfreich sein, auf Defizite, Fehlentwicklungen und Skandale<br />

hinzuweisen. Für eine nüchterne Analyse sind sie aber wegen ihrer<br />

Pauschalität nicht sonderlich hilfreich – zumal, im Unterschied zum<br />

Postmanschen Szenario, beim Thema „Privatisierung“ überhaupt nicht<br />

klar ist, wer mit „wir“ gemeint ist und wer am Ende eigentlich stirbt – die<br />

Privatisierer, die öffentlichen Unternehmen oder die Bürger.<br />

3. Gewachsenes Selbstbewusstsein der Kommunen<br />

In der Hochzeit der Deregulierung und Privatisierung war offenkundig die<br />

Meinung weit verbreitet, dass private Einrichtungen alles besser, billiger<br />

und schneller machen können als öffentliche Institutionen, die im öffentlichen<br />

Diskurs sehr stark in die Defensive gedrängt wurden. Versuche,<br />

sich gegen diesen Eindruck zu wehren und darauf hinzuweisen, dass<br />

öffentliche Einrichtungen tagtäglich hochwertige Leistungen für die<br />

Bürger erbringen, stießen zunächst auf wenig Resonanz. Mit dem unter<br />

dem prägenden Einfluss Gerhard Banners 34 und der KGSt 35 entwickelten<br />

„Neuen Steuerungsmodell“ hat sich die Situation aber ganz offensichtlich<br />

verändert. Städte und Gemeinden sind – trotz aller (noch) existierenden<br />

Unzulänglichkeiten dieses Modells – inzwischen in der Lage, mit Hilfe<br />

der Informationen aus ihrem Kostenmanagement zu zeigen, dass ihre<br />

Leistungen nicht generell teurer sind als die von privaten Anbietern und<br />

dass die Behauptung, Private können grundsätzlich alles besser, billiger<br />

und schneller erledigen, nichts als reine Ideologie ist. Hieraus ist auch<br />

ein neues Selbstbewusstsein in der Kommunalpolitik und -verwaltung<br />

entstanden, dass man den Wettbewerb mit privaten Konkurrenten nicht<br />

scheuen muss. Dies schlägt sich z.B. darin nieder, dass 10 % der Städte<br />

über 20.000 Einwohner privatisierte Bereiche rekommunalisieren wollen.<br />

„Sie trauen sich bei der Rekommunalisierung durchaus zu, ihre eigenen<br />

Betriebe organisatorisch und wirtschaftlich erfolgreich aufzustellen.“ 36<br />

4. Aushöhlung kommunaler Selbstverwaltung<br />

Schließlich hat die Renaissance der öffentlichen Wirtschaft auch mit der<br />

wachsenden Sorge zu tun, dass die kommunale Selbstverwaltung trotz<br />

34 Banner (1991).<br />

35 KGSt (1993).<br />

36 Gecon (2008).<br />

84


grundgesetzlicher Garantie faktisch durch Auslagerung von öffentlichen<br />

Aufgaben Schritt für Schritt ausgehöhlt zu werden droht. Dies gilt sowohl<br />

für die Bildung teilselbstständiger Organisationseinheiten („Agencification“)<br />

und die Schaffung verselbständiger öffentlicher Unternehmen<br />

(„Corporatization“) als auch – natürlich in besonders starkem Maße – für<br />

die materielle Privatisierung öffentlicher Aufgaben. Wenn über immer<br />

weniger Angelegenheiten in den Kommunen von den demokratisch legitimierten<br />

Organen entschieden werden kann, dann wird deren Handlungsspielraum<br />

eingeschränkt 37 und dann droht das Interesse an<br />

Kommunalpolitik zurückzugehen. Die kommunalen Steuerungsverluste<br />

treten nach den empirischen Befunden bei Edeling 38 vor allem in<br />

marktnahen, wettbewerbsintensiven Sektoren auf – und zwar nicht erst<br />

bei der materiellen Privatisierung, sondern auch schon in den Fällen der<br />

Agencification und Corporatization, weil „durch Einführung von Markt und<br />

Wettbewerb politisches Handeln durch wirtschaftliches Handeln ersetzt<br />

wird.“ 39 Bei öffentlichen Gütern und <strong>Dienstleistungen</strong>, die nicht einem<br />

strikten Marktregime unterliegen, könne demgegenüber leichter politisch<br />

eingegriffen und gesteuert werden.<br />

VI. Anregungen aus dem Public Management<br />

Bei der Diskussion über die (Neu-)Definition der Daseinsvorsorge und<br />

über die Rolle der öffentlichen Wirtschaft kann es sich – wie weiter oben<br />

schon angedeutet – nicht darum handeln, eine komplette Kommunalisierung<br />

oder Verstaatlichung privatisierter Aufgaben und eine Rückkehr<br />

zu angebotsmonopolistischen Strukturen in der Daseinsvorsorge anzustreben.<br />

Dabei würde man völlig außer Acht lassen, welche Mängel und<br />

Missstände die öffentlich organisierte Daseinsvorsorge vor der „Privatisierungswelle“<br />

aufwies – selbst wenn man in Rechnung stellt, dass<br />

Privatisierungen in Ländern wie Großbritannien und den USA zum Teil<br />

sehr undifferenziert und überwiegend aus normativ-ideologischen<br />

Gründen vorangetrieben wurden. Überdies begäbe man sich mit einem<br />

solchen Vorgehen einiger Gestaltungsmöglichkeiten, die als institutionelle<br />

Arrangements im Rahmen des Public Management zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Geht man davon aus, dass die Existenzberechtigung öffentlicher Unternehmen<br />

mit ihrer Instrumentalfunktion für die Gesellschaft begründet<br />

wird, dann heißt dies, dass Bund, Länder und Kommunen die Mög-<br />

37 Vgl. hierzu z.B. Edeling (2008), S. 145.<br />

38 Siehe ebenda, S. 149.<br />

39 Ebenda, S. 160 mit Verweis auf v. Weizsäcker u.a. (2006).<br />

85


lichkeit haben (müssen), öffentliche Aufgaben mit Hilfe eigener Unternehmen<br />

so zu erfüllen, dass auch bei den Aufgaben der Daseinsvorsorge<br />

politische Ziele wie z.B. Versorgungssicherheit und Leistungen<br />

zu bezahlbaren Preisen erreicht werden können. Bei öffentlichen<br />

Unternehmen geht es demzufolge – im Gegensatz zu den in der Privatwirtschaft<br />

primär am Shareholder Value ausgerichteten Entscheidungskriterien<br />

– darum, für die Bürgerinnen und Bürger einen Mehrwert zu<br />

erwirtschaften („citizen value“) und damit einen Beitrag zum Gemeinwohl<br />

einer Gesellschaft zu leisten. 40<br />

Wenn nun durch die Öffnung und Deregulierung des europäischen<br />

Marktes für (öffentliche) <strong>Dienstleistungen</strong> Monopole kommunaler Versorgungsunternehmen<br />

aufgebrochen werden und auf Grund des daraus<br />

resultierenden Wettbewerbsdrucks auch in öffentlichen Unternehmen<br />

eine stärker am Modell des erfolgsorientierten Handelns im erwerbswirtschaftlichen<br />

Sinne ausgerichtete, marktliche Unternehmenssteuerung<br />

erfolgt, dann kann dies dazu führen, dass sich öffentliche Manager<br />

stärker am Gewinnziel orientieren 41 und dass die Instrumentalfunktion<br />

öffentlicher Unternehmen geschwächt und ihre Legitimation untergraben<br />

wird. 42<br />

Daraus folgt aber nicht, dass der mit der Einrichtung öffentlicher<br />

Unternehmen ursprünglich verfolgte Zweck, Aufgaben der Daseinsvorsorge<br />

zu sichern, aufgegeben werden muss und die Idee der Instrumentalfunktion<br />

bedeutungslos wird. Dies wäre nur dann der Fall, wenn man<br />

davon ausginge, dass der öffentliche Zweck und die angestrebten<br />

politischen Wirkungen einzig und allein mit öffentlichen Unternehmen<br />

erreicht werden können. Diese Schlussfolgerung ist aber alles andere als<br />

zwingend. Stattdessen muss gefragt werden, welche funktionalen Äquivalente<br />

zur Verfügung stehen, um den Zweck, der mit der Instrumentalfunktion<br />

öffentlicher Unternehmen angestrebt wird, unter den veränderten<br />

Rahmenbedingungen der Marktöffnung und des Wettbewerbs<br />

sichern zu können.<br />

Anregungen, die in diesem Zusammenhang aus dem Public Management<br />

gewonnen werden können, beziehen sich zum einen auf Konsequenzen,<br />

die aus dem Prozess des sich immer weiter ausdifferenzierenden<br />

öffentlichen Sektors und aus dem zunehmenden Verschwimmen<br />

der Trennungslinie zwischen öffentlichem und privatem<br />

40 Begriffe wie „Gemeinwohl“ oder Allgemeininteresse sind allerdings immer leerformel-verdächtig ist,<br />

weil sie inhaltlich sehr unterschiedlich interpretiert und konkretisiert werden können und demzufolge<br />

immer im Spannungsfeld politischer Interessen stehen; siehe auch Schuppert (2002).<br />

41 Vgl. Machura (1996), S. 539.<br />

42 Vgl. Edeling (2002), S.160 u. Röber (2008), S. 66.<br />

86


Sektor für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und für die Steuerung<br />

der diese Aufgaben ausführenden Einrichtungen zu ziehen sind.<br />

Ein wichtiger Ansatzpunkt hierfür ist, dass die bislang dominierende institutionelle<br />

Betrachtungsweise („öffentliche versus private Unternehmen“)<br />

zugunsten einer funktionalen Perspektive aufgegeben wird, die an den<br />

öffentlichen Aufgaben ansetzt und bei der die Frage im Mittelpunkt steht,<br />

mit welchen institutionellen Arrangements und mit welchen Organisations-<br />

und Rechtsformen öffentliche Aufgaben am besten gesteuert<br />

und erledigt werden können.<br />

Zum anderen beziehen sich die Anregungen aus dem Public Management<br />

darauf, dass ein (partielles) Zurückholen privatisierter Aufgaben<br />

und <strong>Dienstleistungen</strong> nur dann erfolgversprechend sein wird, wenn dies<br />

mit einer Managementreform in den betroffenen öffentlichen Einrichtungen<br />

verbunden ist, die das betriebliche Handeln nicht nur an den<br />

Sachzielen der Daseinsvorsorge, sondern auch am Formalziel der<br />

Wirtschaftlichkeit ausrichtet und die damit die Voraussetzungen schafft,<br />

vorhandene Ressourcen so wirtschaftlich wie möglich zu nutzen und<br />

Rationalisierungsreserven auszuschöpfen. 43 Dieser Ansatz reiht sich in<br />

die schon in den 1980er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland unter<br />

dem Schlagwort „Zukunft durch öffentliche Dienste“ 44 geführte Diskussion<br />

zur Modernisierung des öffentlichen Sektors ein, die dann im Zuge<br />

der Diskussion über das Neue Steuerungsmodell in das Motto „Modernisieren<br />

statt Privatisieren“ mündete. 45<br />

1. Privatisierung und Rekommunalisierung im Modell der Gewährleistungskommune<br />

Mit dem Begriff und dem Konzept der Gewährleistungskommune (im<br />

Sinne der leistungssichernden Kommune) zeichnet sich ein konzeptioneller<br />

Bezugsrahmen ab, der eine im Vergleich zur bisherigen Diskussion<br />

wesentlich differenziertere Behandlung des Privatisierungs- und des<br />

Rekommunalisierungsthemas gestattet. Die Grundidee des Gewährleistungsmodells<br />

46 besteht darin, dass die Kommune die Erfüllung eines<br />

bestimmten Angebots an öffentlichen Leistungen sicherstellt, ohne dass<br />

diese notwendigerweise von kommunalen Einrichtungen selber erbracht<br />

werden müssen. Daraus folgt, dass die Kommune nicht mehr als monolithische<br />

Einheit betrachtet werden kann, sondern in ihren unterschied-<br />

43<br />

Siehe hierzu ver.di (2008).<br />

44<br />

Vgl. Wulf-Mathies (1991).<br />

45<br />

Vgl. z.B. Andersen u.a. (2005).<br />

46<br />

Vgl. hierzu die grundlegenden und stilbildenden Arbeiten von Schuppert; exemplarisch sei hier nur<br />

hingewiesen auf Schuppert (2005).<br />

87


lichen Rollen als Auftraggeber bzw. Besteller und als Auftragnehmer<br />

bzw. Produzent öffentlicher Aufgaben und Leistungen gesehen werden<br />

muss. Hieraus ergeben sich für die kommunalen Akteure im Vergleich<br />

mit dem traditionellen Verwaltungsmodell zum Teil gänzlich neue Anforderungen.<br />

Bei den Aufgaben, die von der Kommune gewährleistet werden und<br />

damit als öffentliche Aufgaben anerkannt werden sollen, wird – analog<br />

zur Diskussion über die Kernkompetenzen privatwirtschaftlicher Unternehmungen<br />

– auch von den Kernaufgaben der Kommune gesprochen.<br />

Im Prinzip geht es um die Frage der Breite des öffentlichen Leistungsprogramms,<br />

das heißt um das, was zum Aufgabenportfolio der Kommune<br />

gehören soll. Hierfür gibt es keine „objektiven“ Kriterien, die gleichsam<br />

naturrechtlich aus dem Gemeinwohl abgeleitet werden können<br />

(nach dem Motto: „Kindergärten sind grundsätzlich wichtiger als Wirtschaftsförderung<br />

oder Sozialhilfe.“). Was zum Kanon öffentlicher Aufgaben<br />

gehört, muss im demokratischen Diskurs und Willensbildungsprozess<br />

geklärt und letztlich von politisch legitimierten Mehrheiten in Bezug<br />

auf politische Ziele (wie zum Beispiel demokratische, rechtsstaatliche,<br />

wirtschaftliche, sozialstaatliche oder ökologische Ziele) entschieden<br />

werden. Bei diesen Entscheidungen geht es – analog zur<br />

Zweckkritik 47 – um die Sinnhaftigkeit und die Effektivität öffentlicher<br />

Programme und Leistungen („doing the right things“). Dabei können<br />

dann – im Umkehrschluss – solche Aufgaben identifiziert werden, die<br />

überflüssig sind, weil es für sie keinen gesellschaftlichen Bedarf mehr<br />

gibt. Dass dies nur dann funktionieren kann, wenn solche Entscheidungen<br />

von den Bürgern – abgesehen von Kritik aus individueller Betroffenheit<br />

– im Prinzip akzeptiert werden, liegt auf der Hand. 48 Überdies<br />

hat die kritische Durchleuchtung des öffentlichen Aufgabenportfolios den<br />

zusätzlichen Effekt, dass jene Programme und Leistungen herausgefiltert<br />

werden können, die von anderen Anbietern – seien es öffentliche<br />

oder gemeinwirtschaftliche oder auch private – ohnehin schon angeboten<br />

werden.<br />

Erst wenn über die Breite des öffentlichen Aufgabenspektrums entschieden<br />

wurde, kann diskutiert werden, mit welchen institutionellen Arrangements<br />

einzelne dieser Aufgaben am besten wahrgenommen werden<br />

können, weil es nicht sinnvoll wäre, über eine Optimierung von Aufgaben<br />

nachzudenken, die ohnehin überflüssig sind oder die nach einer<br />

47<br />

Siehe KGSt (1974).<br />

48<br />

Dabei ist die Einsicht der Bevölkerung in die Notwendigkeit solcher Entscheidungen häufig viel<br />

größer als viele Politiker annehmen.<br />

88


materiellen Privatisierung von privaten Einrichtungen auf eigenes Risiko<br />

und auf eigene Rechnung angeboten bzw. bearbeitet werden. 49<br />

Wenn die Entscheidung über die Breite des kommunalen Aufgabenspektrums<br />

gefallen ist, kann im nächsten Schritt darüber diskutiert<br />

werden, welche organisationspolitischen Optionen 50 einer Kommune zur<br />

Verfügung stehen, das heißt, mit welchen institutionellen Arrangements<br />

einzelne Aufgaben am besten wahrgenommen werden können. Bei der<br />

Entscheidung über mögliche institutionelle Arrangements geht es primär<br />

um die Effizienz bei der Aufgabenerfüllung („doing the things right“).<br />

Hierbei greift man – unter dem Stichwort der Leistungstiefenpolitik – auf<br />

Kategorien der ökonomischen Institutionentheorie zurück. Leistungstiefe<br />

heißt, dass jede öffentliche Aufgabe aus einer Wertschöpfungskette mit<br />

einer mehr oder weniger großen Zahl von vor- und nachgelagerten<br />

Teilprozessen besteht. 51 Für jeden dieser Teilprozesse kann geprüft und<br />

entschieden werden, wer die Leistung erstellen und die Verantwortung<br />

hierfür übernehmen soll. Generell werden die folgenden vier Typen von<br />

Verantwortung unterschieden:<br />

− Gewährleistungsverantwortung: dauerhafte Sicherstellung der Leistungserbringung<br />

zu politisch gewollten Standards und Kosten durch<br />

die Kommune<br />

− Vollzugsverantwortung: korrekte Ausführung („Produktion”) der gewährleisteten<br />

Aufgaben durch einen öffentlichen, gemeinwirtschaftlichen<br />

oder privaten Träger<br />

− Finanzierungsverantwortung: Bereitstellung der für die Wahrnehmung<br />

der Aufgaben erforderlichen Finanzmittel (in der Regel durch die<br />

Kommune)<br />

− Auffang- bzw. Rückholverantwortung: Garantie der Kommune, dass<br />

die gewährleisteten Aufgaben auch im Konkursfall eines Leistungsanbieters<br />

oder im Falle des Auftragsentzugs (wegen nicht-vertragsgemäßer<br />

Leistungserbringung) angeboten werden.<br />

Mit einem solchen Konzept der Verantwortungsstufung und Verantwortungsteilung<br />

besteht die Möglichkeit, auf die in der Bevölkerung vorherrschenden<br />

Befürchtungen über eine zunehmende Privatisierung diffe-<br />

49 Diese Systematik entspricht im Prinzip dem von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung<br />

in den 1970er Jahren entwickelten Konzept der Aufgabenkritik, in dem in<br />

Zweck- und Vollzugskritik unterschieden wird; vgl. hierzu KGSt (1974).<br />

50 Siehe hierzu auch die demnächst erscheinenden KGSt-Berichte „Kommunale Organisationspolitik“<br />

Teil I – Entwicklungslinien, Konzepte, Erscheinungsformen 2009a) und Teil II – Auswahl, Gestaltung<br />

und Einführung organisationspolitischer Lösungen(2009b), an deren Erstellung der Verfasser<br />

mitgearbeitet hat.<br />

51 Siehe Brüggemeier (2004) u. (2007).<br />

89


enziert zu reagieren, weil Aufgaben der Daseinsvorsorge im Gewährleistungsmodell<br />

nicht in toto infrage gestellt und komplett aus der öffentlichen<br />

Verantwortung entlassen werden. Die Kommune bleibt in der<br />

Pflicht zu gewährleisten, dass öffentliche Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt<br />

werden, ohne jedoch bei allen Teilprozessen zugleich auch für die<br />

Durchführung (und ggf. auch für die Finanzierung) zuständig und verantwortlich<br />

zu sein. Lediglich bei nicht ordnungsgemäßer Erfüllung der<br />

Leistung durch Dritte ist die Kommune verpflichtet, subsidiär einzuspringen<br />

und diese Leistung selber zu erbringen.<br />

Für die Kommunen besteht die entscheidende Herausforderung darin,<br />

diejenigen Leistungserbringer (z.B. mit Hilfe von Wettbewerbsmechanismen<br />

in Form von Ausschreibungen) zu finden, die einzelne – strategisch<br />

nicht relevante – Leistungen oder Leistungspakete in Bezug auf klar<br />

definierte Qualitätsstandards am kostengünstigsten bereitstellen können.<br />

Die Entscheidung hierüber unterscheidet sich gravierend von der über<br />

eine materielle Privatisierung, bei der die inhaltliche Verantwortung und<br />

das wirtschaftliche Risiko vollständig auf private Akteure übergehen. Aus<br />

dem Grunde bezieht sich die Diskussion über die Rekommunalisierung<br />

in den meisten Fällen auf die Dimension der Vollzugsverantwortung und<br />

darauf, frühere „funktionale Privatisierung(en) der operativen Leistung“ 52<br />

rückgängig zu machen. Die Gesamtverantwortung für Aufgaben der<br />

Daseinsvorsorge (im Sinne der Gewährleistungsverantwortung) ist bei<br />

den meisten Privatisierungen der letzten Jahre nicht tangiert gewesen,<br />

weil sie ohnehin bei den demokratisch legitimierten politischen<br />

Repräsentanten der Kommune verblieben ist.<br />

Die Gegner einer Rekommunalisierung operativer Leistungen verweisen<br />

in der aktuellen Diskussion unter Hinweis auf Kostenvergleichsrechnungen<br />

immer wieder darauf, dass viele Leistungen von Privaten<br />

wesentlich billiger angeboten werden können. Die solchen Aussagen<br />

zugrunde gelegten Rechnungen weisen in der Regel bei den öffentlichen<br />

Anbietern erheblich höhere „Stückkosten“ als bei den privaten Anbietern<br />

aus. Insofern scheint es unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten – insbesondere<br />

natürlich aus der Sicht der unter zunehmendem finanziellen<br />

Druck stehenden Kämmerer – sinnvoll, solche Leistungen und Aufgaben<br />

auszulagern. In vielen Fällen zeigt sich aber, dass eine ausschließlich<br />

auf die Produktionskosten bezogene Betrachtung zu verzerrten Ergebnissen<br />

bei den Wirtschaftlichkeitsvergleichen führt, weil in der Regel die<br />

mit der Transaktion dieser Leistungen verbundenen Kosten völlig außer<br />

Acht gelassen werden. Hierzu gehören zum Beispiel jene Kosten, die bei<br />

52 Verbücheln (2009), S. 5.<br />

90


den Vertragsverhandlungen mit potentiellen Anbietern auftreten (ex-ante<br />

Transaktionskosten) und die nach Vertragsabschluss für die Kontrolle<br />

der Einhaltung der Verträge einschließlich der Kosten für mögliche<br />

Rechtsstreite entstehen (ex-post Transaktionskosten).<br />

Aber selbst wenn unter Einbeziehung der Transaktionskosten ein Fremdbezug<br />

von Leistungen wesentlich kostengünstiger als die Eigenfertigung<br />

wäre, kann es gute Gründe geben, solche Leistungen nicht von Anderen<br />

erstellen zu lassen. Ein solcher Grund liegt zum Beispiel in der Spezifi-<br />

tät – das heißt, dass für die Erbringung einzelner Leistungen sehr spezielle<br />

Ressourcen eingesetzt werden (müssen), für die es abgesehen<br />

von der Erstellung dieser Leistungen keine Verwendungsmöglichkeiten<br />

gäbe. Dies gilt beispielsweise im Bereich der Daseinsvorsorge – und<br />

insbesondere im Falle von natürlichen Monopolen – für das Vorhalten<br />

von Infrastrukturausstattungen 53 , die überdies für die Kommunen und<br />

ihre Selbstverwaltung auch strategisch bzw. politisch relevant sind.<br />

Würde man solche Ressourcen und die damit verbundene Erstellung<br />

von Leistungen nicht in Eigenregie betreiben, bestünde die Gefahr, dass<br />

sich die Kommunen in die Abhängigkeit von privaten Monopolanbietern<br />

begeben. Im Interesse eines möglichst großen Spielraumes bei den<br />

organisatorischen Gestaltungsoptionen und einer wirksamen Steuerung<br />

der Leistungsprozesse sollte es deshalb das Ziel jeder Kommune sein,<br />

solche Situationen zu vermeiden. Daraus folgt allerdings auch, dass in<br />

allen Fällen, in denen wir es nicht mit strategisch relevanten Leistungen<br />

und spezifischen Ressourcen zu tun haben, die gesamte Bandbreite<br />

institutioneller Arrangements zur Verfügung steht und dass Kommunen<br />

nicht gezwungen sind, den Weg in die komplette Rekommunalisierung<br />

anzutreten und neue öffentliche angebotsmonopolistische Strukturen zu<br />

schaffen.<br />

2. Management öffentlicher Aufgaben und Leistungen<br />

Beim Management öffentlicher Aufgaben und Leistungen geht es um die<br />

Frage, in welchen institutionellen Arrangements die operative Leistungserstellung<br />

erfolgen kann. Die Bandbreite dieser Arrangements als organisationspolitische<br />

Optionen reicht – in Bezug auf die Steuerungsmöglichkeiten<br />

der Kommune – von der Erbringung öffentlicher Leistungen in<br />

kommunalen Gesellschaften über die interkommunale Kooperation bis<br />

hin zu komplexen Netzwerkstrukturen unter Einbeziehung privater<br />

Akteure.<br />

53 Siehe Naschold u.a. (1996), S.72 ff.<br />

91


a) Management kommunaler Gesellschaften<br />

Eine organisationspolitische Option besteht darin, rekommunalisierte<br />

Leistungen von Ämtern der Kommunalverwaltung als teilselbstständige<br />

Organisationseinheiten („Agencification“) oder von öffentlichen Unternehmen,<br />

die entweder in der Form des öffentlichen Rechts (wie z.B.<br />

Eigenbetriebe) oder in der Form des privaten Rechts (wie z.B. GmbHs)<br />

verfasst sein können, als verselbständigte Organisationseinheiten („Corporatization“)<br />

erbringen zu lassen. Dies eröffnet die Möglichkeit, öffentliche<br />

Aufgaben und Leistungen effizienter, effektiver und bürgernäher<br />

auszuführen, weil die verselbständigten Durchführungsorganisationen<br />

von den zum Teil engen Fesseln des öffentlichen Haushalts- und Dienstrechts<br />

befreit arbeiten können und damit über eine größere Autonomie<br />

verfügen. Zugleich haben die Gebietskörperschaften vor allem bei den<br />

Formen des öffentlichen Rechts die Möglichkeit, die ausgegliederten<br />

Organisationseinheiten in Bezug auf die Interessen der Bürgerinnen und<br />

Bürger („citizen value“) politisch zu steuern. Insofern ist es auch nicht<br />

überraschend, dass die Kommunen in den letzten Jahren bei einer Reihe<br />

von Aufgaben der klassischen kommunalen Kernverwaltung von dieser<br />

organisationspolitischen Option regen Gebrauch gemacht haben, 54 so<br />

dass die Zahl der öffentlichen Unternehmen auf der kommunalen Ebene<br />

inzwischen bei etwa 3.000 liegt. 55 Dass in diesem Zusammenhang in<br />

einigen Fällen auch – unausgesprochen – andere Ziele verfolgt worden<br />

sind wie die „heimliche“ Bildung von Schattenhaushalten oder Gehaltszahlungen<br />

für Führungskräfte, die sich am Niveau der Privatwirtschaft<br />

orientieren und sich zum Teil weit oberhalb der im öffentlichen Dienst<br />

üblichen Vergütungen bewegen, ist weitgehend unstrittig. Es ändert aber<br />

nichts an der Einschätzung, dass sowohl „Agencification“ als auch „Corporatization“<br />

sinnvolle institutionelle Arrangements für die Wahrnehmung<br />

öffentlicher Aufgaben sein können.<br />

Angesichts angespannter öffentlicher Haushalte und anhaltenden Wettbewerbsdrucks<br />

wird ein solcher Ansatz aber nur dann erfolgreich sein,<br />

wenn die Qualität des öffentlichen Managements verbessert wird und<br />

nicht die Zustände wieder einreißen, die maßgeblich mit zu den Privatisierungsforderungen<br />

beigetragen haben. Hier werden seit einiger Zeit<br />

Hoffnungen in Corporate-Governance-Konzepte für öffentliche Unternehmen<br />

gesetzt, deren handlungsleitende Maximen sowohl zu einer<br />

besseren internen Führung als auch zu einer besseren externen Steuerung<br />

und Kontrolle dieser Unternehmen durch die Gebietskörperschaften<br />

führen sollen.<br />

54 Siehe Killian u.a. (2006).<br />

55 Siehe Reichard (2009).<br />

92


Eine weitere wichtige Voraussetzung für den Erfolg dieser organisationspolitischen<br />

Option liegt darin, dass die Gebietskörperschaften ihre<br />

öffentlichen Unternehmen besser steuern und kontrollieren und dass sie<br />

ihrer Eigentümerfunktion besser gerecht werden, indem sie ihre Beteiligungen<br />

nicht nur verwalten, sondern im Rahmen eines Beteiligungsmanagements,<br />

das diesen Namen verdient, politisch-strategisch<br />

steuern. 56 Hier kommt es darauf an, nach der richtigen Balance zwischen<br />

politischer Steuerung und unternehmerischer Autonomie zu suchen, um<br />

Fehlentwicklungen in Form der operativen Übersteuerung und der<br />

politisch-strategischen Untersteuerung öffentlicher Unternehmen durch<br />

politische Akteure zu vermeiden. Dabei darf nicht aus dem Auge verloren<br />

werden, dass Politik und Management unterschiedliche Ziele verfolgen<br />

und sich in Bezug auf diese Ziele rational verhalten. 57<br />

Die Tatsache, dass die politischen Akteure und die Manager öffentlicher<br />

Unternehmen zum Teil differierende Ziele und Interessen haben, ist nicht<br />

neu. Diese Situation gab es schon im 19. Jahrhundert – wie Wessel z.B.<br />

in Bezug auf die Gasversorgung der Stadt Köln feststellte: „Das Verhältnis<br />

zwischen Stadt und Gasgesellschaft war selten entspannt;<br />

städtische Ansprüche und Vorstellungen deckten sich fast nie mit der<br />

Leistungsbereitschaft des Unternehmens“. 58<br />

Da das Management öffentlicher Unternehmen im Verhältnis zu den<br />

politischen und administrativen Akteuren in der Regel über eine relativ<br />

starke Position verfügt, besteht immer die Gefahr, dass es sein Handeln<br />

an eigenen Interessen ausrichtet und sich – institutionenökonomisch<br />

interpretiert – als Agent dem politischen Prinzipal gegenüber opportunistisch<br />

verhält. Die Kommune als Gewährleister und Auftraggeber<br />

öffentlicher Aufgaben bzw. Leistungen muss deshalb dafür sorgen, dass<br />

− strategische Vorgaben für den Leistungserbringer bzw. Auftragnehmer<br />

formuliert werden,<br />

− klare Zielvorstellungen und Planungen festgelegt werden,<br />

− diese Ziele in konkrete Aufträge umformuliert werden,<br />

− hinreichende Freiräume für die Auftragnehmer in Bezug auf den<br />

unternehmerischen Erfolg geschaffen werden,<br />

− die Leistungserbringung kontrolliert und überwacht wird,<br />

56 Vgl. hierzu auch Schaefer (2005).<br />

57 Vgl. Budäus (2005), S. 18.<br />

58 Wessel (1995), S. 66.<br />

93


− im Fall eingestellter Leistungserbringung durch den Anbieter die Auffangverantwortung<br />

übernommen werden kann. 59<br />

b) Interkommunale Zusammenarbeit<br />

Selbst wenn es den Kommunen gelingt, in ihren Verwaltungen und in<br />

ihren ausgelagerten Organisationseinheiten leistungsfähige Managementstrukturen<br />

zu etablieren, ist nicht auszuschließen, dass viele Gebietskörperschaften<br />

mit der Wahrnehmung rekommunalisierter Aufgaben<br />

der Daseinsvorsorge konzeptionell, technologisch, finanziell und personell<br />

überfordert sind. Aus dem Grunde bietet es sich an, bei Rekommunalisierungsvorhaben<br />

von vornherein zu prüfen, ob es bei den zu erledigenden<br />

Aufgaben und den zu erbringenden Leistungen Kooperationsmöglichkeiten<br />

mit anderen Städten und Gemeinden gibt.<br />

Die Zusammenarbeit bei der Leistungserstellung ist für Kommunen<br />

beileibe kein neues Thema. Die in der Praxis vorkommenden Kooperationsformen<br />

reichen von der gemeinsamen Aufgabenerledigung (z.B. in<br />

Form von Shared Service Centers) über die Wahrnehmung von Aufgaben<br />

durch gemeinsame Einrichtungen (wie z.B. Zweckverbände) bis<br />

zu kommunal initiierten freiwilligen Zusammenschlüssen von Gemeinden.<br />

60<br />

Die interkommunale Zusammenarbeit bietet eine Reihe von erheblichen<br />

Vorteilen. 61 Diese liegen zunächst in Einsparungen und Effizienzgewinnen,<br />

die daraus resultieren, dass einzelne Gemeinden häufig nur<br />

über relativ kleine öffentliche Unternehmen verfügen, in denen keine<br />

Skaleneffekte („economies of scale“) erzielt werden können. Die Schaffung<br />

größerer Betriebseinheiten in einer Gemeinde rechnet sich in der<br />

Regel nicht, weil diese Kapazitäten nicht ausgelastet werden können.<br />

Die Folge sind in beiden Fällen zu hohe Stückkosten, die zu Lasten der<br />

Bürger – entweder in ihrer Rolle als Verbraucher oder in ihrer Rolle als<br />

Steuerzahler – gehen. Eine Kooperation von Gemeinden ermöglicht<br />

dagegen wirtschaftliche Betriebsgrößen, in denen es sich lohnt, teure<br />

Spezialisten einzustellen, die man auslasten kann, und teure Maschinen<br />

anzuschaffen, die gemeinsam kostengünstig genutzt werden können.<br />

Auf diese Weise kann die Produktivität in der Daseinsvorsorge gesteigert<br />

werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die zwischen den Ge-<br />

59 Vgl. Reichard (2006), S. 70.<br />

60 Siehe auch KGSt (2009a).<br />

61 Vgl. zum Folgenden auch Innovators Club (2005).<br />

94


meinden notwendigerweise entstehenden Schnittstellen professionell<br />

gemanagt werden und dass die Transaktionskosten solcher Arrangements<br />

minimiert werden. Zudem wird es wichtig sein, die finanziellen<br />

Anreize der Kooperation so zu gestalten und die Risiken so zu verteilen,<br />

dass sich keiner der Kooperationspartner übervorteilt fühlt und dass die<br />

finanziellen Vor- und Nachteile für alle Beteiligten gerecht verteilt sind.<br />

Ein weiterer Vorteil der Zusammenarbeit von Kommunen besteht darin,<br />

Doppelarbeiten abzubauen. Hierdurch werden Kapazitäten freigesetzt,<br />

mit deren Hilfe den Bürgern bessere oder zusätzliche Leistungen<br />

angeboten werden können, die sich positiv auf die Kundenzufriedenheit<br />

auswirken werden. Neben den damit zu erzielenden Qualitätsverbesserungen<br />

kann die wechselseitige Inanspruchnahme von öffentlichen<br />

Leistungen auch dazu beitragen, dass sich eine über Gemeindegrenzen<br />

hinausgehende regionale Identität entwickelt.<br />

Schließlich wird es im Zuge der Entwicklung liberalisierter europäischer<br />

Märkte immer wichtiger werden, strategische Allianzen zu bilden, um<br />

Innovations- und Synergiepotenziale besser ausschöpfen zu können.<br />

Hierzu bedarf es in den interkommunalen Beziehungen eines intensiven<br />

Informationsaustausches sowie einer gemeinsamen Planung, Abstimmung,<br />

Ressourcennutzung und ggf. auch gemeinsamer Organisationen.<br />

62<br />

Die Interkommunale Zusammenarbeit wird allerdings nur dann erfolgreich<br />

sein, wenn es unter den beteiligten Gemeinden einen fairen<br />

Interessenausgleich gibt, der verhindert, dass die einen Kommunen<br />

dauerhaft zu den Gewinnern, die anderen hingegen zu den Verlierern<br />

gehören. Dies erfordert ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen und<br />

die Bereitschaft, auf kurzfristig zu realisierende Vorteile zu Lasten<br />

anderer Kommunen zu verzichten. Unter Umständen wird auch darüber<br />

nachgedacht werden müssen, den langfristigen Interessenausgleich<br />

zwischen den an der Kooperation beteiligten Kommunen mit Hilfe von<br />

Ausgleichszahlungen und Koppelgeschäften zu erreichen. Schließlich ist<br />

noch wichtig, dass die Kommunen in ihren kommunalen Selbstverwaltungsrechten<br />

nicht eingeschränkt werden und dass die Entscheidungen<br />

über Kooperationsformen durch die Bürger der Kommunen demokratisch<br />

legitimiert werden.<br />

62 Siehe Innovators Club (2005), S. 14.<br />

95


c) Entwicklung eines Netzwerkmanagements<br />

Wenn Kommunen bei der Erledigung öffentlicher Aufgaben verstärkt mit<br />

Dritten – insbesondere auch aus dem gemeinwirtschaftlichen und dem<br />

privatwirtschaftlichen Sektor – kooperieren sollen und dabei in zunehmendem<br />

Maße unterschiedliche Interessen berücksichtigen und ggf.<br />

ausgleichen müssen, dann steigen die Anforderungen an die Managementfähigkeit<br />

der kommunalpolitischen Akteure im Vergleich zum Management<br />

kommunaler Gesellschaften und zur Interkommunalen Zusammenarbeit<br />

noch einmal beträchtlich. In diesem Kontext geht es um<br />

Steuerungsmodelle für institutionelle Arrangements mit formal gleichberechtigten<br />

Netzwerkpartnern. In der Privatwirtschaft haben viele Unternehmen<br />

gezeigt, dass sie in der Lage sind, ein erfolgreiches Netzwerkmanagement<br />

zu praktizieren. Im öffentlichen Sektor gibt es ebenfalls<br />

schon lange Netzwerkstrukturen; es fehlt allerdings weitgehend an<br />

einem korrespondierenden Netzwerkmanagement. Existierende Netzwerke<br />

sind allenfalls mit den Mitteln der klassischen hierarchisch-bürokratischen<br />

Organisation verwaltet worden.<br />

Bei Netzwerken in der Daseinsvorsorge fungiert die Kommune in der<br />

Regel als Fokalorganisation. Von ihr als zentralem Auftraggeber entwickelt<br />

sich eine Vielzahl mehrstufiger Auftraggeber-Auftragnehmerverhältnisse,<br />

welche ein nicht-hierarchisch organisiertes Netz bilden 63 .<br />

Die Koordination der Leistungsnetzwerke übernimmt die Kommune in<br />

ihrer Rolle als Gewährleister. Da solche Netzwerke mit einem komplexen<br />

Geflecht unterschiedlicher Akteure nicht mehr per Anordnung über die<br />

Hierarchie oder per Austausch über den Markt gesteuert werden können,<br />

muss die Kommune über Steuerungskompetenzen jenseits von Hierarchie<br />

und Markt verfügen, zu denen vor allem Verhandlungen, Motivation,<br />

Führung, Mediation und Kommunikation gehören. Diese Art der Steuerung<br />

kommunaler Leistungsnetzwerke führt letztlich dazu, dass eine<br />

klare Grenzziehung zwischen marktlicher und hierarchischer Steuerung<br />

nicht mehr möglich ist 64 und dass die Anforderungen an die Steuerung<br />

und Kontrolle kommunaler Leistungsnetzwerke erheblich steigen<br />

werden. Deshalb müssen bei allen Entscheidungen über Netzwerkorganisationen<br />

bestimmte steuerungsrelevante Strukturmerkmale beachtet<br />

werden. 65<br />

63 Vgl. Reichard (2004), S. 58.<br />

64 Vgl. hierzu Reichard (2004), S. 59 f.<br />

65 Fragen der Gestaltung und Steuerung öffentlicher Netzwerke im Kontext des Public Management<br />

sind in den letzten Jahren insbesondere von Brüggemeier systematisch analysiert worden. Die<br />

folgenden Ausführungen basieren weitgehend auf seinen Untersuchungen; siehe hierzu – auch mit<br />

weiteren Literaturhinweisen – Brüggemeier (2004).<br />

96


Diese beziehen sich zunächst auf Unterschiede zwischen den Netzwerkpartnern,<br />

welche sich – sofern Nonprofit-Organisationen und erwerbswirtschaftliche<br />

Unternehmen zum Netzwerk gehören – in ihren Zielen<br />

und der Komplexität ihres Zielsystems, in ihren Handlungslogiken und<br />

Entscheidungskriterien, in ihren Organisationskulturen und schließlich<br />

auch in ihren Kernkompetenzen erheblich unterscheiden können.<br />

Ein zweites steuerungsrelevantes Strukturmerkmal, das für Netzwerke<br />

konstitutiv ist, besteht in der Freiwilligkeit. Das heißt, dass Netzwerkpartner<br />

jederzeit die Möglichkeit haben, ihre Teilnahme infrage zu stellen<br />

und sich aus dem Netzwerk zurückzuziehen. Daraus folgt die Notwendigkeit<br />

gemeinsamer Interessen der Netzwerkpartner, die darüber<br />

hinaus über ein hinreichendes Ausmaß an Autonomie verfügen müssen,<br />

welches ihnen – auch wenn sie als integraler Bestandteil in das Netzwerk<br />

eingebunden sind – die für ihren Erfolg notwendigen Handlungsspielräume<br />

sichert.<br />

Bei nicht-hierarchischen Netzwerken entstehen als drittes steuerungsrelevantes<br />

Strukturmerkmal Schnittstellen, die im Interesse von Spezialisierungsvorteilen<br />

bewusst geschaffen werden. Demzufolge kann es<br />

nicht darum gehen, unbedingt die Zahl der Schnittstellen zu reduzieren;<br />

es kommt vielmehr darauf an, sie intelligent zu gestalten. Da an Schnittstellen<br />

organisationsüber-greifender arbeitsteiliger Leistungsprozesse<br />

häufig Ungewissheitszonen entstehen, aus denen strategische Interdependenzen<br />

resultieren, die sich negativ auf die Machtbalance zwischen<br />

den Netzwerkpartnern auswirken können, muss das Netzwerkmanagement<br />

diesen „Übergabepunkten“ besondere Aufmerksamkeit widmen.<br />

Schließlich gehört zu den steuerungsrelevanten Strukturmerkmalen von<br />

Netzwerkorganisationen die längerfristige Perspektive der Akteure.<br />

Diese ist deshalb wichtig, weil die Netzwerkpartner in gemeinsame<br />

materielle Ressourcen und in Sozialkapital investieren, von denen kein<br />

schneller „return on investment“ erwartet werden kann. Hieraus resultiert<br />

aber nicht nur eine längerfristige Bindung an das Netzwerk, sondern<br />

auch ein erhöhter Erwartungsdruck in Bezug auf eine relativ verbindliche<br />

Kooperation. Dies geht in der Regel im Rahmen des Gewährleistungsmodells<br />

zu Lasten von institutionellen Arrangements, in denen der Wettbewerb<br />

eine größere Rolle spielt. 66<br />

Vor diesem Hintergrund ist über die Gestaltung von kommunalen Leistungsnetzwerken<br />

in Bezug auf konkrete Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge<br />

zu entscheiden. Bei diesen Entscheidungen sind diverse<br />

66 Siehe zum Verhältnis von Kooperation und Wettbewerb Mühlenkamp (2009).<br />

97


Gestaltungsparameter zu berücksichtigen, zu denen beispielsweise der<br />

Zweck (Produktionsnetzwerk oder Distributionsnetzwerk), die territoriale<br />

Reichweite (lokales bzw. regionales oder überregionales Netzwerk), die<br />

Steuerungsform in Bezug auf die Führung (hierarchisch oder heterarchisch<br />

geführtes Netzwerk) und die Form der netzwerkinternen Koordination<br />

(Netzwerk mit wettbewerbs-koordinierter oder mit hierarchischkoordinierter<br />

Arbeitsverteilung) gehören.<br />

VII. Fazit<br />

Kommunale Gesellschaften, Interkommunale Zusammenarbeit und Netzwerkmanagement<br />

sind Organisationsformen zwischen Privatisierung und<br />

Kommunalisierung, die große Steuerungsanforderungen an die Kommunen<br />

stellen und mit denen einige Kommunen zurzeit noch überfordert<br />

sein könnten. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen gehört, dass<br />

für die kommunalen Gesellschaften ein leistungsfähiges Beteiligungsmanagement<br />

entwickelt wird und dass bei der Interkommunalen Zusammenarbeit<br />

und beim Netzwerkmanagement der Auswahl der richtigen<br />

Netzwerkpartner, der Transparenz und Rechenschaftspflicht (insbesondere<br />

dann, wenn private Partner zum Netzwerk gehören), der<br />

Regelung der Beziehungen zum Bürger, der Ergebnis- und Qualitätsverantwortung,<br />

dem Umgang mit „Kooperationsrenten“ und der Personalführung<br />

in einem System interorganisationaler Beziehungen besondere<br />

Aufmerksamkeit gewidmet wird. Stellen sich die Kommunen diesen<br />

Herausforderungen nicht, dann laufen sie Gefahr, dass ihre öffentlichen<br />

Einrichtungen auch weiterhin unter den Generalverdacht der Ineffizienz<br />

gestellt und auch in Zukunft immer wieder unter materiellen Privatisierungsdruck<br />

geraten werden. Deshalb betont die KGSt in ihrem<br />

neuesten Bericht die „Bedeutung organisationspolitischer Entscheidungen<br />

für kommunale Organe und Entscheidungsträger“. 67 Nicht zuletzt<br />

von der Qualität dieser Entscheidungen wird die zukünftige Steuerungsfähigkeit<br />

der kommunalen Verwaltung abhängen.<br />

Literaturverzeichnis<br />

Andersen u.a. (2005): Christoph Andersen, Markus Beck u. Stephan Selle (Hrsg.),<br />

Konkurrieren statt Privatisieren, Berlin 2005.<br />

Banner (1991): Gerhard Banner, Von der Behörde zum Dienstleistungsunternehmen.<br />

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– Organisation – Personal, 1991, S. 6 ff.<br />

67 KGSt (2009a), S. 5.<br />

98


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Leistungsnetzwerke im Kontext von Electronic Government, in: Christoph<br />

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Durch Interkommunale Zusammenarbeit für die Zukunft gerüstet, Berlin<br />

2005.<br />

KGSt (1974): Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, Aufgabenkritik,<br />

Bericht Nr. 21/1974, Köln 1974.<br />

KGSt (1993): Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, Das<br />

Neue Steuerungsmodell. Begründung, Konturen, Umsetzung, Bericht 5/1993, Köln<br />

1993.<br />

99


KGSt (2009): Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement, Kommunale<br />

Organisationspolitik – Teil I (Entwicklungslinien, Konzepte, Erscheinungsformen),<br />

Köln (im Druck).<br />

KGSt (2009a): Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement, Kommunale<br />

Organisationspolitik – Teil II (Auswahl, Gestaltung und Einführung organisationspolitischer<br />

Lösungen), Köln (im Druck).<br />

Killian u.a. (2006): Werner Killian, Peter Richter u. Jan Hendrik Trapp (Hrsg.), Ausgliederung<br />

und Privatisierung in Kommunen. Empirische Befunde zur Struktur<br />

kommunaler Aufgabenwahrnehmung, Berlin 2006.<br />

Libbe u.a. (2002): Jens Libbe, Stephan Tomerius u. Jan Hendrik Trapp (Hrsg.), Liberalisierung<br />

und Privatisierung kommunaler Aufgabenerfüllung. Soziale und umweltpolitische<br />

Perspektiven im Zeichen des Wettbewerbs, Reihe Difu-Beiträge zur<br />

Stadtforschung, Band 37, Berlin 2002.<br />

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– Zukunftsperspektiven effizienter Steuerung öffentlicher Aufgaben<br />

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Mezger, Maria Oppen, Arnold Picot, Christoph Reichard, Erich Schanze u.<br />

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Institutionelle Vielfalt und Neue Unübersichtlichkeit – Zukunftsperspektiven effizienter<br />

Steuerung öffentlicher Aufgaben zwischen Public Management und Public<br />

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100


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Röber (2001): Manfred Röber, Das Parteibuch - Schattenwirtschaft der besonderen<br />

Art, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Band 32-33, 2001, S. 6 ff.<br />

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gemeinwirtschaftliche Unternehmen (ZögU) „Public Corporate Governance –<br />

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Ludwig Theuvsen, 2008, S. 57 ff.<br />

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durch Kommunen am Beispiel der Abfallwirtschaft, Difu-Papers, Berlin 2009.<br />

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Yarrow (1986): George Yarrow, Privatization in Theory and Practice, in: Economic<br />

Policy 1986, S. 323 ff.<br />

101


Die Teilnehmer der Tagung<br />

Prof. Dr. Gerold Ambrosius, Universität Siegen<br />

Prof. Dr. Thorsten Beckers, Technische Universität Berlin<br />

Dr. Heinz Bolsenkötter, WIBERA Wirtschaftsberatung AG, Düsseldorf<br />

Prof. Dr. Dietmar Bräunig, Universität Gießen<br />

Prof. Dr. Helmut Brede, Universität Göttingen<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. Dietrich Budäus, Universität Hamburg<br />

Prof. Dr. Helmut Cox, Universität Duisburg-Essen<br />

Prof. Dr. Dietrich Dickertmann, Universität Trier<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Eichhorn, Universität Mannheim<br />

Prof. Dr. Wolf Gottschalk, Universität Göttingen<br />

Franz-Josef Gräf, WIBERA Wirtschaftsberatung AG, Düsseldorf<br />

Benjamin Haas, Universität Köln<br />

Prof. Dr. Gerhard Hammerschmid, Hertie School of Governance, Berlin<br />

Wilhelm Georg Hanss, Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) GmbH<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Jenkis, Universität Dortmund<br />

Dr. Ulrich Kirchhoff, Landesbank Hessen-Thüringen, Frankfurt/M.<br />

Prof. Dr. Markus Krajewski, Universität Bremen<br />

Jens Lattmann, Deutscher Städtetag, Berlin<br />

Wolf Leetz, ehem. <strong>Bundesverband</strong> <strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong> – Deutsche Sektion des<br />

CEEP, Berlin<br />

Prof. Dr. Thomas Lenk, Universität Leipzig<br />

Reiner Metz, Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, Köln<br />

Prof. Dr. Holger Mühlenkamp, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />

Speyer<br />

Prof. Dr. Werner Noll, Universität Würzburg<br />

Erhard Ott, Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Berlin<br />

Dr- Sven-Joachim Otto, WIBERA Wirtschaftsberatung AG, Düsseldorf<br />

Prof. Dr. Joh.-Christian Pielow, Ruhr-Universität Bochum<br />

Rainer Plaßmann, Stadtwerke Köln GmbH<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Püttner, Universität Tübingen<br />

Inge Reichert, Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP), Brüssel<br />

Prof. Dr. Manfred Röber, Universität Leipzig<br />

Prof. Dr. Christina Schaefer, Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin<br />

Dr. Andreas Schirmer, Kommunale Wasserwerke Leipzig GmbH<br />

Prof. Dr. Frank Schulz-Nieswandt, Universität Köln<br />

Dr. Dieter Steinkamp, RheinEnergie AG, Köln<br />

Prof. Dr. Ludwig Theuvsen, Universität Göttingen<br />

Prof. Dr. Dieter K. Tscheulin, Universität Freiburg<br />

Beatrix Widmer, <strong>Bundesverband</strong> <strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong> – Deutsche Sektion des<br />

CEEP e.V., Berlin<br />

103


Die Referenten/Autoren<br />

Prof. Dr. Gerhard Hammerschmid, Hertie School of Governance, Public Management<br />

and Financial Management, Friedrichstraße 180-184, 10117 Berlin,<br />

E-Mail: hammerschmid@hertie-school.org<br />

Dr. Ulrich Kirchhoff, Landesbank Hessen-Thüringen, Main-Tower, Neue Mainzer<br />

Straße 52-58, 60311 Frankfurt/M., ulrich.kirchhoff@helaba.de<br />

Prof. Dr. Markus Krajewski, Universität Bremen, Sonderforschungsbereich 597,<br />

„Staatlichkeit im Wandel“, Linzer Straße 9a, 28359 Bremen,<br />

E-Mail: markus.krajewski@sfb597.uni-bremen.de<br />

Prof. Dr. Manfred Röber, Universität Leipzig, Verwaltungsmanagement / New Public<br />

Management, Grimmaische Straße 12, 04109 Leipzig,<br />

E-Mail: roeber@wifa.uni-leipzig.de<br />

104


Beiträge zur öffentlichen Wirtschaft<br />

Bisher sind erschienen:<br />

Heft 31 Zukunft der öffentlichen Wirtschaft Referate einer vom Wissenschaftlichen Beirat des<br />

<strong>Bundesverband</strong>es <strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong> veranstalteten Tagung (2009)<br />

Heft 30 Renaissance der Kommunalwirtschaft? Referate eines Symposiums der Gesellschaft<br />

für öffentliche Wirtschaft, des <strong>Bundesverband</strong>es <strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong> – Deutsche<br />

Sektion des CEEP, des Verbandes kommunaler Unternehmen, des Verbandes Deutscher<br />

Verkehrsunternehmen und des Deutschen Städtetages (2009)<br />

Heft 29 Regulierung. Referate einer vom Wissenschaftlichen Beirat des <strong>Bundesverband</strong>es<br />

<strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong> veranstalteten Tagung (2009)<br />

Heft 28 Trennung von Infrastruktur und Betrieb – Königsweg öffentlicher Aufgabenerledigung?<br />

Referate eines Symposiums der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft, des<br />

<strong>Bundesverband</strong>es <strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong> – Deutsche Sektion des CEEP, des Verbandes<br />

kommunaler Unternehmen, des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen und<br />

des Deutschen Städtetages (2008)<br />

Heft 27 Corporate Governance in der öffentlichen Wirtschaft. Referate eines Symposiums<br />

der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft, der Deutschen Sektion des Europäischen<br />

Zentralverbandes der öffentlichen Wirtschaft (CEEP), des Verbandes kommunaler Unternehmen,<br />

des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen, des Deutschen Städtetages<br />

und der Gesellschaft für Sozialen Fortschritt (2008)<br />

Heft 26 Auswirkungen der Globalisierung auf die öffentlichen Banken. Trennung von Infrastruktur<br />

und Betrieb. Referate einer vom Wissenschaftlichen Beirat der Gesellschaft für<br />

öffentliche Wirtschaft am 21./22. Februar 2007 veranstalteten Tagung (2008)<br />

Heft 25 Tendering or Direct Awarding of Public Services – Plea for the Right to Choose for<br />

(E) Territorial Authorities. On the Need for Legal Provi-sions on the In-house Concept<br />

in the European Union, Statement of the Scientific Council of the Gesellschaft für öffentliche<br />

Wirtschaft<br />

Heft 25 Ausschreibung oder Direktvergabe öffentlicher <strong>Dienstleistungen</strong> – Plädoyer für ein<br />

Wahlrecht der Gebietskörperschaften. Zur Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung<br />

des Inhouse-Begriffs in der Europäischen Union, Stellungnahme des Wissenschaftlichen<br />

Beirats der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (2007)<br />

Heft 24 Die Zukunft der öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong>. Referate einer vom Wissenschaftlichen<br />

Beirat der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft veranstalteten Tagung (2007)<br />

Heft 23 <strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong> für die Bürger. Wege zu Effizienz, Qualität und günstigen<br />

Preisen. Referate eines Symposiums der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft, der<br />

Deutschen Sektion des Europäischen Zentralverbandes der öffentlichen Wirtschaft<br />

(CEEP), des Verbandes kommunaler Unternehmen, des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen<br />

und des Deutschen Städtetages (2006)<br />

Heft 22 <strong>Öffentliche</strong> <strong>Dienstleistungen</strong> zwischen Eigenerstellung und Wettbewerb. Referate<br />

eines Symposiums der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft, der Deutschen Sektion des<br />

Europäischen Zentralverbandes der öffentlichen Wirtschaft (CEEP), des Verbandes kommunaler<br />

Unternehmen, des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen und der Gesellschaft<br />

für Sozialen Fortschritt (2005)<br />

Heft 21 Public Private Partnership: Formen – Risiken – Chancen. Referate eines Symposiums<br />

der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft, der Deutschen Sektion des Europäischen<br />

Zentralverbandes der öffentlichen Wirtschaft (CEEP), des Verbandes kommunaler<br />

Unternehmen und des Deutschen Städtetages (2004)<br />

Heft 20 Ausschreibungswettbewerb – obligatorisch für alle öffentlichen <strong>Dienstleistungen</strong>?<br />

Referate eines Symposiums der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft, des Verbandes<br />

kommunaler Unternehmen und des Deutschen Städtetages (2003)<br />

Heft 19 Rollenwechsel kommunaler Unternehmen. Referate eines Symposiums der Gesellschaft<br />

für öffentliche Wirtschaft. (2002)<br />

105


Heft 18 Die öffentliche Wirtschaft in Deutschland – Bestandsaufnahme zu Beginn des<br />

21. Jahrhunderts. Dokumentation der Deutschen Sektion des Europäischen Zentralverbandes<br />

der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) (2001)<br />

Heft 17 Sparkassen und Landesbanken in der Wettbewerbs- und Privatisierungsdiskussion.<br />

Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats der Gesellschaft für öffentliche<br />

Wirtschaft (1998)<br />

Heft 16 <strong>Öffentliche</strong> Unternehmen – eine Alternative zur Privatisierung. Referate eines Symposiums<br />

der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft und des Kommunalen Arbeitgeberverbandes<br />

Sachsen (1996)<br />

Heft 15 Europa, Wettbewerb und öffentliche <strong>Dienstleistungen</strong>. Bericht des CEEP und Vorschläge<br />

zur Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowie<br />

für eine Europäische Charta der <strong>Dienstleistungen</strong> von allgemeinem wirtschaftlichem<br />

Interesse (1996)<br />

Heft 14 Kommunale Wirtschaft zwischen Wettbewerb und Gemeindewirtschaftsrecht.<br />

Referate eines Symposiums der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (1995)<br />

Heft 13 Privatisierungsdogma widerspricht Sozialer Marktwirtschaft. Stellungnahme des<br />

Wissenschaftlichen Beirats der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (1994)<br />

Heft 12 Eigenbetrieb, Kapitalgesellschaft, Anstalt des öffentlichen Rechts – Rechtsformänderung<br />

bei den Berliner Eigenbetrieben? Referate eines Workshops der Gesellschaft<br />

für öffentliche Wirtschaft und des Senators für Verkehr und Betriebe von Berlin<br />

(1993)<br />

Heft 11 Die Zukunft der öffentlichen Wirtschaft in der Europäischen Gemeinschaft. Referate<br />

einer Vortragsveranstaltung der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (1992)<br />

Heft 10 Die Auswirkungen der EG-Richtlinien zum öffentlichen Auftragswesen auf die<br />

öffentlichen Unternehmen – Bestandsaufnahme und Verbesserungsvorschläge.<br />

Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft,<br />

Federführung: Rudolf Eiermann (1992)<br />

Heft 9 Die Unternehmen der Deutschen Bundespost als juristische Personen des öffentlichen<br />

Rechts – Alternativ-Vorschläge zur Postreform II. Stellungnahme des Wissenschaftlichen<br />

Beirats der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft, Federführung: Helmut Cox<br />

(1992)<br />

Heft 8 Die Unternehmen der öffentlichen Energieversorgung der Bundesrepublik<br />

Deutschland im europäischen Binnenmarkt. Stellungnahme des Wissenschaftlichen<br />

Beirats der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft, Federführung: Paul Münch (1991)<br />

Heft 7 Die öffentlichen Eisenbahnen in der Bundesrepublik Deutschland angesichts der<br />

Vollendung des EG-Binnenmarktes. Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats<br />

der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft, Federführung: Achim von Loesch (1991)<br />

Heft 6 <strong>Öffentliche</strong> Kreditinstitute in der Bundesrepublik Deutschland und EG-Binnenmarkt.<br />

Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats der Gesellschaft für öffentliche<br />

Wirtschaft, Federführung: Peter Eichhorn (1990)<br />

Heft 5 <strong>Öffentliche</strong> Unternehmen und soziale Marktwirtschaft – Aktueller Handlungsbedarf<br />

im Umstrukturierungsprozeß der DDR. Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats der<br />

Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft, Federführung: Dietrich Budäus (1990)<br />

Heft 4 Abfallentsorgung und ihre Finanzierung als Aufgaben öffentlicher Unternehmen.<br />

Referate und Diskussionsbericht einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung der Gesellschaft<br />

für öffentliche Wirtschaft (1989)<br />

Heft 3 Gemischtwirtschaftlichkeit und öffentliche Aufgabe. Referate und Diskussionsbeiträge<br />

einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft<br />

und Gemeinwirtschaft (1988)<br />

Heft 2 Thesen zur künftigen Struktur der Deutschen Bundespost. Stellungnahme des<br />

Wissenschaftlichen Beirats der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft<br />

zur Neuordnung der Deutschen Bundespost, Federführung: Helmut Cox (1988)<br />

Heft 1 Peter Eichhorn: Forschung und Entwicklung und öffentliche Unternehmen (1986)<br />

106

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