Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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392 Dokumentation}<br />
den ich erwische. Ich kann leider nicht alle Garnisonen kontrollieren; dazu langt meine<br />
Zeit nicht. Aber ich gehe hier und da einmal in ein Bataillon hinein.<br />
Neulich war es ganz interessant, da kam ein anständiger Bataillonskommandeur<br />
und sagte : Kann ich nicht meine Rekruten los werden? Ich biete die seit drei Monaten<br />
an, 400 ausgebildete Rekruten, aber kein Mensch nimmt sie mir ab .— Ich bin überzeugt,<br />
das passiert noch öfter. Das ist nun ein sehr anständiger Mann gewesen Ich werde mir<br />
in Kürze einmal ansehen, hier das Bataillon, dort die Schreibstube, da ein Wehrbezirkskommando,<br />
da etwas anderes, und ich werde genau so, wie ich es: in der SS- und<br />
Polizei machte, sagen: Ich habe den Hauptmann oder Major Soundso bestraft, degradiert,<br />
eingesperrt oder dies und jenes mit ihm gemacht, weil er usw. Das kommt dann<br />
an alle Herren Offiziere, an alle Kommandeure, dann wissen die der Reihe nach, das<br />
darf man nicht tun, wenn man dabei erwischt wird, verliert man den Kopf. Dann<br />
kommt der nächste Fall. Da sage ich :Ich habein dem Fall das und das gemacht. Dann<br />
sagen die: Ach verflucht, das darf man auch nicht tun. So muß man das wie eine<br />
Hecke beschneiden, dann wird allmählich etwas daraus, dann kriegt es allmählich<br />
eine Form.<br />
Ich darf aber noch einmal sagen: Ich bitte dabei, insgesamt von mir keine Zauberei<br />
zu erwarten. Das wird Monate brauchen. Ich <strong>für</strong>chte, bis das Letzte vollendet ist, wird<br />
es Jahre brauchen. Denn es ist klar, allmählich muß daraus die neue Armee erwachsen.<br />
Ich habe den Namen dieser Armee in meinem Tagesbefehl ebenfalls angedeutet:<br />
die nationalsozialistische Volksarmee. Ich habe den Führer gebeten - und der Führer<br />
hat das genehmigt—, daß die neuen Divisionen, die jetzt herauskommen, den Namen<br />
Volksgrenadierdivisionen erhalten. Es wird also von dem Begriff Reichswehr und<br />
allem, was damit zusammenhing, weggegangen.: Wir müssen ja einen Namen finden<br />
und ich glaube, das, was wir jetzt machen, ist der heilige Volkskrieg, und die Armee,<br />
die diesen Krieg gewinnen muß und mitgewinnen muß, ist die nationalsozialistische<br />
Volksarmee, wobei klar ausgedrückt ist, sie kann nur weltanschaulich-politisch nationalsozialistisch<br />
ganz klar ausgeprägt sein 40 .<br />
Ich komme nun zum Abschluß. Ich glaube, wir alle waren in unserem Leben noch<br />
kaum so glücklich wie am Abend des 20. Juli. Denn uns allen ist nicht nur in unserer<br />
Liebe zum Führer, sondern auch bei unserem politischen Blick und unserer politischen<br />
Erfahrung furchtbar aufgegangen — wie mit einem Meteorlicht --, was geschehen<br />
wäre, wenn der Herrgott hier die Hand nicht dazwischengehalten hätte. Das wäre der<br />
Untergang unseres großdeutschen Reiches, der Untergang unseres Volkes gewesen.<br />
Die Gefahr der Gesamtverschwörung war riesengroß! Wenn Sie die Einzelbefehle<br />
durchlesen, dann kann einem wirklich anders werden über so viel Idiotie. Ich will<br />
40 An dieser Stelle treten die konkreten Vorstellungen, die Himmler vom .zukünftigen<br />
deutschen Heere hatte, besonders klar hervor. Die „Nationalsozialistische Volksarmee" sollte<br />
ihre Entwicklung vom Ersatzheer aus nehmen, u.a. in der Weise, daß die neugebildeten<br />
„Volksgrenadierdivisionen" und "Volksartilleriekorps" Himmlers Gerichtsbarkeit unterstellt<br />
wurden. Die vom Heerespersonalamt (Burgdorf) besonders ausgesuchten Offiziere, dieser Formationen<br />
durften nicht in andere Heeresteile versetzt werden. Der genannte Tagesbefehl<br />
an das Ersatzheer wird vom „Völkischen Beobachter" vom 3. August 1944 unter der Überschrift<br />
„Der Reichsführer SS an die nationalsozialistische Volksarmee" wiedergegeben; im<br />
Kommentar dazu heißt es: „. . . Die Berufung des Reichsführers SS durch den Führer war<br />
daher auch eine gleichnishafte Tat. Die innere Vermählung zwischen Partei und Wehrmacht<br />
. . . ist heute . . .lebendige Wirklichkeit geworden ..." Schon am 28. Juli hatte Wilhelm:<br />
Weiss im „Völkischen, Beobachter" den bislang stets betonten entwicklungsgeschichtlichen<br />
Zusammenhang mit der Armee von 1914 geleugnet und die „Armee des nationalsozialistischen<br />
Reiches" als eine „Revolutionsarmee" bezeichnet.