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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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364 Dokumentation<br />

barer Hand immer hinter der Front hierhin und dorthin geschoben wurden. Sie<br />

kamen aber niemals nach vorn an die Front. 8<br />

Zum Schluß die Tatsache des Zusammenbruchs. Ohne Zweifel — das wissen wir als<br />

Nazis ganz genau — war die Revolution eine kommunistische, bolschewistische, sozialdemokratische.<br />

Das wissen wir, das ist uns ja geläufig. Es war einesteils der Aufstand<br />

des enttäuschten, anständigen deutschen Landsers — von dem aber noch am wenigsten<br />

— oder des enttäuschten und in diesen Jahren niemals richtig behandelten deutschen<br />

Arbeiters, zum großen Teil aber der Aufstand der Untermenschen, der Aufstand<br />

der Deserteure, der Juden, der Asozialen, der Kriminellen.<br />

Es war selbstverständlich, daß wir das in unserer ganzen Propaganda, in unserer<br />

ganzen Aufklärung im Volk absolut in den Vordergrund schoben. Wir müssen uns<br />

aber in diesem engsten Gremium darüber klar sein, das wäre niemals passiert, wenn<br />

die obere Führung damals Werte gehabt hätte, und wenn die obere Führung damals<br />

ihren Eid, den sie doch geschworen hatte und dessen Tradition von Jahrhunderten<br />

sie in sich trug, mindestens in ihren Worten gehalten hätte. Wenn die Generalität<br />

des Weltkrieges im Jahre 1918 und dieser damals dabei beteiligte Teil des Generalstabes<br />

nicht die Nerven verloren hätten, so hätte der Aufstand, die Revolution der<br />

Soldatenräte nicht passieren können. Feststellen müssen wir auf jeden Fall — und<br />

die Geschichte wird das sehr unbarmherzig tun, denn sie ist unsentimental —,<br />

daß die Generale damals ihren Obersten Kriegsherrn im Stiche ließen und ihm den Rat<br />

gaben, in das Ausland zu gehen.<br />

Nun kommt aus diesem Zusammenbruch und aus dieser furchtbaren Niederlage<br />

der Aufbau in den, möchte ich fast sagen, Aufstandsjahren: Ruhrgebiet, München,<br />

Räterepublik usw., alles, was wir ja miterlebt haben, und der Aufbau der Reichswehr.<br />

Sie wird maßgeblich aufgebaut vom Generalstab. Es ist <strong>für</strong> mich und <strong>für</strong> uns alle,<br />

glaube ich, dabei eine Tatsache, die nicht so ganz von ungefähr ist — das dürfen wir<br />

in dem Kreise auch sagen —, daß als fähig bekannte Offiziere, Generalstäbler und<br />

Kommandeure, die sich später — und sehr rasch — in ihrer ganzen Einstellung als<br />

Nationalsozialisten bekannten — ich erinnere nur an den Parteigenossen Hierl und<br />

den Parteigenossen v. Epp —, sehr bald aus dieser Armee verschwinden müssen, daß<br />

sie sehr bald nicht mehr drin sind. 9<br />

8<br />

Für diese Behauptung hat sich in den bisherigen Forschungen zur Geschichte des ersten<br />

Weltkrieges kein Anhalt gefunden.<br />

9<br />

Zwar hatte Epp sich im Krieg sehr bewährt, jedoch war ihm nach Verlassen der Kriegsakademie<br />

1899 lediglich die Befähigung zur höheren Adjutantur und nur sehr bedingt die<br />

Generalstabseignung zuerkannt worden. Gleichwohl wurde er im September 1921 noch zum<br />

Generalmajor befördert. Sein Ausscheiden aus der Reichswehr erfolgte nicht so sehr wegen<br />

seiner Sympathie <strong>für</strong> Hitler und seiner Beziehungen zur NSDAP schlechthin. Vielmehr mußte<br />

Epp gehen, weil in die Öffentlichkeit drang, er habe über Dietrich Eckart dem „Völkischen<br />

Beobachter" ein beträchtliches Darlehn aus eigenen Mitteln zukommen lassen, und weil er<br />

in der bayerischen Truppe die „Heimatlandbriefe" hatte versenden lassen, in denen an der<br />

Politik der Reichsregierung scharfe Kritik geübt wurde. Seeckt hat Epp zunächst nur mit<br />

einem einfachen Verweis wegen „schweren Vergehens gegen § 30 des Wehrgesetzes" (der<br />

eine politische Beeinflussung der Truppe verbot) bestrafen und ihn erst auf Druck des Reichswehrministeriums<br />

fallen lassen.<br />

Hierl war bei Kriegsende Major, und schon am 1. April 1922 hatte er den Rang eines<br />

Obersten erreicht. Obwohl er eine beachtliche publizistische Tätigkeit entfaltete und dabei<br />

oft schärfste Kritik an der Reichsregierung übte, erfolgte sein Ausscheiden aus der Reichswehr<br />

mehr auf eigenen Wunsch als auf Druck irgendwelcher vorgesetzten Stellen. Als Offizier war<br />

es ihm verwehrt, seine ausgeprägten politischen Neigungen in dem von ihm gewünschten<br />

Maße zu verwirklichen. So nahm er am 30. September 1924 den Abschied. Wenig später

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