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Erschweren der Sterbehilfe<br />

hat ernste Folgen<br />

Das Verwehren von humanem Sterben führt nicht selten zu Verzweiflungstaten.<br />

Sterbehilfe für Todkranke ist seit<br />

Jahren ein Thema. Die für Verzweifelte<br />

ist ein Tabu. Trotzdem greifen<br />

immer wieder Rentner zur [Selbsthilfe].<br />

Lebensabend, das klingt nach<br />

einem erfüllten Dasein. Doch oft<br />

ist das eine Illusion. «Viele sind am<br />

Ende ihres Lebens extrem verzweifelt»,<br />

sagt Elke Baezner, Präsidentin<br />

der Deutschen Gesellschaft für humanes<br />

Sterben (DGHS). Sie kennt<br />

sie, die Situationen, in denen Menschen<br />

sich «eine Tüte über den Kopf<br />

ziehen». Oder Familienmitglieder<br />

bitten, ihnen beim Freitod zu helfen.<br />

«Das ist doch eine entwürdigende<br />

Vorstellung.»<br />

Nicht nur eine Vorstellung. Es<br />

passiert, dass Angehörige ihren Partner<br />

umbringen – weil sie Mitleid haben.<br />

In einer Gesellschaft, in der die<br />

alten Menschen oft keine Ansprechpartner<br />

finden, müssten sich die<br />

Gerichte verstärkt mit solch dramatischen<br />

Fällen befassen, so Baezner.<br />

[...] Diese Menschen bräuchten zunächst<br />

Gesprächspartner. Ärzte, die<br />

zuhören, die Mut machen. Oder sogar<br />

den Wunsch zu sterben akzeptierten.<br />

«In der Schweiz gibt es die<br />

Möglichkeit, dass auch bei diesen<br />

Menschen Hilfen zum Beenden des<br />

Lebens toleriert werden. Ich kämpfe<br />

dafür, dass das auch in Deutschland<br />

mit allen erdenklichen Sorgfalts-Vorkehrungen<br />

möglich wird», so Baezner.<br />

WESTEN | 18.11.2010<br />

Gewalt im Alter ist nicht neu. Betagte<br />

können aus diversen Gründen<br />

tätlich werden. Vor einem Monat hat<br />

in Rupperswil ein 64-jähriger Mann<br />

seine 73-jährige, schwer kranke<br />

Frau erdrosselt. [...] Am Wochenende<br />

brachte ein 85-jähriger Rentner<br />

in Küttigen vorerst seine 77-jährige<br />

Gattin um und richtete sich anschliessend<br />

selber. Nachbarn und<br />

Bekannte der betagten Paare, die<br />

bis anhin eher unauffällig in ihren<br />

kleinen Gemeinden gelebt haben,<br />

erachten in beiden Fällen einen<br />

Zusammenhang mit dem Alter und<br />

Gesundheitszustand der Opfer als<br />

wahrscheinlich. [...] Suizide von Betagten<br />

sind in sozialisierten Ländern<br />

wie der Schweiz keineswegs selten.<br />

Josef Sachs, Leiter Gerichtspsychiatrie<br />

der Psychiatrischen Dienste Aargau<br />

(PDAG), spricht von einem Drittel<br />

aller registrierten Suizide, welche<br />

auf diese Altersgruppe fallen.<br />

Eine Einschätzung, die sein Kollege<br />

Dan Georgescu, Leiter Alterspsychiatrie<br />

der PDAG, teilt: «Die<br />

Familienstrukturen von einst sind<br />

am Verschwinden. Es gibt immer<br />

mehr Fälle, in denen hochbetagte,<br />

kranke Menschen gänzlich auf sich<br />

PRESSESCHAU<br />

gestellt sind.» Da pflege ein 82-jähriger<br />

Mann beispielsweise seine<br />

81-jährige, kranke Ehefrau und könne<br />

dabei im besten Falle noch auf die<br />

Hilfe der Spitex zählen. Das führe<br />

mitunter zu Belastungen, denen betagte<br />

Menschen auf die Dauer nicht<br />

mehr gewachsen seien. [...] Klar ist<br />

für Dan Georgescu jedoch, dass die<br />

so genannte Multimorbidität, also<br />

die Konzentration verschiedener<br />

Krankheiten beim gleichen Menschen,<br />

gegenüber früher deutlich<br />

höher ist: «Früher wurde jemand demenzkrank<br />

und ist nach vergleichsweise<br />

kurzer Zeit daran gestorben.<br />

Mit den heutigen Möglichkeiten leben<br />

diese Menschen weiter und zur<br />

Demenzkrankheit kommen im Laufe<br />

der Jahre weitere Leiden dazu.» Diese<br />

Multimorbidität mache die Pflege<br />

und die Betreuung von älteren Menschen<br />

keineswegs einfacher, betont<br />

Georgescu.<br />

AZ |17.11.2010<br />

von Toni Widmer<br />

EXIT-INFO 4/2010 23

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