Deutsch (PDF) - Center for Security Studies (CSS) - ETH Zürich
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menarbeiten, die auch das Sicherheitsdilemma eliminiert, tritt eine organisierte<br />
militärische Gewaltanwendung nicht mehr auf.<br />
Bevor aus diesem theoretischen Befund die politisch-praktischen Konsequenzen<br />
für die europäische Neuordnung gezogen werden, muss eine Differenzierung<br />
nachgetragen und müssen die beiden noch verbleibenden weiteren Gewaltursachen<br />
wenigstens andiskutiert werden. Die Differenzierung betrifft den Grad<br />
der Demokratisierung. Demokratien, die den hier unterstellten Grad von Partizipation<br />
bei den aussenpolitischen Entscheidungsprozessen bereits aufweisen,<br />
existieren gegenwärtig nicht. Die westlichen Demokratien können bestenfalls für<br />
sich· in Anspruch nehmen, auf dem Wege zu einer solchen Vervollkommnung zu<br />
sein; gegenwärtig entscheidet in ihnen, wenn auch nicht mehr ausschliesslich,<br />
das politische System und darin wiederum die Exekutive. Einen sehr anschaulichen<br />
Einblick gewährte die Entscheidung der Regierung Bush zUm. Gewalteinsatz<br />
gegen den Irak: Es bedurfte einer sehr geschickten Handhabung der internen<br />
wie der externen Öffentlichkeit und eines ebenso geschickten Zeitmanagements,<br />
um der Legislative die Zustimmung, wenn auch knapp, abzugewinnen.<br />
Solange die demokratische Partizipation nicht vollständig ausgebildet ist, können<br />
sich in den von der gesellschaftlichen Kontrolle ausgesparten Nischen des<br />
Entscheidungssystems spezielle Interessen einnisten und versuchen, das politische<br />
System für ihre Zwecke einzusetzen. Schon James Mill hat Anfang des 19.<br />
Jahrhunderts darauf aufmerksam gemacht, dass hier der grösste Vervollkommnungsbedarf<br />
der Demokratien liegt. Solange er ausbleibt, können die "Wenigen"<br />
zu Lasten der "Vielen" das politische System und dessen Gewaltmonopol für ihre<br />
Zwecke manipUlieren. Der europäische Imperialismus im letzten Drittel des 19.<br />
und im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts bietet die Anschauungsbeispiele. Auf<br />
einschlägige Residuen verweist das Theorem des militärisch-industriellen Komplexes,<br />
verweist auch der massive, die Gewaltanwendung befördernde Waffenexport<br />
aus der industrialisierten Welt.<br />
Um die im Begriff der Demokratie liegende gesellschaftliche Partizipation im<br />
umfassenden Sinn zu gewährleisten, muss Macht dezentralisiert werden, damit<br />
sie der lokal-regionalen Kontrolle zugänglich wird. Damit werden dann auch gesellschaftliche<br />
Akteure, die sich vom Einsatz der militärischen Gewalt des politischen<br />
Systems in der internationalen Umwelt die Beförderung ihrer Ziele versprechen,<br />
an der Ausführung dieses Vorhabens gehindert. Erst dann wird das de-