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Demokratie- theorien

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68 Tei/1: moderner <strong>Demokratie</strong><strong>theorien</strong><br />

lischen Staatsformentheorie - mit der Analyse idealtypisch gezeichneter Staatsformen.<br />

Wie bei Aristoteles ist Montesquieus Ausgangspunkt die Politik, die<br />

Regelung der öffentlichen Angelegenheiten. Die Politik ist das Zentrum von Staat<br />

und Gesellschaft. Deshalb sieht Montesquieu den Schlüssel zum Verstehen des<br />

allgemeinen Zustandes eines Landes und seiner Geschichte in der Analyse der<br />

Staatsverfassung nicht in der Ökonomie, wie in den Wirtschaftswissenschaften,<br />

der Wirtschaftssoziologie oder der marxistischen Politischen Ökonomie, und<br />

auch nicht vorrangig in der Gesellschaft, wie in der modernen Soziologie.<br />

3.2 Montesquieus Staatsformenlehre<br />

Montesquieus Staatsformenlehre reflektiert die Kenntnis der antiken Republiken,<br />

der Kleinstaaten Italiens und Deutschlands sowie der Monarchien des neuzeitlichen<br />

Europas. Montesquieu klassifiziert die Staatsverfassungen mit einem Dreierschema,<br />

im Unterschied zum Zwei-Variablen-Schema der Ersten Staatsformenlehre<br />

des Aristoteles. Die Zahl der Herrschenden, die Art der Souveränitätsausübung<br />

und die Differenz zwischen Mäßigung und Despotie sind die Hauptgrößen<br />

(Aron 1968: 24ff.). Montesquieus Staatsformenlehre stützt sich nicht länger<br />

auf die Unterscheidung von Einerherrschaft Herrschaft der Wenigen und Herrschaft<br />

der Vielen, sondern auf eine neue Typologie. Ihre Grundformen sind die<br />

Despotie, die Monarchie und die Republik. In der Despotie richtet "ein einzelner<br />

Mann ohne Regel und Gesetz alles nach seinem Willen und Eigensinn". Monarchisch<br />

ist jene Regierungsform, "bei der ein einzelner Mann regiert, jedoch nach<br />

festliegenden und verkündeten Gesetzen". Als republikanisch stuft Montesquieu<br />

die Regierungsform ein, in der "das Volk als Körperschaft bzw. bloß ein Teil des<br />

Volkes die souveräne Macht besitzt" (De l' Esprit des Loix II).<br />

Die Republik gliedert Montesquieu in zwei Unterformen: Aristokratie und<br />

<strong>Demokratie</strong>. Sobald "das Volk als Körperschaft die souveräne Macht besitzt,<br />

haben wir eine <strong>Demokratie</strong> vor uns. Sobald die souveräne Macht in den Händen<br />

eines Teils des Volkes liegt, heißt sie Aristokratie" (De l'Esprit des Loix II, 2). Die<br />

<strong>Demokratie</strong> ist für Montesquieu die Staatsform, in der das Volk die gesetzgebende<br />

Gewalt ausübt und in der ihm grundsätzlich die Entscheidung über die Verfassungs-<br />

und Einzelgesetzgebung obliegt. Allerdings ist dabei nicht an die unteilbare<br />

Souveränität wie bei Bodin, Hobbes und später Rousseau gedacht, sondern<br />

an die Befugnis zur Wahl der zur Führung der Staatsgeschäfte geeigneten<br />

Organe der Beratung und Regierung. An ein Ratskollegium oder einen Senat<br />

denkt Montesquieu hierbei und an die Ernennung der Minister durch das Volk.<br />

<strong>Demokratie</strong>"<br />

Dass die Stimmabgabe des Volkes öffentlich erfolgt, wertet Montesquieu als "ein<br />

grundlegendes Gesetz der <strong>Demokratie</strong>" (ebd.). Im Unterschied dazu sollen die<br />

Abstimmungen in der Legislative und der Regierung geheim sein - den heutzutage<br />

geltenden Gepflogenheiten mithin entgegengesetzt.<br />

Wie schon in der aristotelischen Lehre, setzt Montesquieu die Staatsformen<br />

in Beziehung zur Sozialstruktur, wenngleich deren Untersuchung bruchstückhaft<br />

bleibt. Parallel zur Differenzierung zwischen Aristokratie, Monarchie und <strong>Demokratie</strong><br />

wird die Sozialstruktur zergliedert in Adel, König und Volk. Unter "Volk"<br />

versteht Montesquieu, wie seine Zeitgenossen, nicht das gesamte Volk, sondern<br />

"nur das vermögende Bürgertum" (Riklin 1989: 434). Das niedere Volk (le baspeuple)<br />

gilt ihm nicht als politisch wichtige Kraft. Wiederum in Übereinstimmung<br />

mit dem Zeitgeist besteht der Demos bei Montesquieu ausschließlich aus Männern.<br />

Diese Engführung des Demos-Begriffs teilt Montesquieu mit der Theorie<br />

und der Praxis der athenischen <strong>Demokratie</strong>. Allerdings hat die Sozialstruktur, die<br />

Montesquieus Schriften widerspiegeln, schon modernere Züge angenommen.<br />

Keimformen der bürgerlichen Gesellschaft zeichnen sich ab, beispielsweise der<br />

Aufstieg des Besitzbürgertums. Im Unterschied zur überlieferten <strong>Demokratie</strong>lehre<br />

betont Montesquieu aber die Notwendigkeit einer Repräsentativverfassung.<br />

Eine Versammlungsdemokratie nach althergebrachtem Muster hält er für ein<br />

Regime voller Nachteile (De l'Esprit des Loix XI, 6). Allerdings löst er sich noch<br />

nicht ganz von der traditionellen Auffassung, dass die <strong>Demokratie</strong> nur für übersehaubare<br />

Gemeinwesen passe. Der Natur der Republik entspreche ein kleines<br />

Territorium, so heißt es im VIII. Buch von De l'Esprit des Loix. Für mittelgroße<br />

Länder eigneten sich vor allem monarchische Staatsverfassungen und für Großreiche<br />

despotische Staatsformen.<br />

Montesquieus Lehre von den Staatsverfassungen erschöpft sich nicht in der<br />

Nachzeichnung der "Natur" der Regierungsformen, ihrer Struktur oder institutionellen<br />

Ordnung. Hinzu kommen kulturelle Größen, die "Gesinnung" der Staatsbürger,<br />

die die Institutionenordnung erst lebensfähig macht (Bubner 2002: 149f.).<br />

Von der "Natur" der Regierung unterscheidet Montesquieu nämlich ihr "Prinzip".<br />

Nur wer ihre "Natur" und ihr "Prinzip" berücksichtigt, kommt der Staatsform<br />

auf die Spur. "Ihre Natur macht sie zu dem, was sie ist, ihr Prinzip bringt<br />

sie zum Handeln", so heißt es in Oe /'Esprit des Loix (III, 1). Dieser Lehre zufolge<br />

regiert der Herrscher am besten, der nicht nur den Institutionen gerecht wird,<br />

sondern auch dem jeweiligen Prinzip. Die Erörterung der Prinzipien beginnt<br />

Montesquieu mit einem Paukenschlag: "Zum Fortbestand oder zur Stützung<br />

einer monarchischen oder einer despotischen Regierung ist keine sonderliche

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