2010-2 Tradition und Kultur - Schweizerischer Verband der ...
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Eierläset<br />
TRADITION UND KULTUR<br />
BASEL-LAND<br />
«Läufer». Während die «Leser» die<br />
Eier schön <strong>der</strong> Reihe nach auflesen<br />
<strong>und</strong> in eine mit Spreu gepolsterte<br />
Zaine legen o<strong>der</strong> werfen mussten,<br />
wobei jedes zerbrochene Ei ersetzt<br />
wurde, eilten die «Läufer» eine bestimmte<br />
Laufstrecke ab. Wer verlor,<br />
musste dann den Eierschmaus bezahlen.<br />
Sogar während des Zweiten Weltkrieges<br />
fiel das Eierlesen meistens<br />
nicht aus; weil die Eier rationiert waren,<br />
behalf man sich mit Kartoffeln<br />
o<strong>der</strong> sogenannten Eierbriketts. Für<br />
die «Leser» wurde es dadurch einfacher,<br />
denn diese «Eier» gingen nicht<br />
so schnell kaputt. Die Regeln des Eierlesens<br />
werden in je<strong>der</strong> Gemeinde<br />
speziell gestaltet, so werden auch immer<br />
wie<strong>der</strong> neue Gags erf<strong>und</strong>en, um<br />
die Eier ans Ziel zu beför<strong>der</strong>n. Am<br />
Schluss gibts Äierdätsch für alle.<br />
UFFERTWEGGE<br />
Jedes Lieschtler Kind erhält jeweilen<br />
an Auffahrt zur Mitttagszeit im Rathaus<br />
ein grosses Zackenweggli aus<br />
<strong>der</strong> Hand eines Stadtrats. Dies ist ein<br />
Uffertwegge Nünichlingler<br />
sehr alter Brauch aus dem Mittelalter.<br />
Die Sage spricht von einer adeligen<br />
Schlossdame, die auf dem Schauenburger<br />
Schlössli hauste <strong>und</strong> anno 1499,<br />
anlässlich <strong>der</strong> Schlacht von Dornach<br />
durch das Kriegsgeschrei <strong>der</strong> Liestaler<br />
Jugend vor einem Ueberfall <strong>der</strong><br />
feindlichen Habsburgertruppen bewahrt<br />
wurde <strong>und</strong> als Dank das Geld<br />
für diese Stiftung spendete.<br />
NÜNICHLINGLER<br />
Am Abend des 24. Dezember ziehen im<br />
Baselbieter Dorf Ziefen um 21.00 Uhr<br />
einige Dutzend meist jüngerer Männer<br />
schweigend, aber unter dem Getöse<br />
im Takt geschwungener Glocken auf<br />
traditioneller Route durch das Dorf.<br />
Voraus geht <strong>der</strong> grösste Bursche mit<br />
angehängtem weissem Bart, <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
Hand eine Stange mit russgeschwärztem<br />
Lappen trägt; wer den Kopf neugierig<br />
aus dem Fenster streckt, riskiert<br />
einen Russfleck aufgeklatscht<br />
zu erhalten. Die Männer sind alle in<br />
lange, dunkle Mäntel gekleidet <strong>und</strong><br />
tragen auf dem Kopf schwarze, zylin-<br />
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drische Hüte, die bis zwei Meter hoch<br />
sein können. Diese Kopfbedeckungen<br />
haben jedoch keine tiefere Bedeutung,<br />
sie entstanden im Laufe <strong>der</strong><br />
Zeit durch spielerischen Wettstreit<br />
<strong>der</strong> Teilnehmer um den höchsten Zylin<strong>der</strong>.<br />
Der heutige Umgang ist die<br />
seit etwa einem halben Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
gepflegte <strong>und</strong> «gesittetere» Form<br />
früherer wil<strong>der</strong> Umzüge, die in verschiedenen<br />
Dörfern des Kantons Basel -<br />
land seit dem Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
bekannt sind.<br />
Thomas de Courten,<br />
Geschäftsführer Basellandschaft -<br />
licher Bürgergemeinden, Liestal