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Einfache Antworten - Landeszentrale für politische Bildung Thüringen

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All das passte ganz hervorragend zu allem, was ich in Deutschland<br />

und Amerika erlebt hatte und so wurde ich schnell zu einem begeisterten<br />

Anhänger dieser Bewegung. Wir zogen in Wohngemeinschaften,<br />

mieteten Läden an, in denen wir unsere eigenen antiautoritären<br />

Kindergärten gründeten, demonstrierten gegen Krieg und Aufrüstung<br />

und entlarvten unsere Väter und Professoren als diejenigen, die<br />

mit ihrem autoritären Auftreten damals den Nationalsozialismus<br />

ermöglicht hatten und ihn auch wieder neu herbeiführen würden,<br />

wenn wir sie machen ließen wie sie wollten. Es waren erbitterte<br />

Wortgefechte.<br />

Damals wollten wir keine Regeln und Institutionen gelten lassen. In<br />

den Wohngemeinschaften herrschte totales Chaos, weil Ordnung als<br />

autoritär und faschistisch galt. Den Kindern wurde alles erlaubt<br />

außer, was sie selbst gefährden könnte. Sie sollten selbst herausfinden,<br />

was gut <strong>für</strong> sie ist und keiner Autorität glauben. Es war das<br />

Gegenteil von dem Satz: „Wer seine Kinder zu anständigen Bürgern<br />

erziehen will, muss von ihnen vor allem Gehorsam und Disziplin<br />

verlangen.“<br />

Aber vieles störte mich damals auch. Man konnte sich auf keinen<br />

verlassen. Absprachen wurden nicht gehalten. Was man nicht selbst<br />

machte, blieb in der Regel ungetan. Denn Diskussionen führten zu<br />

nichts. Es genügte zu sagen, dass man keine Lust hatte, keinen<br />

„Bock“ hatte, dies oder jenes zu tun, und es blieb ungetan. Es ist frustrierend,<br />

wie man damals sagte, um zu sagen, dass es keinen Spaß<br />

machte. Was angefangen hatte als eine Bewegung der scharfen Diskussion<br />

zerfiel in ein chaotisches Gebilde, in dem Argumente ersetzt<br />

wurden durch Äußerungen von Lust und Unlust.<br />

Als ich später selbst Professor und dann Rektor wurde, musste ich<br />

mich auf Leute verlassen können. Ich forderte von meinen Studentinnen<br />

und Studenten Leistungen und gab ihnen schlechte Noten,<br />

oder ließ sie durchfallen, wenn die Leistungen nicht genügten.<br />

Ich forderte von meinen Kollegen und Kolleginnen Zuarbeit und<br />

war aufgeschmissen als Rektor, wenn sie nicht kam. Heute weiß ich,<br />

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