02.10.2013 Aufrufe

als PDF-Dokument herunterladen - Filmstiftung Nordrhein-Westfalen

als PDF-Dokument herunterladen - Filmstiftung Nordrhein-Westfalen

als PDF-Dokument herunterladen - Filmstiftung Nordrhein-Westfalen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Erst einmal herzlichen<br />

Glückwunsch zum Silbernen Bären<br />

für „Gigante“. Auch der<br />

Hauptpreis in Berlin ging nach<br />

Südamerika. Was macht das<br />

südamerikanische Kino derzeit<br />

so interessant?<br />

Südamerika ist groß: Ich kann da nur<br />

für den Süden sprechen – Argentinien, Uruguay<br />

und Chile. Die Landschaft ist vital, auch<br />

im letzten Jahr hat ein brasilianischer Film<br />

den Goldenen Bären gewonnen, leider kam<br />

„Tropa de Elite“ nie in die deutschen Kinos.<br />

Um so mehr freut es mich, dass „Gigante“<br />

am 12. November bei Neue Visionen mit<br />

40 Kopien gestartet wird.<br />

Wie kam der Kontakt zwischen<br />

Pandora und dem Regisseur<br />

Adrian Biniez zu Stande?<br />

Durch die gemeinsame Arbeit an<br />

„Whisky“, wo Biniez eine kleine Rolle <strong>als</strong><br />

Musiker übernahm, und einige Abende in<br />

der Bar „La Ronda“ in Montevideo.<br />

Sowohl „El Custodio“ <strong>als</strong><br />

auch „Gigante“ haben ihr eigenes,<br />

entschleunigtes Tempo. Ist<br />

das typisch für Filme aus Südamerika?<br />

Nur für die Filme, die ich koproduziere.<br />

Ich denke, das ist eine gemeinsame Liebe<br />

zu einer gewissen Filmsprache. Wir haben<br />

alle viel von Aki Kaurismäki gelernt. Uruguay<br />

und Finnland haben einiges gemeinsam.<br />

Sie kennen die Produktionsbedingungen<br />

in Südamerika.<br />

Wie unterscheiden Sie sich von<br />

denen bei uns?<br />

Besseres Fleisch beim Catering, deutlich<br />

weniger Geld, aber eine sehr hohe Professionalität<br />

und Begeisterung bei allen Mitarbeitern.<br />

Die Bedingungen sind unterschiedlich:<br />

In Argentinien werden im Jahr<br />

40 Spielfilme produziert. Die Förderung ist<br />

für ein Schwellenland sehr stark, auch in<br />

schwierigen Zeiten. Dies gilt natürlich nicht<br />

für Uruguay, welches mit seinen drei Millionen<br />

Einwohnern überhaupt keine Filmförderung<br />

hat. Für die Finanzierung von „Gigante“<br />

haben wir drei Jahre gebraucht. Zum<br />

Glück haben wir durchgehalten. Chile wiederum<br />

ist das wirtschaftlich am meisten prosperierende<br />

Land in Südamerika, und auch<br />

die Filmindustrie wird dort zunehmend unterstützt.<br />

Generell ist jedoch die Vorgehensweise<br />

oft eine andere <strong>als</strong> bei uns: Bei kleineren<br />

Filme wird oft nur der Dreh finanziert,<br />

dann versucht man mit dem geschnittenen<br />

Material Geld für die Fertigstellung aufzutreiben.<br />

Das ist hier, noch, undenkbar.<br />

Spürt auch Südamerika die<br />

Folgen der weltweiten Finanzkrise?<br />

Die Krise in Südamerika ist dauerhaft.<br />

Ich versuche jetzt mehr, durch die dortigen<br />

Freunde eine gewissen Gelassenheit zu erlernen.<br />

Wir werden wohl auch in Europa ärmer<br />

werden, aber niemand wird verhungern.<br />

Unser Problem ist, dass wir in dem festen<br />

Glauben aufgewachsen sind, es ginge<br />

immer nur nach oben. In einem Land<br />

14<br />

Christoph Friedel,<br />

Foto: Pandora<br />

Auf der Berlinale konnte sich Christoph Friedel über einen Silbernen Bären für den von ihm pro-<br />

duzierten Film „Gigante" freuen. Der Pandora-Produzent gilt <strong>als</strong> Südamerika-Experte und hat<br />

bereits Filme wie „Whisky" und „EI Custodio" auf den Weg gebracht. Kurz vor einer erneuten<br />

Südamerika-Reise sprachen wir mit dem Kölner über den Umgang mit der Krise auf dieser und<br />

der anderen Seite des Atlantiks.<br />

wie in Argentinien denkt man eher in Wellen,<br />

in Ebbe und Flut.<br />

2002 erlebte Argentinien einen<br />

Staatsbankrott. Danach gewannen<br />

argentinische Filmemacher<br />

international viele Preise. Wie<br />

kann man das erklären?<br />

Gibt es eine Korrelation zwischen Krise<br />

und Kreativität in der Kunst? Ich weiß es<br />

nicht, scheinbar ist es so. Obwohl viele der<br />

ausgezeichneten Filme aus einem eher<br />

bourgeoisen Milieu stammen, gehen sie<br />

doch mit dem Thema des Niedergangs<br />

auch in ihrem Umfeld sehr filmisch um. Argentinien<br />

ist generell ein Land mit einer hohen<br />

künstlerischen Tradition, und die Stellung<br />

des Kinos innerhalb der Kunst ist ähnlich<br />

hoch wie in Frankreich. Außerdem<br />

wuchs die Wirtschaft nach einem desaströsen<br />

ersten Jahr nach dem Bankrott wieder<br />

stark, und die Förderung blieb die ganze Zeit<br />

relativ konstant.<br />

Mir fällt noch ein anderer Unterschied<br />

zum deutschen Kino auf: In Argentinien gibt<br />

es bisher keinerlei Beteiligung des Fernsehens<br />

am Kino.<br />

Welche Auswirkungen der<br />

Finanzkrise erwarten Sie für Ihre<br />

Arbeit mit Pandora?<br />

Pandora hat nie in erster Linie nach<br />

kommerziellen Gesichtspunkten gearbeitet.<br />

Mit wichtigen Preisen auf allen vier A-Festiv<strong>als</strong><br />

im letzten Jahr („Tulpan“ in Cannes, „33<br />

Szenen“ in Locarno, „Teza“ in Venedig und<br />

nun „Gigante“ in Berlin) blicken wir auf unser<br />

künstlerisch erfolgreichstes Jahr zurück.<br />

Die genannten Filme stammen im übrigen<br />

aus vier Erdteilen. Wirtschaftlich geht es uns<br />

nicht so gut, wie die Preise dies vermuten<br />

Interview Christoph Friedel<br />

Apfelbäume<br />

pflanzen<br />

Leonore<br />

Svarcas in<br />

„Gigante“:<br />

Foto: Control<br />

Z Films,<br />

Montevideo<br />

lassen sollten. Wir können nur hoffen und<br />

bescheiden bleiben.<br />

Spüren Sie die Krise bereits<br />

konkret?<br />

Unsere momentan größte Bedrohung<br />

liegt in der Aussetzung der Förderung der<br />

FFA. Uns sind bereits Fördertermine gestrichen<br />

worden, und Referenzmittel können<br />

nicht abgerufen werden. Dies bedroht ganz<br />

newsletter 2/2009 – Schwerpunkt<br />

massiv Dreharbeiten für den Sommer und<br />

Herbst und geht damit an unsere Existenz.<br />

Ironischerweise gefährdet uns nicht Lehmann<br />

Brothers sondern die UCI Kinokette.<br />

Welchen Tipp haben Sie für<br />

ein erfolgreiches Finanzkrisenmanagement?<br />

Land in Uruguay kaufen und getreu<br />

Martin Luther dort und hier Apfelbäume<br />

pflanzen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!