als PDF-Dokument herunterladen - Filmstiftung Nordrhein-Westfalen
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Am Rande der Berlinale luden die <strong>Filmstiftung</strong> NRW, die Andrzej<br />
Wajda Master School of Film Directing Warsaw und das Polnische<br />
Institut Düsseldorf zu einer Diskussionsrunde ein.<br />
„Tabus brechen – oder die Kunst des Konformismus“<br />
Kein Selbstzweck<br />
VON TINA THIELE<br />
Seit Jahren pflegt die <strong>Filmstiftung</strong> NRW enge<br />
Beziehungen zum Filmland Polen. Nachdem<br />
im letzten Jahr die Kooperationsmöglichkeiten<br />
diskutiert wurden, stand in diesem Jahr die inhaltliche<br />
Auseinandersetzung im Fokus. Nach<br />
der Begrüßung durch Michael Schmid-Ospach,<br />
dem Geschäftsführer der <strong>Filmstiftung</strong> NRW, eröffnete<br />
der Oscar-Preisträger Andrzej Wajda,<br />
Gründer der Master School of Film Directing, die<br />
Diskussion. Sein neuster Film „Sweet Rush“ lief<br />
im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale.<br />
Laut Wajda können Filmbilder<br />
gesellschaftliche, politische<br />
und ethische Ereignisse kompromissloser<br />
darstellen <strong>als</strong> das gesprochene<br />
Wort, denn im Gegensatz zu<br />
Sprache lassen Bilder einen größeren<br />
Interpretationsspielraum zu und fallen<br />
so der Zensur seltener<br />
zum Opfer. Die<br />
Kunst der gezielten<br />
Auslassung hat gerade<br />
in Polen zu der Entwicklung<br />
einer eigenständigen<br />
Filmsprache geführt.<br />
Sein Anspruch <strong>als</strong><br />
Künstler ist daher, „bildliche Metaphern zu schaffen,<br />
die in den Köpfen der Zuschauer bleiben“.<br />
Teilnehmer der darauf folgenden Gesprächsrunde<br />
waren auf deutscher Seite die Regisseure<br />
Hans-Christian Schmid und Jan Bonny<br />
sowie die Schauspielerin Sandra Hüller. Aus<br />
Polen nahmen die Filmemacher Agnieszka<br />
Smoczynska, Filip Marczewski, Maciej Sobieszczanski<br />
und der Produzent Michael Kwiecinski<br />
(„Katyn“ und „Sweet Rush“) teil. Der polnische<br />
Filmkritiker und Publizist Tomasz Raczek moderierte<br />
das Gespräch, welches simultan in beide<br />
Sprachen übersetzt wurde.<br />
Im ersten Teil der Diskussion versuchten sich<br />
die Teilnehmer an einer Definition des Begriffs<br />
„Tabu“. Die Bandbreite reichte von persönlichen<br />
Haltungen wie bei Sandra Hüller, die die innere<br />
Haltung betont und Tabu definiert <strong>als</strong> „Mut,<br />
mit sich selbst ins Gericht zu gehen“. Andere<br />
Definitionen betonten eher den äußeren Aspekt,<br />
wie bei Maciej Sobieszczanski, der auf das Tabu<br />
„katholische Gesellschaft“ in Polen hinwies,<br />
und bei Filip Marczewski, der von seinen Erfahrungen<br />
während des Studiums berichtete, wo<br />
ein Drehbuch über die inzestuöse Liebe zwei-<br />
12<br />
er Geschwister diskussionslos im Mülleimer landete,<br />
weil sein Dozent das Buch „unmoralisch“<br />
fand. Hans-Christian Schmid stellte fest: „Ich habe<br />
noch nie darüber nachgedacht, einen Tabubruch<br />
<strong>als</strong> Ausgangspunkt für ein Filmprojekt zu<br />
nehmen. Es könnte schnell zum eindimensionalen<br />
Leitfaden werden. Wichtig ist es natürlich,<br />
den Finger in die Wunden zu legen.“<br />
Michal Kwiencinski macht den Interessenskonflikt<br />
deutlich, dem er <strong>als</strong> Regisseur und Produzent<br />
ausgesetzt ist: Einerseits möchte er <strong>als</strong><br />
Regisseur Tabus brechen, andererseits muss er<br />
<strong>als</strong> Produzent Filme machen, die Geld einbringen.<br />
Jan Bonny warnte vor dem Brechen von<br />
Tabus <strong>als</strong> Selbstzweck: „Der Tabubruch sollte<br />
nicht zur Methode werden, den<br />
Unterhaltungswert zu steigern“.<br />
Im zweiten Teil der Diskussion<br />
ging es um die Frage nach aktuellen<br />
Tabu-Themen und länder-<br />
Deutsch-polnische Gesprächsrunde<br />
mit Andrzej Wajda, Hans-Christian Schmid,<br />
Jan Bonny, Sandra Hüller, Agnieszka<br />
Smoczynska, Filip Marczewski, Maciej<br />
Sobieszczanski, Michael Kwiecinski und<br />
Michael Schmid-Ospach. Fotos: Kurt Krieger<br />
spezifischen Unterschieden. Auf polnischer Seite<br />
diente die Vermarktung des Films „Milk“ <strong>als</strong><br />
Beispiel, welche sich auf den Aspekt des Freiheitskampfes<br />
konzentriert und dabei das Thema<br />
der Homosexualität außen vor lässt. Als<br />
zweites Beispiel führte Michal Kwiencinski die<br />
Darstellung des polnischen Nationalhelden Major<br />
Sucharski an. In einem aktuellen Filmprojekt<br />
sollte dieser <strong>als</strong> schwacher, ans Bett gefesselter<br />
Mann dargestellt werden. Wegen der angeblichen<br />
Entthronung einer Heldenfigur und<br />
Verletzung der nationalen Ehre liegt der Antrag<br />
auf Filmförderung nun auf Eis.<br />
Jan Bonny fasste zusammen: „Grundsätzlich<br />
ist es nicht leicht, die deutsch-polnische Geschichte<br />
unter dem Thema Tabu aufzuarbeiten.<br />
Ich komme beispielsweise aus einer sehr offenen<br />
liberalen Westfamilie. Über direkte Kriegserlebnisse<br />
meines Opas wurde zu Hause nicht<br />
gesprochen. Er konnte es nicht. Ich könnte über<br />
viele Tabus einen Film machen. Doch das interessiert<br />
mich nicht, viel spannender ist doch, welche<br />
individuelle Geschichte ein Film erzählt.“<br />
Schirmherr der Veranstaltung war die Botschaft<br />
der Republik Polen.<br />
KHM preisgekrönt<br />
Ob Studenten-Oscar, der Marler Video-<br />
Kunst-Preis, der Kölner Design Preis,<br />
der Digital Sparks Award des European<br />
Media Art Festival, der Kurzfilmpreis<br />
der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung,<br />
oder der Best Narrative Shortfilm des<br />
Brooklyn International und das Best Production<br />
Design des Sapporo International<br />
Shortfilm – Studenten der Kunsthochschule<br />
für Medien Köln haben im<br />
vergangenen Jahr 2008 im Bereich Film,<br />
Kunst, Design, Musik und Informatik 121 Auszeichnungen<br />
erhalten. Uneinholbar auf Platz<br />
1: Reto Caffi, dessen Oscar-nominierter Abschlussfilm<br />
„Auf der Strecke“ allein 50 Preise<br />
einheimste. In 2009 scheint es so weiter<br />
zu gehen. Auf der Berlinale erhielt Michael<br />
Koch eine Lobende Erwähnung für seinen<br />
Abschlussfilm. Die Jury bescheinigte „Polar“<br />
eine besondere Fragilität: „Es ist ein leiser,<br />
feiner Film, mit beiläufig erzählten und<br />
nachhaltigen poetischen Momenten. Der Film<br />
FH Dortmund im Umbruch<br />
Nach der Schließung der Studienrichtung „Kamera“<br />
und dem bevorstehenden Ausscheiden<br />
der Professoren Klaus Helle und Hille Sagel<br />
2009 organisiert sich der Fachbereich<br />
Design der Fachhochschule Dortmund<br />
mit der Bachelor-Studienrichtung<br />
„Film“ neu.<br />
Das neue Fach „Film – digital“ soll breiter<br />
aufgestellt werden, <strong>als</strong> dies in der Vergangenheit<br />
mit dem Kamera-Studium der Fall<br />
war. Mittelfristig soll das Curriculum für den<br />
Studiengang entwickelt werden, der Kurzfilm<br />
ebenso wie Experimentalfilm, Audiovisuelle<br />
Komposition, Musik- und Tanzvideos, Anima-<br />
Filmhaus: Weiterbildung<br />
in Vollzeit<br />
Noch bis zum 10. April können sich Interessierte<br />
beim Kölner Filmhaus für die Vollzeit-Weiterbildungen<br />
Kameraassistent und<br />
Produktions-/Redaktionsassistent bewerben.<br />
Die Kurse starten jeweils am 20. April.<br />
Die Vermittlung eines soliden technischen und<br />
theoretischen Grundwissens steht ebenso auf<br />
dem Programm wie ein hoher Praxisanteil. Die<br />
Teilnehmerzahl ist begrenzt, besonderer Wert<br />
wird auf die individuelle Beratung der Teilnehmer<br />
gelegt. Die Leitung liegt bei Markus<br />
Schott, Claudia Krappen und Andreas<br />
Fiegel.<br />
Kölner Filmhaus, Tel. (0221)<br />
2227100; info@koelner-filmhaus.de<br />
zeugt von einem viel versprechenden Regietalent.“<br />
Kurz danach fiel KHM-Studentin Julia<br />
Daschner mit ihrer Kameraarbeit bei ihrem<br />
Diplomfilm „Auf der Walz“ auf und wurde<br />
beim Wettbewerb der Bildgestalterinnen<br />
des Internationalen Frauenfilmfestiv<strong>als</strong><br />
Dortmund/Köln ausgezeichnet.<br />
Auch quotenmäßig können sich die Arbeiten<br />
von KHM-Absolventen sehen lassen.<br />
Lars Jessen und Lars Montag sorgten<br />
mit ihren „Tatort“-Filmen für Aufsehen. Filme<br />
und Macher sind in der Reihe „Best of KHM“<br />
am 6. Mai (Jessen) und am 13. Mai (Montag)<br />
zu besichtigen.<br />
KHM, Tel. (0221) 20189-330;<br />
ute.dilger@khm.de<br />
tion und Advertising-Video umfasst. Neben<br />
drei hauptamtlichen Professorenstellen sollen<br />
drei im Fachbereich jetzt schon tätige Lehrer<br />
für besondere Aufgaben (LfbA) tätig weden.<br />
Mit Jörg U. Lensing ist die Stelle Sound-<br />
Design bereits besetzt. Aktuell wird die Professorenstelle<br />
Film ausgeschrieben. Um den<br />
letzten Jahrgängen der Kamerastudenten einen<br />
Diplom-Studienabschluss zu ermöglichen,<br />
wird das Fach Kamera für zwei Jahre durch<br />
eine Vertretungsprofessur aufrecht erhalten.<br />
FH Dortmund,<br />
Tel. (0231) 9112-469;<br />
joerg.lensing@fh-dortmund.de<br />
Jetzt bewerben:<br />
Kurz und schön<br />
WAM: jede Menge neuer Stoff<br />
newsletter 2/2009 – Auf dem Sprung – die Seite für den Filmnachwuchs<br />
Ausgezeichnete Kameraarbeit: Julia Daschners<br />
Diplomfilm „Auf der Walz“ reüssierte beim<br />
Frauenfilmfestival, Foto: KHM<br />
Noch bis zum 23. Juli läuft die Einreichfrist für<br />
den Nachwuchswettbewerb kurz und<br />
schön, zu dem die Kunsthochschule für<br />
Medien Köln und der WDR bereits zum<br />
12. Mal einladen. Studierende von Film-, Design-,<br />
Kunst- und Medienhochschulen, Auszubildende<br />
aus den Bereichen Fernsehen, Film<br />
und Mediendesign sowie Volontäre sind aufgerufen,<br />
sich mit ihren Beiträgen für die Rubriken<br />
Werbefilm, Motion Design, Kurzfilm,<br />
Mobile Miniaturen sowie der WDR-Sonderkategorie<br />
Packaging, Trailer-Konzeption zu beteiligen.<br />
Die Sieger bekommen Preise in Höhe<br />
von rund 25.000 Euro. Mehr Infos unter<br />
www.kurzundschoen.khm.de.<br />
Studenten der WAM Medienakademie / Fachbereich Film & Fernsehen in Dortmund<br />
werden in Zukunft auf einen umfangreichen Stock von Stoffen und Drehbüchern zurückgreifen<br />
können, die von Studenten der TV-Akademie Berlin entwickelt wurden. Geplant<br />
ist bei der Zusammenarbeit der beiden Institute auch ein virtuelles Schwarzes Brett über<br />
das sich Studierende beider Einrichtungen gegenseitig über Projekte auf dem Laufenden halten<br />
können. Claudia Krappen, Leiterin des WAM-Fachbereiches Film und Fernsehen, freut<br />
sich bereits auf einen regen Austausch. Die TV-Akademie Berlin unter Leitung von Bettina<br />
Pfändner und Thomas Schrader ist eine private unabhängige Aus- und Weiterbildungseinrichtung<br />
rund um das Thema Fernsehen.<br />
WAM, Tel. (0231) 861008-0; krappen@wam.de