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Grunderwerbsteuer

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Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 9/Blatt 32<br />

<strong>Grunderwerbsteuer</strong><br />

Rechtsträgerklausel bei Verschmelzung von Kapitalgesellschaften<br />

§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG<br />

BFH-Urteil vom 20.12.2000 - II B 53/00 (BFH/NV 2001, 817)<br />

Leitsatz:<br />

BKPV 102/2003<br />

„Die von der Rechtsprechung zu § 1 Abs.3 GrEStG 1983 entwickelten Grundsätze über eine grunderwerbsteuerrechtliche<br />

Zuordnung von Grundstücken zum Vermögen einer Gesellschaft lassen sich nicht<br />

auf den Tatbestand des § 1 Abs.1 Nr.3 GrEStG 1983 übertragen. § 1 Abs.1 Nr.3 GrEStG 1983 knüpft<br />

ausschließlich an die zivilrechtliche, d.h. sachenrechtliche, Eigentumsänderung an.“<br />

Sachverhalt:<br />

„Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, war alleinige Gesellschafterin der<br />

H-GmbH. Mit notariellem Verschmelzungsvertrag vom 17. August 1994 übertrug die H-GmbH ihr gesamtes<br />

Vermögen auf die Klägerin. Die H-GmbH hatte erhebliches Grundvermögen in den Bezirken<br />

mehrerer Finanzämter. In dem Übergang des Eigentums an diesen Grundstücken auf die Klägerin erblickte<br />

der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -FA-) Grunderwerbsvorgänge nach § 1<br />

Abs. 1 Nr. 3 des <strong>Grunderwerbsteuer</strong>gesetzes (GrEStG) 1983. Mit Feststellungsbescheid vom 6. Februar<br />

1996 stellte er daher gemäß § 17 GrEStG 1983 die Besteuerungsgrundlagen für die in den verschiedenen<br />

Bezirken belegenen Grundstücke fest. Die Gegenleistungen beliefen sich dabei in der<br />

Summe auf ... DM. Einspruch und Klage, mit der die Klägerin vorgetragen hatte, die Verschmelzung<br />

habe keine <strong>Grunderwerbsteuer</strong> ausgelöst, da ihr aufgrund ihrer Stellung als alleiniger Gesellschafterin<br />

der H-GmbH die Grundstücke bereits vor der Verschmelzung zuzurechnen gewesen seien, blieben erfolglos.<br />

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin grundsätzliche Bedeutung<br />

der Rechtssache geltend. Sie hält für klärungsbedürftig, ob die Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />

(BFH) vom 12. Januar 1994 II R 130/91 (BFHE 173, 229, BStBl II 1994, 408), wonach entgegen der<br />

früheren Rechtsprechung die Vereinigung aller Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft unmittelbar<br />

in der Hand einer Person, die bereits zuvor teils mittelbar, teils unmittelbar zu 100 v.H. an der<br />

Gesellschaft beteiligt war, keine <strong>Grunderwerbsteuer</strong> nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG 1983 auslöse,<br />

Auswirkungen auf die Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 auf den Grundstücksübergang<br />

im Rahmen einer Verschmelzung habe. In der genannten Entscheidung spreche der BFH von der<br />

spezifisch grunderwerbsteuerrechtlich veränderten Zuordnung der Grundstücke infolge der Anteilsvereinigung<br />

und davon, dass der Inhaber aller Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft so zu behandeln<br />

sei, als gehörten ihm deren Grundstücke. Werde diese Sichtweise nicht auf eine Verschmelzung<br />

der grundbesitzenden Gesellschaft mit ihrem bisherigen Alleingesellschafter übertragen, führe dies zu<br />

unterschiedlichen grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnungsmaßstäben. Dies sei unter dem Gesichtspunkt<br />

des Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) auch deshalb bedenklich,<br />

weil die unterschiedlichen grunderwerbsteuerlichen Rechtsfolgen einer formwechselnden und einer<br />

übertragenden Umwandlung vom Gesetzgeber wohl nicht gewollt seien.“<br />

Entscheidungsgründe:<br />

„Die zu § 1 Abs. 3 GrEStG 1983 ergangene Entscheidung des BFH in BFHE 173, 229, BStBl II 1994,<br />

408 hat für den Streitfall keine Bedeutung. Dies ergibt sich aus der wenig später zu § 1 Abs. 1 Nr. 3<br />

GrEStG 1983 ergangenen Entscheidung des BFH vom 16. Februar 1994 II R 125/90 (BFHE 174, 185,<br />

BStBl II 1994, 866). Dort wird ausgeführt, die von der Rechtsprechung zu § 1 Abs. 3 GrEStG 1983 entwickelten<br />

Grundsätze über die grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung von Grundstücken zum Vermögen<br />

einer Gesellschaft ließen sich auf den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG nicht übertragen.<br />

Nach § 1 Abs. 3 GrEStG werde im Grunde genommen besteuert die durch bestimmte gesellschaftsrechtliche<br />

Vorgänge geschaffene Möglichkeit, ein Grundstück wirtschaftlich gleichsam wie ein Eigentümer<br />

zu beherrschen und zu verwerten. Dies rechtfertige es, bei der Frage, welche Grundstücke der<br />

Gesellschaft insofern zuzurechnen sind, auf allgemeine grunderwerbsteuerrechtliche Grundsätze zu-<br />

Heft 1/2003 Seite 165


Fach 9/Blatt 32 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen<br />

rückzugreifen. Demgegenüber knüpfe der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 ausschließlich<br />

an die zivilrechtliche - d.h. sachenrechtliche - Eigentumsänderung an, die durch eine grunderwerbsteuerrechtliche<br />

Zuordnung weder negativ ausgeschlossen noch positiv bewirkt werden könne. Damit ist die<br />

von der Klägerin aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bereits in einem für sie<br />

negativen Sinne höchstrichterlich entschieden.<br />

Auch zur Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen grunderwerbsteuerrechtlichen Folgen einer<br />

formwechselnden und einer übertragenden Umwandlung hat sich der BFH bereits geäußert. Im Beschluss<br />

vom 26. Januar 2000 II B 108/98 (BFH/NV 2000, 1136) ist ausgeführt, die <strong>Grunderwerbsteuer</strong><br />

knüpfe an die zivilrechtlichen Gegebenheiten an und erfasse daher die mit einem Rechtsträgerwechsel<br />

verbundene übertragende, nicht aber die nur formwechselnde Umwandlung. Der zivilrechtliche Unterschied<br />

beider Umwandlungsarten rechtfertige das unterschiedliche steuerrechtliche Ergebnis. Art. 3<br />

Abs. 1 GG werde daher allenfalls dann tangiert, wenn bereits die zivilrechtliche Differenzierung gegen<br />

Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Die Frage, wie Änderungen der Unternehmensform zivilrechtlich ausgestaltet<br />

seien, sei jedoch eine vom Gesetzgeber jeweils zu entscheidende Zweckmäßigkeitsfrage. Lediglich<br />

völlig willkürlich erscheinende Gestaltungen könnten den Gleichheitssatz verletzen. Die Tatsache aber,<br />

dass der Gesetzgeber verschiedene Arten der Umwandlung vorgesehen hat, ist nicht willkürlich.“<br />

<strong>Grunderwerbsteuer</strong>lichen Behandlung von Erbbaurechten BKPV 103/2003<br />

Finanzministerium Baden-Württemberg, Erlass vom 7.3.2002, 3 - S 4500/9 (Steuereildienst 2002, 193)<br />

„1. Erbbaurechte stehen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG den Grundstücken gleich. Die auf Grundstücke<br />

abgestellten Vorschriften des <strong>Grunderwerbsteuer</strong>rechts gelten daher für Erbbaurechte und Untererbbaurechte<br />

(nachstehend als Erbbaurecht bezeichnet) entsprechend. Der <strong>Grunderwerbsteuer</strong><br />

unterliegen somit die folgenden Rechtsvorgänge:<br />

1.1 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG<br />

1.1.1 ein Vertrag, der den Anspruch auf Bestellung eines Erbbaurechts begründet (BFH-Urteil<br />

vom 5.12.1979, BStBl 1980 II S. 135 und 136, mit weiteren Nachweisen),<br />

1.1.2 ein Vertrag, der den Anspruch auf Übertragung eines Erbbaurechts begründet (BFH-<br />

Urteil vom 5.12.1979, BStBl 1980 II S. 136),<br />

1.1.3 die Ausübung des Vorrechts auf Erneuerung des Erbbaurechts nach § 31 ErbbauVO<br />

und<br />

1.1.4 eine Vereinbarung über die Verlängerung eines Erbbaurechts (BFH-Urteil vom<br />

18.8.1993, BStBl 1993 II S. 766).<br />

1.2 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG<br />

1.2.1 eine auf die Bestellung eines Erbbaurechts gerichtete Einigung, wenn kein Rechtsgeschäft<br />

im Sinne der vorstehenden Nr. 1.1.1 vorausgegangen ist,<br />

1.2.2 eine auf die Übertragung eines Erbbaurechts gerichtete Einigung, wenn kein Rechtsgeschäft<br />

im Sinne der vorstehenden Nr. 1.1.2 vorausgegangen ist,<br />

1.2.3 ein Rechtsgeschäft, durch das ein Erbbaurecht vor dem vereinbarten Zeitablauf aufgehoben<br />

oder auf ein Erbbaurecht verzichtet wird (BFH-Urteil vom 5.12.1979, BStBl 1980<br />

II S. 136),<br />

1.2.4 der Heimfall eines Erbbaurechts nach § 32 ErbbauVO (BFH-Urteil vom 23.9.1969,<br />

BStBl 1970 II S. 130). Bei einem Heimfall eines Erbbaurechts ist § 16 Abs. 2 Nr. 3<br />

GrEStG ausnahmsweise dann anzuwenden, wenn der Heimfallanspruch auf die Nichterfüllung<br />

von Vertragspflichten zurückgeht, die in einem schuldrechtlichen Vertrag<br />

übernommen wurden und zivilrechtlich eine Hauptleistung darstellen (BFH-Urteil vom<br />

13.7.1983, BStBl 1983 II S. 683). Nicht der <strong>Grunderwerbsteuer</strong> unterliegt die Ausübung<br />

Seite 166 Heft 1/2003


Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 9/Blatt 33<br />

des Heimfallrechts in der Form, dass der Eigentümer des Grund und Bodens die Übertragung<br />

des Erbbaurechts auf einen von ihm bezeichneten Dritten verlangt. In diesem<br />

Fall liegt nur ein Erwerb durch den Dritten vor, der wie die erstmalige Bestellung eines<br />

Erbbaurechts zu behandeln ist, und<br />

1.2.5 eine auf die Verlängerung eines Erbbaurechts gerichtete Einigung, wenn kein Rechtsgeschäft<br />

im Sinne der vorstehenden Nr. 1.1.4 vorausgegangen ist.<br />

1.3 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG<br />

1.3.1 der Übergang eines Erbbaurechts kraft Gesetzes und die Übertragung eines Erbbaurechts<br />

durch behördlichen Ausspruch.<br />

1.3.2 die vorzeitige Löschung eines nicht dem Grundstückseigentümer selbst zustehenden<br />

Erbbaurechts im Erbbaugrundbuch, wenn kein Rechtsgeschäft im Sinne der vorstehenden<br />

Nr. 1.2.3 vorausgegangen ist (BFH-Urteil vom 5.12.1979, BStBl 1980 II S. 136).<br />

1.4 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren über ein<br />

Erbbaurecht.<br />

1.5 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines<br />

Anspruchs auf Bestellung, Übertragung oder Verlängerung eines Erbbaurechts oder der<br />

Rechte aus einem Meistgebot begründet (BFH-Urteil vom 28.11.1967, BStBl 1968 II S. 222).<br />

1.6 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der<br />

Rechte aus einem Angebot zum Abschluss eines Vertrages begründet, kraft dessen die Bestellung,<br />

Übertragung oder Verlängerung eines Erbbaurechts verlangt werden kann.<br />

1.7 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG die Abtretung eines der in den Nr. 1.5 und 1.6 bezeichneten<br />

Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der<br />

Rechte begründet.<br />

2. Im Falle der Vereinbarung der Verlängerung eines Erbbaurechts entsteht die <strong>Grunderwerbsteuer</strong><br />

mit dieser Vereinbarung. Die Besteuerung richtet sich nach der im Zeitpunkt der Verlängerung<br />

geltenden Rechtslage (vgl. Nr. 1.1.4 und das dort zitierte BFH-Urteil).<br />

3. Überträgt der Erbbauberechtigte das Erbbaurecht auf den Grundstückseigentümer zurück, weil er<br />

vertraglich eingegangene Verpflichtungen aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfüllen kann, oder<br />

wird der Vertrag aus diesem Grunde aufgehoben, kann ein Fall des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG vorliegen<br />

(BFH-Urteil vom 13.7.1983, BStBl 1983 II S. 683).<br />

4. In den Fällen der vorstehenden Nr. 1 und 2 ist die <strong>Grunderwerbsteuer</strong> - sofern eine Gegenleistung<br />

vorhanden ist - vom Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG, § 9 GrEStG) zu berechnen. Zur<br />

Gegenleistung gehören:<br />

4.1 bei Bestellung, Übertragung, Erneuerung (vgl. Nr. 1) und Verlängerung (vgl. Nr. 1 und Nr. 2)<br />

von Erbbaurechten, der nach § 13 BewG kapitalisierte Wert der Erbbauzinsverpflichtung zuzüglich<br />

etwa vereinbarter Zuzahlungen oder sonstiger Leistungen. Eine Beschränkung des<br />

Jahreswerts der Erbbauzinsverpflichtung auf den 18,6-ten Teil des Werts des Grund und Bodens<br />

des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks (§ 16 BewG) kommt nicht in Betracht<br />

(§ 17 Abs. 3 Satz 2 BewG),<br />

4.2 bei Aufhebung eines Erbbaurechts die aus Anlass der Aufhebung ausbedungene Entschädigung<br />

und etwaige sonstige Leistungen. Hierzu rechnet insbesondere eine vom Grundstückseigentümer<br />

für die Übernahme eines vom Erbbauberechtigten errichteten oder erworbenen<br />

Bauwerks gezahlte Entschädigung (einschl. z.B. der Übernahme der auf dem Erbbaurecht<br />

lastenden Hypotheken). Der kapitalisierte Wert der erlöschenden Erbbauzinsverpflichtung gehört<br />

dagegen nicht zur Gegenleistung,<br />

4.3 bei Heimfall eines Erbbaurechts die dem Erbbauberechtigten zu gewährende Vergütung und<br />

etwaige sonstige Leistungen, z.B. auf dem Erbbaurecht lastende und auf den Eigentümer<br />

übergehende Hypotheken oder dgl. (wegen der erlöschenden Erbbauzinsverpflichtung siehe<br />

Heft 1/2003 Seite 167


Fach 9/Blatt 33 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen<br />

Nr. 4.2). Wird das Erbbaurecht jedoch auf einen vom Grundstückseigentümer bezeichneten<br />

Dritten übertragen, ist dieser Fall wie die erstmalige Bestellung eines Erbbaurechts zu behandeln<br />

(vgl. Nr. 1.2.4).<br />

5. Wenn keine Gegenleistung vorhanden oder ermittelbar ist (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GrEStG) sowie<br />

in den Fällen des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 GrEStG ist die Steuer aus dem Wert des Erbbaurechts<br />

i.S. des § 138 Abs. 3 BewG zu berechnen. Eine Gegenleistung ist z.B. nicht vorhanden bei<br />

Rechtsgeschäften im Sinne der Nr. 1.6 sowie in Fällen der Nr. 1.7, in denen in Nr. 1.6 bezeichnete<br />

Rechte abgetreten werden (BFH-Urteile vom 6.5.1969, BStBl 1969 II S. 595 und 31.5.1972, BStBl<br />

1972 II S. 828).<br />

6. Erwirbt ein Erbbauberechtigter oder ein Dritter das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück,<br />

unterliegt der mit dem Grundstückserwerb verbundene Erwerb des Erbbauzinsanspruchs nicht der<br />

<strong>Grunderwerbsteuer</strong>, da das Recht auf Erbbauzins - obwohl zivilrechtlich wesentlicher Bestandteil<br />

des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks - nicht zum Grundstück gerechnet wird (§ 2 Abs. 1 Nr. 3<br />

GrEStG). Beim Erwerb eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ist daher die Gegenleistung<br />

auf das Grundstück einerseits und den nicht der <strong>Grunderwerbsteuer</strong> unterliegenden Erwerb<br />

des Erbbauzinsanspruchs andererseits aufzuteilen. Hierbei kann aus Vereinfachungsgründen<br />

der Wert der Gesamtgegenleistung um den Kapitalwort des Rechts auf Erbbauzins gekürzt<br />

werden.<br />

Beispiel:<br />

A erwirbt von B ein Grundstück zum Kaufpreis in Höhe von 250.000 EUR. Das Grundstück ist zugunsten<br />

des C mit einem Erbbaurecht belastet, das eine Restlaufzeit von 40 Jahren hat. Der von C<br />

jährlich zu entrichtende Erbbauzins beträgt (nach mehreren Anpassungen im Rahmen einer vereinbarten<br />

Wertsicherungsklausel) 5.000 EUR.<br />

Die Bemessungsgrundlage für den Erwerb des Grundstücks durch A berechnet sich wie folgt:<br />

Vom Gesamtkaufpreis in Höhe von 250.000 EUR ist der gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG i.V.m.<br />

§ 15 Abs. 1 BewG ermittelte Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs in Höhe von 82.435 EUR (Jahreswert<br />

5.000 EUR x Vervielfältiger 16,487) abzuziehen.<br />

Die <strong>Grunderwerbsteuer</strong> für die Übertragung des Grundstücks von B auf A beträgt demnach 3,5%<br />

von 167.565 EUR (250.000 EUR abzüglich 82.435 EUR), also 5.864 EUR.<br />

Es wird gebeten zu beachten, dass § 1 Abs. 7 GrEStG durch Art. 13 Nr. 1 Buchst. b des Steueränderungsgesetzes<br />

2001 vom 20.12.2001 (BGBl I S. 3794) aufgehoben wurde. Nach § 23 Abs. 7<br />

Satz 2 GrEStG ist § 1 Abs. 7 GrEStG letztmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die bis zum<br />

31.12.2001 verwirklicht wurden. Aufgrund des BFH-Beschlusses vom 12.4.2000 (BStBl 2000 II<br />

S. 433) ist § 1 Abs. 7 GrEStG aber auch für diese Erwerbsvorgänge nur noch eingeschränkt anwendbar,<br />

auf die diesbezüglichen Ausführungen im Erlass vom 22.3.2001, 53 - S 4500 - 14/97<br />

wird hingewiesen.<br />

Dieses Schreiben ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder<br />

und tritt an die Stelle des Bezugserlasses.“<br />

Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes<br />

1999/2000/2002<br />

BKPV 104/2003<br />

Finanzministerium Baden-Württemberg, Erlass vom 14.2.2002, 3 - S 4400/15 (DB 2002, 455)<br />

„1. Allgemeines<br />

Durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl 1999 I S. 403, BStBl 1999 I S. 304) wurde<br />

§ 5 GrEStG um einen Abs. 3 ergänzt.<br />

Danach sind die Vergünstigungen der Abs. 1 und 2 der genannten Vorschrift insoweit nicht anzuwenden,<br />

als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren<br />

Seite 168 Heft 1/2003


Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 9/Blatt 34<br />

nach dem Grundstücksübergang auf die Gesamthand vermindert. Ein vorgefasster Plan ist danach<br />

nicht mehr erforderlich; allein das zeitliche Moment ist maßgebend.<br />

Die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 bzw. 2 GrEStG bleibt nur erhalten, wenn bzw. soweit der<br />

grundstückseinbringende Gesamthänder seine - auf der Gesellschafterstellung beruhende - (Mit-)Berechtigung<br />

an dem auf die Gesamthand übergegangenen Grundstück innerhalb von fünf Jahren nach<br />

dem Grundstücksübergang uneingeschränkt aufrecht erhält.<br />

Die Vergünstigung setzt<br />

– die eigentumsmäßige (sachenrechtliche) Mitberechtigung des grundstückseinbringenden Gesamthänders,<br />

die sich aus der Gesamthänderstellung ableitet, und die<br />

– vermögensmäßige Beteiligung an dem in das gesamthänderische Vermögen übergegangenen<br />

Grundstück<br />

voraus.<br />

2. Anteilsverminderung<br />

Unter Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand ist z. B. das Ausscheiden<br />

aus der Gesellschaft, die Herabsetzung der Beteiligung durch Verkauf, Übertragung usw. auf<br />

andere Gesellschafter oder auf einen Treuhänder (vgl. Boruttau/Viskorf, GrEStG, 14. Aufl., § 5 Rdn. 17)<br />

und die Aufnahme neuer Gesellschafter zu verstehen.<br />

Auch die Umwandlung des grundstückseinbringenden Gesamthänders auf einen anderen Rechtsträger<br />

sowie die formwechselnde Umwandlung der erwerbenden Gesamthand in eine Kapitalgesellschaft führt<br />

zum Wegfall der Steuervergünstigung für den Einbringungsvorgang.<br />

Wechselt dagegen der grundstückseinbringende Gesellschafter innerhalb von fünf Jahren nach der<br />

Einbringung des Grundstücks in die Gesamthand seine Rechtsform, liegen die Voraussetzungen des<br />

§ 5 Abs. 3 GrEStG nicht vor. Durch den Formwechsel bleibt zivilrechtlich die gesamthänderische Mitberechtigung<br />

des grundstückseinbringenden Gesamthänders unberührt.<br />

3. Anwendung der allgemeinen Befreiungsvorschriften<br />

Die Steuervergünstigungen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG können über § 5 Abs. 3 GrEStG nur versagt<br />

werden, wenn eine Umgehungsmöglichkeit tatsächlich besteht. Daher kommt eine Steuerpflicht nicht in<br />

Betracht, soweit ein der Verminderung des Anteils am Vermögen der Gesamthand entsprechender<br />

Grundstückserwerb nach den allgemeinen Vorschriften des § 3 GrEStG von der Steuer ausgenommen<br />

wäre (vgl. Erlass vom 27.1.1999, 3 - S 4514/10; Pahlke/Franz, GrEStG, 2. Aufl., § 5 Rdn. 51; Hofmann,<br />

GrEStG, 7. Aufl., § 5 Rdn. 24).<br />

Beispiel:<br />

A überträgt sein Grundstück auf eine OHG, an der er und ein Dritter zu je 50 % beteiligt sind. Innerhalb<br />

von fünf Jahren überträgt A seinen Anteil auf seine Kinder.<br />

A gibt zwar seine gesamthänderische Mitberechtigung auf, aber nur zu Gunsten seiner Kinder. Da ein<br />

dem Anteilserwerb durch die Kinder entsprechender Grundstückserwerb nach § 3 Nr. 6 GrEStG von<br />

der GrESt ausgenommen wäre, ist die Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG ausgeschlossen.<br />

In diesen Fällen ist der Rechtsnachfolger an die fünfjährige Behaltensfrist des Rechtsvorgängers gebunden.<br />

Heft 1/2003 Seite 169


Fach 9/Blatt 34 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen<br />

4. Zeitlicher Anwendungsbereich - Fünfjahresfrist<br />

Die Neuregelung gilt für alle Erwerbsvorgänge, die nach dem 31.12.1999 verwirklicht werden (§ 23<br />

Abs. 6 Satz 2 GrEStG). Für Erwerbsvorgänge, die vor dem 1.1.2000 verwirklicht wurden, ist weiterhin<br />

die bisherige Rechtsprechung bzw. Verwaltungsauffassung anzuwenden.<br />

Die Fünfjahresfrist beginnt mit dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand. Damit ist nicht der<br />

Zeitpunkt des Eigentumsübergangs gemeint, sondern der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer für den<br />

Erwerbsvorgang. Die Fristberechnung richtet sich nach §§ 186 ff. BGB. Für die Frage, ob der Gesellschafter<br />

seinen Anteil am Vermögen der Gesamthand innerhalb der Fünfjahresfrist vermindert hat, ist<br />

auf die tatsächliche Einschränkung der Gesellschafterstellung und der damit verbundenen dinglichen<br />

Mitberechtigung am Grundstück abzustellen. Der Zeitpunkt einer ggf. vorausgegangenen schuldrechtlichen<br />

Einschränkung der Gesellschafterstellung ist nicht maßgeblich (BFH-Urteil vom 6.6.2001, II R<br />

56/00).<br />

5. Verfahrensfragen<br />

§ 5 Abs. 3 GrEStG ist keine Nachversteuerungsvorschrift. Die Verminderung des Anteils des Veräußerers<br />

am Vermögen der Gesamthand stellt ein sog. rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1<br />

Nr. 2 AO dar. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Ereignis eintritt.<br />

Die Änderungen im Gesellschafterbestand einer Gesamthand bei Gewährung der Steuervergünstigung<br />

nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG sind anzuzeigen (§ 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG).<br />

Bei Verletzung der Anzeigepflicht kommt es zur Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 AO um maximal<br />

drei Jahre, ggf. auch zu einer Verlängerung der Festsetzungsfrist wegen Steuerhinterziehung oder<br />

leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 169 Abs. 2 Satz 1 AO.<br />

Zur Vermeidung einer möglichen Doppelbelastung enthält § 1 Abs. 2 a Satz 3 GrEStG eine Anrechnungsregelung<br />

in den Fällen, in denen bei Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen<br />

der Gesamthand die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 GrEStG entfällt und wegen des Gesellschafterwechsels<br />

eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2 a GrEStG vorzunehmen ist.<br />

Danach ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG ermittelte Bemessungsgrundlage (Grundbesitzwert)<br />

die Bemessungsgrundlage anzurechnen, von der nach § 5 Abs. 3 GrEStG die Steuer nachzuerheben<br />

ist.<br />

Beispiel:<br />

A ist zu 98 % und B zu 2% an der A & B-OHG beteiligt.<br />

A veräußert ein ihm gehörendes Grundstück an die OHG. Da A schon zu 98 % an der OHG beteiligt ist,<br />

wird die Steuer gem. § 5 Abs. 2 GrEStG in Höhe von 98 % des Kaufpreises nicht erhoben.<br />

Verringert nun A innerhalb von fünf Jahren nach der Grundstücksübertragung auf die OHG seine Beteiligung<br />

am Gesellschaftsvermögen durch Übertragung seiner Gesellschaftsanteile an C, D usw. um<br />

96 %, ist die Steuer i.H. von 96 % der Gegenleistung nachträglich zu erheben (§ 5 Abs. 3 GrEStG). Außerdem<br />

liegen zugleich die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 a GrEStG vor (Besteuerung des Gesellschafterwechsels<br />

von mindestens 95 %). Die Besteuerung des Gesellschafterwechsels erfolgt gem. § 8<br />

Abs. 2 GrEStG mit dem Grundbesitzwert. Von dem Grundbesitzwert sind 96 % des Werts der Gegenleistung<br />

(des Kaufpreises) abzuziehen. Ein eventueller negativer Wert führt zu null DM Steuer für den<br />

Gesellschafterwechsel.“<br />

Erschließungsbeiträge als Bemessungsgrundlage für die<br />

<strong>Grunderwerbsteuer</strong><br />

BKPV 105/2003<br />

Finanzministerium Baden-Württemberg, Erlass vom 25.7.2002, 3 - S 4521/13 (DStZ 2002, 729)<br />

Seite 170 Heft 1/2003


Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 9/Blatt 35<br />

„In welchem Umfang bei einem Grundstück Erschließungsbeiträge als sonstige Leistungen nach § 9<br />

Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, richtet sich danach, in<br />

welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht<br />

wurde.<br />

1. Das Grundstück ist im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs bereits erschlossen<br />

Sind sämtliche nach dem örtlichen Baurecht vorgeschriebenen öffentlichen Erschließungsanlagen, die<br />

ein Grundstück zu einem „erschlossenen Grundstück“ machen, im Zeitpunkt des Abschlusses des Erwerbsvorgangs<br />

bereits vorhanden, kann Gegenstand eines solchen Vertrags nur das „erschlossene"<br />

Grundstück sein, selbst wenn nach den Vertragserklärungen das Grundstück als „unerschlossen" erworben<br />

werden soll. Es liegt nicht in der Willensmacht der Beteiligten, ein Grundstück in einem Zustand<br />

zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs zu machen, den es nicht mehr hat und auch nicht mehr erhalten<br />

soll. Zu den Erschließungsanlagen gehören im Wesentlichen die Verkehrs- und Grünanlagen sowie<br />

die Anlagen zur Ableitung von Abwässern und zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.<br />

Nicht zu den Erschließungsanlagen gehören die auf den (Privat-)Grundstücken selbst notwendigen<br />

Anschlüsse wie Zufahrtswege und Anschlüsse an die Ver- und Entsorgungseinrichtungen (BFH-Urteil<br />

vom 15.3.2001, BStBl 2002 II S. 93). Die Merkmale der endgültigen Erschließung sind von der Gemeinde<br />

durch Satzung geregelt (§132 Nr. 4 BauGB). Wird ein in diesem Sinn erschlossenes Grundstück<br />

zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs, ist Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks<br />

grundsätzlich auch der auf die Erschließung entfallende Betrag, unabhängig davon, ob er im Kaufpreis<br />

enthalten ist oder neben dem Kaufpreis gesondert ausgewiesen wird. Dies gilt nicht, wenn die Kommune<br />

eigene erschlossene Grundstücke veräußert und den Erschließungsbeitrag abgabenrechtlich<br />

geltend macht.<br />

2. Das Grundstück ist im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs noch nicht erschlossen<br />

a) Wird ein im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags noch nicht erschlossenes<br />

Grundstück als solches zum Gegenstand der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung gemacht,<br />

ist die vom Käufer eingegangene Verpflichtung, die zukünftige Erschließung zu bezahlen, nicht als<br />

Teil der Gegenleistung anzusehen, auch wenn sie zusammen mit der Übereignungsverpflichtung<br />

beurkundet wird. Die Einbeziehung der Erschließungskosten nach den Grundsätzen zum Erwerb<br />

eines Grundstücks im zukünftig bebauten Zustand scheidet wegen des sich aus der öffentlichrechtlichen<br />

Erschließungslast der Gemeinde ergebenden besonderen Charakters der Grundstückserschließung<br />

regelmäßig aus (BFH-Urteil vom 15.3.2001, a.a.O.). Gleiches gilt für die Erstattung<br />

der vom Verkäufer als Vorausleistung oder auf Grund einer Ablösungsvereinbarung bereits<br />

geleisteten Zahlung und für die Übernahme noch bestehender Verpflichtungen.<br />

b) Hat der Verkäufer die Verpflichtung übernommen, das Grundstück im erschlossenen Zustand zu<br />

verschaffen, wird das Grundstück in diesem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs, mit der<br />

Folge, dass der auf die Erschließung entfallende Teil des Kaufpreises Gegenleistung für den Erwerb<br />

des Grundstücks darstellt. Hat sich dagegen der Verkäufer durch eine weitere rechtlich<br />

selbstständige Vereinbarung (Werkvertrag, Geschäftsbesorgungsvertrag) neben der Grundstücksübertragung<br />

auch selbst zur Durchführung der Erschließung verpflichtet, ist das Entgelt hierfür<br />

nicht als Gegenleistung für die Grundstücksübertragung zu behandeln, auch wenn beide Verpflichtungen<br />

zusammen beurkundet werden. Für die rechtliche Selbstständigkeit beider Verpflichtungen<br />

sprechen folgende Indizien (BFH-Urteil vom 9.5.1979, BStBl 1979 II S. 577):<br />

– zwei selbstständige Geldforderungen,<br />

– unterschiedliche Leistungspflichten des Veräußerers,<br />

– selbstständige Fälligkeiten beider Forderungen,<br />

– rechtliche Unabhängigkeit des Kaufvertrags von der Durchführung der Erschließung.<br />

Dieser Erlass ist im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder ergangen.<br />

Er tritt an die Stelle des Erlasses vom 4.9.1989 (Rheinland-Pfalz) in der zuletzt durch Erlass<br />

vom 27.6.2001, 3 - S 4521/13 geänderten Fassung, der hiermit aufgehoben wird.“<br />

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Fach 9/Blatt 35 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen<br />

Nachträglich gezahlte Erschließungs- und Vermessungskosten<br />

als aufschiebend bedingte Gegenleistung, Abgrenzung von<br />

Erst- und Änderungsbescheid<br />

BFH-Urteil vom 4.4.2001, II R 22/99, (BFH/NV 2001, 1146)<br />

Leitsätze:<br />

BKPV 106/2003<br />

„1. Die vom Grundstückskäufer anlässlich des Erwerbs eines gemeindlichen Grundstücks gegenüber<br />

der Gemeinde eingegangene Verpflichtung, von ihr getragene Kosten für die Erschließung und<br />

Vermessung eines von einem Dritten zu erwerbenden, zum Erschließungsgebiet gehörenden<br />

Grundstücks zu übernehmen, stellt keine aufschiebend bedingte Gegenleistung für den Erwerb<br />

des gemeindlichen Grundstücks dar, wenn es im Interesse der Gemeinde lag, den Käufer unabhängig<br />

von dem Erwerb weiterer Grundstücke bezüglich der auf ihn bei Verwirklichung der geplanten<br />

Erwerbsvorgänge insgesamt entfallenden Erschließungskosten zu verpflichten.<br />

2. Ein Steuerbescheid, durch den das FA nach der Besteuerung des Grundstückserwerbs <strong>Grunderwerbsteuer</strong><br />

für im Anschluss an den Erwerbsvorgang gezahlte Erschließungs- und Vermessungskosten<br />

mit der Begründung festsetzt, es handele sich um eine nachträglich entstandene Gegenleistung,<br />

ist kein Änderungsbescheid, sondern ein Erstbescheid.“<br />

<strong>Grunderwerbsteuer</strong>lichen Folgen der Rückgängigmachung eines<br />

Erwerbsvorgangs, des Zurückerwerbs eines veräußerten<br />

Grundstücks und der Herabsetzung der Gegenleistung nach einem<br />

Grunderwerb<br />

BKPV 107/2003<br />

Finanzministerium Baden-Württemberg, Erlass vom 7.8.2002, 3 - S 4543/9 (UVR 2002, 358)<br />

„1. Fälle des § 16 Abs. 1 GrEStG<br />

1.1 Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird die <strong>Grunderwerbsteuer</strong> auf Antrag, der formlos gestellt werden<br />

kann, nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang<br />

durch Vereinbarung rückgängig gemacht wird, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber<br />

übergegangen ist, und die Rückgängigmachung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung<br />

der Steuer erfolgt. Die Vorschrift erfasst in erster Linie die auf einem freien Willensentschluss der<br />

Vertragsparteien beruhende und in deren gegenseitigem Einvernehmen erfolgende Aufhebung eines<br />

Erwerbsvorgangs durch einen Aufhebungsvertrag.<br />

Zu der Frage, ob ein solcher Aufhebungsvertrag der notariellen Beurkundung nach § 311 b Abs. 1<br />

BGB (entspricht § 313 BGB a.F.; vgl. Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom<br />

26.11.2001, BGBl I 2001 S. 3138) bedarf, wird gebeten nachfolgende Auffassung zu vertreten:<br />

Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist die Rückgängigmachung eines Rechtsgeschäfts<br />

durch Vereinbarung nicht von einer bestimmten formalen vertraglichen Gestaltung abhängig.<br />

Auch hat sich der Bundesfinanzhof in seinen bisher zu dieser Vorschrift ergangenen Entscheidungen<br />

nicht mit den Formerfordernissen der Vereinbarung über die Rückgängigmachung eines<br />

Grundstückskaufvertrages auseinandergesetzt. Da die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG<br />

jedoch die zivilrechtlich wirksame Beseitigung des zur <strong>Grunderwerbsteuer</strong> führenden Rechtsvorgangs<br />

verlangt, kommt hinsichtlich der Frage, welche Form der Aufhebungsvertrag haben muss,<br />

der höchstrichterlich Zivilrechtsprechung entscheidende Bedeutung zu.<br />

Der Bundesgerichtshof hat seine frühere Rechtsprechung, nach der die Aufhebung und die Verpflichtung<br />

zur Aufhebung eines Grundstückskaufvertrages bis zur Umschreibung des Eigentums<br />

im Grundbuch formfrei war, mit Urteil vom 30.4.1982 (NJW S. 1639) aufgegeben. Nach dieser geänderten,<br />

inzwischen als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung (BGH-Urteile vom 30.9.1993,<br />

NJW S. 3323, und vom 7.10.1994, NJW S. 3346) stellt sich die Rechtslage derzeit wie folgt dar:<br />

Liegt ein Kaufvertrag ohne Auflassungserklärung und ohne Eintragung einer Auflassungsvormerkung<br />

im Grundbuch vor, kann der Kaufvertrag formfrei aufgehoben werden. Die Aufhebung be-<br />

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Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 9/Blatt 36<br />

gründet in Bezug auf das veräußerte Grundstück keine wie auch immer geartete unmittelbare oder<br />

mittelbare Rückübertragungs- oder Erwerbsverpflichtung.<br />

Bei einem Kaufvertrag mit Auflassungserklärung und ohne Eintragung einer Auflassungsvormerkung<br />

bzw. ohne Antrag auf Umschreibung des Eigentums im Grundbuch kann die Vertragsaufhebung<br />

ebenfalls formfrei vorgenommen werden. In derartigen Fällen befindet sich das Grundstück<br />

noch im Eigentum des Verkäufers, der es anderweitig veräußern oder belasten kann. Entsprechendes<br />

gilt, wenn der Veräußerer einen Eintragungsantrag zu Gunsten des Auflassungsempfängers<br />

gestellt hat, den er jederzeit wieder zurücknehmen kann.<br />

Bei Vorliegen eines Kaufvertrages und eines Anwartschaftsrechts des Auflassungsempfängers<br />

besteht für den Aufhebungsvertrag Beurkundungszwang. Ein Anwartschaftsrecht des Auflassungsempfängers<br />

liegt vor, wenn er eine gesicherte Rechtsposition innehat, die der andere Vertragsbeteiligte<br />

(der Veräußerer) nicht mehr einseitig zerstören kann. Der Erwerb eines Anwartschaftsrechts<br />

durch den Auflassungsempfängers ist in den Fällen zu bejahen, in denen er selbst<br />

den Antrag auf Umschreibung des Eigentums im Grundbuch gestellt hat oder eine Auflassungsvormerkung<br />

zu seinen Gunsten im Grundbuch eingetragen ist, die ihn nach den Vorschriften der<br />

§§ 883 ff. BGB vor einer anderweitigen Verfügung des Verkäufers schützt. Weitere Voraussetzung<br />

für das Entstehen eines Anwartschaftsrechts des Auflassungsempfängers ist, dass der Antrag auf<br />

Eintragung des Eigentums oder die Eintragung einer Auflassungsvormerkung nach der Auflassung<br />

erfolgt. Durch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung vor der Auflassung entsteht daher<br />

noch kein derartiges Anwartschaftsrecht.<br />

Wird ein bestehendes Anwartschaftsrecht wieder aufgegeben, z.B. durch formlose Aufhebung der<br />

Auflassung oder durch Rücknahme des Eintragungsantrags, entfällt das Formerfordernis bzw. der<br />

zunächst unwirksame Aufhebungsvertrag wird dadurch geheilt.<br />

1.2 Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung<br />

aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang<br />

vor Eigentumsübergang auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.<br />

In den Fällen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG erfolgt die Rückgängigmachung regelmäßig durch einseitige<br />

empfangsbedürftige Willenserklärung des Berechtigten. Sie ist formfrei möglich und kann<br />

auch konkludent erklärt werden (Palandt, 61. Auflage, § 313 Rn. 17). Andererseits besteht auch<br />

die Möglichkeit, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Dieser bedarf ebenfalls nicht der Form<br />

des § 311 b Abs. 1 BGB (Palandt, 61. Auflage, § 313 Rn. 39). Die Rechtsprechung verlangt aber,<br />

dass vor Abschluss der Vereinbarung das Vorliegen des gesetzlichen Rücktrittsrechts zwischen<br />

den Vertragsschließenden unbestritten feststehen muss (zuletzt Finanzgericht Baden-Württemberg,<br />

Urteil vom 18.2.1998, EFG 1998 S. 1087). Hat der Erwerber nach Auflassung durch Stellung<br />

des Eintragungsantrags oder durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung ein Anwartschaftsrecht<br />

erworben, ist die Verpflichtung zur Aufhebung des Anwartschaftsrechts formbedürftig<br />

(Palandt, 61. Auflage, § 313 Rn. 40).<br />

2. Fälle des § 16 Abs. 2 GrEStG<br />

2.1 Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird nach § 16<br />

Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen<br />

Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der<br />

Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen<br />

Erwerbsvorgang stattfindet.<br />

§ 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG verlangt nicht, dass der vorangegangene Vertrag aufgehoben wird. Der<br />

bloße Rücklauf reicht. Für das schuldrechtliche Rechtsgeschäft besteht Beurkundungszwang nach<br />

§ 311 b Abs. 1 BGB.<br />

2.2 Nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG treten die zu § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG beschriebenen Rechtsfolgen<br />

auch ein, wenn das dem Erwerbsvorgang zugrunde liegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge<br />

einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist.<br />

Die Vorschrift erfasst die Fälle, in denen die Eigentumsübertragung am Grundstück zivilrechtlich<br />

wirksam erfolgt ist, diese Eigentumsübertragung jedoch aufgrund einer objektiv nichtigen oder<br />

Heft 1/2003 Seite 173


Fach 9/Blatt 36 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen<br />

durch Anfechtung nichtig gewordenen schuldrechtlichen Verpflichtung vorgenommen wurde. In<br />

diesem Fall steht dem Veräußerer nach § 812 f BGB ein Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums<br />

zu. § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG setzt einen einseitig und gegen den Willen des ursprünglichen<br />

Erwerbers durchsetzbaren Anspruch auf Rückerwerb voraus. Es ist nicht ausreichend, wenn<br />

die Parteien das Rechtsgeschäft für nichtig halten (BFH-Urteil vom 27.1.1999, BFH/NV 1999<br />

S. 964).<br />

2.3 § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG sieht eine Rückabwicklung bei Nichterfüllung der Vertragsbedingungen<br />

des Rechtsgeschäftes vor.<br />

Hierzu ist die Einigung der Parteien über die Nichterfüllung der Vertragsbedingungen (ersatzweise<br />

ein rechtskräftiges Urteil über die Verpflichtung zur Rückübertragung) und die Rückauflassung erforderlich.<br />

Beide Voraussetzungen sind nach § 311 b Abs. 1 BGB formbedürftig.<br />

3. Fälle des § 16 Abs. 3 GrEStG<br />

3.1 Nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder<br />

die Steuerfestsetzung geändert, wenn die Gegenleistung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung<br />

der Steuer herabgesetzt wird.<br />

Die Herabsetzung der Gegenleistung unterliegt grundsätzlich dem Beurkundungszwang nach<br />

§ 311 b Abs. 1 BGB, es sei denn, sie beruht auf einem berechtigten Minderungsverlangen oder die<br />

Änderung erfolgt erst nach der Auflassung bzw. nach der Grundbucheintragung (Palandt, 61. Auflage,<br />

§ 313 Rn. 41 und 44).<br />

3.2 Nach der Änderung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des<br />

Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23.7.2002 (vgl.<br />

BGBl 2002 I S. 2715, 2722) wird auf Antrag die Steuer entsprechen niedriger festgesetzt oder die<br />

Steuerfestsetzung geändert, wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 BGB n.F.<br />

(bisher §§ 459 und 460 BGB a.F.) vollzogen wird. Gegen eine entsprechende Anwendung des<br />

§ 437 BGB n.F. ab dem 1.1.2002 bestehen keine Bedenken.<br />

§ 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG setzt voraus, dass sich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers mit der<br />

Minderung einverstanden erklärt oder dementsprechend verurteilt worden ist und die Minderung<br />

auch tatsächlich eingetreten ist. Bei einem berechtigten Minderungsverlangen besteht kein Formzwang<br />

nach § 311 b Abs. 1 BGB (siehe vorstehende Tz. 3.1, zweiter Absatz).<br />

Nach der Neukonzeption des Kaufrechts wird nicht mehr zwischen Sach- und Rechtsmängeln unterschieden,<br />

so dass auch bei Rechtsmängeln eine vollzogene Minderung des Kaufpreises im<br />

Rahmen der Grunderwerbbesteuerung zu berücksichtigen ist.<br />

4. Verletzung der Anzeigepflicht (§ 16 Abs. 5 GrEStG)<br />

Nach § 16 Abs. 5 GrEStG gelten die Absätze 1 bis 4 dieser Vorschrift nicht, wenn einer der in § 1<br />

Abs. 2, 2 a und 3 bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht nach den §§ 18,<br />

19 GrEStG fristgerecht angezeigt war.<br />

Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder und tritt<br />

an die Stelle des Bezugserlasses. Es wird gebeten, die Finanzämter hiervon zu unterrichten und den<br />

Erlass in die <strong>Grunderwerbsteuer</strong>kartei aufzunehmen.“<br />

Seite 174 Heft 1/2003

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