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Eine Trickfilmoper<br />

Trickfilme. In Wirklichkeit war es umgekehrt; die Filme waren nach meiner<br />

Musik gedreht worden, regelrechte kleine Opern: ‘Das Märchen vom Popen<br />

und seinem Knecht Balda’ und ‘Das Märchen von der törichten Maus’. Zu<br />

schade, dass all dies verlorenging.« Während die ersten Nummern der Musik<br />

bereits im April 1933 aufgenommen wurden und Schostakowitsch die<br />

Komposition im wesentlichen im November 1934 abgeschlossen hatte, zog<br />

sich die Arbeit am Film hin. Die Ansichten Zechanowskis gegenüber der<br />

Musik und Person Schostakowitschs waren dabei extremen Schwankungen<br />

unterlegen und wohl nicht unbeeinflußt von Rivalität und Eifersucht: Im<br />

Frühjahr 1933 sieht er – so Eintragungen in seinem Tagebuch – in Schostakowitsch<br />

einen zwar talentierten, aber effektverliebten Komponisten von<br />

nicht eben hohem Intellekt und bemängelt, dass dessen Musik ihn nicht<br />

inspiriere und zu »philharmonisch« daherkomme. Wenige Monate später ist<br />

Schostakowitsch für ihn ein »... wundervoller Junge. Er erledigt alles, worum<br />

ich bitte, aufmerksam und talentiert. Jedermann erkennt ihn als einen<br />

Meister an, ja als ein Genie. Er schreibt außergewöhnlich schnell, aber ohne<br />

Einbußen in der Qualität. Ein wirklicher Künstler, ein wahrer Meister. Nun<br />

ist es an mir! Ich muß etwas fertigbringen, dass der Qualtät seiner Musik<br />

nicht nachsteht«. Am 1. Juni 1935 wurde eine siebenteilige Suite aus der<br />

»Balda«-Musik in Leningrad öffentlich und erfolgreich aufgeführt. Zwischen<br />

Juni und November 1935 sowie von Januar bis Mai 1936 wurden weitere<br />

Teile der Musik aufgenommen. Noch im Juni 1936 arbeitete Zechanowski<br />

am Film. Wurde der Streifen damals vollendet? In die Kinos kam er jedenfalls<br />

nie. Ein Jahrzehnt später benennt Zechanowski eine mögliche Ursache:<br />

»Der Artikel über Schostakowitsch und andere ‘Formalisten’ ... war, selbstverständlich,<br />

der einzige Grund für das Einfrieren der Arbeit am Balda.« Im<br />

Januar 1936 war Schostakowischs Oper »Lady Macbeth von Mzensk« in<br />

einem redaktionellen Artikel der Prawda einer vernichtenden Kritik unterzogen<br />

worden – ein Generalangriff auf den Koponisten, der von einem Tag<br />

auf den anderen zur persona non grata wurde und um sein Leben fürchten<br />

musste. Die schlimmste Zeit des Stalinschen Terrors begann und zwang<br />

Schostakowitsch fortan zu einer Gratwanderung zwischen Subversion und<br />

Anpassung.<br />

Die vier bis dahin vollendeten Rollen des Films mit der Musik Schostakowitschs<br />

wurden im Archiv des Lenfilmstudios in Leningrad aufbewahrt.<br />

Dieses Lager brannte 1941 kurz nach Kriegsbeginn ab. Der Ehefrau Zechanowskis<br />

gelang es lediglich, sechzig Meter des Films (das entspricht ungefähr<br />

2 1/2 Minuten) zu retten, die allein uns heutzutage einen Eindruck vermitteln<br />

können, was für eine avantgardistische Trickfilmoper den Autoren vorgeschwebt<br />

haben könnte.<br />

Die Wiedergeburt des »Balda«<br />

Die Wiedergeburt des »Balda«<br />

Dieses Filmfragment wurde am 9. Juni 1967 während des 5. Internationalen<br />

Filmfestivals in Moskau gezeigt. Noch zu Lebzeiten Schostakowitschs gab es<br />

den Plan, die gesamte Musik zu rekonstruieren. Initiiert wurde er von der<br />

Schostakowitsch-Biographin Sofia Chentowa. Der Komponist stand dem<br />

Vorhaben offenbar aufgeschlossen gegenüber, denn er schätzte die Qualität<br />

Musik zum »Balda« selbst hoch ein. Verwirklicht werden konnte der Plan<br />

allerdings erst nach Schostakowitschs Tod. Freilich erlebte der »Balda«<br />

nicht auf der Leinwand sondern auf der Opernbühne und den Konzertpodien<br />

seine Wiedergeburt. Sofia Chentowa sichtete die erhaltenen Quellen<br />

und versuchte aus dem Material eine Version des Werkes zu erarbeiten, die<br />

einerseits den erkennbaren Intentionen der Autoren so weit wie möglich folgen<br />

und andererseits als Bühnenwerk lebensfähig sein sollte. Zu diesem<br />

Zweck wurden einige rein instrumentale Passagen textiert, auch wurde andere<br />

Musik von Schostakowitsch in das Werk integriert. In dieser Gestalt kam<br />

»Balda« am Kleinen Opern- und Balletttheater in Leningrad im September<br />

1980 zur Premiere. Schon 1979 hatte Genadi Rozhdestvensky eine sechssätzige<br />

Suite herausgegeben und aufgeführt. Joachim Dietrich Lingk bearbeitete<br />

die Opernversion von Sofia Chentowa für etwas kleineres Orchester,<br />

Sigrid Neef übertrug die Texte ins Deutsche. In dieser Gestalt war das<br />

»Märchen vom Popen und seinem Knecht Balda« seit den späten achtziger<br />

Jahren an verschiedenen deutschen Bühnen zu erleben. 1999 wurde der<br />

»Balda« in einer von Schostakowitschs Schüler Vadim Bibergan erarbeiteten<br />

Fassung als Ballett am Bolschoi Theater aufgeführt. Bibergan besorgte auch

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