Stenografischer Bericht - Deutscher Bundestag
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9564 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 94. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. April 2007<br />
Stephan Mayer (Altötting)<br />
(A) Verfügung hatten, nicht ausreichten, dass sie nicht ge- der Verhandlungen dazu durchgerungen haben, dieses (C)<br />
griffen haben. Deswegen ist es richtig, jetzt auch hier Ehegattennachzugsalter entsprechend festzulegen.<br />
deutliche Nachbesserungen vorzunehmen: Wir legen das<br />
Ehegattennachzugsalter auf 18 Jahre fest. Wir haben<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
die Erfahrung gemacht, dass junge Mädchen – man muss<br />
offen sagen: vor allem türkische Mädchen –<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren, meines Erachtens<br />
wurde in der bisherigen Debatte zu wenig be-<br />
(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Jetzt kommt’s raus!)<br />
tont, dass dieser Gesetzentwurf auch ein Reflex auf das<br />
ist, was wir in den vergangenen Jahren im Bereich des<br />
Ausländer- und Zuwanderungsrechtes erlebt haben. Ich<br />
möchte in diesem Zusammenhang nur den Fall Mehmet,<br />
dieses Serienstraftäters aus München, erwähnen. Nach<br />
Umsetzung dieses Gesetzentwurfs können erstmals heranwachsende<br />
Serienstraftäter, die schon eine Niederlassungserlaubnis<br />
in Deutschland haben, unter erleichterten<br />
Bedingungen abgeschoben werden. Das ist ein großer<br />
Erfolg, der mit diesem Gesetz erreicht wird.<br />
besonders einfach von den Eltern, von den Großeltern<br />
gezwungen werden können, einen Mann zu heiraten, den<br />
sie an und für sich gar nicht heiraten wollen. Diese Mädchen<br />
müssen dann – auch gegen ihren Willen – nach<br />
Deutschland kommen. Ich hoffe, dass es gelingt, dies in<br />
Zukunft zu verhindern. Man kann es zum jetzigen Zeitpunkt<br />
sicher noch nicht versprechen, aber ich wünsche<br />
mir, dass es mit der Festlegung des Ehegattennachzugsalters<br />
auf 18 Jahre gelingen wird, dem Phänomen der<br />
Zwangsverheiratung in Zukunft Einhalt zu gebieten.<br />
Sevim Dağdelen (DIE LINKE):<br />
Vielen Dank, Herr Kollege. – Nachdem Sie ja jetzt<br />
noch einmal die Festsetzung des Ehegattenalters für den<br />
Nachzug und in diesem Zusammenhang auch die geforderten<br />
Deutschkenntnisse verteidigt haben, möchte ich<br />
Sie gerne fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass es vier Gutachten<br />
des Wissenschaftlichen Dienstes gibt, die besagen,<br />
dass es sowohl erhebliche verfassungsrechtliche<br />
Bedenken gibt gegen die geplanten Änderungen – Festsetzung<br />
des Ehegattenalters auf 18 Jahre und Verlangen<br />
von Deutschkenntnissen als Zuzugsvoraussetzung – in<br />
Bezug auf den Nachzug zu Deutschen und zu Drittstaatenangehörigen<br />
in Deutschland als auch Bedenken, ob<br />
dies richtlinienkonform ist.<br />
Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU):<br />
Sehr verehrte Frau Kollegin Dağdelen, es gibt Gutachten<br />
in die eine und in die andere Richtung. Verfassungsrechtliche<br />
Bedenken werden ja in der heutigen Zeit<br />
immer dann vorgebracht, wenn man politisch etwas ablehnt<br />
oder in eine andere Richtung bringen möchte. Ich<br />
habe zum Ausdruck gebracht: Mit der Festlegung des<br />
Ehegattennachzugsalters auf 18 Jahre soll der Versuch<br />
unternommen werden, dem Phänomen der Zwangsverheiratung<br />
entgegenzuwirken. Ob das zu 100 Prozent gelingt,<br />
kann an dieser Stelle keiner versprechen. Ich bin<br />
aber der festen Überzeugung, dass es einen Versuch wert<br />
ist. Deswegen finde ich es richtig, dass wir uns am Ende<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Ich kann jedem Kollegen und jeder Kollegin nur empfehlen,<br />
das Buch „Die fremde Braut“ von Necla Kelek<br />
zu lesen. Hier wird klargemacht, welche Ausmaße das<br />
Phänomen der Zwangsverheiratung für eine Familie und<br />
für ein Individuum im Extremfall annehmen kann.<br />
Ein weiterer aktueller Fall, der auch Niederschlag in<br />
diesem Gesetzentwurf gefunden hat, ist der der Kofferbombenattentäter<br />
vom 31. Juli letzten Jahres, bei dem es<br />
glücklicherweise beim schrecklichen Versuch geblieben<br />
ist. Wir haben darauf entsprechend reagiert, indem wir<br />
die Möglichkeit eröffnen, ausländischen Studenten die<br />
Aufenthaltserlaubnis zunächst einmal nur probeweise<br />
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:<br />
Kollege Mayer, gestatten Sie eine Zwischenfrage der<br />
Kollegin Dağdelen?<br />
für ein Jahr zu gewähren. Diese Aufenthaltserlaubnis<br />
kann dann in der Folge natürlich verlängert werden. Es<br />
gibt aber leider Gottes, wie wir feststellen mussten, das<br />
Phänomen, dass an sich unbescholtene und ideologisch<br />
noch nicht verbrämte ausländische Studenten nach<br />
Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU):<br />
Deutschland kamen und während ihres Aufenthaltes hier<br />
(B) Sehr gerne.<br />
radikalisiert wurden. Ich meine diese sogenannten<br />
Homegrown Terrorists, die hier in Deutschland erst dadurch,<br />
dass sie den falschen Imamen in die Finger kamen,<br />
radikalisiert wurden. Diesem Phänomen kann dadurch<br />
Einhalt geboten werden, dass zunächst einmal nur<br />
eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt wird.<br />
(D)<br />
Der Gesetzentwurf, der heute in erster Lesung zur Beratung<br />
ansteht, trägt in vielen Fällen dazu bei, ein zielund<br />
passgenaueres und auch den Anforderungen der Realität<br />
angemesseneres Ausländer- und Zuwanderungsrecht<br />
zu schaffen. Dieses Zuwanderungsrecht lässt aber<br />
auf der anderen Seite auch liberalere Tendenzen erkennen.<br />
So setzen wir die Opferschutzrichtlinie um und<br />
schaffen einen neuen Aufenthaltserlaubnistatbestand für<br />
Forscher. Darüber hinaus gibt es für Studenten zum Beispiel<br />
die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis nicht<br />
nur für ein Mitgliedsland der Europäischen Union, sondern<br />
auch noch für ein zweites zu bekommen.<br />
Es wäre also verfehlt und meines Erachtens eine bewusste<br />
Fehlinformation, wenn behauptet würde, bei diesem<br />
Gesetz handele sich um ein Zuwanderungsverhinderungsgesetz<br />
oder dieses Gesetz enthalte nur restriktive<br />
Gedanken. Es handelt sich meines Erachtens, wie schon<br />
erwähnt, um einen sehr ausgewogenen Kompromiss. Ich<br />
kann nur allen Kolleginnen und Kollegen empfehlen,<br />
das Gesetzgebungsverfahren konstruktiv – vonseiten der<br />
Opposition möglicherweise auch kritisch, aber dann<br />
bitte konstruktiv-kritisch – zu begleiten und es zügig voranzutreiben.<br />
Es laufen derzeit ja schon acht Vertragsverletzungsverfahren<br />
der Europäischen Kommission ge-