Stenografischer Bericht - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – 94. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. April 2007 9665<br />
(A) gungsverbot, wonach eine Kündigung wegen Betriebsüren Angriffe durch Ermittlungsbehörden auf die Presse- (C)<br />
bergangs grundsätzlich unwirksam ist.<br />
freiheit in der Bundesrepublik Deutschland gegeben.<br />
Wieso, sehr geehrte Damen und Herren von der Fraktion<br />
Die Linke, wünschen Sie eine Abfindungsregelung<br />
für einen Kündigungsfall, der nach geltendem Recht in<br />
Deutschland gar nicht eintreten kann bzw. von vornherein<br />
unwirksam ist?<br />
Grundsätzlich obliegt es den Leserinnen und Lesern,<br />
eine Neuorientierung des Charakters einer Zeitung zu<br />
beurteilen. Die Leserinnen und Leser entscheiden durch<br />
Kauf oder Nichtkauf, ob und wie sich neue Besitzverhältnisse<br />
auf die journalistische Qualität einer Zeitung<br />
ausgewirkt haben.<br />
So ist der ausgehandelte Tarifvertrag bundesweit der<br />
einzige, der einem Betriebsrat in einem Medienunternehmen<br />
Informationsrechte in wirtschaftlichen Angelegenheiten<br />
und Personalplanung zugesteht. Darüber hinaus<br />
wurden Vereinbarungen zur Altersteilzeit sowie<br />
beschäftigungssichernde Regelungen zur Weiterbeschäftigung<br />
bei Umsetzungen getroffen.<br />
Sicherlich müssen wir Engagements von Finanzinvestoren,<br />
gerade wenn sie nicht aus dem Pressebereich<br />
kommen, genauestens beobachten.<br />
Gerade die beispielhaft angeführten Geschehnisse um<br />
den Verkauf des Berliner Verlages zeigen jedoch, dass<br />
die von den Antragstellern angestrebte Ausweitung des<br />
deutschen Arbeitsrechts nicht nur juristisch zweifelhaft,<br />
sondern darüber hinaus unnötig ist.<br />
Christoph Waitz (FDP): In der jüngsten Vergangenheit<br />
gab es massive Angriffe auf das Grundrecht der<br />
Pressefreiheit in Deutschland. Ich erinnere an die Bespitzelungen<br />
von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst.<br />
Ich erinnere an die Durchsuchung der Redaktion<br />
der Zeitschrift „Cicero“ sowie der Wohnung des<br />
recherchierenden Journalisten hier in Berlin. Seit der<br />
„Spiegel“-Affäre im Jahr 1962 hat es keine vergleichba-<br />
Es ist daher auch nicht zu beanstanden, wenn die<br />
Linksfraktion in ihrem Antrag die Bundesregierung auffordert,<br />
die Pressefreiheit zu gewährleisten. Das ist nicht<br />
mehr als eine Selbstverständlichkeit. Denn in dem<br />
„Cicero“-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom<br />
27. Februar 2007 erklärt das Gericht – ich zitiere das<br />
Urteil, weil es prägnanter und kürzer nicht zu formulieren<br />
ist –:<br />
Ob es uns gefällt oder nicht: Bei einem Verlag handelt<br />
es sich nicht um ein öffentliches Gut, sondern um ein<br />
Anlageobjekt, welches unter anderem dazu dient, Geld<br />
zu verdienen.<br />
Sowohl bei der Übernahme der Berliner Zeitung<br />
durch Gruner + Jahr 1992, als auch bei der letztendlich<br />
untersagten Übernahme des Verlages durch die Verlagsgruppe<br />
Holtzbrinck im Jahre 2002 waren unternehmerische<br />
und nicht journalistische Beweggründe ausschlaggebend<br />
für das jeweilige Engagement.<br />
Die Freiheit der Medien ist konstituierend für die<br />
freiheitliche demokratische Grundordnung (vgl.<br />
BVerfGE 7, 198 ; 77, 65 ; stRspr). Eine<br />
freie Presse und ein freier Rundfunk sind daher von<br />
besonderer Bedeutung für den freiheitlichen Staat<br />
(vgl. BVerfGE 20, 162 ; 50, 234 ;<br />
77, 65 ). Dementsprechend gewährleistet<br />
Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG den im Bereich von Presse<br />
und Rundfunk tätigen Personen und Organisationen<br />
Freiheitsrechte und schützt darüber hinaus in seiner<br />
objektiv-rechtlichen Bedeutung auch die institutionelle<br />
Eigenständigkeit der Presse und des Rundfunks<br />
(vgl.BVerfGE 10, 118 ; 66, 116 ;<br />
77, 65 ). Die Gewährleistungsbereiche der<br />
(B)<br />
Warum Sie es erwähnenswert finden, dass auch 2005<br />
bei der Übernahme des Berliner Verlages durch die Finanzgruppe<br />
um David Montgomery unstrittig finanzielle<br />
Interessen im Vordergrund standen, ist mir ein Rätsel. Im<br />
Fall der Berliner Zeitung hat jedoch durch die Übernahme<br />
weder die journalistische Qualität des Blattes<br />
noch haben die Arbeitnehmer gelitten. Im Gegenteil: Die<br />
Vereinbarungen, die zwischen den neuen Eigentümern<br />
auf der einen und den Vertretern von Konzernbetriebsrat,<br />
Verdi und DJV, auf der anderen Seite erzielt wurden,<br />
können sich sehen lassen.<br />
Presse- und Rundfunkfreiheit schließen diejenigen<br />
Voraussetzungen und Hilfstätigkeiten mit ein, ohne<br />
welche die Medien ihre Funktion nicht in angemessener<br />
Weise erfüllen können. Geschützt sind namentlich<br />
die Geheimhaltung der Informationsquellen<br />
und das Vertrauensverhältnis zwischen Presse<br />
beziehungsweise Rundfunk und den Informanten<br />
(vgl. BVerfGE 100, 313 m. w. N.). Dieser<br />
Schutz ist unentbehrlich, weil die Presse auf private<br />
Mitteilungen nicht verzichten kann, diese Informationsquelle<br />
aber nur dann ergiebig fließt, wenn sich<br />
der Informant grundsätzlich auf die Wahrung des<br />
(D)<br />
Redaktionsgeheimnisses verlassen kann<br />
(vgl.BVerfGE 20, 162 ; 36, 193 ).<br />
Dieses Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten<br />
ist das Rückgrat der journalistischen Arbeit. Informanten<br />
vertrauen Journalisten in einer geschützten Sphäre Informationen<br />
an, die es den Medien ermöglichen, auf Missstände<br />
in unserer Gesellschaft hinzuweisen oder Mängel<br />
und Rechtsverletzungen durch Maßnahmen der Exekutive<br />
aufzudecken. Dieses Zeugnisverweigerungsrecht<br />
durch Maßnahmen der Geheimdienste und der Staatsanwaltschaft<br />
untergraben zu lassen, können wir nicht hinnehmen,<br />
auch dann nicht, wenn sie in bester Absicht,<br />
wie zum Beispiel zur Terrorbekämpfung, geschehen.<br />
Journalisten müssen weiterhin umfassenden Schutz genießen;<br />
das ist essenziell für unsere freiheitliche Gesellschaft.<br />
Wie Sie wissen, hat die FDP-Fraktion daher das Gesetz<br />
zur Sicherung der Pressefreiheit in den <strong>Bundestag</strong><br />
eingebracht. Auch nach der zitierten Entscheidung des<br />
Bundesverfassungsgerichtes müssen wir schnell zu einer<br />
Verabschiedung dieses Gesetzes kommen. Wir brauchen<br />
klare Regelungen über die Grenzen der Beschlagnahme,<br />
Durchsuchung, Telekommunikationsüberwachung und<br />
der Ermittlung wegen des Verdachts der Beihilfe zum