Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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Religiosität wurde nicht nur als selbstverständlich hingenommen,<br />
sie erhielt, so dies noch nötig sein sollte, ihre letzte Zuspitzung in<br />
der Vergilschen Äneis.<br />
5. Kapitel<br />
Die Aeneis – Bibel der Augusteischen Religiosität<br />
In diesem von Augustus in Auftrag gegebenen Werk 1 , das die<br />
Weltsicht (s. IV. Ekloge) Vergils harmonisch mit der Neuen Zeit<br />
verschmolz, sind Ilias und Odyssee auf eine neue<br />
Zukunftsdimension hin zusammen geordnet. 2 In wahrhaft genialer<br />
Bündelung wird Aeneas, d. h. Rom, als der von Juppiter (statt von<br />
Poseidon in der Ilias) verheißene Heros hingestellt, dessen Erben<br />
sich als berufene Willensvollstrecker göttlichen Planes sehen<br />
dürfen. 3 Ist in der Ilias schon eine tiefgründig bündelnde Aussage<br />
konstitutiv: menschliches und göttliches Handeln greifen<br />
ineinander, und schließlich vollzieht sich Zeus’ Plan, 4 so wird<br />
daraus nun geradezu eine politische Theologie. 5<br />
„Viele Jahre Mühe bedurfte die Gründung des Römischen<br />
Volkes“(Aeneis 1, 32f). Menschlich anrührend die Stimme Didos,<br />
der Verzichtenden, wenn sie bekennt: „Selbst mit dem Elend<br />
vertraut, da lernte ich Leidenden helfen“ (1,630). Aeneas nennt<br />
bereits Italien seine Heimat (1,380); Italien, wo Dardanus, Urvater<br />
der Latiner, Epiroten und Trojaner, herstammt (3,50 u. 3,167) –<br />
eine kunstvolle Verknüpfung von Griechenland und Rom. Zwölf<br />
Schwäne am Himmel werden zum glücksverheißenden Zeichen der<br />
Rettung (1,393) – prompt werden im Jahre 43 (am 19. August!) 6<br />
dem 1. Konsulatsbeginn Octavians (wie einst bei Romulus) zwölf<br />
Geier als glücksbringende Auspizien erblickt, der damit in die<br />
weiterweisende Linie der Aeneis tritt. 7<br />
Seine Apotheose (1,286 ff), das „Sidus Julium“, von Anchises<br />
erbeten als Zeichen Juppiters mit dem Gebet: „Götter, erhaltet den<br />
Enkel“[=Julus], natürlich Bezug nehmend auf den Octavianischen<br />
Kometen (s. o.), die Weltherrschaft des Hauses des Aeneas (3,97),<br />
1 Vgl. Mommsen S. 142 – 30 (oder 29) - 19 entstanden<br />
2 Rieks Sp. 222: „Das vergilsche Geschichtsdenken verschmilzt beide Handlungen und<br />
ordnet sie auf eine große Zukunftsdimension hin neu.“<br />
3 Christ S. 135f: „In der Aeneis hat Vergil dann die historische „Bestimmung Roms mit der<br />
Geschichte Trojas und der Gestalt des Aeneas verbunden... eines Geschehens, das Mythos und<br />
Geschichte verbindet.“ – vgl. auch Genealogien im Anhang.<br />
4 Ganz ähnlich wie Gen. 50, 20!<br />
5 „Dem griechischen Weltgedicht [=Ilias] tritt das politische Epos (=Aeneis) gegenüber“ –<br />
Schmalzriedt Sp. 2414<br />
6 Dem Todesdatum des Augustus!<br />
7 Kornemann S. 90