Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
45<br />
Kaiserkult Nachdruck zu verleihen. Dass er die Christen verfolgte,<br />
geschah nicht, weil sie ihm keine göttliche Verehrung zuteil werden<br />
ließen, sondern weil er Sündenböcke suchte.“ Ganz ähnlich urteilt<br />
Wikenhauser: 1 „Dieser Kaiser hat die Christen als angebliche<br />
gemeine Verbrecher und Brandstifter verfolgt, nicht weil sie ihm<br />
die Anbetung versagt hätten.“<br />
Bei der Bestrafung wurden in der Tat drakonische Maßnahmen<br />
deutlich, die aber grundsätzlich vorgesehen waren und somit keine<br />
Erfindung Neros waren. Gekreuzigt wurden dabei Personen, die<br />
kein Bürgerrecht hatten. Stöver räumt mit Recht ein 2 „eine<br />
unmenschliche Marter“; jedoch Vandenberg stellt fest: 3 „De jure<br />
waren diese Urteile korrekt.“ Auch Christ 4 meint eben, „Nero war<br />
ein Verächter aller Religion, der an der religiösen Problematik<br />
überhaupt nicht interessiert war. Er lehnte sogar den Bau eines<br />
Tempels für den Divus Nero kategorisch ab.“ 5<br />
Es bleibt also nicht viel, was den gerade von Christen gemachten<br />
Vorwürfen Recht gäbe. Vielleicht ist es letztlich eine weitgehende<br />
Ähnlichkeit mit Domitian, die das schiefe Bild mitverursacht hat:<br />
Neros 36 Meter hohe Bronzestatue kann durchaus mit Domitians<br />
Kolossalstatue (equus maximus) verglichen werden, seine domus<br />
aurea (s. u.) mit dem Palastbau Domitians, ebenso seine freilich<br />
noch stärkere Nähe zum Hellenismus, sein allmählich stärker<br />
werdender Hang zum Despotismus und zur Grausamkeit, seine<br />
sexuelle Ungezügeltheit, sein Bad in der Menge und auch seine<br />
anfängliche, fast pingelig wirkende Gerechtigkeit, seine Feindschaft<br />
gegenüber dem senatorischen Adel; andererseits bleiben aber –<br />
gerade unter den für uns wichtigen Gesichtspunkten – wichtige und<br />
auffallende Unterschiede: Keine Selbstvergötterung, keine Vorliebe<br />
zum Militärischen und keine allmähliche Selbstisolation. Er blieb –<br />
bei all seinen exzentrischen Untaten und vielleicht mit ihnen – das<br />
große Kind, der in die Renaissance oder noch besser ins Barock<br />
passende Spieler und Phantast.<br />
Kapitel 7a: Die domus aurea und der Pseudo-Nero. 6<br />
Die Architekten Severus und Celer erbauten auf einem Teil des<br />
durch den Brand zerstörten Areals, nämlich auf einem halben<br />
Quadratkilometer (d. h. immerhin etwas größer als der heutige<br />
1 Wikenhauser S. 18<br />
2 Stöver S. 39<br />
3 Vandenberg S. 257<br />
4 Christ S. 237<br />
5 Allerdings Millar S.204: „Am Korinthischen Isthmos schlug der Hohepriester des<br />
Kaiserkultes vor, Nero einen Altar zu errichten, der mit Zeus liberator gleichgesetzt wurde.“<br />
6 Dazu Grant, Nero S. 141-151; Fini S. 176-179; Kraus S. 58f.