Dokument 1.pdf (16.235 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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47<br />
Dazu kommt noch, dass wohl manches von vornherein als üble<br />
Nachrede, als geiler Hofklatsch achselzuckend beiseite geschoben<br />
wurde. Man hatte andere Sorgen. Und: das Empfinden für die<br />
„gute, alte Zeit“ ist ja immer mit im Spiel, auch wenn dafür faktisch<br />
nichts wirklich spricht. So wird dann der zeitliche Abstand noch<br />
manches an Glorifizierung gebracht haben.<br />
Jedenfalls schon im Jahre 70 trat auf Kythnos (Kykladeninsel) ein<br />
Pseudo-Nero 1 auf und brachte Kleinasien und Achaia in<br />
Aufregung. 2 Gerade noch gelang es, ihn gefangen zu nehmen und<br />
auf Kaiser Othos Geheiß hinzurichten. Im Jahre 80 trat ein<br />
Terentius Maximus am Euphrat auf, 3 verkündete, er sei Nero,<br />
bekam viel Zulauf in Kleinasien, die Parther wurden aufmerksam,<br />
der parthische Herrscher Artabanos schien sogar Unterstützung in<br />
Aussicht zu stellen. Der Nero in Aussehen und Gehabe völlig<br />
gleichende Prätendent verblüffte zusätzlich durch musikalische<br />
Darbietungen wie jener, wurde aber entlarvt und aus dem Weg<br />
geschafft.<br />
Im Jahre 88 oder 89 tritt ein dritter falscher Nero auf, wiederum<br />
von Parthern unterstützt (möglicherweise eine Doppelung von Nr.<br />
2), 4 schließlich aber doch ausgeliefert.<br />
Wenn dann 30 Jahre nach Neros Tod Dion Chrysostomus, 5<br />
immerhin ein mutiger Kritiker kaiserlicher Despotie, schreibt:<br />
„Wünscht sich doch bis zum heutigen Tag jedermann [!], Nero<br />
wäre noch am Leben,“ –also positive Sehnsüchte nach Neros Zeit<br />
signalisiert, so ist zumindest klar, als derartig schreckhaftes und<br />
boshaftes Gegenstück zum Christus konnte ein gescheiter, seine<br />
Umwelt präzis beobachtender Theologe, wie Johannes es doch war,<br />
Nero bzw. Nero redivivus nicht brauchen oder verwenden.<br />
Wer so ersehnt, nicht befürchtet wird, taugt nicht als exegetischer<br />
Ausweg, wenn auch die Deutung der Apokalypse ins Stottern<br />
kommt (s. u.). 6<br />
8. Kapitel<br />
Intermezzo<br />
Das Interregnum der Drei<br />
1<br />
Von Lion Feuchtwanger in „Der falsche Nero“ genial umgedeutet und auf das III. Reich<br />
angewandt.<br />
2<br />
Tacitus Hist. II/8f, T 2, C. Dio 115, Sueton S. 384, Anm. 1.<br />
3<br />
C. Dio S. 160, Hanslik, Terentius, Sp. 598.<br />
4<br />
Tacitus Anm. S. 654 Nr. 5. Sueton Nero S. 57 – in der Anmerkung mit Terentius(= 2.<br />
Pseudonero) verwechselt.<br />
5<br />
„Von der Schönheit“ – sämtliche Reden (Stgt. 1967), S. 311.<br />
6<br />
Es wäre so, als hätte jemand im XIV. Jhdt. die Kyffhäuser-Sage zur Satansausmalung<br />
benutzt!