Mark Büttner/ Gabi Teich: <strong>„Wahre</strong> <strong>Geschichte</strong>“...; © 2005 __________________________________________________________________________________________ 6
Mark Büttner/ Gabi Teich: <strong>„Wahre</strong> <strong>Geschichte</strong>“...; © 2005 __________________________________________________________________________________________ 7 Gestaltung des Flugblattes: Dieser Einblattdruck, ein kolorierter Holzschnitt, entstanden nach 1574 (Ort <strong>der</strong> Entstehung und ausführen<strong>der</strong> Künstler sind lei<strong>der</strong> unbekannt), ist editiert bei Wolfgang Harms 2 und stellt eine Folterungs- bzw. Tötungsszenerie dar, welche einem angeblichen Entführungsversuch zweier Kin<strong>der</strong> durch zwei Juden folgt 3 . Ort des Geschehens ist Leitomischel in Böhmen, <strong>der</strong> angegebene Zeitpunkt des angeblichen Geschehens ist <strong>der</strong> 13. Januar 1574. Dieses standard-typische Flugblatt wird dominiert von einem dreispaltigen Text, <strong>der</strong> die untern zwei Drittel des Blattes einnimmt, während das obere Drittel von einer Grafik mit nachfolgen<strong>der</strong>, kurzer Inhaltesangabe eingenommen wird. Auffallend ist, dass <strong>der</strong> Text unmittelbar mit <strong>der</strong> Grafik korrespondiert, während diese, an<strong>der</strong>s als im ersten Beispiel zum Hostienschändungsvorwurf, ohne den Text nicht verständlich wäre. Inhalt des Flugblattes: In <strong>der</strong> kurzen Inhaltsangabe wird durch den Verfasser hervorgehoben, dass es sich um einen Wahrhafftigen bericht von zweyen Juden handelt, die zwey Weiber bestelt haben/ das sie ein Christen Kind sollten bringen. Die Betonung <strong>der</strong> Wahrhaftigkeit ist dabei als damals durchaus übliches Instrument zur Verifizierung <strong>der</strong> dargestellten Vorgänge zu sehen, ebenso wie die Darstellung diverser Augenzeugen in <strong>der</strong> Grafik, so dass dem Leser suggeriert wird, alle Vorgängen hätten sich wie beschrieben ereignet. Während die besagten zwei Frauen, die sich <strong>der</strong> versuchten Kindesentführung schuldig machten, nach erfolgtem Verhör, lebendig begraben wurden, erging es den beiden beschuldigten Juden wesentlich schlimmer. Nach Feststellung ihrer Identität wurden die beiden Juden Isack (Isaak) Lipman und Isack (Isaak) Salomon vom Scharfrichter peinlich verhört und nach den erfolgten (mutmaßlich erzwungenen) Geständnissen <strong>der</strong> weltlichen Gerichtsbarkeit zugeführt. Der Bericht fährt weiterhin in Versform fort, die Marter und den Tod bei<strong>der</strong> Juden zu beschreiben, wobei <strong>der</strong> genaue Hergang illustrativ dargestellt ist und sich 2 Harms, Wolfgang (Hrsg.): „ Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts.“, Tübingen 1983, Band VII, S. 114 f. 3 Eine weitere Darstellung des Flugblattes findet sich bei Strauss, Walter L. (Hrsg.): „ The German singlel leaf woodcut. 1550 – 1600. A pictoral catalogue.”, New York, Band 2, S. 831. Er schreibt das Flugblatt ohne weitere Begründung den Drucker Michael Peterle, Schöpfer des Flugblattes nicht verifiziert werden kann.