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Gadamer vor Heidegger Es ist unzweifelhaft, daß die Begegnung ...

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Freiburger Vorlesung traktierte.<br />

In seiner Stellungnahme von 1923 begrüßt <strong>Gadamer</strong> Hartmanns<br />

Anlehnung an <strong>die</strong> Phänomenologie, aber er stellt sich doch <strong>die</strong> grundsätzliche<br />

Frage, ob Hartmanns Phänomenologie radikal genug sei (eine ähnliche Frage<br />

hatte damals <strong>Heidegger</strong> an <strong>die</strong> Phänomenologie Edmund Husserls gerichtet).<br />

Mit der Phänomenologie hatte <strong>Gadamer</strong> übrigens nähere Bekanntschaft<br />

gemacht, als er das Sommersemester 1921 in München verbrachte. Dort hatte<br />

er bei den Phänomenologen Geiger und Pfänder stu<strong>die</strong>rt, aber sie scheinen auf<br />

ihn keinen allzu großen Eindruck gemacht zu haben. 91 Immerhin war es in<br />

einem Pfänderseminar, das er zum ersten Mal von <strong>Heidegger</strong>s Namen und<br />

Fama erfuhr. 92 Als ihm Natorp kurz nach seiner Promotion <strong>Heidegger</strong>s<br />

Manuskript über seine phänomenologischen Interpretationen von Ar<strong>ist</strong>oteles<br />

zu lesen gab, wirkte es auf <strong>Gadamer</strong> “wie das Getroffenwerden von einem<br />

elektrischen Schlage”. So wurde er bei der Lektüre an Verse von Stefan<br />

George erinnert. 93 <strong>Gadamer</strong>s Anhänglichkeit für <strong>die</strong> Dichtung Georges 94 wird<br />

also wohl auch den Boden für seine Rezeption <strong>Heidegger</strong>s bereitet haben.<br />

Nach der Lektüre der Handschrift von <strong>Heidegger</strong> im Herbst 1922 entschied er<br />

sich, sofort nach Freiburg zu gehen. Die Polioerkrankung, <strong>die</strong> ihn im August<br />

1922 befiel, nötigte ihn aber, in Marburg bis zum April 1923 zu warten. 95<br />

Als <strong>Gadamer</strong> seine Auseinandersetzung mit seinem Lehrer und<br />

intimsten Förderer Hartmann zu Ende führt, <strong>ist</strong> er wohl bereits von <strong>Heidegger</strong><br />

91 Zu Pfänder bemerkt <strong>Gadamer</strong> in GW 10, 382: “Das war der nüchternste, trockenste,<br />

undämonischte Phänomenologe, den man sich denken konnte.”<br />

92 Vgl. GW 3, 263; Pl, 212. Zu den Gerüchten um <strong>Heidegger</strong>, <strong>die</strong> ihn auch in Marburg<br />

erreichten, vgl. GW 3, 309. Übrigens gibt es für manische Philologen eine winzige, nicht<br />

weiter bedeutende Schwankung in <strong>die</strong>sen Texte über den genaueren Zeitpunkt <strong>die</strong>ses<br />

Hörensagens von <strong>Heidegger</strong>. Nach GW 3, 263 und PL 212 hörte <strong>Gadamer</strong> im SS 1921 in<br />

München zum ersten Mal <strong>Heidegger</strong>s Namen. Nach GW 3, 309 hingegen wurde ihm<br />

bereits im Jahre 1920/21 (wohl von Ochsner) in Marburg von <strong>Heidegger</strong>s berühmter<br />

Formel “es weltet" berichtet.<br />

93 PL 212.<br />

94 Vgl. GW 9: 259.<br />

95 Brief an Martin <strong>Heidegger</strong> vom 27. 9. 1922.Vgl. das Interview mit Ralph Ludwig vom<br />

NDR am 9.2.1995, S. 1. <strong>Gadamer</strong>s Erkrankung und der damit vereitelte Plan, nach Freiburg<br />

zu gehen, erwähnt auch Natorp in seinem Brief an Husserl (a.a.O., 161).<br />

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