Programmheft - Abaco Orchester
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Richard Wagner<br />
Vorspiel zum ersten Akt zur Oper<br />
Die Meistersinger<br />
von Nürnberg<br />
Bei ihrer Uraufführung im Hoftheater zu<br />
München am 21. Juni 1868 waren die Meistersinger<br />
von Nürnberg ein großer Erfolg.<br />
Ein wahrer Sturm der Begeisterung<br />
soll Richard Wagner (1813-1883) empfangen<br />
haben, nachdem sich der Vorhang über dem<br />
Festwiesenbild gesenkt hatte. Der Erfolg ist<br />
den Meistersingern treu geblieben. Das<br />
Vorspiel zum ersten Akt wird seither als<br />
die Festouvertüre schlechthin angesehen.<br />
Nach Komposition des tragischen Tannhäuser<br />
(Uraufführung 1845) plante Wagner,<br />
nun eine komische Oper zu schreiben,<br />
deren erster Prosa-Entwurf bereits für 1845<br />
nachweisbar ist.<br />
Nach der erhabenen Sphäre der adeligen<br />
Minnesänger wendet sich Wagner nun der<br />
Welt der einfachen Bürger zu, die aber dennoch<br />
ihre alte Tradition des „Meistersangs“<br />
pflegen – das Wettsingen der Nürnberger<br />
„Meistersinger“ (singende Handwerksmeister)<br />
auf der Festwiese ist bewusstes Gegenstück<br />
zum Sängerkrieg auf der Wartburg im<br />
Tannhäuser.<br />
In die Welt der singenden Handwerksmeister<br />
gerät der junge Ritter Walther von<br />
Stolzing; um die Hand der schönen Eva zu<br />
erlangen, muss er ein Wettsingen gewinnen.<br />
Obwohl musikalisch begabt, kennt<br />
er die Regeln des Meistersangs nicht und<br />
muss sie erst von Hans Sachs erlernen, dem<br />
Schusterpoeten Nürnbergs. Widersacher<br />
Stolzings ist der Stadtschreiber Beckmesser,<br />
der durch sein unmusikalisches Ständchen<br />
vor Evas Fenster später die Rauferei in der<br />
berühmten „Prügelszene“ der Oper auslöst.<br />
Beim Wettsingen auf der Festwiese siegt<br />
denn auch Stolzing mit seiner Mischung<br />
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aus eigener Begabung und von Sachs erlerntem<br />
Meistersang.<br />
Während sich die Komposition der vollständigen<br />
Oper bis 1867 hinzog, wurde die<br />
Ouvertüre bereits 1862 in Leipzig erstmals<br />
aufgeführt. Zu diesem Zeitpunkt waren<br />
weite Teile der Oper noch nicht vollendet.<br />
Die Ouvertüre kann also – anders als beispielsweise<br />
die Ouvertüren zum Ring des<br />
Nibelungen – durchaus als eigenständiges<br />
Konzertwerk gesehen werden und wird auch<br />
traditionell oft so behandelt. Musikalisch<br />
stellt sie nicht – wie sonst bei Ouvertüren<br />
nicht unüblich – das gesamte Themenmaterial<br />
der Oper exemplarisch vor, sondern<br />
ist ein in sich geschlossenes Werk. Damit<br />
kann man es als Symphonische Dichtung<br />
betrachten, die dem Hauptwerk vorangestellt<br />
ist.<br />
Entsprechend der früh festgelegten Sinngebung<br />
des Projektes fokussiert das ganze<br />
Vorspiel zu großen Teilen auf die Motive der<br />
„Festwiese“, des Wettgesanges im dritten<br />
und letzten Akt der Oper. Die Ouvertüre<br />
beginnt mit dem Festthema, das mit seinen<br />
punktierten Rhythmen an barocke französische<br />
Ouvertüren erinnert. In der Oper<br />
begleitet dieses Thema den Aufmarsch der<br />
Zünfte auf der Nürnberger Festwiese. Vorweggenommen<br />
wird auch der Wettgesang<br />
durch Zitate der Festgesänge (z.B. „Morgendlich<br />
leuchtet in rosigem Schein“, Meisterlied<br />
des Walther von Stolzing). Die klassischen<br />
Tradition des großen Chorfinales<br />
in der Opernform behält Richard Wagner<br />
hier noch bei – die Ouvertüre schließt mit<br />
der Melodie aus dem Schlusschor der Oper,<br />
welcher sich um das Hans Sachs - Zitat<br />
„Verachtet mir die Meister nicht...“ rankt.<br />
Malte Hinzpeter