10.10.2013 Aufrufe

•Gerhard Jordy: Die Brüderbewegung in Deutschland 1945-1949•

•Gerhard Jordy: Die Brüderbewegung in Deutschland 1945-1949•

•Gerhard Jordy: Die Brüderbewegung in Deutschland 1945-1949•

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

GERHARD JORDY: DIE BRÜDERBEWEGUNG IN DEUTSCHLAND <strong>1945</strong>–1949 12<br />

3) <strong>Die</strong> (bundes)freien Brüder<br />

Auch unter den Nichtabgewanderten zeigte sich nach <strong>1945</strong> Unzufriedenheit mit dem<br />

BEFG. <strong>Die</strong> Kritik am Bund hatte mancherlei Gründe:<br />

– Angesichts der neuen religiösen Freiheit erschien es nicht mehr angebracht, e<strong>in</strong>er<br />

Organisation anzugehören, die auf dem Boden des NS-Staates entstanden war.<br />

– Zwar wurde »der Schritt <strong>in</strong> die Weite« bejaht, aber das Organisatorische wurde als<br />

Vere<strong>in</strong>smeierei empfunden, besonders die zunächst noch verpflichtende Teilnahme an den<br />

regionalen Vere<strong>in</strong>igungen des Bundes. Ausdrücke wie Vere<strong>in</strong>igungstagung, -rat, -leitung,<br />

-leiter, -vorsitzender usw. wurden als unbiblisch empfunden und bereiteten Unbehagen.<br />

– Gegenüber der Bundesleitung bestand weith<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> rechtes Vertrauen, waren es<br />

doch noch dieselben Männer, die das deutsche Brüdertum dem Nationalsozialismus angepasst<br />

hatten.<br />

– Man fürchtete die Gefahr e<strong>in</strong>er Verkirchlichung, weil besonders die hauptberuflichen<br />

Reisebrüder e<strong>in</strong>er gewissen Zentralisierung durch die Bundesleitung unterworfen<br />

waren.<br />

– Das Predigersystem der Baptisten entsprach für die »Brüder« nicht dem »Allgeme<strong>in</strong>en<br />

Priestertum«, wie sie es für ihre Zusammenkünfte verstanden.<br />

[145] – Durch die Verb<strong>in</strong>dung der Baptisten mit dem Baptistischen Weltbund fürchteten<br />

die »Brüder« e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung mit Namenschristen.<br />

– Auch die Verb<strong>in</strong>dung im BEFG mit den charismatischen Elim-Geme<strong>in</strong>den wurde<br />

kritisch gesehen, e<strong>in</strong> Problem, das sich allerd<strong>in</strong>gs durch den Austritt der Elim-Geme<strong>in</strong>den<br />

bald von selbst löste.<br />

– Besonders bedauert wurde der Verlust e<strong>in</strong>es eigenen Schrifttums. Selbst Wilhelm<br />

Brockhaus (der älteste Sohn von Rudolf Brockhaus), der frühere Schriftleiter der BOT-<br />

SCHAFT, war der Me<strong>in</strong>ung, dass die von baptistischer Seite ersche<strong>in</strong>enden Schriften genügten,<br />

was weith<strong>in</strong> zu Unmut führte.<br />

– Noch ärgerlicher erschien es, dass die Bundesleitung e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Liederbuch<br />

plante, was die Abschaffung der »Kle<strong>in</strong>en Sammlung Geistlicher Lieder« zur Folge gehabt<br />

hätte.<br />

Das alles zeigte, dass es bisher ke<strong>in</strong>e organische Vere<strong>in</strong>igung von Baptisten und »Brüdern«<br />

im BEFG gegeben hatte. Man verstand sich eigentlich nur »oben«, <strong>in</strong> der Bundesleitung.<br />

<strong>Die</strong> Versuche e<strong>in</strong>er organisatorischen Sonderregelung <strong>in</strong> Richtung auf e<strong>in</strong>en föderativen<br />

Dachverband scheiterten an der Ostzonenfrage. Dort wollte man im Blick auf die<br />

Sowjet-Herrschaft ke<strong>in</strong>e Veränderungen vornehmen, und der Westen wollte nicht e<strong>in</strong>seitig<br />

vorgehen. Es wurde nur erreicht, dass Brüdergeme<strong>in</strong>den ke<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>desatzung<br />

mit Geme<strong>in</strong>deleiter und Geme<strong>in</strong>derat e<strong>in</strong>führen mussten und sich mit e<strong>in</strong>em »Briefempfänger«<br />

begnügen konnten. Auch das eigene Liederbuch wurde nicht angetastet.<br />

Dennoch trat Ende 1946 die große Brüdergeme<strong>in</strong>de Mettmann aus dem BEFG aus und<br />

gab damit e<strong>in</strong> Signal. Im Laufe des Jahres 1947 folgten andere Geme<strong>in</strong>den, u. a. Volmarste<strong>in</strong>,<br />

Neunkirchen, Gevelsberg, Opladen.<br />

Der allgeme<strong>in</strong>en Unruhe wurde mit Vorträgen <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den und mit Schriften<br />

entgegengetreten, z. B. mit Themen wie<br />

– Bund oder nicht?<br />

– Ist die E<strong>in</strong>richtung unseres »Bundes« oder e<strong>in</strong>es Bundes überhaupt schriftgemäß?<br />

[146] – Ekklesia oder »Bund«?<br />

<strong>Die</strong> Fragen wurden natürlich immer im S<strong>in</strong>n des BEFG beantwortet; überhaupt bagatellisierte<br />

die Bundesleitung das Problem und erlag damit dem Fehlschluss, mit <strong>in</strong>tellektuell<br />

schlüssigen und biblisch abgesicherten Argumenten überzeugt zu haben. Es wurde

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!