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PDF-Datei - DiAG, Muenster, Mitarbeitervertretungen

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Mobbing, Burnout, Diskriminierung – auch in Kirche und Caritas?“<br />

Tagung von Dienstgeber‐ und Mitarbeitervertretern war voll ausgebucht<br />

Haltern am See/Bistum Münster (pbm). „Mobbing – Burnout – Diskriminierung: auch in Kirche und<br />

Caritas?“ – unter dieser Leitfrage stand die achte Gemeinsame Fachtagung für<br />

<strong>Mitarbeitervertretungen</strong> und Dienstgeber im Bistum Münster am Mittwoch (13. April) in der der<br />

Heimvolkshochschule Gottfried Könzgen in Haltern am See, die mit gut 140 Teilnehmern aus der<br />

gesamten Diözese voll ausgebucht war, wobei sogar weiteren 80 Interessenten abgesagt werden<br />

musste.<br />

Auch in kirchlichen Einrichtungen sei es in jüngerer Zeit zu massiver Arbeits‐ und<br />

Leistungsverdichtung gekommen, so die einleitend vorgetragene Beobachtung von Josef Meiers,<br />

pädagogischer Mitarbeiter im Könzgen‐Heim, wo jährlich 1.000 Mitarbeitervertreter aus Kirche und<br />

Caritas geschult werden. In den Kursen werde zunehmend und vielfach von ständigem Zeitdruck und<br />

von Dauerstress berichtet, auch von negativen Stimmungslagen und von schlechtem Betriebsklima.<br />

Vor diesen Hintergründen habe man sich für die Themenstellung entschieden und sei auf<br />

„gigantische Resonanz“ gestoßen. „Diese Materie hat immer mehr Einfluss auf das Arbeitsleben und<br />

auf den sozialen Umgang miteinander am Arbeitsplatz in Kirche und Caritas“, hatte auch Petra<br />

Grütering, Vorsitzende der Diözesanen Arbeitsgemeinschaft der <strong>Mitarbeitervertretungen</strong> im Bistum<br />

Münster, eingangs bestätigt.<br />

Über das Thema „Mobbing am Arbeitsplatz“ sprach der Organisationspsychologe Prof. Dr. Dieter<br />

Zapf aus Frankfurt. Zapf hob die Notwendigkeit einer klaren Definition für Mobbing hervor. Als<br />

gesteigertes „negatives Sozialverhalten“ sei Mobbing klar auf eine Zielperson gerichtet und erfolge<br />

systematisch, andauernd sowie häufig. Mobbing habe immer fast krankhafte Züge, beruhe immer auf<br />

ungleichen Machtstrukturen und bewirke starke, negative gesundheitliche Beeinträchtigungen.<br />

Mobbing betreffe etwa jeden zehnten Beschäftigten. Täter seien meist Vorgesetzte, seltener<br />

Kollegen oder Untergebene. Mobbing sei etwas völlig anderes als schlechtes Betriebsklima. Zapf<br />

äußerte sich skeptisch, ob extremes Mobbing unter veränderten wirtschaftlichen Bedingungen<br />

zunehme. Wenn die Arbeitsintensität steige, gebe es zwar weniger Gelegenheiten, um Streitfälle am<br />

Arbeitsplatz zu klären, so dass Fälle verhärteter Konflikte zunähmen. „Solche Eskalation sind aber<br />

nicht zwingend als Mobbing zu werten“, erklärte Zapf. Wohl aber hätten Untersuchungen gezeigt,<br />

dass es im Gesundheits‐ und Sozialwesen, im Bereich Erziehung und Unterricht und in der<br />

Öffentlichen Verwaltung deutlich häufiger zu Mobbing komme.<br />

„Das Burnout‐Syndrom“ war das Thema von Dr. Arnold Lorenzen vom Institut für Burnout‐<br />

Prophylaxe Hamburg. Der Sozialforscher konnte direkt an die Ausführungen seines Vorredners<br />

anschließen: „Da wo das Mobbing hoch ist, gibt es auch viele Burnout‐Fälle“. Es handele sich beim<br />

Burnout um einen andauernden, sich langsam verstärkenden Erschöpfungszustand, bei dem man<br />

„trotz der Erschöpfung noch mehr machen“ wolle. Derart ausgebrannte Mitarbeiter seien<br />

ausgelaugt, müde und unkonzentriert, sie litten unter Schlafstörungen, Lustlosigkeit und<br />

schwindendem Selbstbewusstsein. Folgen seien oft Alkohol‐ oder Tablettenmissbrauch und<br />

körperliche Erkrankungen. Typische Formulierungen seien „Ich kann nicht mehr“, „Das kriege ich<br />

nicht hin“, „Hat doch alles keinen Zweck“ und ähnliche Phrasen. Faktoren, die Burnout begünstigten,<br />

seien beispielsweise chronischer Stress, zu geringer Handlungsspielraum, unzulängliche<br />

Arbeitsbedingungen, fehlende Wertschätzung, überhöhte Ansprüche an sich selbst,<br />

Mehrfachbelastungen, Erfolglosigkeit oder Sinnverlust. Schwierig sei der Weg zur Selbsterkenntnis.<br />

Sei erst einmal Einsicht eingekehrt, gebe es eine Fülle von Veränderungsansätzen, Tipps und


Handlungsempfehlungen, die sich an das eigene Verhalten, aber auch an die Arbeitsorganisation<br />

richten. „Wer viel arbeitet, muss auch ‚viel tanken’“, empfahl der Referent, „gönne Dich Dir selbst“.<br />

Dritter Referent war der Rechtsanwalt Dr. Martin Wolmerath aus Hamm, der sich dem Thema<br />

„Diskriminierung am Arbeitsplatz“ widmete. Der Jurist, der seinen Vortrag mit zahlreichen<br />

Anekdoten, Bildern und Sprüchen auflockerte, stellte die rechtliche Bewertung und die rechtlichen<br />

Möglichkeiten nach Mobbing und Burnout dar. „Die juristische Seite ist für Betroffene höchst<br />

unbefriedigend“, sagte Wolmerath, vor Gericht kämen die Fälle meist erst am Ende eines<br />

Arbeitsverhältnisses, „wenn es zu spät ist“. Mobbing komme in Gesetzen unmittelbar nicht vor.<br />

Folglich müssten Dienstgeber und <strong>Mitarbeitervertretungen</strong> Dienstvereinbarungen abschließen, um<br />

Mobbing und Burnout zu begegnen. Immerhin sei das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auf<br />

Mobbing anwendbar, und zwar, „sobald sich jemand benachteiligt fühlt“, wie Wolmerath betonte.<br />

Demzufolge habe der Arbeitgeber „geeignete Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung“ zu<br />

ergreifen, die allerdings nicht zwingend den Täter betreffen müssten. Auch seien Entschädigung und<br />

Schadensersatz vorgesehen, diese ergäben in der Regel jedoch maximal 10.000 Euro, „also relativ<br />

wenig im Kontext von Jahresarbeitsentgelten“. Daneben greife auch das nach dem Sozialgesetzbuch<br />

vorgesehene „Betriebliche Eingliederungs‐Management“, wenn es beispielsweise darum gehe,<br />

„krank machende Faktoren auszuschalten“ oder Folgen von Mobbing oder Burnout aufzuarbeiten.<br />

Zudem komme das Arbeitsschutzgesetz in Frage, demzufolge der Arbeitgeber alle mit der Arbeit<br />

verbundenen Gesundheitsgefährdungen zu ermitteln habe; diese müsse der Arbeitgeber abstellen,<br />

wobei er verpflichtet sei, die Wirksamkeit seiner Arbeitsschutzmaßnahmen zu überwachen. Diese<br />

Regelung gelte ausdrücklich auch für psychosoziale Gefährdungen am Arbeitsplatz, hob der Anwalt<br />

hervor.<br />

Die Vorträge wurden anschließend in drei kleineren Gruppen vertieft. Dabei klärten die Dienstgeber‐<br />

und Mitarbeitervertreter mit den Referenten Fragen zum Vortrag sowie zu Einzelfällen und<br />

Spezialsachverhalten.<br />

Zum Ende gab es eine offene Diskussionsrunde mit den Referenten zu „Präventionsmaßnahmen in<br />

kirchlich‐caritativen Einrichtungen“ unter besonderer Berücksichtigung der Verantwortung von<br />

Dienstgebern und <strong>Mitarbeitervertretungen</strong>. Prof. Zapf erklärte, beim Mobbing sei vorrangig zu<br />

klären, wie weit ein Konflikt bereits eskaliert sei. Dementsprechend seien entweder<br />

Konfliktmanagement und Mediation mit Personal‐ und Teamentwicklung oder halt eine<br />

Mobbingintervention gefragt, die entweder in eine „adäquate Heilung“ oder in eine Trennung<br />

zumindest von einem der Beteiligten münden müsste. Dr. Lorentzen beschrieb, dass es beim Burnout<br />

die Ansätze gebe, beim „überforderten ich“ anzusetzen oder die betrieblichen Rahmenbedingungen<br />

und Organisationsdetails zu optimieren. Dr. Walmerath empfahl, dass Dienstgeber und<br />

Mitarbeitervertreter eine Betriebsvereinbarung zum Thema „Partnerschaftliches Verhalten am<br />

Arbeitsplatz“ abschließen oder eine Beschwerdestelle für diesbezügliche Probleme einrichten sollten.<br />

Innerhalb einer Einrichtung könne auch eine Befragung der Mitarbeiter helfen, um die „Sorgen und<br />

Probleme der Kollegen“ zu erfragen, riet der frühere Betriebsrat Walmerath.<br />

„Die große Resonanz zeigt: Das Thema dieser Fachtagung geht ganz viele Menschen an, auch in<br />

Kirche und Caritas“, resümierte Ulrich Richartz von der Diözesanen Arbeitsgemeinschaft der<br />

<strong>Mitarbeitervertretungen</strong> im Bistum Münster zum Schluss der Fachtagung.<br />

Verfasst von Martin Wißmann, Fachstelle Kommunikation und Veranstaltungen Generalvikariat<br />

Münster

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