A–Z WO FINDE ICH WAS? - Taspo
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Baumaterial<br />
Das Baustoff-Chamäleon<br />
Beton als Baustoff hatte in der<br />
Vergangenheit einen schweren<br />
Stand. Die Assoziationen gingen<br />
bei der Bevölkerung von farblos,<br />
kühl bis hin zu monoton – heute<br />
hat Beton in modernen Gärten<br />
wieder seinen Platz gefunden.<br />
Neue Herstellungs- und<br />
Veredelungsmethoden haben das<br />
Image wieder aufpoliert und<br />
sorgen inzwischen für fragende<br />
Blicke: Das ist Beton?<br />
von Marc Vorwerk<br />
Der finnische Architekt Alvar Aalto vertrat<br />
die Auffassung: „Die große Gefahr<br />
der modernen Architektur ist der Bazillus<br />
der Monotonie.“ Aalto zählte zu denjenigen,<br />
die im Nachkriegsdeutschland aufgrund<br />
von akutem Wohnungsmangel mit<br />
der Planung von großen Wohnkomplexen<br />
beauftragt wurde. Das Hochhaus von Aalto<br />
in der Neuen Vahr bei Bremen legt heute<br />
noch Zeugnis davon ab. Ausgerechnet die<br />
Neue Vahr ist zum Synonym für eine verfehlte<br />
Siedlungspolitik geworden und bestätigt<br />
die Vorurteile und Negativmerkmale, mit<br />
denen Beton im Allgemeinen assoziiert wird.<br />
Doch Beton ist nicht nur ein günstiger und<br />
schneller Baustoff, Beton ist ein alter Baustoff<br />
und wurde im Zusammenspiel mit Naturstein<br />
schon in der Antike geschätzt. Mancher<br />
Prachtbau wie die Pyramiden oder das Pantheon<br />
wurden damit erbaut. Und auch in der<br />
Moderne lassen innovative Verarbeitungsmethoden<br />
immer wieder neue Optiken aus<br />
Beton entstehen und schaffen verblüffende<br />
Effekte, die ein Zusammenspiel aus Farben,<br />
Oberflächenbehandlung und aus bekannten<br />
und neuen Zuschlagstoffen sind.<br />
Veredeln macht den Unterschied<br />
Die Verfahrenstechniken für eine attraktive<br />
Oberflächengestaltung und Formgebung von<br />
Sichtbeton sind dabei unterschiedlich. Zum<br />
einen wird die Optik schon durch das Herstellungsverfahrens<br />
festgelegt, bei der Betonveredelung<br />
dagegen wird nach dem Erhärten<br />
die oberste Zementschicht entfernt und je<br />
nach gewünschter Optik bearbeitet. „Unter<br />
Aufwendige Produktionsverfahren erlauben auch feine Muster und Strukturen. Foto: Weser Bauelemente<br />
Betonveredelung verstehen wir im weitesten<br />
Sinne die nachträgliche Bearbeitung der<br />
Oberfläche von Beton durch Kugelstrahlen,<br />
Wasserstrahlen, Schleifen, Kollern, Absäuern,<br />
Bürsten et cetera“ sagt Kay Wies von der<br />
Firma Kann GmbH Baustoffwerke (56170<br />
Bendorf). „Durch diese Verfahren wird die<br />
Betonoberfläche optisch verändert und aufgewertet.“<br />
Diese Methoden sind hinsichtlich<br />
der Intensität steuerbar und erzielen je nach<br />
Dauer und Stärke eine unterschiedliche Optik.<br />
Soll eine Oberfläche edel und glatt sein,<br />
dann wird diese geschliffen und poliert; soll<br />
die Ansicht hingegen antik oder gebraucht<br />
aussehen, kann man zum Beispiel auch rumpeln.<br />
Mit traditionellen Steinmetztechniken<br />
lässt sich Beton auch stocken oder scharrieren.<br />
Diese Bearbeitungsmethoden sind hinsichtlich<br />
der Abläufe aufwendiger, weil die<br />
Veredelung in Handarbeit geschieht, was<br />
sich auch beim Preis bemerkbar macht.<br />
Wetcast, von den Briten abgeschaut<br />
Wenn die Ansicht hingegen sehr feine Muster<br />
und Bildstrukturen aufweisen soll, Natursteinstrukturen<br />
oder andere natürliche Materialien<br />
mit einer feinen Zeichnung imitiert<br />
werden sollen, bietet sich das Wetcast-Verfahren<br />
an. Dabei handelt es sich um ein Nassgussverfahren,<br />
das ursprünglich aus England<br />
stammt und dort eine lange Tradition hat.<br />
Das Wetcast-Verfahren ist damit keine<br />
Veredelungsmethode, sondern ein aufwen-<br />
Nahezu perfekte Oberflächenimitation von Naturstoffen. Werkfoto: Kann GmbH<br />
diges Produktionsverfahren, bei dem fließfähiger leichtverdichtender<br />
Beton in eine elastische Gummi- oder Kautschukmatrize<br />
gegossen wird. Diese Gussformen aus Polyurethan können in<br />
vielen Mustervarianten bezogen werden. „Neben vielen vorproduziertenStandardvorlagen<br />
mit unzähligen<br />
Texturen kann jederBetonsteinhersteller<br />
auch selber individuelle<br />
Matrizen<br />
herstellen,“ erklärt<br />
Manuel Vöge von der<br />
Firma Beton und Naturstein<br />
Babelsberg<br />
GmbH (14482 Potsdam).<br />
„Man legt den<br />
Ähnliches Prinzip: beim Wetcast und bei<br />
Schalungen wird der flüssige Beton in<br />
eine Matrize oder Form gegossen.<br />
zu reproduzierenden<br />
Gegenstand – der als<br />
Abgussvorlage dienen<br />
soll – auf eine Platte,<br />
gießt die zwei Kompo-<br />
nenten-Kunststoffmischung darüber und erhält so eine robuste<br />
Negativabgussform, die die Gegenstände 1:1 abbildet. Später<br />
wird die Form mit dem Fließbeton befüllt.“<br />
Die in der Gussform enthaltenen Strukturen werden äußerst<br />
detailgetreu abgebildet, wodurch eine täuschend echte Kopie<br />
des Originalmotivs<br />
entsteht. Diese Methode<br />
eignet sich besonders<br />
für individuelle<br />
Anfertigungen<br />
und Reproduktionen,<br />
wie beispielsweise im<br />
Denkmalschutz. Das<br />
Wetcast-Verfahren<br />
hat sich aber auch für<br />
größere Stückzahlen<br />
Eine Kunststoffmatrize für eine<br />
Säulenform Fotos (3): Marc Vorwerk<br />
und eine automatisierte<br />
Herstellung bewährt.<br />
„Durch die detailgenaue<br />
natürliche<br />
Strukturierung des Betonsteins kann die Oberflächenstruktur<br />
auch von Naturstein perfekt nachgebildet werden,“ sagt Ingo<br />
Klausing von Weser Bauelemente-Werk GmbH (31737 Rinteln).<br />
„Durch das Nassgussverfahren bildet der Gussbeton eine<br />
dichtere Oberfläche als Pressbeton aus, selbst feine Texturen<br />
werden dadurch besser sichtbar. Ein weiterer Effekt ist die Erhöhung<br />
der natürlichen Schmutzabwehr und erleichtert somit<br />
das Reinigen der<br />
Steinplatten.“<br />
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