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Friedrich Kümmel Josef König. Versuch einer Würdigung seines ...

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dem realen Zusammenhang eine prädikatenlogische Implikation zu substituieren. Das Ontologische<br />

bzw. Reale wird dadurch nicht bestritten, aber auch nicht in bedenklicher Weise<br />

mißbraucht. Solange die ontologischen Fassung des Problems dazu dienen muß, einen fatalen<br />

Kurzschluß des Praktischen mit sich selbst und mit der höchsten Notwendigkeit herzustellen<br />

und zudem noch verdeckt, daß die Praxis sich diese höhere Weihe ja nur aufgrund eines rein<br />

formalanalytischen Kriteriums geben kann, das sie zudem gegen nähere Einsicht und Kritik<br />

immunisiert, muß der ‘erkenntnistheoretische Klartext’ <strong>einer</strong> explizit logischen Fassung des<br />

Problems vorgezogen werden.<br />

Indem <strong>König</strong> dem begrifflichen Zusammenhang den Status <strong>einer</strong> prädikatenlogischen Satzfunktion<br />

gibt, weist er ihm eine mittlere Lage zu, die weder im formalen noch im inhaltlichen<br />

Sinne einen subsumierenden Vorgriff darstellen kann. Das so verstandene Begriffliche ist<br />

weder hypothetisch noch [199/200] affirmativ, weder bloß gedacht noch real, weder analytisch<br />

leer noch inhaltlich definitiv gefüllt. Es ist nichts als das, was ein Licht wirft und verstehen<br />

läßt, daß etwas im Prinzip so sein kann, in der Praxis aber nicht unbedingt so sein muß.<br />

Das Theoretische betrifft so den Erkenntnisprozeß als solchen und nicht das wirkliche Geschehen<br />

oder eine sich damit deckende objektive Wahrheit. Im Zusammen eines Gedankens<br />

und eines Vorgangs hat der Gedanke nicht die Funktion eines Vorgriffs oder <strong>einer</strong> Bestätigung<br />

(dies beides wäre noch praktisch gemeint), sondern sucht gerade umgekehrt eine Antwort<br />

auf das, was anders kommt als erwartet. Was theoretisch gemeint ist, kann auch praktisch<br />

gelten, muß dies aber nicht tun.<br />

Die Wahrung dieses entscheidenden Unterschieds ist an die Einsicht gebunden, daß das Theoretische<br />

und das Praktische „in grundverschiedenen Dimensionen des Fragens und Antwortens<br />

verwurzelt sind und entspringen.“ (S. 206) Gleichwohl darf ein solcher Unterschied im<br />

Sinne der Theorie nur formal geltend gemacht werden, denn nur so läßt sich das der praktischen<br />

Selbstaffirmation entsprechende Selbstmißverständnis des Theoretischen abwehren, als<br />

könne dieses sich praktisch legitimieren oder aber aus ontologischen Prämissen einen objektiven<br />

Geltungsanspruch für sich ableiten. Ein Theoretisches oder Begrifflich-Allgemeines, das<br />

sich weder praktisch noch ontologisch absichern kann und als eine vom Menschen eingezogene<br />

Zwischenebene gleichsam in der Luft hängt, braucht, um sich selbst artikulieren zu können,<br />

notwendig eine Logik, die auf empirische, transzendentale oder ontologische Voraussetzungen<br />

ausdrücklich verzichtet. Es gewinnt dadurch einen Status „mittlerer Eigentlichkeit“,<br />

der, gerade weil er den unterschiedlichen Wissenscharakter theoretischer und praktischer Sätze<br />

nicht einnivelliert, nach allen Seiten hin erfahrungsoffen ist.<br />

Die philosophische Bedeutung der Logik liegt darin, daß sie es erlaubt, über wesentliche Differenzen<br />

formal zu reden und keine bestimmte Stellungnahme präsupponiert. Bezüglich des<br />

theoretischen Umgangs mit Kausalbeziehungen wäre es eher hinderlich, wenn man sich zuvor<br />

auf einen ontologischen oder logischen Status wie Geschehensnotwendigkeit, funktionaler<br />

Zusammenhang, logische Implikation usw. einigen müßte. Ein Theoretisches, das nur in seinem<br />

logischen Status bestimmt ist und im übrigen hinsichtlich aller weitergehenden Optionen<br />

erfahrungsoffen gehalten wird, bleibt dann aber auch beschränkt auf eine Kommunikationsgmeinschaft,<br />

die sich von Ideen leiten läßt und darauf bezogene befriedigende Antworten annimmt<br />

oder mit neuen Fragen solche weiterzuentwickeln sucht. Während praktisches Sein<br />

sich auf je individuelles Gewußtsein, Überzeugtsein, Gemeintsein etc. reduzuiert und darin<br />

seinen Setzungscharakter zeigt, gilt für das theoretische Sein: „Die Idee der Sache ist die Idee<br />

des theoretischen Seins als eines Seins, das wesentlich nicht an ihm selbst [200/201] Gewußtes<br />

ist.“ (LU 169) Das Theoretische kann sich deshalb nur gemäß der „logischen Struktur der<br />

theoretischen Wahrheit und des theoretischen Erkennens“ entfalten (a. a. O.) und hat darin eine<br />

ideelle Ausrichtung, wie sie im Adäquationskriterium der Wahrheitsidee ausgedrückt ist.<br />

Aufgabe des homo theoreticus ist es, „das Wissen in einem wesentlich unendlichen Prozeß<br />

dem Sein adäquat zu machen und dadurch das Meinen zu einem wahren Meinen zu erheben.“

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