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Friedrich Kümmel Josef König. Versuch einer Würdigung seines ...

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dere sind heißt insbesondere auch, daß der ganze Bereich der physischen und psychischen<br />

Wirkungszusammenhänge, Gegenstände und Zustände von ihnen überhaupt nicht tangiert<br />

wird (vgl. 272 ff., 279, 283, 294 ff.).<br />

Die Kunst, die <strong>König</strong> mit Dichtung im weitesten Sinne gleichsetzt, bildet [202/203] somit ein<br />

Überschneidungsfeld, das, wenn es keine pychophysische Basis hat, einen eigentümlichen,<br />

weder innerweltlichen noch außerweltlichen Ort einnimmt (vgl. S. 293 ff.). Wie das Beispiel<br />

von Rilkes Gedicht „Archaischer Torso Apollos“ zeigte, läßt sich dieser Ort von außen her<br />

gesehen nur paradox umschreiben. Die ästhetische Wirkung und ihre dichterische Beschreibung<br />

sind nicht trennbar und nicht gleichsetzbar, sie können aber auch nicht im Verhältnis der<br />

Einwohnung bleiben und müssen in ihrer „Ursprungseinheit“ wieder zerfallen. Im Sinne des<br />

paradoxen „Nicht Zwei, nicht Eines“ handelt sich hier um zwei Bewegungen, die doch nur in<br />

eins möglich, indem sie sich je aktual verschränken. Die ästhetische Wirkung wirkt nur vermöge<br />

dessen, daß sie in der dichterischen Beschreibung „zu sich kommt“ (vgl. S. 267), und<br />

diese wiederum „spricht“ nur, indem und solange jene ihr „einwohnt“ - ohne dies und darüberhinaus<br />

sind beide, auch füreinander, wie nicht. Anders gesagt „ermöglicht und legitimiert“<br />

(S. 264) die ästhetische Wirkung aktual die Rede von ihr und ist nichts als das, was ein solches<br />

Sprechen als ein ihr angemessenes empfindbar macht. Und umgekehrt ist die dichterische<br />

Beschreibung für die ästhetische Wirkung ermöglichend in dem Sinne, daß sie als Beschreibung<br />

diese zur Wirkung bringen kann.<br />

Eine Wirkung, die nichts als die Bedingung ist, so sagen zu können, bleibt auch in ihrer<br />

aktualen Präsenz zeitenthoben und unterscheidet sich darin von dem in der Zeit selbst<br />

liegenden, an ihren jeweiligen Kontext gebundenen Aktuellen. Man kann eine ästhetische<br />

Wirkung grundsätzlich nur „haben“, wenn und indem sie sich selbst erweist ( vgl. S. 323 ff.)<br />

und darin den allererst „hervorbringt“, der sie - in diesem Moment - aufnehmen kann (S.<br />

363). Damit ist verbunden, daß der Rechts- und Wahrheitsgrund <strong>einer</strong> ästhetischen Wirkung<br />

auf keine Weise allgemein geltend gemacht werden kann und alles Reden über sie im Bereich<br />

der doxa verbleiben muß (vgl. S. 298; 312).<br />

Weil die ästhetische Wirkung nur das ihr Angemessene kennt und kein Mehr-und-Weniger<br />

verträgt, ist ihre Beschreibung entweder gar keine solche oder aber „rein und genau“ (S. 257),<br />

so daß sie „unmittelbar als treffend empfunden“ wird (S. 258). Die ästhetische Wirkung ist<br />

„etwas durch und durch Bestimmtes“ (S. 304), so daß von ihr nichts anderes zu sagen ist als<br />

was ihre Beschreibung sagt, und dieses auf keine andere Weise. Der hermeneutische Bezugsrahmen<br />

kontextueller Interpretation ist damit als Verständnisgrundlage gänzlich verlassen.<br />

Das dichterische geprägte Wort bleibt ein unübersetzbarer atomarer Sachverhalt: „Es ist eine<br />

ursprüngliche Metapher, d. h. was dieser metaphorische Ausdruck bedeutet, ist in der Welt<br />

nur in Gestalt dieses notwendig metaphorischen Ausdrucks.“ (S. 322 f.) Die ästhetische Wirkung<br />

und ihre Beschreibung führt in der Welt ein gänzlich vereinzeltes Dasein und punktuelles<br />

Eigenleben. Wo es k<strong>einer</strong>lei Einbettungen und Vergleichsmög [203/204] lichkeiten gibt,<br />

kann der Punkt des notwendig metaphorischen Ausdrucks nur getroffen werden - oder eben<br />

nicht.<br />

Wenn <strong>König</strong> in diesem Sinne von <strong>einer</strong> Beschreibung spricht, läßt das Wort „Beschreibung“<br />

sich nicht mehr im üblichen Sinne verstehen. Erhellender ist die Analogie mit dem k<strong>einer</strong><br />

Konvention verdankten „Eigennamen“ (vgl. S. 267 f.), dem kein semantischer Kontext mehr<br />

anhaftet und der deshalb auch mit keinem erläuternden Satz verbunden werden kann. Der<br />

wahre Name eines Seienden trifft das ganz Spezifische <strong>seines</strong> „Eigentons“ (S. 304), für den es<br />

keine Annäherungen über das Tonspektrum gibt. <strong>König</strong> redet von der ästhetischen Wirkung<br />

als einem „lautlosen Ton“, der nur durch die ihm in der Beschreibung gegebene Resonanz<br />

überhaupt hörbar wird, in ihr zu sich kommt und erwachend gleichsam in sich selbst erzittert.<br />

„Zwar ertönt sie auch dann nicht, denn auch der Eigenton der erwachten ästhetischen Wir-

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