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Friedrich Kümmel Josef König. Versuch einer Würdigung seines ...

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rein Qualitativen, Diskreten befruchtend und verlebendigend auf das Leben zurückwirkt,<br />

während das herrschende begriffliche Allgemeine, an dem Hegel festhält, nach wie vor nur<br />

dessen Todesseite repräsentiert.<br />

Für ein sich an das Gegebene haltendes und positivistisch gebärdendes Zeitalter klingt dies<br />

hinsichtlich s<strong>einer</strong> geistigen Ambitionen nicht sehr einladend. Es taucht hier, wie zuvor schon<br />

bei Kierkegaard, auf der Spitze spekulativen Denkens als eine vorderhand noch verschlossene<br />

Tür ein großes Entweder/Oder auf, das die universale Vermittlung nicht leugnet, sondern sich<br />

gerade umgekehrt als deren höchstes Resultat weiß. Nicht ohne Grund hält sich <strong>König</strong> wie<br />

auch Kierkegaard in der Folge wieder an die ‘alte’ Logik, die den Satz vom Widerspruch gelten<br />

läßt und die Sphären reinlich unterscheidet. Über die formale Unterscheidung hinaus kann<br />

die Logik aber auch dazu dienen, die Paradoxie herauszutreiben und zum irritierenden wie<br />

stimulierenden Moment des Absprungs oder auch nur des Loslassens zu machen.<br />

5. Die Herausarbeitung formaler Unterschiedeals spezifisches Können der Philosophie<br />

Was <strong>König</strong> in s<strong>einer</strong> Dissertation „Der Begriff der Intuition“ als Kluft zwischen den Sphären<br />

ontologisch bezeichnet hat, wird von ihm in der Folge als formaler Unterschied logisch gekennzeichnet<br />

und dazu verwendet, gänzlich [174/175] unterschiedliche Konstitutionsmodi<br />

aufzusuchen und gegeneinander zu kontrastieren. Die Verbindung <strong>einer</strong> ontologischen Differenz<br />

mit einem formallogischen Unterschied hat einen tieferen Grund. Was in verschiedenen<br />

Dimensionen liegt und radikal, d. h. von der Wurzel her toto genere unterschieden ist, hat mit<br />

dem Fehlen des gleichen genus auch keinen gemeinsamen Vergleichshorizont mehr. Die darin<br />

zum Ausdruck kommende qualitative Differenz läßt sich dann aber nur noch formal nachweisen,<br />

indem der andere logische Status bestimmter Phänomene und Sprachformen aufgewiesen<br />

wird. Die qualitative Differenz wird gewahrt, gerade weil der besondere Inhalt für die formale<br />

Analyse keine Rolle mehr spielt.<br />

Da es sich jedoch nach wie vor um qualitative und nicht nur um rein formale Differenzen<br />

handelt, ergeben sich für das Verständnis des Gemeinten die größten Schwierigkeiten. Wo die<br />

Vergleichsgesichtspunkte zwischen den Bezogenen fehlen und die fragliche Differenz äußerlich<br />

gar nicht sichtbar wird, muß auch das Verstehenkönnen eine andere Grundlage finden.<br />

Wer eine qualitative Differenz wahrnehmen will, darf sich grundsätzlich nicht an die vertrauten<br />

Vorstellungen und vorgefaßte Bedeutungen von Wörtern halten. Man könnte das Entsprechungsverhältnis<br />

zwischen qualitativ bzw. formal unterschiedenen Sachverhalten am ehesten<br />

mit den beiden Seiten <strong>einer</strong> Münze vergleichen. Auch wenn hier der Gehalt der einen Seite<br />

irgendwie in die Prägung der anderen mit eingeht, ist eine direkte Abbildbarkeit der einen<br />

Seite auf die andere nicht gegeben, so daß das Ganze notwendig in gedoppelter und durchgängig<br />

unterschiedener Form auftreten muß.<br />

Hat in diesem Sinne jede Sphäre „ihre Vermittelung an sich selbst“ (BdI 372) und darin einen<br />

eigenen, toto genere verschiedenen Konstitutionsmodus, so wird die für das Sein wie für die<br />

Erkenntnis wesentliche Bezogenheit der Sphären aufeinander zu einem eigens zu untersuchenden<br />

Problem. Erkenntnis geschieht <strong>einer</strong>seits im „Sprung“ in die Ursprungseinheit oder<br />

Ursprungsbewegung hinein, andererseits aber will sie das Ersprungene in die Aussagemöglichkeit<br />

herüberretten, wenn und indem die Ursprungseinheit wieder zerfällt. Doch wie ist<br />

dieser Brückenschlag möglich, wo die Sphären doch getrennt sind und, wie der Vergleich mit<br />

der doppelseitigen Münze zeigt, gerade in ihrer Verschränkung und durch sie geschieden<br />

bleiben, auch wenn sie sich unterschwellig allenthalben tangieren und, der Möglichkeit nach,<br />

an jedem Punkt der Funke überspringen kann?<br />

Das damit gestellte Problem läßt sich am Beispiel von Rilkes Gedicht „Archaischer Torso<br />

Apollos“ schematisch vorzeichnen, das <strong>König</strong> zur Verdeutlichung der Natur der ästhetischen

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