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Toleranz Thema: - Evangelische Kirchengemeinde Freisenbruch ...

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Die ersten sechs Jahre meines Lebens bis<br />

zur Einschulung habe ich mit meinen Eltern<br />

zur Untermiete gewohnt. In einer 3-Raum-<br />

Wohnung stand uns ein Zimmer mit Spülbecken<br />

und Kochgelegenheit zur Verfügung. Das<br />

Bad, trotz Vorkriegsbau schon vorhanden, teilten<br />

wir uns mit den Hauptmietern, drei erwachsenen<br />

Personen. Im ersten Nachkriegsjahrzehnt<br />

waren diese Wohnverhältnisse ein<br />

Faktum, nicht zwangsläufig eine Katastrophe.<br />

Natürlich gab es Probleme; Vater und Sohn P.<br />

(der Name ist mir heute noch geläufig) mochten<br />

sich nicht, mit Auswirkungen, die meine<br />

Mutter hin und wieder veranlassten, mit mir<br />

auf den Dachboden zu flüchten. Auch die Toilettenbenutzung<br />

war stark reglementiert, jedenfalls<br />

für Untermieter.<br />

gemeinsam<br />

Und doch haben die unbequemen Lebensverhältnisse<br />

der frühen Jahre meine Erinnerung<br />

nicht dauerhaft verdunkelt. Es wurde<br />

auch gelacht in dieser Kindheit. Spannendes ereignete<br />

sich auf Trümmergrundstücken und in<br />

verwinkelten Wohnungen, die einmal Keller<br />

gewesen waren, in einem anderen Leben.<br />

Auch epochale Umwälzungen fanden statt in<br />

dieser Zeit wie die Metamorphose des Autos<br />

als für mich damals bedeutendstes Beispiel für<br />

die Erschließung neuer Welten. In der ersten<br />

Kindergartenphase waren Autos, die ich zu<br />

fassen bekam, aus geleerten Zigarettenschachteln<br />

geformt, von meiner Mutter geschickt gefaltet<br />

und in Motorbereich, Fahrgastzelle und<br />

Kofferraum unterteilt. Die Luxusmodelle verfügten<br />

über Achsen aus Streichholz und Räder<br />

aus Knöpfen. Der Fantasie ließen diese Meisterwerke<br />

der Improvisation viel Raum, aber ihre<br />

Karosseriestruktur erwies sich oft als zu labil<br />

für tapsige Kinderhände.<br />

Und dann kam die Zeitenwende: Autos aus<br />

neuen, geheimnisvollen Werkstoffen (Bakelit/Kunststoff),<br />

die aussahen wie die wenigen<br />

10<br />

Wo ist das Feuerwehrauto?<br />

Originale auf den Straßen und vermutlich auch<br />

einen kleinen Knuff vertrugen, krempelten<br />

meine kleine Welt um.<br />

Mein erstes Exemplar war rot und kam -<br />

natürlich - direkt vom Christkind, aber nicht<br />

ohne Bangen und Bibbern. In der Nacht vor<br />

der Bescherung, die bei uns am 1. Weihnachtstag<br />

morgens stattfand, hatte ich die<br />

Gunst der 1-Raum-Wohnung genutzt und verbotenerweise<br />

vom Bett aus ein Auge riskiert.<br />

Etwas Rotes, Mittelgroßes war zu erahnen, es<br />

konnte, ja es durfte nur ein Feuerwehrauto<br />

Grafik: Geisler<br />

sein. Nach einer unruhigen Nacht kam es, wie<br />

es kommen musste. Der liebe Gott hatte mein<br />

Blinzeln entdeckt, es dem Christkind verpetzt,<br />

und das hatte meine Mutter angewiesen, das<br />

vermeintliche Feuerwehrauto wieder vom<br />

spärlichen Gabentisch zu entfernen. Sie steckten<br />

alle unter einer Decke! Mein entsetzter<br />

Aufschrei „Wo ist das Feuerwehrauto!?“ entlarvte<br />

meinen Frevel obendrein und machte<br />

Leugnen unmöglich, eine ausweglose Situation.<br />

Nach Tränen der Verzweiflung lenkte meine<br />

Mutter ein (vermutlich auch mit dem Christkind<br />

abgesprochen), stellte den Traum vom<br />

Fahren, übrigens kein Feuerwehrauto, sondern<br />

ein Lieferwagen mit richtig funktionierenden<br />

Türen, wieder unter den Weihnachtsbaum und

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