Magazin - FunWithMusic
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Die Elektra-Box Oldie-Markt 2/07 19<br />
Jac’s Baby<br />
Elektra mauserte sich<br />
von einem Folklabel zur<br />
wichtigsten Rockfirma<br />
der späten 60er.<br />
Die 60er Jahre waren die Zeit im Rock, als<br />
die Imperien aufgebaut wurden, die bis<br />
heute diese Industrie beherrschen. Jac<br />
Holzman, New Yorker aus gutem Haus, fing<br />
schon etwas früher an, genauer 1950, als er<br />
begann, aus seinem Schlafzimmer im noblen<br />
St. John’s College im Staat New York<br />
heraus obskure Platten mit Folklore auf den<br />
Markt zu bringen, weil er seine beiden<br />
Leidenschaften, Tontechnik und Musik,<br />
unter einen Hut bringen wollte. Mit einem<br />
Startkapital von 600 Dollar brachte er bis<br />
1955 30 Alben auf den Markt, bis es ihm<br />
gelang, Theodor Bikel und Josh White unter<br />
Vertrag zu nehmen, die in der Folkszene<br />
einen guten Namen hatten und erstmals den<br />
Namen der Firma etwas bekannter machten.<br />
Auf Folk stützte sich Holzman vor allem<br />
deswegen, weil die Produktionskosten für<br />
die Platten denkbar gering waren. Mit dem<br />
Folkboom stieg auch der Umsatz von<br />
Elektra, und ab 1963 gehörte die Firma zu<br />
den wichtigsten Labeln der Folkmusik, nur<br />
um sich von da weiter zu entwickeln, was<br />
auf das Bedürfnis von Holzman zurück zu<br />
führen war, sein Kind breiter aufzustellen.<br />
Dies gelang ihm vor allem mit LPs, die<br />
Projekten gewidmet waren, The Blues<br />
Project, The Singer/Songwriter Project und<br />
What’s Shakin’, die Folk, Blues und Rock<br />
abdeckten. Auf diese Art und Weise gelang<br />
es Elektra, sich zu einer der besten Platten-<br />
Firmen der 60er Jahre zu entwickeln, weil<br />
sich aus diesen Projekten jedes Mal neue<br />
Wege ergaben, in die Holzman&Co. gingen,<br />
zumal er auch das Gespür dafür hatte, ein<br />
Studio in Los Angeles zu errichten und so<br />
die Basis seines Unternehmens zu erweitern,<br />
was in der zweiten Hälfte der 60er Jahre zu<br />
solchen Verpflichtungen wie The Doors<br />
oder Love führte. Die Behauptung ist<br />
sicherlich richtig, dass die 10 Jahre 1963-73<br />
die goldene Zeit von Elektra markierten und<br />
deswegen bewegt sich das Material von<br />
Forever Changing: The Golden Age Of<br />
Elektra 1963-73 (Rhino WSM 8122-74746-<br />
2) auf 5 CDs auch durch dieses Jahrzehnt,<br />
an dessen Ende der Verkauf an Kinney<br />
stand, um am Ende das E im Weltkonzern<br />
WEA zu werden. Und die Aufgabe, die<br />
Vielfalt des Labels zu dokumentieren,<br />
gelingt der prächtig aufgemachten Box<br />
ausgezeichnet. Nicht nur das 76-seitige<br />
Buch, das geradezu verschwenderisch<br />
ausgestattet wurde, sondern auch das Design<br />
der CDs sprechen für die Sorgfalt, mit dem<br />
dieses Projekt umgesetzt wurde. Man könnte<br />
nun die Namen der Künstler und Bands auf-<br />
zählen, die sich hier tummeln, aber das wäre<br />
müßig, denn am Ende der selbständigen<br />
Existenz besaß das Imperium von Jac Holzman<br />
vom Hitparadenfutter von Bread bis zur<br />
Avantgarde von Nico alles, was man in der<br />
populären Musik damals finden konnte. Ob<br />
Trendsetter wie die Stooges um Iggy Pop oder<br />
Stilisten wie Tom Rush: Sie alle fanden ihre<br />
Heimat auf Elektra und machten so die Firma<br />
zu einem der herausragenden Label nicht nur<br />
der 60er Jahre, weil Holzman im Gegensatz zu<br />
den meisten Gesellschaften nie das Gespür für<br />
Niveau oder Qualität verlor, das seinen<br />
Ausstoß von Anfang an gekennzeichnet hatte.<br />
Das hat natürlich seinen Niederschlag in den 5<br />
CDs gefunden, die nicht nur von der Vielfalt,<br />
sondern auch bezüglich der Musik auf einem<br />
Level stattfinden, den man heute kaum mehr<br />
finden kann. Das hat natürlich auch damit zu<br />
tun, dass die populäre Musik dank der<br />
Erfindung des Rock’n’Roll und dann des Beat<br />
kontinuierlich neu erfunden werden konnte.<br />
Stile wie der Artrock, Folkrock, Countryrock<br />
oder der psychedelischen Musik fanden dank<br />
Ars Nova, Love, Bread oder den Doors alle<br />
ihren Niederschlag bei Elektra und zwar<br />
jeweils auf einem ansprechenden Niveau, um<br />
nicht zu sagen, mit stilbildenden Künstlern und<br />
Gruppen. Deswegen ist das eine Box, die ein<br />
Gesamtkunstwerk darstellt: Die Musik, die<br />
Gestaltung, der Text: Das alles ist schlicht und<br />
einfach phantastisch und streift nicht nur einen<br />
Teilbereich der 60er Jahre, sondern eigentlich<br />
die gesamte Stimmung und den Stil dieses<br />
Jahrzehnts.