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Download - Frühkindliche Bildung in der Schweiz

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44 <strong>Bildung</strong>sbericht Nordwestschweiz 2012 | K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten und Primarschule<br />

Wichtigste Geme<strong>in</strong>samkeiten Die Anteile <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Fachbereiche an <strong>der</strong> Unterrichtszeit <strong>der</strong> Primarschule stimmen<br />

vierkantonal weitgehend übere<strong>in</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Schulsprache, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mathematik und <strong>in</strong> den gestalterischen<br />

Fächern. Im Verlauf <strong>der</strong> Primarschule nimmt die jährliche<br />

Unterrichtszeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong> allen vier Kantonen schrittweise<br />

zu, allerd<strong>in</strong>gs beg<strong>in</strong>nen die Kantone <strong>in</strong> <strong>der</strong> 1. Primarschulklasse<br />

auf unterschiedlichem Niveau. Auch wenn die<br />

normativ def<strong>in</strong>ierten M<strong>in</strong>destgrössen <strong>der</strong> Abteilungen zwischen<br />

den vier Kantonen stark variieren, waren die Differenzen<br />

zwischen den durchschnittlichen Abteilungsgrössen<br />

<strong>der</strong> Primarschule ger<strong>in</strong>g.<br />

Wichtigste Differenzen Im vierkantonalen Vergleich verbr<strong>in</strong>gen<br />

die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler unterschiedlich viel Zeit<br />

im Unterricht. Die Differenzen s<strong>in</strong>d im K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

im ersten K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartenjahr, deutlicher als auf <strong>der</strong><br />

Primarstufe. Aber sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> 1. als auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> 4. Primarschulklasse<br />

unterscheidet sich die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule verbrachte<br />

Unterrichtszeit um knapp 100 Stunden jährlich.<br />

Der Bereich «Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften»<br />

(NSG) ist <strong>in</strong> den Lehrplänen <strong>der</strong> vier Kantone unterschiedlich<br />

konzipiert. E<strong>in</strong> quantitativer Vergleich ist deshalb<br />

schwierig. E<strong>in</strong>e Differenz zwischen den Kantonen kann<br />

vor allem im H<strong>in</strong>blick auf die Konzeption von Fächern und<br />

Fachbereichen im NSG-Bereich festgestellt werden: Während<br />

AG und BL ab <strong>der</strong> 1. Klasse spezifische NSG-Lektionen<br />

ausweisen, s<strong>in</strong>d die NSG-Inhalte <strong>in</strong> SO e<strong>in</strong>em unspezifischeren<br />

Sammelfachbereich zugeordnet und werden <strong>in</strong> BS<br />

<strong>in</strong>tegriert <strong>in</strong> sämtlichen Fachbereichen behandelt. Der E<strong>in</strong>stieg<br />

<strong>in</strong> den Fremdsprachenunterricht erfolgte im Schuljahr<br />

2009/10 vierkantonal zu unterschiedlichen Zeitpunkten und<br />

nicht mit <strong>der</strong>selben Fremdsprache.<br />

Den vierkantonal relativ homogenen Abteilungsgrössen<br />

stehen markante Unterschiede beim Betreuungsverhältnis<br />

gegenüber: Auf e<strong>in</strong> Vollzeitäquivalent (VZÄ) e<strong>in</strong>er Lehrperson<br />

kommen <strong>in</strong> BS rund drei K<strong>in</strong><strong>der</strong> weniger als <strong>in</strong> SO.<br />

Ähnliche Differenzen zeigen sich auch, wenn die Anzahl<br />

VZÄ pro Abteilung verglichen werden. Konkret bedeutet<br />

dies, dass pro Schulklasse und Schulk<strong>in</strong>d <strong>in</strong> BS wesentlich<br />

mehr Personalressourcen für den Unterricht zur Verfügung<br />

stehen als <strong>in</strong> SO.<br />

Zonen möglicher bildungspolitischer Aufmerksamkeit Die<br />

bildungspolitische Aufmerksamkeit im Bereich <strong>der</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

von Unterricht konzentrierte sich bislang auf<br />

die Abteilungsgrösse bzw. die diesbezüglichen M<strong>in</strong>imal-,<br />

Maximal- o<strong>der</strong> Richtwerte. Für die Qualität von Unterricht<br />

s<strong>in</strong>d aber die Betreuungsverhältnisse bzw. die Anzahl K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

pro VZÄ aussagekräftiger. Während sich die Abteilungsgrössen<br />

<strong>der</strong> Primarschule vierkantonal weitgehend angenähert<br />

haben, bleiben zwischen den Kantonen h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

Betreuungsverhältnisse relativ grosse Differenzen.<br />

Die unterschiedliche Anzahl Schulwochen pro Schuljahr,<br />

die unterschiedliche Lektionendauer und die unterschiedliche<br />

Anzahl wöchentlicher Unterrichtslektionen führen<br />

dazu, dass K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten und Primarschule unterschiedlich<br />

lange Unterrichtszeit zur Verfügung steht. Falls<br />

politisch erwünscht, können Angleichungen <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht<br />

ebenso wie Angleichungen bei den unterschiedlichen<br />

Konzepten <strong>der</strong> Fächerdef<strong>in</strong>ition im NSG-Bereich im Rahmen<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung des Lehrplans 21 vorgenommen werden.<br />

3 Unterstützung <strong>in</strong>dividueller <strong>Bildung</strong>sbedürfnisse<br />

Der Umgang <strong>der</strong> vier Kantone mit <strong>in</strong>dividuellen <strong>Bildung</strong>sbedürfnissen, auf dem <strong>in</strong> diesem<br />

Themenfeld <strong>der</strong> Fokus liegt, wird <strong>in</strong> zwei Bereichen vergleichend analysiert: Neben<br />

Selektionsentscheiden werden <strong>in</strong>dividuelle <strong>Bildung</strong>slaufbahnen e<strong>in</strong>erseits durch <strong>in</strong>dividuelle<br />

Anpassung <strong>der</strong> Übertrittszeitpunkte und <strong>in</strong>dividuelle Massnahmen wie Repetition<br />

geprägt. An<strong>der</strong>erseits stellen die Kantone <strong>in</strong>tegrative und separative Schulungsformen<br />

zur <strong>in</strong>dividuellen För<strong>der</strong>ung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n mit beson<strong>der</strong>em <strong>Bildung</strong>sbedarf zur Verfügung.<br />

Dabei wird sowohl auf den objektiv erfassbaren beson<strong>der</strong>en <strong>Bildung</strong>sbedarf, wie er beispielsweise<br />

im Rahmen des Son<strong>der</strong>pädagogik-Konkordates verwendet wird, als auch auf<br />

<strong>in</strong>dividuell und subjektiv begründete Massnahmen, wie zum Beispiel e<strong>in</strong>e freiwillige<br />

Repetition, e<strong>in</strong>gegangen.<br />

3.1 Individuelle <strong>Bildung</strong>slaufbahnen<br />

Die vier kantonalen <strong>Bildung</strong>ssysteme des <strong>Bildung</strong>sraums Nordwestschweiz sehen je e<strong>in</strong>e<br />

«Normallaufbahn» für Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler vor. Wegen unterschiedlicher <strong>Bildung</strong>sbedürfnisse<br />

weichen <strong>in</strong>dividuelle Laufbahnen <strong>in</strong> verschiedener H<strong>in</strong>sicht von diesen «Normallaufbahnen»<br />

ab; sie werden zum Beispiel beschleunigt o<strong>der</strong> verzögert. Die vergleichende<br />

Analyse fokussiert die 2009/10 gültigen, normativen Grundlagen <strong>in</strong> den Bereichen<br />

des E<strong>in</strong>tritts bzw. des Übertritts <strong>in</strong> die Primarschule, <strong>der</strong> Promotion sowie <strong>der</strong> Repetition<br />

und ergänzt diese mit quantitativen Daten zur Repetition. E<strong>in</strong>e ausführliche, statistische<br />

Analyse von <strong>Bildung</strong>slaufbahnen setzt Individualdaten voraus, die noch nicht <strong>in</strong> allen<br />

vier Kantonen des <strong>Bildung</strong>sraums Nordwestschweiz vorliegen (Döbert, 2011; Tresch &<br />

Zubler, 2009, S. 6).<br />

Der Zeitpunkt des «normalen» E<strong>in</strong>tritts bzw. Übertritts <strong>in</strong> die 1. Klasse <strong>der</strong> Primarschule<br />

wird <strong>in</strong> allen vier Kantonen durch das Alter des K<strong>in</strong>des bestimmt 11 : In allen vier Kantonen<br />

übere<strong>in</strong>stimmend traten 2009 K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> die erste Primarklasse e<strong>in</strong>, die per Stichtag<br />

30. April/1. Mai sechs Jahre alt waren 12 (SAR 401.100, 2009, § 4; SGS 641.11, 2009, § 8;<br />

SG 410.100, 2009, § 19; BGS 413.111, 2009, § 19). Der E<strong>in</strong>tritt bzw. Übertritt <strong>in</strong> die Primarschule<br />

ist traditionell mit Kriterien <strong>der</strong> Schulfähigkeit 13 verbunden, die herangezogen<br />

werden, um die konkrete Form des E<strong>in</strong>tritts bzw. Übertritts <strong>in</strong> die Primarschule zu bestimmen.<br />

Dabei stehen <strong>in</strong> allen vier Kantonen drei Alternativen zum regulären Übertritt<br />

<strong>in</strong> die Primarschule zur Verfügung: Verzögerung, Beschleunigung sowie E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>führungs- o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>schulungsklasse. In BL und BS wurde <strong>der</strong> Entscheid je nach Form<br />

des E<strong>in</strong>tritts bzw. Übertritts von zwei verschiedenen Instanzen getroffen. In AG und SO<br />

traf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Instanz den E<strong>in</strong>schulungsentscheid für alle möglichen Varianten, wobei<br />

<strong>in</strong> SO e<strong>in</strong> spezifisches E<strong>in</strong>schulungsteam gebildet wurde.<br />

<strong>Bildung</strong>sbericht Nordwestschweiz 2012 | K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten und Primarschule 45<br />

11 Da <strong>in</strong> BS und BL bereits für beide bzw. e<strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartenjahr e<strong>in</strong> Besuchsobligatorium bestand, muss von e<strong>in</strong>em Übertritt <strong>in</strong> die Primarschule gesprochen<br />

werden. In AG und SO war <strong>der</strong> Charakter des E<strong>in</strong>tritts <strong>in</strong> die Primarschule aufgrund <strong>der</strong> Freiwilligkeit des K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartens 2009/10 formal gegeben. Vor dem<br />

H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> durchschnittlichen Verweildauer im K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten von knapp zwei Jahren könnte man aber auch da von e<strong>in</strong>em Übertritt sprechen.<br />

12 Im Rahmen <strong>der</strong> Strukturharmonisierung ( Kapitel Volksschule) werden die Stichtage verschoben.<br />

13 Schulfähigkeit ist im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t zunächst als reifungs- bzw. eigenschaftstheoretisches Konstrukt verstanden worden. Später wurden lerntheoretische<br />

sowie entwicklungspsychologische Aspekte betont. Die neuesten theoretischen Konzeptionen verstehen Schulfähigkeit e<strong>in</strong>erseits als soziokulturelles Konstrukt<br />

und an<strong>der</strong>erseits als Erziehungsziel für alle K<strong>in</strong><strong>der</strong> (Kammermeyer, 2000, S. 30). Allerd<strong>in</strong>gs wird spätestens seit 2000 im Zusammenhang mit nicht-selektiven,<br />

<strong>in</strong>tegrativen Modellen des Schulanfangs e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Kompetenzentwicklung aller K<strong>in</strong><strong>der</strong> ohne kompetenzbezogene Schule<strong>in</strong>gangsschwelle postuliert<br />

(Liebers, 2008, S. 252 – 254). Dem entspricht auch das HarmoS-Konkordat, <strong>in</strong> dem <strong>der</strong> E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die obligatorische Schule ausschliesslich über das Alter<br />

def<strong>in</strong>iert wird (EDK, 2011a, S. 17).

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