Download - Frühkindliche Bildung in der Schweiz
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52 <strong>Bildung</strong>sbericht Nordwestschweiz 2012 | K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten und Primarschule<br />
sportlich) von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern von den lokalen Schulleitungen an die kantonalen<br />
Behörden weiterzuleiten, die spezifische Abklärungen <strong>in</strong> Auftrag gaben. Beson<strong>der</strong>e<br />
Formen des Schulbesuchs waren wie<strong>der</strong>um durch die Schulleitung zu organisieren und<br />
durch die Geme<strong>in</strong>de zu f<strong>in</strong>anzieren. Im Falle beson<strong>der</strong>er sportlicher Leistungsfähigkeit gilt<br />
e<strong>in</strong>e Spezialverordnung (SGS 640.51, 2009; SGS 641.11, 2009, § 42). In BS war die För<strong>der</strong>ung<br />
beson<strong>der</strong>er Begabung nicht gesetzlich 19 , son<strong>der</strong>n auf Departementsebene def<strong>in</strong>iert<br />
(ED BS, 2009b). In SO erfolgte Begabungsför<strong>der</strong>ung grundsätzlich <strong>in</strong>tegrativ. Zusätzlich<br />
konnten auch spezielle Massnahmen ergriffen werden: vertiefte qualitative Anreicherung<br />
des Lernstoffs auf e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tellektuell anspruchsvolleren Ebene, Bewältigung des Lernpensums<br />
<strong>in</strong> kürzerer Zeit als üblich, z.B. durch Überspr<strong>in</strong>gen von Klassen, o<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung<br />
e<strong>in</strong>zelner Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> speziellen Gruppen zu beson<strong>der</strong>en Themenbereichen<br />
(AVK SO, o.J.).<br />
3.3 Integratives Grundpr<strong>in</strong>zip und Angebotsstrukturierung<br />
Mit <strong>der</strong> Neugestaltung des F<strong>in</strong>anzausgleichs und <strong>der</strong> Aufgabenteilung zwischen Bund<br />
und Kantonen (NFA) haben die Kantone 2008 die Verantwortung im Bereich <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>pädagogik<br />
vollständig übernommen und als Instrument <strong>der</strong> Harmonisierung wurde<br />
von <strong>der</strong> EDK das Son<strong>der</strong>pädagogik-Konkordat (Son<strong>der</strong>pädagogik Kapitel Volksschule)<br />
verabschiedet, das nach dem Beitritt von 11 Kantonen 2011 <strong>in</strong> Kraft getreten ist. Obwohl<br />
viele Kantone, darunter auch AG und SO, dem Konkordat bis Juni 2012 nicht beigetreten<br />
s<strong>in</strong>d, stellt es voraussichtlich die Grundlage für die künftige gesamtschweizerische Harmonisierung<br />
im Bereich <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>pädagogik dar. Das Konkordat stellt das Grundpr<strong>in</strong>zip<br />
«<strong>in</strong>tegrative Lösungen s<strong>in</strong>d separierenden Lösungen vorzuziehen» <strong>in</strong>s Zentrum und sieht<br />
e<strong>in</strong>e Glie<strong>der</strong>ung des son<strong>der</strong>pädagogischen Angebots <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Grundangebot und zusätzliche<br />
«verstärkte Massnahmen» vor (EDK, 2007b).<br />
In AG wurde <strong>der</strong> <strong>in</strong>tegrative Grundsatz des Son<strong>der</strong>pädagogik-Konkordats bereits 2006 auf<br />
Verordnungsebene realisiert (SAR 428.513, 2008, § 1). Das son<strong>der</strong>pädagogische Angebot<br />
wird jedoch nicht nach Grundangebot und «verstärkten Massnahmen» differenziert. In<br />
BL ist das Grundpr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Integration ebenfalls realisiert, allerd<strong>in</strong>gs ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
entsprechenden Verordnung <strong>in</strong>tegrative För<strong>der</strong>ung lediglich als mögliche Alternative zu<br />
e<strong>in</strong>er Kle<strong>in</strong>klasse (SGS 641.11, 2009, § 39). Obwohl BL dem Konkordat beigetreten ist, ist<br />
die Differenzierung <strong>der</strong> Angebotsstrukturen (noch) nicht <strong>in</strong> die kantonale Gesetzgebung<br />
übernommen worden. In BS ist die Gesetzgebung auf Anfang 2011 h<strong>in</strong> angepasst worden.<br />
Sie enthält sowohl das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> <strong>in</strong>tegrativen Schulung als auch die im Konkordat vorgesehene<br />
Differenzierung des Angebots (SG 410.100, 2009, §§ 63a-64). Die entsprechende<br />
Verordnung gilt für Schulk<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche im Alter bis 20 Jahre und geht vom<br />
erwähnten breiten Verständnis von beson<strong>der</strong>em <strong>Bildung</strong>sbedarf aus:<br />
«E<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er <strong>Bildung</strong>sbedarf kann sich ergeben aufgrund von Leistungsschwäche,<br />
Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen, mangelnden Deutschkenntnissen, auffälligen Verhaltensweisen,<br />
beson<strong>der</strong>en Biografien o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>er Leistungsfähigkeit» (SG 412.750, 2011, § 2).<br />
In SO wurden 2011 die gesetzlichen Grundlagen im Bereich <strong>der</strong> Unterstützung <strong>in</strong>dividueller<br />
<strong>Bildung</strong>sbedürfnisse angepasst und die <strong>in</strong>tegrativen Massnahmen gestärkt. So<br />
ersetzten die Artikel zur «Speziellen För<strong>der</strong>ung» jene zum ausgebauten System an separativen<br />
Formen. Auf Gesetzesebene erfolgt mit <strong>der</strong> Unterscheidung zwischen «Spezieller<br />
För<strong>der</strong>ung» und Son<strong>der</strong>pädagogik e<strong>in</strong>e ähnliche Differenzierung wie sie im Son<strong>der</strong>pädagogik-Konkordat<br />
vorgesehen ist (BGS 413.111, 2011, §§ 36 – 39).<br />
19 Die För<strong>der</strong>ung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n mit beson<strong>der</strong>em <strong>Bildung</strong>sbedarf, die auch beson<strong>der</strong>s begabte K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>schliesst, wurde 2011 gesetzlich verankert<br />
(SG 410.200, 2009, § 4).<br />
Wichtigste Geme<strong>in</strong>samkeiten Die Unterstützung <strong>in</strong>dividueller<br />
<strong>Bildung</strong>sverläufe unterscheidet sich zwischen den<br />
Kantonen auf <strong>der</strong> <strong>in</strong>haltlichen Ebene kaum. Das Angebot ist<br />
vierkantonal sehr ähnlich. Dies gilt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e etwa für<br />
die Massnahmen zu Beschleunigung und Verzögerung des<br />
Schule<strong>in</strong>tritts, für Angebote <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Begabungsför<strong>der</strong>ung<br />
o<strong>der</strong> für Angebote zur Integration von fremdsprachigen<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Die Differenzen bei den Repetitionsquoten<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>nerhalb des <strong>Bildung</strong>sraums Nordwestschweiz ger<strong>in</strong>g<br />
und die Quoten im <strong>Bildung</strong>sraum entsprechen ungefähr<br />
dem nationalen Durchschnitt. In allen vier Kantonen ist<br />
jedoch die Überweisungsrate <strong>in</strong> Son<strong>der</strong>klassen und Son<strong>der</strong>schulen<br />
im gesamtschweizerischen Vergleich sehr hoch.<br />
Wichtigste Differenzen Das Angebot <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen För<strong>der</strong>ung<br />
unterscheidet sich <strong>in</strong>nerhalb des <strong>Bildung</strong>sraums<br />
Nordwestschweiz vor allem im H<strong>in</strong>blick auf Entscheidungskompetenzen,<br />
Struktur und Organisation. So s<strong>in</strong>d beispielsweise<br />
im Bereich <strong>der</strong> Begabungsför<strong>der</strong>ung Kompetenzen<br />
unterschiedlich verteilt und Angebote unterschiedlich ausgestaltet.<br />
4 Familienergänzende Betreuung<br />
Im folgenden Teilkapitel wird <strong>der</strong> gesamte Bereich <strong>der</strong> familien- und schulergänzenden<br />
Betreuung für K<strong>in</strong><strong>der</strong> im K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten- und Primarschulalter thematisiert. Dabei wird zwischen<br />
nicht-<strong>in</strong>stitutionalisierten Formen <strong>der</strong> Betreuung bei Verwandten, Bekannten o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Drittpersonen und <strong>in</strong>stitutionalisierten Betreuungsformen wie Tagesheimen, Horten,<br />
Tageseltern o<strong>der</strong> Mittagstischen unterschieden (Banfi et al., 2008, S. II). Dieser zweite<br />
Bereich wird im vorliegenden Bericht unter dem Begriff <strong>der</strong> Tagesstrukturen ( Glossar)<br />
fokussiert. Dieser Begriff wird sehr weit gefasst, damit verschiedene Betreuungsformen<br />
als Tagesstrukturelemente analysiert werden können. Tagesstrukturen werden damit als<br />
Komb<strong>in</strong>ation von schulischen und ausserschulischen <strong>Bildung</strong>s- und Betreuungsangeboten<br />
verstanden. Dieses Verständnis entspricht <strong>der</strong> Entwicklung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>, die durch e<strong>in</strong>en<br />
starken quantitativen Ausbau des Angebots geprägt ist (Schüpbach, 2009, S. 208; 216).<br />
Charakteristika Betreuung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen ab Geburt bis<br />
zum Ende <strong>der</strong> obligatorischen Schule<br />
Qualifiziertes Personal<br />
Zeitlicher Umfang erfüllt Bedürfnisse <strong>der</strong> Familien<br />
Vorgaben des<br />
HarmoS-Konkordates<br />
Angebotsobligatorium für die Schulträger,<br />
freiwillige Nutzung<br />
Tagesstrukturelemente Blockzeiten<br />
Frühbetreuung<br />
Mittagsbetreuung und -verpflegung<br />
Nachmittagsbetreuung<br />
<strong>Bildung</strong>sbericht Nordwestschweiz 2012 | K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten und Primarschule 53<br />
Zonen möglicher bildungspolitischer Aufmerksamkeit Auffällig<br />
s<strong>in</strong>d die, im nationalen Vergleich, sehr hohen Überweisungsraten<br />
<strong>in</strong> Son<strong>der</strong>schulen und Son<strong>der</strong>klassen. Der<br />
<strong>Bildung</strong>sraum Nordwestschweiz zeigt sich deutlich separativer<br />
als die übrige <strong>Schweiz</strong>. Allerd<strong>in</strong>gs ist im Bereich <strong>der</strong><br />
<strong>in</strong>dividuellen För<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> allen vier Kantonen e<strong>in</strong>e grosse<br />
Dynamik sichtbar, die deutlich <strong>in</strong> Richtung e<strong>in</strong>er Stärkung<br />
<strong>in</strong>tegrativer Ansätze geht. Es kann deshalb <strong>in</strong> den nächsten<br />
Jahren e<strong>in</strong> weiterer Rückgang des Anteils <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler <strong>in</strong> Son<strong>der</strong>klassen und Son<strong>der</strong>schulen erwartet<br />
werden.<br />
Tabelle II.9: Charakteristika<br />
von Tagesstrukturen und Tagesstrukturelemente<br />
(Daten: EDK & SODK, 2008, S. 1;<br />
Banfi et al., 2008, S. 8-9; 35).