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"Ja, wenn das so ist, Herr Förster, ..." - Lebensräume brauchen Hüter -

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Diesen Lebensraum teilen wir. In ihn bin ich hineingeboren. In ihm bin ich<br />

aufgewachsen - in Zeutsch an der Saale am Eingang des Hexengrundes.<br />

So wie die dunkle Kammlinie der Waldberge jenseits der Saale zu den ersten<br />

Eindrücken meiner Kindheit gehört, <strong>so</strong> auch <strong>das</strong> Rauschen der riesigen Fichten.<br />

am Pfarrhaus. Früh habe ich gelernt, an Kraft oder Klang ihres Rauschens zu<br />

erkennen, welches Wetter sich da ankündigte. Zwei mächtige Linden haben<br />

unsere Baumburgen aufgenommen und ausgehalten. Esche und Eiche<br />

nebeneinander vom Vater gepflanzt, ließen im Frühjahr den Sommer ahnen,<br />

denn: „Grünt die Esche vor der Eiche, gibt's im Sommer große Bleiche; grünt<br />

die Eiche vor der Esche, gibt's im Sommer große Wäsche“.<br />

Von alledem will ich jedoch nicht reden, wohl aber von meiner Erfahrung, <strong>das</strong>s<br />

<strong>Lebensräume</strong> verletzlich sind, auch <strong>wenn</strong> ihnen die Kraft von <strong>Ja</strong>hrhunderten<br />

innewohnt. '<br />

Die Buche<br />

Von der Buche will ich reden, nicht von Buchen überhaupt, <strong>so</strong>ndern von der<br />

einen die eben nur d i e Buche hieß. <strong>Ja</strong>hrhunderte hindurch war sie aufgewachsen<br />

- auf halbem Wege zwischen Zeutsch und Beutelsdorf. Mit mächtiger<br />

Krone schirmte sie den Eingang zum Hexengrund ab und öffnete ihn zugleich<br />

wie ein Tor, dahinter sich der „schönste Wiesengrund“ auftat, von den<br />

Waldkuppen der beiden „Culmsen“ eingehegt. Uns schien, die Buche habe es<br />

immer gegeben. Denn in ihren grauen Leib stand eingeschnitten: „Vive la<br />

France“! von durchziehenden Soldaten Napoleons hinterlassen. Und natürlich<br />

dachten wir, die Buche würde auch künftig hier stehen an der Abbruchkante der<br />

Straße zum Bache hinunter: Naturdenkmal und Geschichtszeuge zugleich, dem<br />

Vorübergehenden Schatten spendend zur Rast und zugleich ihn leise erinnernd,<br />

<strong>das</strong>s er als flüchtiger Wanderer nur eine kurze Zeit auf dem Wege sei.<br />

Wer aber aus dem Gleichgewicht eines gesunden Lebensraumes auch nur ein<br />

Element herauslöst, gefährdet ihn oder zerstört ihn gar.<br />

Als sich für die Menschen im Hexengrund der Traum erfüllte, endlich eine<br />

brauchbare Straße anstelle des ausgewaschenen Fuhrweges nutzen zu können,<br />

wurde der Wurzelgrund, von dem die Buche durch <strong>Ja</strong>hrhunderte gelebt hatte,<br />

versiegelt: Die Straße zwischen dem Graben am steilen Waldhang und dem<br />

Abbruchfels zum Bache hinunter. Nur zweihundert Meter Pflaster oder auch<br />

hundert hätten wohl genügt, dazu ein offengehaltener Sammelgraben zur<br />

Bergseite hin, und sie wäre weiteren Generationen Zeuge erlebter Geschichte<br />

und Rastplatz geblieben und Tor zum Hexengrund auch.<br />

Noch eine Weile hat sie sich gegen den schleichenden Tod gewehrt - indes die<br />

Hexengründler an ihr vorübersausten - mit Auto nun und in Gedanken schon<br />

weiter.

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