Handschlag - Zeigegestus – Kniefall - Prof. Frank Kämpfer
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Er stellte zugleich fest, dass manche bildlichen Ausdrücke losgelöst von Zeit und Ort<br />
verständlich seien und Jahrhunderte überdauerten. In dieser universell, intuitiv zu<br />
erfassenden Körpersprache sah Warburg die Möglichkeit für den Betrachter, ein<br />
Kunstwerk genuin zu begreifen. Damit war die Idee der Pathosformel nicht nur ein<br />
Mittel der künstlerischen Befreiung von der Darstellungs-Starrheit des Mittelalters, die<br />
nahezu ohne körperliche Bewegung ausgekommen zu sein schien. Sie war auch eine<br />
emphatische Selbstbefreiung des Betrachters und passte gut in den historischen Kontext<br />
mit der Aufbruchstimmung vor allem der ober-italienischen Städte in der Renaissance.<br />
Wie gut wiederum Warburgs Theorieansatz in seine Zeit passte, hat Warnke<br />
beschrieben: Der Begriff nehme “künstlerische und politische Erfahrungen auf, wie sie<br />
um 1900, auch unter Nietzsches Einfluß, gegen das erstarrte System des Wilhelminischen<br />
Reiches mobilisiert worden waren.” (Warnke)<br />
Die von Warburg erkannte Tradierung von Bildformeln emotionaler Intensität lässt<br />
sich am Beispiel des <strong>Handschlag</strong>s bzw. Händedrucks als Gestus unkriegerischer<br />
Annäherung und Verständigung gut verfolgen.