Die Deutschen in Polen 1918 bis 1939

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Rechte hätten, welche die preußische Konstitution der polnischen Bevölkerung in den westlichen Grenzbezirken zusichert, dann könnten wir der Gefahr leichten Herzens ins Auge sehen … In den westlichen Grenzgebieten besitzen wir ein starkes Mittel, das uns nicht nur um unsere nationale Existenz kämpfen, sondern diese auch erfolgreich zu verteidigen gestattet. Dieses Mittel ist die preußische und deutsche Verfassung.“23) Wie vertragen sich solche Stellungnahmen mit den immer wiederholten polnischen Anklagen gegen die furchtbare Unterdrückung durch die Preußen, welche Wiedergutmachung erfordert? Imperialismus des neuen Staates Die für sie sehr günstigen Regelungen im Versailler Vertrag waren den Polen aber nicht gut genug, und die direkten und indirekten Forderungen, sich Danzig einzuverleiben, verstummten bis 1939 nicht. Werner Fuchs hat in seinem Buch „Selbstzeugnisse polnischen Eroberungswillens“ zur Danzig-Frage 24) und den anderen beanspruchten deutschen Provinzen Ostpreußen 25), Schlesien 26) und Pommern.27) Hunderte von Aussagen polnischer Politiker, Journalisten, Pädagogen und gesellschaftlich hochgestellten Personen zusammengestellt, die Polens imperialistische Absichten bezeugen. Selbst Geistliche und Wissenschaftler beteiligten sich an diesem bedrohlichen Stimmenchor. Drei Zitate zur Danzig-Frage mögen genügen. In der Denkschrift der Polnischen Sachverständigenkommission im März 1919 hieß es: „Die Germanisierung Danzigs ist oberflächlich; und sobald die Polen das Recht haben werden, sich in der Stadt niederzulassen, wird sie wieder polnisch werden … Danzig wird bald eine vorwiegend polnische Stadt werden … Die Einstimmigkeit der öffentlichen Meinung in Polen betreffend Danzigs ist derart vollständig, dass ein dauernder Friede so lange unmöglich würde, als die Mündungen des nationalen polnischen Flusses in den Händen der Feinde Polens und der Humanität bleiben würden …“28) Im Mai 1923 verkündete der polnische Staatspräsident Stanislaw Wojciechowski (1869-1953) unverfroren Folgendes: „Man muß Danzig all diejenigen lebenswichtigen Säfte unterbinden, die es Polen entnimmt, und dies solange, bis in Danzig eine andere dauerhafte Richtung die Oberhand gewinnt, die keinen Kampf noch Entgegensetzung von Schwierigkeiten will, sondern eine loyale Zusammenarbeit sucht und Polen als Großmacht anerkennt, die an Danzig nicht nur geschriebene, sondern natürliche Rechte hat. Danzig hat nur zwei Wege, entweder einen Wirtschaftskampf mit Polen, in dem wir mit völliger Rücksichtslosigkeit Widerstand leisten werden, oder ein loyales Vorgehen der Freien Stadt gegenüber dem großen polnischen Reich.“29) Anfang 1925 wurden in einer Nachtaktion an Danziger Gebäuden in polnischem Besitz polnische Briefkästen angebracht, was zu einem leider vergeblichen Protest Danzigs beim Völkerbund führte. In der aufgerührten Stimmung brachte die Zeitung „Stanica Baltyka“ in Graudenz folgenden Aufruf: „Aufständische und Soldaten! Ihr zählt in Pommerellen 150 000 Mann. Wenn nur jeder Dritte von Euch geht, so könnten wir mit Danzig dasselbe tun, was die Litauer mit dem Memellande 8
getan haben. Denn solange in Danzig ein Senat von Hakatisten [Mitgliedern des Deutschen Ostmarkenvereins] regiert, werden wir keine Ruhe und keinen freien Zutritt zum Meere haben. Eure Pflicht ist es, Soldaten, auch dieses kleine Stückchen polnischen Landes, welches ungeduldig darauf harrt, zu erobern. Rafft Euch empor zu dieser Tat.“30) Die polnischen Nationalisten waren sich einig darin, dass Polen mit den seitens der Alliierten zugestandenen Gebieten nicht saturiert sei und sich notwendigerweise ausdehnen müsse. Während Dmowski und seine Anhänger, die eine Westausdehnung bis an die Oder forderten, bis zum Ende des 2. Weltkriegs warten mussten, konnte Pilsudski die von ihm geforderte Ostkolonisation in die Tat umsetzen. Bereits 1919 drangen polnische Truppen über die in Versailles festgelegte Grenze, die nach dem britischen Außenminister benannte Curzon-Linie, vor. Im April 1920 brach der polnisch-sowjetische Krieg aus, in dem polnische Truppen bis nach Kiew vorstießen. Eine sowjetisch Gegenoffensive wurde im August 1920 zurückgeschlagen. Der sowjetisch-polnische Friedensvertrag vom März 1921 erbrachte Polen eine Ostgrenze 200 bis 300 Kilometer östlich der Curzon-Linie und nach einer Volkszählung von 1931 ca.4,5 Millionen Ukrainer und 1,75 Millionen Weißrussen. Noch im Oktober 1920 eroberten die Polen in einem Handstreich Wilna und zwangen Litauen 1923 zur Anerkennung der neuen Grenze. Die Abstimmungen und ihre Folgen Trotz erheblicher Behinderungen votierten in den westpreußischem Abstimmungsgebieten bei der Wahl am 11. Juli 1920 votierten in Westpreußen 92,3 Prozent, in Masuren sogar 97,8 Prozent für Deutschland. Im gemischtsprachigen Oberschlesien entschieden sich am 20.3.1921 immerhin fast 60% für Deutschland. Trotzdem beschlossen die Alliierten auf Drängen Frankreichs, am 21. Oktober 1921 Ostoberschlesien mit seinen Kohlen- und Industriegegenden, auch Kattowitz (mit 58,8 deutschen Stimmen) und Königshütte (mit 59,8%) Polen zu überlassen. Dies genügte den polnischen Nationalisten nicht, und sie versuchten, wie in Posen auch in Schlesien den Anschluß mit Waffengewalt zu erreichen. Der polnische Plebiszitkommisar Wojciech Korfanty organisierte Aufstände; der erste Aufstand im August 1919 wurde von deutschem Militär zurückgeschlagen; beim zweiten Aufstand im August 1920 verhinderten die deutschen Selbstschutzverbände der Oberschlesier die geplante Eroberung. Angesichts des polnischen Terrors bei der Abstimmung im März 1921 protestierte die deutsche Reichsregierung beim Völkerbund: „Selbst am helllichten Tage werden in belebten Straßen Passanten ausgeplündert und von sogenannten Entkleidungskommissionen ihrer Kleidung beraubt … Politischer Terror wird in allen nur denkbaren Formen von den Polen ausgeübt und äußert sich im Schießen und Werfen von Handgranaten und Sprengen von Denkmälern … Deutsche Versammlungen werden mit Gummiknüppeln und Handgranaten auseinandergejagt. Politische Mordanschläge und brutale Morde haben eine Verbreitung gefunden, wie sie wohl einzigartig 9
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