Bericht über meine Seereise - Jocham-Schiffe
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New York – Panama-Kanal<br />
Mittwoch, 19. Januar 2011<br />
Für 16:30 Uhr war Auslaufen angesetzt. Anscheinend ging<br />
etwas daneben oder durcheinander, jedenfalls war der Kapitän<br />
etwas aufgeregt und schickte den einen und den anderen<br />
seiner drei Offi ziere mal hier hin, mal dort hin. Der Seelotse<br />
saß derweil bereits auf der Brücke und wartete darauf, dass<br />
das Bunkerboot losmachte, dass der Schlepper kam und dass<br />
der Hafenlotse endlich auftauchte. Er kam auch irgendwann,<br />
schnaufte wie ein altes Dampfross und beschwerte sich dar<strong>über</strong>,<br />
dass die „Bridge on G-Deck!” war. Kein Wunder, dass das<br />
Treppensteigen anstrengend ist, wenn man so viel Fett mit sich<br />
herumschleppt. Überhaupt sind die paar Hafenarbeiter, die bei<br />
uns zu tun hatten, meistens von unglaublicher Körperfülle und<br />
bewegen sich entsprechend langsam.<br />
Donnerstag, 20. Januar 2011<br />
Heute Morgen bei offenen Kabinenfenster geduscht! Die Luft<br />
ist herrlich frisch und trocken, die Temperatur noch niedrig<br />
aber wohltuend. Als ich auf <strong>meine</strong>r ersten Runde auf der Back<br />
ankam und den Horizont <strong>über</strong>blickte, bemerkte ich dunkle, sich<br />
schnell bewegende Punkte auf dem leicht welligen Wasser: es<br />
waren Weißseitendelfi ne, ca. 50 an der Zahl! Welche Freude!<br />
Gleich kamen die ersten beim Bug des <strong>Schiffe</strong>s an, und mit<br />
einer einzigen Körperdrehung waren sie auf gleichem Kurs mit<br />
dem Schiff. Mehrere nebeneinander schwammen scheinbar<br />
mühelos mit dem 20 kn schnellen Schiff mit und sprangen ab<br />
und zu aus dem Wasser, wobei ich deutlich deren Atemgeräusch<br />
hören konnte, ein kurzes pfft. Aber es stand wohl ein<br />
anderes Ziel auf dem Tagesplan dieser schönen Meeresbewohner,<br />
denn sie verließen das Schiff bald wieder. Leider war mein<br />
Griff zur Brusttasche, in der ich normalerweise den Fotoapparat<br />
habe, umsonst. Es war noch das leere und diesem Falle<br />
gänzlich nutzlose Handy von gestern drin. Deshalb keine Fotos<br />
von diesem Ereignis.<br />
Das Schiff liegt viel besser in der See: vorne 9,15 m Tiefgang,<br />
achtern 9,80 m. Damit ist „der große Penetrator” (der Birnenbug,<br />
der die See durchdringt) vollständig unter Wasser und das<br />
Schiff setzt bei weitem nicht mehr so hart ein.<br />
Gestern nachmittag war wieder so ein typisch amerikanisch/<br />
militärisches Vorkommnis: Mitten auf See an Stb. ca. 25 sm<br />
entfernt ein Flugzeugträger. Etwas näher, ca. 15 sm entfernt,<br />
eine Fregatte, die Hubschrauberlanden und -starten mit mehreren<br />
Hubschraubern übt. Etwa 16 sm entfernt an Bb. kommt<br />
eine Fregatte auf Kollisionskurs mit uns daher. Diese Fregatte<br />
fordert uns auf, den Kurs nach Stb. zu ändern, um einen Mindestabstand<br />
von 8 sm zu ihr zu gewährleisten. Der Kapitän<br />
stellt den 2 nd Mate ans Ruder und lässt von Hand steuern.<br />
Kaum hat das Schiff ca. 60° nach Stb. gedreht, kommt von<br />
der Fregatte die Aufforderung, sofort den Kurs nach Bb. zu<br />
ändern. Die nun folgende große Kursänderung um ca. 150°<br />
nach Bb. lässt das Schiff ganz schön nach Stb. krängen. Die<br />
Fregatte hatte eine Geschwindigkeit von 6,5 kn, als sie uns das<br />
erste Mal zur Kursänderung aufforderte. Kaum aber war sie an<br />
Stb. querab, erhöhte sie auf 27,5 kn! Mit diesem Tempo hätte<br />
sie uns mit unseren 20 kn leicht ausmanövrieren können! Aber<br />
na ja, der teure Erwachsenen-Kindergarten muss sich halt beweisen<br />
. . .<br />
Freitag, 21. Januar 2011, Einlaufen Savannah<br />
Um 09:00 Uhr kam der Lotse an Bord, das Schiff war um ca.<br />
12:30 Uhr fest.<br />
Die Fahrt den Georgia-River hinauf ist sehr abwechslungsreich.<br />
Zu Beginn ist das Ufer beidseitig fast wie im Urzustand. Bald<br />
aber merkt man, dass man in einem hochtechnisierten Land<br />
ist: zu beiden Seiten wird gebaggert und planiert. Nach einigen<br />
starken Krümmungen des Flusses kommen Industrieanlagen<br />
in Sicht, in weiter Entfernung kann man als erstes die Verladebrücken<br />
des Containerhafens ausmachen.<br />
Es folgen Industrieanlagen und kleinere Anlegestellen für<br />
Chemikalientanker. Später kommt das Weichbild von Savannah<br />
hervor. Die Hauptgebäude der Stadt sind nicht sehr hoch, die<br />
höchsten sind die Kirchtürme! Und dann kommt die „Savannah<br />
Water Front”, an der im Abstand von gut 50 m entlang<br />
gefahren wird! Überall stehen die Leute und winken! Diese water<br />
front ist ein Touristenmagnet, nicht nur wegen der Aussicht<br />
auf die vorbeifahrenden <strong>Schiffe</strong>. Es gibt dort alle möglichen<br />
Läden, Bars, Restaurants und Parkanlagen, wo man sich die<br />
Zeit vertreiben kann.<br />
CMA CGM L‘ETOILE 14 April 2011