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ROMANA SCHEFFKNECHT 1982 2013 - romana scheffknecht videos

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Das Auseinandernehmen, Schneiden, Fragmentieren und spätere wieder Zusammenfügen<br />

sollte eine Vollständigkeit der Wahrheit mit sich bringen. Die Zersetzung schafft ein Ganzes.<br />

Die Wucht des Unmittelbaren von Wort und Bild schafft durch die Zerlegung eine Distanz, die<br />

der Wahrheit näher kommen soll.<br />

Wir dürfen nicht annehmen, dass Romana Scheffknecht eine Archivarin im klassischen Sinne<br />

ist. Ihre Wohnung und ihr Atelier sind nur spärlich eingerichtet, sie umgibt sich mit nur weni-<br />

gen, ausgesuchten Dingen. Gefundene Objekte, Fotos, Filmausschnitte, Notizen etc. werden<br />

nicht in Schachteln aufbewahrt, sondern bald zur künstlerischen Produktion eingesetzt. Im<br />

Rahmen und hinter Glas oder als Videoarbeit sind sie sichtbar, verewigt und wohl auch archiviert.<br />

Der künstlerische Prozess des Transformierens ist die eigentliche Archivarbeit der<br />

Künstlerin. Die einzelnen Kategorien sind in Bilderrahmen gefasst. Die Collage ist das Mittel,<br />

die Fragmente werden auf diese Weise geordnet.<br />

Romana Scheffknecht initiierte 2001 das Medien Kunst Archiv Wien. 10 Für ein digitales Archiv<br />

ist keine Ansammlung beziehungsweise Anhäufung von Materialien notwendig. Auf einem<br />

physisch sehr kleinen Platz, der Festplatte, ist alles gespeichert und jederzeit abrufbar.<br />

Der / die Interdisziplinäre<br />

In vielen seiner Schriften spricht Aby Warburg von einer methodischen Grenzerweiterung. Die<br />

Verknüpfung verschiedener Disziplinen, wie zum Beispiel der Kunstgeschichte mit Kunsttheorie,<br />

Psychologie, Religionswissenschaften, Literatur, Philosophie, Geschichte und Ethnologie er-<br />

möglicht einen umfassenden Blick auf ein Kunstwerk. Die Erweiterung des Blickfeldes und damit<br />

verbunden das Verlassen der engen Sicht einer fachspezifischen Eingrenzung sind wichtige Vor-<br />

aussetzungen für kunstwissenschaftliches Arbeiten. Zusätzlich plädierte er als einer der ersten<br />

dafür, nicht nur die ‚hohe‘ Kunst, sondern jegliche Form von Bildlichkeit (Buchillustrationen,<br />

Postkarten, Kalendarien, Reklamebilder) und in der Erweiterung sogar Alltagsgegenstände in<br />

die Arbeit als Kunstwissenschaftler mit einzubeziehen. In dem von Romana Scheffknecht für<br />

die Videoarbeit ausgewählten Kasten 118 sind diese Absichten leicht ablesbar.<br />

Für den Ausnahmewissenschaftler Aby Warburg gibt es keine Zu- und Festschreibung. Seine<br />

wissenschaftliche Ausrichtung, Arbeitsweise, Denkweise und Persönlichkeit sind explizit nicht<br />

fachspezifisch. Romana Scheffknecht lehnt jeden Kategorisierungsversuch um ihr eigenes<br />

Werk ab. Ihr Œuvre ist nicht fachspezifisch angelegt oder nur auf ein Medium konzentriert.<br />

Romana Scheffknecht ist fasziniert von scheinbar ‚unmöglichen‘ Verknüpfungen, wie Warburgs<br />

Krieg und Kunst 11 .<br />

1 Aby M. Warburg, „Sandro Botticellis ‚Geburt der Venus‘ und ‚Frühling‘“, 1893, in: Aby M. Warburg, Ausgewählte Schriften und<br />

Würdigungen, Baden-Baden 1980.<br />

2 „Amburghese di cuore, ebreo di sangue, d’anima Fiorentino“, zitiert nach: Gertrud Bing, Rivista storica italiana, Ausgabe 71,<br />

1960, S. 113.<br />

3 Schon früh zeigten sich physische und psychische Erkrankungen von Aby Warburg, die mitunter diese Entscheidung mit-<br />

bestimmten.<br />

4 Vgl. Gottfried Korff (Hg.), Kasten 117. Aby Warburg und der Aberglaube im Ersten Weltkrieg, Tübingen 2007, S. 51.<br />

5 Peter J. Schwartz, „Aby Warburgs Kriegskartothek. Vorbericht einer Rekonstruktion“, in: Kasten 117. Aby Warburg und der<br />

Aberglaube im Ersten Weltkrieg, Publikation anlässlich der Konferenz „Der große Krieg, Warburg und der Aberglaube“, veranstaltet<br />

vom Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft und Sonderforschungsbereich 437 in Tübingen,<br />

Tübingen 2007, S. 39-69.<br />

6 Den einzigen kurzen Hinweis dazu gibt Carl Georg Heise, in: Persönliche Erinnerungen an Aby Warburg, Wiesbaden 2005.<br />

7 Hamburgischer Correspondent, Hamburger Nachrichten, Neue Hamburger Zeitung, Hamburger Fremdenblatt, Frankfurter<br />

Zeitung, Vossische Zeitung, Neue Zürcher Zeitung, Tübinger Nachrichten der Auslandspresse, Corriere della Serra, Giornale<br />

d’Italia, Cicerone, Kunstchronik, Kunstwart etc. Siehe Peter J. Schwartz, wie Anm. 5, S. 58.<br />

8 Aby Warburg zitiert nach: Peter J. Schwartz, wie Anm. 5, S. 55.<br />

9 „Die Dokumente der Entente-Lügen müssen systematisch gesammelt werden“, als „bibliothekarisches Hilfsmittel“ im Dienst<br />

einer „Protokollführung im Weltkrieg“ gegen den „Lügenfeldzug“ der Alliierten. Aby Warburg zitiert nach: Peter J. Schwartz,<br />

wie Anm. 5, S. 44-46.<br />

10 Auszug aus dem Leitfaden des Medien Kunst Archivs Wien, URL: http://www.mka.at/info.html: „Das Medien Kunst Archiv<br />

hat sich die Archivierung, Beschreibung und Vermittlung von Medienkunst zur Aufgabe gemacht. [...] Ausgangsbasis des<br />

Archivs sind die Bestände der Kunstsektion des Bundes und die Sammlungen der basis wien, des Kunst- und Diskussionsraums<br />

depot, der Universität für angewandte Kunst sowie die Videokunstsammlung des Landes Niederösterreich. Text,<br />

Bild, kunsthistorische und technische Protokolle zeigen die Vielfalt der thematischen und formalen Untersuchungen, mit<br />

denen sich die Künstlerinnen und Künstler in 30 Jahren Medienkunst beschäftigten und beschäftigen. [ ... ] Damit versteht<br />

sich das Archiv als Beitrag zur Dokumentation der Entwicklung elektronischer Kunst von 1970 bis heute im lokalen<br />

sowie internationalen Kontext.“<br />

11 In zwei Collagen im Warburgzimmer verknüpft Romana Scheffknecht die Themen Kunst und Terrorismus sowie Ästhetik<br />

und Krieg.<br />

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