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<strong>Neumarkt</strong> am Wallersee hat die Göttin der Schönheit:<br />
"Venus von <strong>Neumarkt</strong> - Pfongau"<br />
Bei archäologischen Arbeiten in <strong>Neumarkt</strong> gab es einen der bedeutendsten<br />
Funde der vergangenen zehn Jahre.<br />
Fünf Wochen lang haben Archäologen und Studenten im <strong>Neumarkt</strong>er Ortsteil Pfongau den<br />
Wirtschaftsbereich einer römischen "villa rustica" wissenschaftlich untersucht und<br />
dokumentiert. Dabei wurde in einem früheren Speichergebäude eine zwölf Zentimeter<br />
große Statuette der Liebesgöttin Venus gefunden. Diese "Venus von <strong>Neumarkt</strong> - Pfongau"<br />
wurde am Mittwoch, dem 30. Juli 2008, erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.<br />
Die fein ziselierte Figur ist mit Ausnahme der Füße und der rechten Hand vollständig. Die<br />
Göttin der Liebe ist lediglich mit einem Diadem bekleidet. Die linke Hand bedeckt den<br />
Schoß, die rechte war vorgestreckt. Die Statuette ist fein ausgearbeitet und zählt künstlerisch<br />
zu den qualitätvolleren antiken Venusstatuetten aus Österreich. Für Salzburg stelle<br />
sie einen der bedeutendsten Funde der vergangenen zehn Jahre dar, erläutert Landesarchäologe<br />
Dr. Raimund Kastler. Gefunden hat die Statue die Studentin Andine Komorowski.<br />
Aus welchem Grund die antike Skulptur im<br />
Getreidespeicher lag, ist noch unsicher.<br />
Möglicherweise handelt es sich um die<br />
Schutzgöttin des Gebäudes (alma Venus).<br />
Brandspuren auf der Skulptur und Hinweise auf<br />
gewaltsame Abtrennung der Füße lassen jedoch<br />
auch auf Zerstörungsereignisse des vermutlich<br />
im 3. Jahrhundert nach Christus verlassenen<br />
Gutshofes deuten, so Kastler weiter. Das<br />
gesamte Grabungsareal wurde vor Ende der<br />
Ausgrabungen flächendeckend abgesucht.<br />
Chancen für weitere Sensationsfunde gibt es<br />
daher heuer nicht mehr.<br />
Bereits knapp unter der Wiesenoberfläche<br />
wurden die aus Bruchsteinen gesetzten<br />
Fundamente des rund 18 mal 26 Meter großen<br />
Gebäudes mit einem durchlaufenden Mittelkorridor<br />
freigelegt. Rund um das Gebäude<br />
zeichneten sich in der antiken Bodenoberfläche<br />
zahlreiche mit Holzkohle verfüllte Gruben ab.<br />
Ein wesentliches Ziel des Projektes ist die<br />
Untersuchung und Rekonstruktion der antiken<br />
Landwirtschaft und des Landschaftsbildes<br />
anhand von verkohlt erhaltenen Nutz- (Getreidesorten<br />
u. a. m.) und Unkrautpflanzensamen. Der Inhalt dieser Gruben bildete daher<br />
wertvolles Quellenmaterial.
Die Grabungen im Bereich der römischen Villa von Pfongau sind ein auf vier Jahre anberaumtes<br />
Projekt (2008 – 2011), wobei jedes Jahr fünf Wochen gearbeitet wird. Sie werden<br />
von der Landesarchäologie am Salzburg Museum gemeinsam mit dem Fachbereich Altertumswissenschaft,<br />
Bereich Klassische und Frühägägische Archäologie, der Universität<br />
Salzburg in technischer Kooperation mit dem Österreichischen Forschungszentrum<br />
Dürrnberg durchgeführt. Unterstützungen kommen auch von der Stadtgemeinde <strong>Neumarkt</strong><br />
am Wallersee, dem Museum Fronfeste, dem Regionalverband Salzburger Seenland sowie<br />
lokalen Förderern aus der Wirtschaft.<br />
„Die vielen Schätze der Vergangenheit, die noch im Salzburger Boden schlummern, müssen<br />
geborgen werden, denn sie tragen dazu bei, das Wissen um die Salzburger Geschichte zu<br />
vervollständigen“, ist für die für das kulturelle Erbe ressortzuständige Landesrätin Doraja<br />
Eberle vor allem angesichts dieses Sensationsfundes klar. Ab 2009 werde um 16 Prozent<br />
mehr Landesgeld für archäologische Grabungen bereitgestellt, kündigte Eberle an.<br />
Ziel dieses Ausbildungsprojektes für Studenten ist es, erstmals in Österreich gezielte<br />
wissenschaftliche Untersuchungen des Wirtschaftsbereichs eines römischen Landgutes<br />
durchzuführen. Dabei sollen vor allem Fragen nach Organisation, Größe und Art der landwirtschaftlichen<br />
Produktion und deren Auswirkungen auf die Umwelt geklärt werden.<br />
Die Grabungen stehen unter der Leitung von Mag. Stefan Moser, sie erfolgten auf zirka<br />
5.000 Quadratmetern Fläche und konzentrierten sich auf das bereits durch geophysikalische<br />
Untersuchungen geortete Gebäude E. Die Ausgrabungen wurden in den vergangnen Wochen<br />
durch die teilweise extreme Witterung und Stürme massiv behindert. Dennoch habe sich die<br />
Mühe gelohnt, so Landesarchäologe Kastler.<br />
Bedingt durch die Jahrhunderte andauernde landwirtschaftliche Nutzung der Fläche und die<br />
seichte Lage der antiken Ruinen war das Mauerwerk von Gebäude E bereits bis in die Fundamentzone<br />
abgetragen. Nur geringe Reste des antiken Fußbodens, eines Mörtelestrichs,<br />
waren erhalten. Der markante Grundriss mit dem durchlaufenden Mittelkorridor findet sich<br />
vor allem bei römischen Speicherbauten, den so genannten horrea oder granaria. Die bis<br />
0,80 Meter tief fundamentierten Außenmauern weisen auf ein zweites Obergeschoß hin. Auf<br />
diesem wurde wohl ähnlich den mittelalterlichen und neuzeitlichen Schüttkästen Getreide<br />
trocken und sicher vor Schädlingen gelagert. Das Bauwerk war mit einem Ziegel-Satteldach<br />
eingedeckt.<br />
Landeskorrespondenz M151-21 / 2008-07-30