Symphonie oRcheSteR deS bayeRiSchen RundfunkS 2013 2014 chefdiRigent maRiSS JanSonS
Editorial Ein Orchester ohne Publikum wäre eine traurige Sache. Musik braucht jemanden, der sie hört. Kunst braucht jemanden, der sich von ihr berühren, verwirren, verzaubern lässt. Im November 2012 haben wir den Journalisten Tobias Haberl und den Fotographen Robert Fischer gefragt, ob sie sich vorstellen könnten, das Publikum des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks zu porträtieren. Die Idee war, nicht die Musiker oder den Dirigenten in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die Menschen, die Abend für Abend im Konzert sitzen; die das Orchester seit Jahren, seit Jahrzehnten begleiten. Tobias Haberl und Robert Fischer sind dann vier Monate lang in fast jedes Konzert gegangen, der eine mit der Kamera, der andere mit Stift und Notizblock. Sie waren im Herkulessaal und in der Philharmonie, im Max-Joseph- Saal der Residenz und in der Evangelischen Akademie in Tutzing. Sie haben das Orchester mit seinem Chefdirigenten Mariss Jansons erlebt, aber auch mit Riccardo Muti, Bernard Haitink, Herbert Blomstedt oder dem »Artist in Residence« Christian Gerhaher. Die Menschen, die ihnen aufgefallen sind, haben sie angesprochen. Alter, Beruf, Kleidung – das hat sie nicht interessiert. Sie haben den Menschen in die Augen geschaut, sie während des Konzerts und in den Pausen beobachtet. Es waren Paare darunter, aber auch einsame Menschen. Alte, die das Orchester seit dreißig, vierzig Jahren kennen, aber auch junge, neugierige, die man nie in einem klassischen Konzert erwarten würde. Besonders waren sie alle. Sie sind einer hundertjährigen Frau begegnet, die seit Gründung des Orchesters 1949 Abonnentin ist; einem Mann, der für jedes Konzert aus Rom anreist; einem 15-jährigen Jungen, der mit seiner Oma die erste Beethoven-Symphonie seines Lebens hörte. Wir waren überrascht, wie offen die meisten auf die Anfrage reagiert haben. Fast alle waren sofort bereit, sich zu öffnen und ihre Geschichten zu erzählen, es waren auch traurige darunter. Fast alle haben sich geehrt gefühlt, bei einer Publikation »ihres« Orchesters mit<strong>zum</strong>achen. Eines steht fest: Diese Menschen lieben »ihr« Orchester, seine Musiker und natürlich seinen Dirigenten Mariss Jansons. Diese Menschen teilen, ohne es zu wissen, eine Sehnsucht: Sie spüren die Notwendigkeit, regelmäßig in eine Welt einzutauchen, die es nur noch im Konzertsaal gibt. 3