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»Ich möchte schwitzen, Glück<br />

spüren, Angst bekommen.«<br />

Josef Ramsauer<br />

weiß ziemlich genau,<br />

was er von einem<br />

konzert erwartet.<br />

Vielleicht, weil er selbst<br />

komponist ist.<br />

»Ich gehe nur ins Konzert, wenn wenigstens ein<br />

zeitgenössisches Stück gespielt wird, sonst bleibe<br />

ich zuhause. Ich möchte mich nicht zurücklehnen,<br />

sondern schwitzen, Glück spüren, Angst<br />

bekommen. Ein Konzert muss mehr sein als ein<br />

hübsches Freitagabendprogramm, es geht um<br />

Kunst. Und um Grenzen.<br />

Ich bin in Schierling bei Regensburg<br />

groß geworden, da gab es nicht viel<br />

Neue Musik, also habe ich mir schon<br />

mit fünfzehn, sechzehn die Programmhefte<br />

der musica viva besorgt – das waren<br />

meine Schaufenster in die Musik,<br />

die mich fasziniert hat. Meine Helden,<br />

das sind Komponisten wie Stefan Prins,<br />

Ondrˇej Adámek oder Johannes Kreidler.<br />

Letztes Jahr habe ich die Uraufführung<br />

des Stücks ›Welt‹ von Enno Poppe<br />

gehört. Kaum war der letzte Ton verklungen,<br />

wollte ich es sofort noch mal<br />

hören – wie bei einem spannenden<br />

Buch, wo man nach der letzten Seite<br />

auch gleich wieder von vorne anfangen<br />

möchte. Es war unglaublich, ich kann<br />

es nicht anders sagen. Viele Menschen<br />

suchen im Konzert ausschließlich befriedigende<br />

oder beschwichtigende<br />

Schönheit. Ich finde, es sollte um mehr<br />

gehen, vor allem um Herausforderung.<br />

Die zeitgenössische Musik ist manchmal<br />

schwierig, oft komplex, sie erschließt<br />

sich nicht sofort, dafür schenkt<br />

sie uns zwei Dinge, denen wir in unserem<br />

Alltag kaum mehr Aufmerksam-<br />

keit widmen: Utopie und Sparsamkeit,<br />

<strong>zum</strong> Beispiel, wenn ein Stück fast unerträglich<br />

langsam ist oder nur mit zwei<br />

Tönen auskommt.<br />

Voraussetzung ist natürlich, dass diese Musik<br />

perfekt gespielt wird. Die ist oft so sackschwer,<br />

ich bin jedes Mal wieder baff, wie schnell die<br />

Musiker mit den Spieltechniken, Rhythmen<br />

und mikrotonalen Situationen zurechtkommen.<br />

Was dieses Orchester regelmäßig abliefert,<br />

ist Weltklasse. Schön finde ich, dass die Münchner<br />

ziemlich offen für zeitgenössische Musik<br />

sind. Wenn ich ein achtzigjähriges Ehepaar<br />

sehe, das kaum noch gehen<br />

kann, sich aber für ein wirklich<br />

schwieriges Stück Musik<br />

in den Herkulessaal<br />

schleppt, könnte<br />

ich vor Freude<br />

losheulen.«<br />

JoSEf RaMSauER (23) koMPoSiTionSSTudEnT aM SaLZBuRgER MoZaRTEuM SChiERLing<br />

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