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Gemeinde Journal Frühjahr 2012 - Ev.-Luth. Kirchengemeinde ...

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<strong>Gemeinde</strong><br />

JOURNAL<br />

Altona-Ost<br />

Graffiti eines unbekannten Künstlers am Bahndamm Lippmannstraße/ Max-Brauer-Allee, Foto: Dusan Deak<br />

In diesem Heft:<br />

12 Editorial<br />

13 Vanessa von der Lieth – überzeugte Seelsorgerin<br />

14 Weg ist sie – Mirjam Köhler<br />

16 Anna Lüdemann, neue Diakonin. Domprediger<br />

18 „Heilig’s Blechle“<br />

19 Abschied von Antje Stroebel. Amtshandlungen<br />

10 „Hüterin der Hüter“ in der Kirche der Stille<br />

12 Gespräch mit Britta Nöbbe<br />

13 Seniorenheime<br />

15 Glosse. Bücherbasar<br />

16 Kulturkirche profiliert sich<br />

18 Neuer Kinderchor. Altarraum-Pläne<br />

20 Theologie<br />

22 Erfahrung mit diakonischen Projekten<br />

24 Adressen, Kontakte<br />

<strong>Frühjahr</strong> <strong>2012</strong> Nr. 11<br />

www.gemeinde-altona-ost.de


Aus dem<br />

Redaktionsteam:<br />

Monika Rulfs<br />

2 . G e m e i n d e j o u r n a l<br />

Editorial<br />

E D I T O R I A L<br />

Liebe Leserin und lieber Leser, dieses <strong>Gemeinde</strong>journal<br />

sollte eigentlich schon im Herbst erscheinen.<br />

Aber uns, die wir es schreiben, kamen Bücherbasar,<br />

Seminare, Kinder und Weihnachten dazwischen. Wir<br />

Ehrenamtlichen schafften es nicht, unsere Texte am Wochenende<br />

zu schreiben, die Pastoren nicht am Montag,<br />

und so wurde es nichts.<br />

Ich weiß, die meisten geben ihre Texte und Bilder<br />

immer zu spät ab. Da ist der lange theologische<br />

Text, der dringend geschrieben werden soll, die<br />

Radioandacht oder der außergewöhnliche Gottesdienst,<br />

das Chorwochenende oder, ein besonderer Glücksfall,<br />

der neue Freund! Um so mehr freuen wir uns, dass es<br />

jetzt geklappt hat. Und das, obwohl einer in seine Psyche<br />

eingetaucht ist, ein anderer Bach-Kantaten fürs Radio<br />

besprochen und ein dritter sich um seine Zähne gekümmert<br />

hat; eine hat einen Job gesucht, eine andere<br />

Workshops in Berlin und Hildesheim gegeben und eine<br />

dritte hat ihr kirchenmusikalisches Messe-Projekt auf<br />

dem Weg gebracht.<br />

In der <strong>Gemeinde</strong> ist in dieser Zeit viel passiert. Der<br />

Bücherbasar war so gut besucht wie nie (Seite 15),<br />

die Kirche der Stille hat Weihnachten ihre Besucherzahl<br />

verdoppelt (Seite 10), ein Kinderchor ist gegründet und<br />

gedeiht (Seite 18). Wir haben Dirk Konstanzer als Kita-<br />

Leiter für die Zeit des Mutterschutzes von Maren<br />

Podgorsky in der Kita Billrothstraße gefunden, uns für<br />

eine neue Diakonin (Seite 6) und eine neue Pastorin<br />

(Seite 3) entschieden, Lilia Stumpf und Petra Löscher<br />

(wieder) als neue Kirchenvorstandsmitglieder eingeführt.<br />

Diakonin Mirjam Köhler hat uns verlassen (Seite<br />

4), Antje Stroebel aus dem Büro ist in die Altersteilzeit<br />

gegangen (Seite 9). Kinder und Enkelkinder sind auf die<br />

Welt gekommen, runde Geburtstage wurden gefeiert<br />

und manchen ist ein wichtiger Mensch gestorben. Kurz:<br />

Das Leben nimmt seinen Lauf!<br />

Sehen Sie uns die lange Pause nach. Lesen Sie dies<br />

Heft und geben es weiter! Und vor allem:<br />

Kommen Sie gerne in Gottesdienste, Konzerte,<br />

Lesungen, zu Filmen oder Meditationen! Ihre<br />

Monika Rulfs<br />

Graffiti eines unbekannten Künstlers am Bahndamm<br />

Lippmannstraße/Max-Brauer-Allee


V O R G E S T E L L T<br />

Vanessa von der Lieth ist neue Pastorin<br />

in Altona-Ost<br />

Überzeugte<br />

Seelsorgerin<br />

Seit Anfang Februar hat die <strong>Gemeinde</strong> Altona-Ost<br />

eine neue Pastorin: Die 36-jährige Vanessa von der Lieth<br />

ergänzt das Pfarramtsteam wieder auf fünf Personen. Sie<br />

kommt aus Holzminden, hat in Hamburg studiert und<br />

war zwei Jahre lang wissenschaftliche Mitarbeiterin am<br />

Fachbereich Theologie. Nach dem Vikariat in Timmendorfer<br />

Strand war sie sogenannte „Pastorin zur Anstellung“<br />

in Eutin-Neudorf.<br />

Eine für ihre Berufswahl „sehr prägende Zeit“, so sagt<br />

sie, war die kirchliche Jugendarbeit in Holzminden. Seit<br />

ihrer Konfirmation war sie dort engagiert, feierte<br />

Kinder- und Jugendgottesdienste, gründete und leitete<br />

eine kleine Jugendtheatergruppe, wirkte mit an der<br />

„Aktion Jüdischer Friedhof“, wo die evangelische mit<br />

der jüdischen <strong>Gemeinde</strong> in Kontakt kam – und einiges<br />

mehr. Seitdem ist sie mit kirchlichen Strukturen vertraut.<br />

Nach fünf Jahren Lehramtsstudium (Religion und<br />

Englisch) wechselte sie zur Theologie, um Pastorin zu<br />

werden.<br />

In Neudorf füllte sie die vergangenen drei Jahre diesen<br />

Beruf aus, der „eigentlich viele Berufe in einem ist“<br />

– was ihr gefällt. Sie sieht sich als „überzeugte<br />

Seelsorgerin“ und gewöhnte sich daran, dass man in<br />

einem gewachsenen Dorf bei der Pastorin auch mal an<br />

der Tür klingeln kann, um ein Gespräch einzufordern.<br />

Sie mag die Arbeit mit alten Menschen, beerdigte viel<br />

und hält leidenschaftlich gern Gottesdienste, am liebsten<br />

„nicht in festgefahrenen Bahnen mit möglichst viel<br />

Gestaltungspielraum“.<br />

Auf was sie sich in Altona-Ost mit ihrer 50-Prozent-<br />

Stelle konzentriert, wird sie demnächst mit ihren<br />

Pfarrkolleginnen und -kollegen besprechen. Gut findet<br />

sie auf jeden Fall, dass die drei Kirchen ihre eigenen<br />

Profile und die Pastorinnen und Pastoren deutliche<br />

Schwerpunkte haben. Besser, als wenn „alle alles<br />

machen“.<br />

Vanessa von der Lieth wohnt zusammen mit ihrem<br />

Mann Stefan, einem Hamburger Mediengestalter, und<br />

ihrem einjährigem Sohn Birk in Altona-Nord. Sie freut<br />

sich auf die <strong>Gemeinde</strong> Altona-Ost und wieder in<br />

Hamburg zu sein – alte Freundschaften pflegen zu können<br />

und ihren Mann nicht mehr pendeln zu sehen.<br />

Obwohl eine angefangene Doktorarbeit in der<br />

Schublade liegt – über die Passionslyrik der theologisch<br />

gebildeten Catharina Regina von Greiffenberg (1633-<br />

1694) –, liebt sie es zur Zeit besonders, mit dem kleinen<br />

Birk auf dem Boden zu sitzen und zu spielen. Dabei<br />

wünschen wir ihr viel Spaß! Und heißen sie herzlich willkommen<br />

als Pastorin in unserer <strong>Gemeinde</strong>!<br />

Monika Rulfs<br />

Neue Pastorin:<br />

Vanessa von der<br />

Lieth<br />

G e m e i n d e A l t o n a – O s t · 3


Im Zeltlager:<br />

Luna Reifenrath,<br />

Mirjam Köhler,<br />

Louisa Böcker<br />

und Nele Hugk<br />

4 . G e m e i n d e j o u r n a l<br />

A U S D E R G E M E I N D E<br />

Mirjam Köhler<br />

Weg ist sie<br />

Es war ja eigentlich klar – Jugendarbeit lässt sich<br />

schwer ein gesamtes Arbeitsleben engagiert gestalten.<br />

Und so hätten wir uns alle auf den Abschied unserer<br />

schon über 40-jährigen Diakonin einstellen müssen,<br />

aber dann kam er doch überraschend und wurde tränenreich.<br />

Auf beiden Seiten.<br />

Was Wunder, schließlich verkörperte Mirjam (übrigens<br />

nicht: Miriam, wie viele beharrlich sagen) unsere<br />

<strong>Gemeinde</strong>. Natürlich zum großen Teil die Friedens -<br />

kirche, bei der sie im November 1997 eingestellt wurde,<br />

aber eben auch Altona-Ost. Ich kenne kaum einen<br />

Menschen, der so entschieden für die Belange des großen<br />

Ganzen eintritt, wie sie es getan hat. Was der<br />

<strong>Gemeinde</strong> gut getan hat, war für Mirjam gut, selbst wenn<br />

es sich gegen die eigenen Interessen oder die<br />

Jugendarbeit richtete. Ich erinnere mich zwar auch an<br />

Tränen über manche Entscheidungen – zum Beispiel als<br />

in der Jugendarbeit nach der Reduktion bei der Fusion<br />

erneut eine Stelle gestrichen werden musste – und auch<br />

an Zorn. Aber das betraf nie die eigenen Interessen, sondern<br />

bezog sich ausschließlich auf das, was sie für egoistische<br />

Argumente hielt, den fehlenden Blick für das<br />

<strong>Gemeinde</strong>wohl oder Rücksichtslosigkeit. Das konnte sie<br />

schlecht aushalten. Nachtragend? Ich glaube, sie kennt<br />

noch nicht einmal das Wort.<br />

Mit Humor hingegen konnte sie viel anfangen, und da<br />

war sie auch nie zimperlich, selbst wenn er mal etwas<br />

spitzer ausfiel und sie betraf. Pfiffig und geistreich – das<br />

fällt mir zu ihr ein. Wenn Debatten mal etwas verhärtet<br />

waren, konnte sie mit einer kleinen Bemerkung für<br />

Entspannung sorgen und dem Gespräch eine neue<br />

Wendung geben. Jeder spürte sofort: Diese Frau ruht in<br />

sich und weiß sich von Gott getragen. Ich glaube, deswegen<br />

konnte sie zu sich selbst auf Distanz gehen und<br />

über sich selbst lachen – herzhaft und ungezwungen.<br />

Das war übrigens nicht immer so. Kurz nachdem ich in<br />

der <strong>Gemeinde</strong> anfing – Mirjam war schon ein halbes Jahr<br />

da –, verließ der erfahrene Diakon Michael Padel unsere


A U S D E R G E M E I N D E<br />

<strong>Gemeinde</strong>. Da war Mirjam plötzlich alleine für die<br />

Kinder- und Jugendarbeit zuständig. Und reichlich verunsichert.<br />

Resigniert? Das Wort kennt sie auch nicht. Mit<br />

Beratung, Supervision und Zusammenarbeit mit dem<br />

Jugendpfarramt im Kirchenkreis hat sie sich allmählich<br />

zu der entwickelt, die sie dann war. Sie hatte einfach ein<br />

gutes Timing. Erst wenn sie innerlich gerüstet war, hat sie<br />

sich einer neuen Aufgabe gewidmet, und diese dann mit<br />

viel Herz und Verstand erledigt – seien es Kinderbibel -<br />

wochen, Jugendfreizeiten, Brunnifest oder die unvergessene<br />

Verkörperung des Enkels des Architekten unserer<br />

Kirchen, Johannes Otzen, bei einem Fest zu einen Ehren,<br />

auf dem sie dann – wegen der schlechten Zähne des alten<br />

Mannes – nur Wurst ohne Pelle aß. Den ganzen Abend<br />

über.<br />

Auf Konfirmandenfreizeiten konnte sie auch mal richtig<br />

streng werden. Ja, das stimmt! Aber gleichzeitig hatte<br />

sie den Schalk im Nacken sitzen. Als die Jugendlichen<br />

partout nicht schlafen wollten, hat sie den Spieß einfach<br />

umgedreht und sie ihrerseits vom Schlafen abgehalten.<br />

Wenn die Konfirmanden nachts über den Flur schlichen,<br />

sind wir als geschminkte Geister laut schreiend aus einer<br />

Ecke hervorgesprungen. Oder wir haben an die<br />

Zimmertüren Backbleche gelehnt, die dann beim Öffnen<br />

natürlich scheppernd zu Boden fielen. Da waren dann<br />

auch die wenigen Braven wach.<br />

Jugendliche haben sie geliebt. Nicht nur die. Es kann<br />

sein, dass die Nachfolgerin noch eine Weile damit leben<br />

muss, Mirjam gerufen zu werden. Das ist nicht leicht,<br />

aber damit muss sie leben. Schließlich hat diese wunderbare<br />

Person nicht nur Generationen von Kindern und<br />

Jugendlichen geprägt, sondern auch die Erwachsenen im<br />

Kirchenvorstand und darüber hinaus.<br />

Und wir alle müssen damit leben, dass wir ständig und<br />

beharrlich gefragt werden, ob es denn in diesem Jahr<br />

wieder das wunderbare alternative Krippenspiel geben<br />

wird. So ist das, wenn eine prägende Frau unsere<br />

<strong>Gemeinde</strong> verlässt. Jetzt können all die Menschen sie<br />

genießen, die sich zum freiwilligen sozialen Jahr melden.<br />

Oder die Mütter auf den Spielplätzen, wo sie zusammen<br />

mit Nadine ihrem Sohn beim Schaukeln zusehen wird.<br />

Möge Gott sie behüten auf allen Wegen, die sie einschlagen<br />

wird. Abschiedsschmerz? Das kennt sie. Wir auch.<br />

Friedrich Brandi<br />

Mirjam Köhler<br />

bereicherte 14<br />

Jahre lang<br />

unsere<br />

<strong>Gemeinde</strong> mit<br />

ihrem Humor<br />

G e m e i n d e A l t o n a – O s t · 5


Anna<br />

Lüdemann<br />

engagiert sich<br />

schon seit ihrer<br />

Konfirmation in<br />

der kirchlichen<br />

Jugendarbeit<br />

6 . G e m e i n d e j o u r n a l<br />

V O R G E S T E L L T<br />

Neue Diakonin<br />

Anna Lüdemann<br />

Unsere neue Diakonin ist an den Start gegangen. Anna<br />

Lüdemann ist 27 Jahre alt und stammt aus dem<br />

Dörfchen Wensebrock bei Rotenburg/Wümme.<br />

Nach ihrer Konfirmation machte sie ehrenamtliche<br />

Konfirmandenarbeit. Sie wurde Mitglied im Kirchenkonvent<br />

erst ihrer <strong>Gemeinde</strong>, dann des Kirchenkreises<br />

und schließlich des Sprengels Stade. Anschließend<br />

gehörte sie dem Vorstand der Jugendkammer der Landeskirche<br />

Hannover an.<br />

Nach Realschulabschluss und Abitur überlegte Anna<br />

Lüdemann, Sonderpädagogik zu studieren. Darauf<br />

bereitete sie sich mit einem Praktikum an der Werner-<br />

Dicke-Schule für Körperbehinderte in Hannover vor.<br />

Dann änderte sie ihren Berufswunsch in Diakonin und<br />

bewarb sich um einen Studienplatz an der Fach -<br />

hochschule Hannover. Da sie nicht gleich angenommen<br />

wurde, machte sie noch ein einjähriges Praktikum im<br />

Kirchenkreis-Jugenddienst von Osterholz-Scharm beck –<br />

mit Gruppenleitung, Projektarbeit und Freizeiten. Es<br />

folgte das Studium: sechs Semester Religionspädagogik<br />

und drei Semester Soziale Arbeit. Beides schloss sie mit<br />

dem Bachelor ab. Ihr Berufsanerkennungsjahr absolvierte<br />

sie im Kirchenkreis-Jugenddienst in Hittfeld.<br />

Schon vorher war sie Hamburg näher gekommen. Im<br />

Seemannsclub Duckdalben in Finkenwerder machte sie<br />

ein religionspädagogisches Praktikum, redete und sang<br />

mit den Seeleuten, spielte mit ihnen Spiele, verkaufte<br />

notwendige Dinge wie Zahncreme und besuchte mit<br />

einem Seemannsdiakon auch die Schiffe. Diese liegen im<br />

Container-Zeitalter nur so kurz im Hafen, dass den Seeleuten<br />

keine Zeit für einen Stadtgang bleibt. Ihr zweites<br />

Praktikum, zum Studiengang Soziale Arbeit, führte<br />

Anna Lüdemann ins Jesuscenter im Schanzen viertel, wo<br />

ihr der ganz unterschiedliche Umgang Wohnungsloser<br />

mit ihrer Situation auffiel. Während des Studiums leitete<br />

sie weiter die Zeltlager ihres Sprengels, die in Offendorf<br />

an der Lübecker Bucht stattfanden. Dieser Ort und die<br />

Menschen, mit denen sie zu tun hatte, waren fünfzehn<br />

Jahre lang ein Kontinuum, das ihr Heimatgefühl gab.<br />

„Ich weiß, ich trete in große Fußstapfen“, sagt Anna<br />

Lüdemann im Hinblick auf unsere bisherige Diakonin<br />

Mirjam Köhler. „Aber ich freue mich schon darauf, die<br />

<strong>Gemeinde</strong> kennen zu lernen – und eigene Abdrücke zu<br />

hinterlassen!“<br />

Karin Zickendraht<br />

„Domprediger“<br />

Immer mal wieder denkt mein Pastorenkopf: „Das<br />

habe ich ja noch nie erlebt.“ Zum Beispiel die Einzelkonfirmation<br />

eines 17-Jährigen in Bruchhausen-Vilsen<br />

(wo das Wasser Vilsa herkommt).<br />

Alex ist Sprössling einer Schaustellerfamilie, die in<br />

den Monaten Januar bis März in ihrem großen Haus<br />

nahe Bremen lebt, meistens aber im Wohnwagen. Und<br />

weil sie dann von Jahrmarkt zu Jahrmarkt ziehen, hat<br />

Alex natürlich weder Zeit zum regelmäßigen Konfir -<br />

mandenunterricht noch für die Konfirmation um Ostern


A U S D E R G E M E I N D E<br />

herum. Der Kompaktunterricht lag schon einige Jahre<br />

zurück, aber erst jetzt suchte die Familie nach der<br />

Pastorin, die damals das Wochenende mit den<br />

Schaustellerkindern geleitet hatte. Der Vater erfährt bei<br />

der <strong>Ev</strong>angelischen Kirche in Deutschland, dass die Stelle<br />

aus finanziellen Gründen inzwischen gestrichen wurde,<br />

aber in Hamburg gebe es jemanden, der für die<br />

Schausteller zuständig sei.<br />

Seit knapp zwei Jahren habe ich den pastoralen<br />

Dienst für den Hamburger Dom übernommen. Um mich<br />

bei meiner „neuen <strong>Gemeinde</strong>“ bekannt zu machen, wollte<br />

ich gleich einen sehr ungewöhnlichen Gottesdienst<br />

anbieten: Am ersten Sonntag nach der Eröffnung um<br />

23.30 Uhr im Bierzelt „Zum Hanseaten“. Natürlich war<br />

ich aufgeregt, als ich wie ein Versicherungsvertreter von<br />

Zuckerwatte zu Karrussell tingelte und für dieses eigentümliche<br />

Unterfangen geworben habe. Umso größer<br />

meine Überraschung, dass ich nahezu überall mit offenen<br />

Armen empfangen wurde. „Schön, dass Sie für uns<br />

da sind.“ „Tolle Idee, den Gottesdienst erst eine Stunde<br />

nach unserem Betriebsschluss anzubieten.“ „Ich komme<br />

bestimmt.“ Klar, es gab auch viele, die meinen Zettel<br />

freundlich entgegen genommen und gleich in den Abfall<br />

gelegt haben, aber beim ersten Gottesdienst dieser Art<br />

sind immerhin etwas mehr als 30 Frauen und Männer<br />

erschienen. Und diese entschuldigten sich sogar, dass der<br />

Besuch so schlecht sei. „Wenn Ihr wüsstet...“, habe ich<br />

vor mich hingemurmelt und dabei an so manchen<br />

Gottesdienst in der Friedens- oder St. Johanniskirche<br />

gedacht. Bei den letzten beiden Dom-Gottesdiensten<br />

waren wir schon gut 50 Menschen. Singen wollten sie<br />

zuerst nicht, aber da gibt es bei mir kein Pardon. Und<br />

siehe da – sie singen.<br />

Inzwischen habe ich sogar eine Konfirmandengruppe<br />

von zehn Jugendlichen, die sehr aufgeweckt und neugierig,<br />

aber manchmal auch zappelig und unkonzentriert<br />

sind – wie das in diesem Alter so ist. Kurz vor<br />

Weihnachten erschien nur die Hälfte, weil die anderen<br />

sich um die Stände auf den Weihnachtsmärkten meistens<br />

allein verantwortlich kümmern mussten.<br />

Die Konfirmationen werden im Laufe dieses Jahres<br />

und 2013 stattfinden. 1. weil sie sich alle gegenseitig einladen<br />

wollen/müssen (sicher werde ich dann auch Alex<br />

wiedersehen) und 2. weil sich eine Familienfeier in den<br />

Terminplan von Schaustellern nur schwer integrieren<br />

lässt, schon gar nicht am Wochenende.<br />

Nun bin ich gespannt, was mich noch erwartet. Ich<br />

freue mich schon auf eine Hochzeit im Autoscooter oder<br />

eine Taufe beim Entenangeln. Was ich schon jetzt mitbekommen<br />

habe: Feiern können die.<br />

Friedrich Brandi<br />

Friedrich Brandi<br />

erzählt von<br />

seiner Tätigkeit<br />

als Pastor auf<br />

dem Dom<br />

G e m e i n d e A l t o n a – O s t · 7


Hans-Christoph<br />

Hartmann<br />

leitet die neue<br />

Big Band<br />

8 . G e m e i n d e j o u r n a l<br />

A U S D E R G E M E I N D E<br />

Mit Partitur und Leidenschaft<br />

durch Big-Band-Welten<br />

Heilig’s Blechle<br />

Seit September 2011 hat eine Big Band in der Friedenskirche<br />

Altona ihr Zuhause gefunden – und damit einen<br />

Platz zum Wachsen und Gedeihen. Jeden Dienstagabend<br />

treffen sich dort Saxofone, Trompeten, Bass,<br />

Klavier, Gitarre und Schlagzeug unter der Leitung von<br />

„Käpt’n“ Hans-Christoph Hartmann.<br />

Mit viel Geduld und jeder Menge Übersicht manövriert<br />

er das „Big-Band-Schiff“ durch die unendlichen<br />

Weiten der Jazz-Weltmeere. Manchmal swingt die Band<br />

in bester Tradition wie bei Count Basie und Duke<br />

Ellington, frei nach dem Motto „It Don‘t Mean A Thing<br />

If It Ain’t Got That Swing“ – auch wenn das nicht immer<br />

ganz einfach ist im norddeutschen Tiefland, weit entfernt<br />

von den verrauchten Clubs in Harlem. Aber Swing und<br />

Leichtigkeit setzen sich zum Glück immer wieder durch.<br />

Manchmal steht die Musik auch unter der Sonne<br />

Mittelamerikas: Latin Beats animieren zum Tanzen oder<br />

Relaxen, je nachdem, welches Tempo und Feeling gerade<br />

angesagt ist. „Mas Que Nada“, „Children Of Sanchez“<br />

oder „A Night in Tunesia“ sind nur einige der Ankerplätze.<br />

Wohin die musikalische Reise letztendlich führt,<br />

bestimmen die Bandmitglieder gemeinsam.<br />

Nicht immer klappt alles sofort. Aber Dank der umsichtigen<br />

Führung auf der Kommandobrücke hat die Big<br />

Band bis jetzt jede Untiefe gemeistert – auch wenn es<br />

mal etwas länger gedauert hat. „Wichtig ist der Spaß an<br />

der Musik, speziell der Big-Band-Musik“, so Hans-<br />

Christoph Hartmann. Besonders erstaunlich ist es, wie<br />

gut die Band als Gruppe in ihrer kurzen Bandgeschichte<br />

zusammengewachsen ist. Viele kommen aus dem Viertel.<br />

Einige nehmen aber auch jede Woche die weite Anreise<br />

aus Norderstedt oder Pinneberg in Kauf. „Es lohnt sich<br />

einfach“, so die einhellige Meinung.<br />

Angefangen hat alles mit der Big Band der Wichernschule,<br />

die unter anderem beim Brunnifest gespielt hat.<br />

Nachdem Hans-Christoph Hartmann die Leitung abgegeben<br />

hat, entstand der Wunsch bei einigen Ehemaligen<br />

weiter zusammenzuarbeiten. Sie haben zunächst im<br />

Wohnprojekt „Strese 100“ eine Möglichkeit zum Proben<br />

gefunden. Aber so eine Big Band kann wahrlich laut sein<br />

und braucht jede Menge Platz. Mit dem Umzug in die<br />

Friedenskirche kam auch die Chance zum Wachsen. Wer<br />

Lust und Zeit hat mitzuspielen, ist jederzeit willkommen<br />

– vor allem das Blech ist heißbegehrt und umgarnt.<br />

Wichtig sind lediglich Notenkenntnisse.<br />

Claudia Schober, Big-Band-Mitglied<br />

Proben: jeden Dienstag 19.15 bis 21.30 Uhr<br />

Kontakt: Hans-Christoph Hartmann<br />

info@audio-obscura.de, mobil: 0170 333 26 40


A U S D E R G E M E I N D E<br />

Abschied<br />

von Antje Stroebel<br />

Das vergangene Jahr ist auch ein Jahr der personellen<br />

Veränderungen gewesen. So haben wir im Dezember<br />

des vergangen Jahres Antje Stroebel im Rahmen eines<br />

Gottesdienstes von ihren Pflichten entbunden und in<br />

den Ruhestand verabschiedet.<br />

Von ihren vielen Dienstjahren hat sie die meisten in<br />

der damaligen Christophoruskirche (inzwischen Kirche<br />

der Stille) als <strong>Gemeinde</strong>sekretärin gearbeitet. In diese<br />

Zeit fällt auch ihr Engagement in der Mitarbeitervertretung<br />

(MAV).<br />

Im Zuge der Fusion zur <strong>Kirchengemeinde</strong> Altona-Ost<br />

hat Antje Stroebel einige Veränderungen erlebt: Ihr Arbeitsplatz<br />

verlagerte sich in das <strong>Gemeinde</strong>büro bei der<br />

Johanniskirche, aus einem vorgesetzten Pastoren war ein<br />

ganzes Pastorenteam geworden, und auch sie selbst fand<br />

sich nun der Herausforderung gegenüber gestellt, in<br />

einem relativ großen Team ihren Ort zu finden und sich<br />

in vielen Dingen umstellen zu müssen. Doch mit Britta<br />

Nöbbe hat die Chemie schnell gestimmt. Wir danken<br />

Antje Stroebel für die geleistete Arbeit und wünschen<br />

ihr für den Ruhestand alles Gute!<br />

Nils Kiesbye<br />

A M T S H A N D L U N G E N<br />

Antje Stroebel<br />

geht in den<br />

Ruhestand<br />

Taufen, Trauungen, Bestattungen<br />

Getauft wurden:<br />

Franka Nele Josefina Kollmannsperger, Sarah Ralfs, Nana<br />

Mesterheide, Richard Ben Johann Lindenkamp, Giano- Felix Rubald,<br />

Edda Maack, Minna Maack, Arthur Franz Frederik Lindenkamp,<br />

Jeremia John Miles Mohr, Theda Johanna Dreier, Caspar Paul von<br />

Festenberg- Pakisch, Elias Baesel, Leah Lucia Knapp, Thore Terglane,<br />

Talea Terglane, Katharina Klara Kröpke, Brian Goldenbaum<br />

Rodrigues, Carla Antonia Poneß, Naoma Clara Gudrun Marion Dies,<br />

Willem Grundei, Maya- Tamara Franzius, Hannah Sophie Schmuck,<br />

Thea Johanna Mortensen, Amelie Helene Husen, Feline Antonia<br />

Hinz, Zoe Augsburg, Joelle Cleo Pruss, Paul Emanuele Röse, Johan<br />

Michel Anders Gerwin Falk<br />

Getraut wurden:<br />

Felix Paul und Parisa Paul geb. Mansourian Fard,<br />

Daniel Oliver Kinat und Sua Kinat geb. Kim,<br />

Ralf Augsburg und Britta Christina Augsburg geb. Werner,<br />

Kyrill Heinz und Ella Heinz geb. Tulina,<br />

Rene Reinhold Svend Peter Bethke geb. Kehrls und<br />

Janina Anna Bethke<br />

Bestattet wurden:<br />

Hedwig Margarete Ingeborg Schmidt geb. Grebe, Käthe Luzie<br />

Bollmann geb. Nippold, Manfred Züll, Paul Hermann Cremer-<br />

Andresen, Hans Otto Freudenberg, Heinz Hermann Eggers, Monika<br />

Doris Wegener, Ute Ursula Celenci geb. Erstling, Helma Edith Ilse<br />

Witt geb. Kießling, Gerda Hedwig Edith Liebentraut geb. Borchmann,<br />

Lisa Warnke geb. Tiedemann, Elli Käthe Griebel geb. Heinze, Jürgen<br />

John, Irma Marie Humpf geb. Bruhn, Walter Jakob Becker,<br />

Ingrid Käthe Prestin geb. Jentzen,Roman Oskar Preher,<br />

Anneliese Elfriede Frey geb. Peleikis<br />

G e m e i n d e A l t o n a – O s t · 9


Die Kirche ist<br />

geöffnet:<br />

Trixi Dora<br />

an der Tür der<br />

Kirche der Stille<br />

10 . G e m e i n d e j o u r n a l<br />

V O R G E S T E L L T<br />

Trixi Dora arbeitet für die Kirche der Stille<br />

„Hüterin der Hüter“<br />

Beatrix Ribbert-Dora, kurz Trixi Dora, lebt mit Mann<br />

und der jüngeren von zwei Töchtern in der Helenenstraße,<br />

wenige Meter von der Christophoruskirche entfernt.<br />

„Früher war die Tür der Kirche, bis auf den<br />

10-Uhr-Sonntagsgottesdienst, eigentlich immer zu“,<br />

sagt sie. „Die Kirche gab es quasi für mich nicht!“ Ihre<br />

Kinder wurden von Irmgard Nauck in der Johanniskirche<br />

konfirmiert. Als 2009 neues Leben in die<br />

Christophoruskirche kam und sie zur Kirche der Stille<br />

umgebaut wurde, war sie gleich davon angetan. „Der<br />

Raum ist so, wie ich ihn selbst gestaltet hätte. Das Konzept<br />

finde ich großartig! Ich bin dankbar, dass ich so einen offenen,<br />

religiösen Ort in meiner unmittelbaren Umgebung<br />

habe entstehen sehen.“<br />

Trixi Dora, 50, hat die vergangenen elf Jahre als Altenpflegerin<br />

im Augustinum an der Elbe gearbeitet.<br />

Früher ehrenamtlich aktiv im Elternrat und als Sterbebegleiterin,<br />

wurde sie 2009 Kirchenhüterin. Seit Juli 2010<br />

ist sie Küsterin in der Kirche der Stille.<br />

Die Kirche der Stille ist für Trixi Dora „eine offene<br />

Kirche, in der jeder zu sich oder zu Gott kommen kann.<br />

Auch ist sie ein Raum der Stille für alle, die nicht der<br />

Kirche angehören.“ Sie erzählt dazu eine kleine<br />

Geschichte: „Am Anfang kam eine kleine sehr alte<br />

Dame herein. Sie sagte mir, sie sei 90 Jahre alt, ehemalige<br />

<strong>Journal</strong>istin und von Natur aus neugierig. Sie hatte<br />

keine Zähne mehr und sprach etwas verhalten: ‚Ich sag<br />

Ihnen jetzt mal was, das wird Ihnen nicht gefallen! Ich<br />

bin aus der Kirche ausgetreten.’ Ich sagte zu ihr: ‚Das<br />

macht mir gar nichts – gehen Sie einfach hinein und nehmen<br />

Sie, was der Raum Ihnen gibt!’ Sie freute sich und<br />

kam wieder.“<br />

In der Kirche der Stille hat Trixi Dora hauptsächlich<br />

drei Aufgaben. Sie organisiert die Offene Kirche, kümmert<br />

sich um den Blumenschmuck und begleitet Gottesdienste<br />

und Veranstaltungen.<br />

Die Offene Kirche: Im <strong>Frühjahr</strong> <strong>2012</strong> sind es<br />

30 Frauen und drei Männer, die im Zwei-Stunden-


V O R G E S T E L L T<br />

Rhythmus die Kirche der Stille hüten. Sie tragen sich ein<br />

in Hütelisten; viele kommen regelmäßig ein- bis viermal<br />

im Monat, andere werden angerufen und springen spontan<br />

ein, etwa, wenn jemand krank ist. Zweimal jährlich<br />

gibt es ein gemeinsames Treffen. „Das Hüter/innen-<br />

Team besteht aus Jüngeren und Älteren, Frauen und<br />

Männern aus der Umgebung, in Rente oder Berufstätige,<br />

die hier für sich Stille finden, aber auch Menschen aus<br />

Barmbek, Hamm, Bahrenfeld, Blankenese und sogar aus<br />

Bad Segeberg. Nur durch sie ist die ‚Offene Kirche’ möglich.“<br />

Während ich mit Trixi in einem Café in der Nähe<br />

sitze und rede, kommen zufällig zwei von ihnen herein.<br />

Jetzt verstehe ich, warum Trixi „die Hüterin der Hüter“<br />

genannt wird. Sie lacht, redet, fragt interessiert...<br />

Der Blumenschmuck: Trixi sorgt für Blumen und frisches<br />

Grün. Häufig nutzt sie Blumen und Zweige, die sie<br />

im Kirchgarten, ihrem eigenen oder dem von Freunden<br />

findet. Manchmal kauft sie was oder schneidet einen<br />

Zweig an der Elbe. „Ich gestalte die Sträuße immer der<br />

Jahreszeit entsprechend. Sie sind mir eine Herzensangelegenheit.<br />

Sie verbinden für mich Innen und Außen.“ Sie<br />

erzählt, dass sie eigentlich vom Land kommt und die<br />

Stille früher vor allem dort, in der Natur, fand.<br />

Das Begleiten von Gottesdiensten und Veranstaltungen:<br />

Trixi ist mitverantwortlich für das ganze Drumherum<br />

– Auf- und Abbau, Kasse, Begrüßung der Besucher,<br />

Begleitung der Meditationsgottesdienste, der<br />

Vorträge und Konzerte.<br />

Die Kirchenhüter notieren die Besucherzahlen. Pro<br />

Woche, so Trixi, nutzen rund 50 Menschen die Offene<br />

Kirche. Die meisten bleiben 10 bis 60 Minuten, manche<br />

auch länger. Fast zwei Drittel sind Männer – entgegen<br />

der ursprünglichen Vermutung, die Kirche könne zu<br />

einer „Frauenkirche“ werden. Zu den zwölf heiligen<br />

Nächten um den Jahreswechsel 2010/11 kamen jeden<br />

Abend 20 bis 30 Menschen in die Kirche. Ein Jahr später,<br />

2011/12, waren es pro Abend 60 bis 75. Im Jahr 2010 gab<br />

es einen Weihnachtsgottesdienst mit 160 Besuchern; zu<br />

den zwei Weihnachtsgottesdiensten 2011 kamen zusammen<br />

280 Menschen. Die Zahl derer, die sich Silvester<br />

persönlich segnen lassen, hat sich im Vergleich zum<br />

Vorjahr verdreifacht. Der Kontakt zum benachbarten –<br />

nicht religiösen – Hospiz ist eng. Besucher kommen, um<br />

sich auf einen Besuch vorzubereiten, sich zu sammeln, zu<br />

erholen oder zu trauern. Schon manche Trauerfeier fand<br />

in der ehemaligen Helenenkapelle statt.<br />

Auch für sich nutzt Trixi Angebote der Kirche der<br />

Stille. Einmal pro Woche die Morgenmeditation, etwa<br />

zwei Mal pro Woche die Atempause vor dem Abend. Sie<br />

praktiziert das Herzensgebet und geht zu Vorträgen,<br />

etwa von Zen- oder Sufi-Meistern. Überhaupt schätzt sie<br />

die interreligiösen Angebote: „Man bekommt Einblicke<br />

in andere Religionen und sieht, dass Vieles zusammenführt,<br />

sich Meditationswege und Stille verbinden.“ Trixi<br />

beobachtet, dass die Kirche Menschen anzieht, die sich in<br />

anderen spirituellen Strukturen bewegen oder bewegt<br />

haben und sich nun wieder an ihre christlichen Wurzeln<br />

erinnern. „Menschen finden hier eine Heimat, gerade<br />

auch am Heiligabend. Sie kommen mit strahlenden<br />

Augen aus dem Gottesdienst und sagen, ‚Ich habe jetzt<br />

meine Kirche gefunden!’ Das ist für mich eine Freude!“<br />

Monika Rulfs<br />

Monika Rulfs<br />

hat sich mit<br />

Trixi Dora<br />

unterhalten<br />

G e m e i n d e A l t o n a – O s t · 11


Nina Feltz hat<br />

sich mit Britta<br />

Nöbbe zu einem<br />

Gespräch<br />

getroffen<br />

12 . G e m e i n d e j o u r n a l<br />

V O R G E S T E L L T<br />

Im Portrait: Britta Regina Nöbbe<br />

„Eine<br />

<strong>Kirchengemeinde</strong><br />

muss professionell<br />

funktionieren“<br />

„Ich bin ein Urgestein, ich kenne die <strong>Gemeinde</strong> und<br />

weiß, was hier läuft.“ Sich mit jungen 49 Jahren so zu<br />

beschreiben, zeugt von einer starken Verbundenheit<br />

mit dieser <strong>Kirchengemeinde</strong>. Britta Nöbbe arbeitet hier<br />

seit 2001, zunächst in der <strong>Gemeinde</strong> St. Johannis für<br />

15 Stunden als Verwaltungskraft, heute als Ver wal -<br />

tungs leiterin der <strong>Gemeinde</strong> Altona-Ost mit zunächst<br />

20, jetzt 30 Stunden pro Woche.<br />

Die Leitung zu übernehmen und damit ein hohes Maß<br />

an Verantwortung für Personal und Geld war nicht von<br />

Anfang an geplant. Erst der Vorschlag von Pastor Nils<br />

Kiesbye und dem Vorsitzenden des Kirchenvorstands<br />

Hermann Dieter Schröder vor gut einem Jahr, sich für<br />

diese neue Rolle explizit fortzubilden, entsprach ihrem<br />

bereits vorhandenen Bauchgefühl, sich – und die<br />

<strong>Gemeinde</strong>verwaltung – weiter entwickeln zu wollen:<br />

„Durch die Fusion ergaben sich immer größere Teams.<br />

Man weiß zwar, wie die inhaltliche Arbeit geht, aber die<br />

Führung solcher Teams braucht ganz andere Fähigkeiten.“<br />

Seit März 2011 macht sie eine dreijährige berufsbegleitende<br />

Zusatzausbildung zur qualifizierten Führungskraft<br />

beim Institut für berufliche Aus- und Fortbildung<br />

(IBAF) des Diakonischen Werks. Themen wie Füh -<br />

rungsqualitäten, Qualitätsmanagement oder Team -<br />

findung stehen auf dem Stundenplan.<br />

Zu den Teams, die Britta Nöbbe leitet, gehören die<br />

Hausmeister, Küster und Raumpflegenden aller drei<br />

Kirchen und ihre unmittelbaren Mitarbeitenden im Büro<br />

Bei der Johanniskirche 16. Was ist jetzt schon anders?<br />

Die Teams arbeiten strukturierter, es wird viel kommuniziert.<br />

„Es geht immer darum, den Infofluss zu gewährleisten“,<br />

sagt sie. Regelmäßige Sitzungen und Treffen sind<br />

wichtig. Dabei ist sie sich durchaus bewusst, dass es nicht


V O R G E S T E L L T<br />

leicht ist, wenn eine Mitarbeiterin plötzlich auf eine<br />

andere Ebene wechselt. Aber es klappt offensichtlich<br />

gut. Locker geht es zu in den Räumen, viel Humor und<br />

eine gute Atmosphäre bestimmen den Arbeitsalltag.<br />

Die Verwaltung einer <strong>Gemeinde</strong> ist herausfordernd.<br />

Sie ist Knotenpunkt und Anlaufpunkt für <strong>Gemeinde</strong>mitglieder,<br />

aber auch für Ehrenamtliche und alle Mitarbeitenden.<br />

„Alle kommen hier an, das ist das<br />

Spannende“, sagt Britta Nöbbe und blickt von ihrem<br />

Schreibtisch aus direkt auf den Kirchgarten.<br />

Für sie ist die <strong>Gemeinde</strong> ein Stück Heimat. Aufgewachsen<br />

am Paulsenplatz, wohnt sie seit 47 Jahren<br />

noch immer da, fest verwurzelt mit Kindern und Eltern<br />

im gleichen Haus, mitten im Viertel, mitten im Leben. Sie<br />

ist mit ihrem Mann seit 25 Jahren verheiratet, getraut<br />

vom damaligen Pastor Sachse. Nach dem Abitur hat sie<br />

sich zur Versicherungskauffrau ausbilden lassen und<br />

gearbeitet. Ihre drei Kinder (15, 21 und 24 Jahre alt)<br />

haben ebenfalls einen Bezug zur <strong>Gemeinde</strong>, sind alle<br />

hier konfirmiert und kommen auch zu <strong>Gemeinde</strong>events.<br />

Das Brunnifest und der Bücherbasar sind ihre jährlichen<br />

Highlights. Außerdem genießt sie Hamburgs Kultur,<br />

Theater, Kunstausstellungen, Tanzgelegenheiten, und sie<br />

mag gerne andere Sprachen hören und lernen. All das<br />

passt zu einer, die sich und die <strong>Gemeinde</strong>arbeit stetig<br />

verbessern möchte. „Ich bin perfektionistisch, was meinen<br />

Beruf angeht. Unsere <strong>Kirchengemeinde</strong> muss professionell<br />

funktionieren. Wenn das nicht gegeben ist,<br />

werde ich unzufrieden.“<br />

Nina Feltz<br />

Seniorenheime<br />

In drei Pflegeheimen in unserer <strong>Gemeinde</strong> sind alte<br />

Menschen gut aufgehoben, auch wenn Kräfte und Sinne<br />

schwinden sollten. Pastorin Annette Reimers-Avenarius<br />

und die Pastoren Friedrich Brandi und Nils Kiesbye<br />

stellen die Heime vor, die sie regelmäßig besuchen.<br />

Pflegen und Wohnen Altona – Nils Kiesbye<br />

Dieses Seniorenheim liegt zwischen Friedens- und<br />

St. Johanniskirche etwas versteckt auf einem schönen<br />

Gelände in der Thadenstraße – eine kleine Oase mitten<br />

in der Großstadt. Nach einigen Wechseln in der Leitung<br />

konnte dieses Haus weiter an Profil gewinnen: Nachdem<br />

Dr. Wilhelm die besondere Lage am Rande zu St. Pauli<br />

stärker fruchtbar werden ließ und als besonderes<br />

Markenzeichen in den Vordergrund gestellt hatte, führt<br />

nun seit Ende des letzten Jahres Heiner Westphely die<br />

Geschäfte – ein erprobter Mann, der zuvor viele Jahre in<br />

Wilhelmsburg ein Haus geleitet hat. Er hat sich vorgenommen,<br />

den Demenzbereich weiter auszubauen und zu<br />

stärken. Unserem kirchlichen Engagement gegenüber<br />

sind die Mitarbeitenden größtenteils sehr aufgeschlossen.<br />

Monatlich feiern wir gemeinsam eine Andacht, demnächst<br />

wollen wir einen Nachmittag der Begegnung von<br />

Konfirmanden und Senioren organisieren. Natürlich ist<br />

Pflegen und Wohnen auch bei unserem jährlich stattfindenden<br />

Demenzgottesdienst mit von der Partie. Schön<br />

finde ich, dass dies ein Haus für die Menschen aus dem<br />

Stadtteil ist. Auch Menschen mit wenig Geld finden hier<br />

im Alter ein Zuhause.<br />

Pflegen und<br />

Wohnen Altona:<br />

Thadenstraße 118 a<br />

22767 Hamburg<br />

Tel. 2022 2023<br />

Fax 2022 2020<br />

altona@pflegenundwohnen.de<br />

www.pflegenund<br />

wohnen.de/altona<br />

G e m e i n d e A l t o n a – O s t · 13


Ansicht des<br />

Stadtdomizils<br />

von der<br />

Stresemannstraße<br />

aus. Stadtdomizil:<br />

Lippmannstraße 19<br />

22769 Hamburg<br />

Tel. 43 28 10<br />

Fax 43 28 15 99<br />

info@caritashamburg-gmbh.dewww.stadtdomizil.com<br />

Caritas-Haus<br />

St. Theresien,<br />

Altenpflegeheim:<br />

Dohrnweg 8<br />

22767 Hamburg<br />

Tel. 431 38 10<br />

Fax 431 38 18 00<br />

info@caritashamburg-gmbh.dewww.caritashamburg-gmbH.de<br />

14 . G e m e i n d e j o u r n a l<br />

A U S D E R G E M E I N D E<br />

Stadtdomizil – Friedrich Brandi<br />

Ein wunderbarer Wohnort für alte Menschen. Nicht<br />

versteckt und unerreichbar im Grünen, sondern mitten<br />

in der Stadt. Der Weg zum belebten Schulterblatt ist<br />

kurz, im Café Stenzel kann man einkehren, und wer<br />

unbedingt Krawall möchte, kann sich am 1. Mai ans<br />

Fenster setzen und zuschauen, wie die Polizei aus der<br />

Revierwache 16 gegen die Demonstranten im<br />

Schanzenviertel ausrückt.<br />

Das Haus gehört neben sieben weiteren Häusern in<br />

Hamburg zur Frank Wagner Holding und wird von<br />

Sabine Riediger und Holger Carstensen geleitet. Meine<br />

Ansprechpartnerinnen sind Monja Schacht und Ann<br />

Seefeld, die auch Veranstaltungen zur Hospizwoche<br />

zusammen mit mir durchgeführt haben. Schon seit einigen<br />

Jahren halte ich dort jeden Monat und an allen<br />

kirchlichen Feiertagen Gottesdienste, die sehr liebevoll<br />

und fürsorglich von den Mitarbeiterinnen vorbereitet<br />

werden. Und ebenso liebevoll und engagiert werden die<br />

Bewohner, die es alleine nicht mehr in den Saal schaffen,<br />

aus den sechs Etagen zum Gottesdienst gebracht. Ich<br />

vermute, wenn ich mir mal beide Beine brechen sollte,<br />

dann holen sie auch mich ab. Natürlich ist es hin und wieder<br />

unruhig, aber das gehört zum Charme dieser<br />

Gottesdienste. Besonders anrührend finde ich es immer,<br />

wenn Pfleger oder Pflegerin neben einer Bewohnerin sitzen,<br />

fürsorglich die Hand halten und beruhigend leise<br />

auf sie einreden. Dann stelle ich mir vor: So könnte Gott<br />

auch trösten.<br />

Haus St. Theresien – Annette Reimers-Avenarius<br />

Einladend ist dieses Haus. Es liegt mitten in Altona,<br />

zentral und ruhig, direkt am Paulsenplatz im Dohrnweg,<br />

neben der römisch-katholischen <strong>Kirchengemeinde</strong> und<br />

Schule St. Theresien, in Sichtweite der evangelischen<br />

Kirche St. Johannis und des Wohlers Parks. Von der wunderbaren<br />

Dachterrasse hat man einen schönen<br />

Überblick über die nähere Umgebung und durch die<br />

großen Fenster einen Blick in das Grün der Bäume des<br />

Paulsenplatzes. Es ist ruhig und lebendig, immer wieder<br />

hört man das Lachen und Spielen der Kinder der Schule<br />

und des beliebten Spielplatzes.<br />

2002 ist der Neubau des 1940 gegründeten Hauses<br />

entstanden – dieses Jahr wird also 10-jähriges Jubiläum<br />

gefeiert. Getragen wird das Haus von der Caritas, geleitet<br />

von Renate Engelmann (Betriebsleiterin) und Ingrid<br />

Kieninger (Pflegedienstleitung). Die 80 Bewohner und<br />

Bewohnerinnen leben in vier Wohngruppen, alles ist sehr<br />

familiär mit genügend Freiraum, sich auch zurückzuziehen<br />

oder eines der vielen Angebote zu nutzen. Eine<br />

Besonderheit des Hauses ist der Bewohnerchor<br />

„Spätlese“, der zweimal die Woche unter der Leitung<br />

von Hermann Klockow, einem ehemaligen Hamburger<br />

Philharmoniker, probt und den Gottesdienst in der hauseigenen<br />

Kapelle bereichert. Es gibt römisch-katholische<br />

und evangelische Gottesdienste – das Schöne daran ist,<br />

dass Protestanten und Katholiken sich gegenseitig besuchen<br />

und so die Gottesdienste gemeinsam feiern.<br />

Einladend eben.<br />

Gott segne diese Häuser, ihre Mitarbeitenden und Bewohner<br />

und Bewohnerinnen und deren Angehörige!


G L O S S E<br />

Mit Engels Zungen<br />

Nach der Apokalypse<br />

ins Transmontana<br />

Wir alle sind ein bißchen fasziniert von Katastrophen,<br />

wenn sie weit weg passieren.<br />

Fukushima, Finanzkrise, Hochzeit in Monaco, das Tattoo<br />

von Bettina Wulff, Gottschalk hört auf und, noch schlimmer,<br />

Gottschalk fängt wieder an, Griechenlands Rettung<br />

usw. Das Jahr 2011 war in dieser Hinsicht kein schlechtes.<br />

Wir hatten viel Spaß, man kann nicht meckern.<br />

Es kommt noch besser. Laut Maya-Kalender wird am<br />

21. Dezember <strong>2012</strong> die Welt planmäßig beendet. Das<br />

Armageddon, das Letzte Gericht, die Mutter aller Katastrophen.<br />

Die in regelmäßigen Abständen immer wieder<br />

angekündigte und dann doch wieder verschobene Apokalypse.<br />

Endlich kommt sie, wenn sie nicht in letzter<br />

Sekunde aus irgendwelchen fadenscheinigen Gründen<br />

vom Europaparlament wieder abgesagt wird. Zum<br />

Beispiel, weil sie gegen die europäische Salatgurkenverordnung<br />

verstößt.<br />

Was danach passiert, weißt noch keiner. Den Gerüchten<br />

zufolge plant Kanzlerin Merkel, unmittelbar nach dem<br />

Weltuntergang (also am 22. Dezember) die D-Mark<br />

wiedereinzuführen – falls Griechenland seine Schuldenund<br />

Finanzkrise bis dahin nicht bewältigt hat. Außenminister<br />

Westerwelle zeigte sich betroffen: „Wir brauchen<br />

eine diplomatische Lösung!“ In enger Abstimmung<br />

mit Russland und Nordkorea bemüht sich Westerwelle<br />

im Sicherheitsrat, dem Weltuntergang mit verschärften<br />

Sanktionen zu begegnen.<br />

Die Kindertheatergruppe zum Krippenspiel trifft sich<br />

nach dem Weltuntergang am 23. Dezember um 14 Uhr<br />

zur letzten Generalprobe. Ich habe mich mit Uwe zum<br />

Kaffee bei Transmontana verabredet. Bis dahin<br />

Dusan Deak<br />

Bücherbasar<br />

Was wäre die Welt ohne Bücher,<br />

ohne Geschichten, die unsere Phantasie<br />

anregen? Ohne die Träume, die<br />

Menschen aufgeschrieben haben?<br />

Wie schön ist es, wenn gelesene<br />

Bücher den Weg zu uns finden!<br />

Der Erlös des Bücherbasars 2011<br />

betrug nach Abzug der Kosten rund<br />

2.100 Euro. Diese gingen an MEDH,<br />

ein Menschenrechtsbüro in Buenos<br />

Aires/Argentinien, und an den Fonds<br />

für medizinische Hilfe der Flüchtlingsberatungsstelle<br />

„fluchtpunkt“.<br />

Beide danken herzlich!<br />

Bitte jetzt schon vormerken: Der<br />

nächste Bücherbasar ist am Sonntag,<br />

21. Oktober <strong>2012</strong>, 12 bis 17 Uhr, in<br />

der St. Johanniskirche. Bücherspenden<br />

sind ab dem 8. Oktober im Kirchenbüro<br />

sehr willkommen! Fragen:<br />

Friedrich Brandi, 43 00 431.<br />

Dusan Deak<br />

hofft auf den<br />

versprochenen<br />

Weltuntergang<br />

G e m e i n d e A l t o n a – O s t · 15


Beate Rump und<br />

Stefan Kröhnert<br />

arbeiten für die<br />

Kulturkirche<br />

Altona GmbH.<br />

Sie wollen<br />

Kultur und<br />

Kirche<br />

miteinander<br />

verbinden<br />

16 . G e m e i n d e j o u r n a l<br />

K U L T U R K I R C H E<br />

Die Kulturkirche Altona profiliert sich<br />

Freundlich und offen<br />

St. Johannis ist ein Ort mit zwei Seelen: Sie ist<br />

Kulturkirche Altona und <strong>Gemeinde</strong>kirche mit eigenständigem<br />

Profil. Aus finanziellen Gründen hatte der<br />

Kirchenvorstand Ende 2010 beschlossen, einen<br />

Großteil der inhaltlichen Verantwortung für die<br />

Kulturarbeit an St. Johannis abzugeben. Mit der<br />

Vermietung ist die Kulturkirche Altona GmbH bereits<br />

seit mehreren Jahren beauftragt. Seit 2011 trägt sie<br />

auch die Verantwortung für die kulturelle Gestaltung.<br />

Stefan Kröhnert und Beate Rump arbeiten für die<br />

Kulturkirche Altona. Sie erzählen von ihren<br />

Erfahrungen und warum St. Johannis aus ihrer Sicht als<br />

Kulturkirche Altona etwas Besonderes ist.<br />

„Der sehr schnelle Einstieg zum Jahreswechsel<br />

2010/2011 bedeutete für uns zunächst, dass wir sehr kurzfristig<br />

ein Programm für das erste Halbjahr zusammenstellen<br />

mussten“, berichtet Beate Rump. Innerhalb weniger<br />

Wochen wurden bestehende Künstlerkontakte<br />

genutzt und neue aufgebaut. Bekannte Künstler aus dem<br />

Bereich der Weltmusik, des Jazz und der Klassik, etwa<br />

das Quadro Nuevo, Roger Willemsen mit dem Ensemble<br />

Resonanz oder das Hamburger Konservatorium, ließen


K U L T U R K I R C H E<br />

sich für die Kulturkirche begeistern. Nicht zuletzt wurden<br />

Mike Steurenthaler und der Chor St. Johannis<br />

Altona in das Programm integriert. „Mit 37<br />

Veranstaltungen haben wir ein vielfältiges Programm auf<br />

die Beine gestellt. Wir sind sehr zufrieden, dass es so gut<br />

angenommen wurde“, resümiert Beate Rump. „Wenn<br />

die Zuschauer und die Künstler einen schönen Abend<br />

miteinander hatten und zufrieden nach Hause gehen,<br />

freuen wir uns sehr.“<br />

Stefan Kröhnert und Beate Rump wollen nicht nur<br />

Kultur in einer Kirche organisieren – ihr Ziel ist die<br />

Verbindung von Kultur und Kirche zu dem Gesamtkunstwerk<br />

„Kulturkirche“. „Wir möchten ein etwas anderes<br />

Verständnis von Kultur vermitteln, als wir es gelegentlich<br />

in der Stadt erleben. Die Kulturkirche Altona ist<br />

eben eine Kirche und soll ein Ort zum Wohlfühlen sein.<br />

Dies soll sich unserer Meinung nach im Umgang miteinander<br />

ausdrücken. Wir nehmen uns Zeit – für unsere<br />

Gäste und für unsere Künstler. Wir kümmern uns um<br />

individuelle Wünsche und sind bei persönlichen Fragen<br />

hilfsbereit. Das wird von beiden Seiten sehr geschätzt<br />

und macht viel von der Atmosphäre während der<br />

Veranstaltungen aus“, sagt Stefan Kröhnert.<br />

Der persönliche Kontakt ist beiden wichtig. Sie begrüßen<br />

die Gäste möglichst selbst am Eingang. Etwa eine<br />

Stunde vor Beginn öffnet die Kulturkirche die Portale.<br />

Die Gäste können so den Kirchraum auf sich wirken lassen,<br />

bevor sie sich einen Sitzplatz suchen. Sie können<br />

beim Catering-Service in der Kirche etwas essen oder<br />

trinken. Es herrscht eine lockere Atmosphäre, neue<br />

Bekanntschaften schließen sich leicht. „Inzwischen gibt<br />

es auch einen Kreis regelmäßiger Gäste, die die vielfältige<br />

Kultur direkt vor der Haustür schätzen. Hier zeigt sich<br />

die für den Stadtteil typische Offenheit. Die<br />

Veranstaltungen verbinden drei Aspekte: Kultur –<br />

Kirche – Altona“, so Beate Rump.<br />

Auch die Künstler schätzen die Aufmerksamkeit, mit<br />

der sie willkommen geheißen werden. „Wir bemühen<br />

uns, die Kulturkirche Altona zu einem freundlichen<br />

Auftrittsort zu machen. Ich denke, dass die Künstler dadurch<br />

gelassener in ihre Vorstellungen gehen und sich<br />

dies auf ihre Darbietung auswirkt“, sagt Stefan<br />

Kröhnert. Nach den Veranstaltungen ergäben sich nahezu<br />

natürliche Berührungspunkte zwischen Künstlern<br />

und Publikum. Die unaufdringliche Umgangsweise<br />

erleichtere dabei den Kontakt und somit entstehe neben<br />

dem kulturellen Ereignis eine beinahe kirchliche<br />

Gemeinschaft. „In diesem Sinne wünschen wir uns für<br />

die Zukunft noch mehr Kontakt zur <strong>Gemeinde</strong>. Wir hoffen,<br />

Kulturkirche und <strong>Gemeinde</strong> stärker miteinander zu<br />

verbinden.“<br />

In diesem Jahr wird die Kulturkirche Altona rund<br />

24 Veranstaltungen präsentieren, einige davon mit dem<br />

Chor St. Johannis und Mike Steurenthaler. Außerdem<br />

gibt es die Orgelkonzertreihe der <strong>Gemeinde</strong> und am<br />

ersten Sonntag des Monats um 12 Uhr kulturelle<br />

Gottesdienste. Viele Gründe also, in die Kirche zu kommen!<br />

Till Karnstädt<br />

Till Karnstädt<br />

schreibt über die<br />

Kulturkirche<br />

G e m e i n d e A l t o n a – O s t · 17


Karin<br />

Zickendraht war<br />

bei einer<br />

Chorprobe dabei<br />

Lisa Täschner<br />

leitet den neuen<br />

Kinderchor<br />

Lisa Täschner<br />

erklärt die<br />

Notenwerte<br />

anhand von<br />

Bildern<br />

18 . G e m e i n d e j o u r n a l<br />

A U S D E R G E M E I N D E<br />

Neuer Kinderchor in der <strong>Gemeinde</strong>:<br />

„Altönchen“<br />

Seit Herbst können auch unsere Jüngsten das gemeinsame<br />

Singen lernen. Der Kinderchor Altönchen probt<br />

jeden Dienstag von 17 bis 17.45 Uhr im Pastorat der<br />

Friedenskirche, Am Brunnenhof 36, und wird von Lisa<br />

Täschner geleitet. Sie studiert in Hamburg Musik und<br />

Französisch und hat bereits in ihrer Heimatstadt Peine<br />

während eines Freiwilligen Kulturellen Jahres einen<br />

Kinderchor aufgebaut.<br />

Willkommen bei Altönchen sind Kinder im<br />

Kindergarten- und Grundschulalter. Am Anfang macht<br />

Lisa mit ihnen Körperübungen: Sie spielen, sie seien ein<br />

Baum, sollen sich ihres Bauches, ihrer Schultern und des<br />

guten Standes bewusst werden, formen ihre Münder zu<br />

den verschiedenen Vokalen. Das Singen wird durch<br />

Gesten begleitet. Nach dem Prinzip der Stillen Post soll<br />

ein Kind einen Ton singen und das nächste im Kreis soll<br />

ihn genau treffen und an seine Nachbarin weitergeben.<br />

Als ich sie besuchte, probten sie Weihnachts- und<br />

Winterlieder für das Adventssingen, unter anderem das<br />

sehr schöne alte Lied „Ach bitt’rer Winter“. Wie nebenbei<br />

macht die Chorleiterin die Kleinen darauf aufmerksam,<br />

nicht quäkend, sondern „leicht wie eine Blume“ zu<br />

singen, um sie davon abzubringen, auch in hohen Lagen<br />

mit Bruststimme zu singen. „Durch zu brutales Singen in<br />

der tiefen Lage machen Kinder ihre Stimme kaputt“,<br />

erklärt sie später, „ihre natürliche Lage reicht ungefähr<br />

vom eingestrichenen bis zum zweigestrichenen f.“<br />

Lisas Ziel ist nicht nur, die Kinder in das gemeinsame<br />

Singen einzuführen, sondern ihnen auch grundlegende<br />

musikalische Kenntnisse zu vermitteln. So erklärt sie beispielsweise<br />

den Kleinen die Notenwerte anhand von<br />

Zeichnungen und durch gemeinsames Sprechen: Zu<br />

einer ganzen Note wird „Kuh“ gerufen, zu zwei halben<br />

„Kälb-chen“, zu vier Vierteln „Kälb-chen-bein-ne“, zu<br />

acht Achtelnoten „vie-le klei-ne Kälb-chen-füße“.<br />

Derzeit machen zwischen 9 und 25 Kinder im Alter<br />

von fünf bis sieben Jahren mit. Lisa Täschner wünscht<br />

sich, dass die Gruppengröße nicht derart stark variiert.<br />

Sie bedauert, dass viele Eltern unpünktlich sind und ihr<br />

Kind nur unregelmäßig bringen. Dabei erfüllt der<br />

Kinderchor durchaus auch für die Eltern eine soziale<br />

Funktion: Sie können sich während der 45 Minuten in<br />

der Küche auf demselben Flur gemütlich unterhalten.<br />

„Altönchen“ ist offen für weitere kleine Sängerinnen<br />

und Sänger! Das nächste Projekt: „Jona“, ein<br />

Kindermusical.<br />

Karin Zickendraht


A U S D E R G E M E I N D E<br />

Neugestaltung des Altarraums<br />

Alles bleibt neu<br />

in St. Johannis<br />

Wer zum ersten Mal in die Johanniskirche kommt, sei<br />

es zum Gottesdienst, danach zur „offenen Kirche“ oder<br />

zu einer der kulturellen Veranstaltungen, staunt wahrscheinlich<br />

zunächst einmal über den überraschend hellen<br />

Raum, ist beeindruckt von der Leichtigkeit der neugotischen<br />

Architektur und freut sich an den warmen<br />

Farben.<br />

Beim zweiten Blick, das mag vorkommen, ein irritiertes<br />

Stutzen: „Kein Kreuz? Kein Taufbecken? Und was<br />

sind das denn für leere Flächen, hinten beim Altar, das<br />

sieht ja aus wie zugenagelt – oder wird da gebaut?“ In<br />

der Tat, im Altarraum bietet sich ein eher nüchternes<br />

Bild. Was schon mal der Vermutung Raum gibt, hier sei<br />

womöglich die kirchliche Nutzung ganz eingestellt, entweiht<br />

oder entwidmet worden. Dabei hatte der<br />

Kirchenvorstand bei der Sanierung des Kirchraums in<br />

den 90er Jahren lediglich entschieden, die neue gewonnene<br />

Leere erst einmal wirken zu lassen. Neues erst im<br />

Kopf entstehen und dann langsam wachsen zu lassen.<br />

Im vergangenen Jahr hat sich der Kirchenvorstand des<br />

Themas wieder angenommen. Zusammen mit den<br />

Gestaltern von BFGF (Büro für Gestaltungsfragen)<br />

haben wir uns zunächst Zeit für eine Bestandsaufnahme<br />

genommen, erste Ideen entwickelt und einfach auch<br />

ganz unzensiert „herumgesponnen“. Auf einige Punkte<br />

haben wir uns schnell verständigen können. Keine Frage<br />

eigentlich, dass die weißen Flächen hinter dem Altar<br />

einer Gestaltung bedürfen – oder doch zurück zu der<br />

Malerei aus den 50er Jahren, damals durchaus zeitgemäß,<br />

die sie verbergen? Nein, das eher nicht. Also etwas<br />

anderes. Vielleicht etwas mit Licht, etwas, womit sich kreativ<br />

umgehen lässt, das womöglich sogar situativ veränderbar<br />

wäre? Und dazu ein stimmiges Ensemble von<br />

Altar, Pult und Taufbecken – damit wäre doch schon viel<br />

gewonnen. Und dann wollen ja noch die Nutzungsmöglichkeiten<br />

der Kulturkirche berücksichtigt werden.<br />

Ein anderes Themenfeld, auch das wurde schnell deutlich,<br />

betrifft die Ausrichtung der <strong>Gemeinde</strong>. Das Nebeneinander<br />

von Stühlen und Bänken (beide Sitzformen<br />

Das hölzerne<br />

Kruzifix hängt<br />

nicht mehr über<br />

dem Altar,<br />

sondern im<br />

Seitenschiff von<br />

St. Johannis<br />

G e m e i n d e A l t o n a – O s t · 19


Prophet Jesaja in<br />

einem Fresko in<br />

der Sixtinischen<br />

Kapelle<br />

(Michelangelo,<br />

1509)<br />

20 . G e m e i n d e j o u r n a l<br />

A U S D E R G E M E I N D E<br />

haben ihre Anhänger) führt zu Problemen, im Extremfall<br />

sogar zu einer gewissen Hierarchie, mindestens aber<br />

zu Verhaltensunsicherheit: „Wo setzt man sich denn hier<br />

hin? Muss ich mich nach vorne setzen?“ Gar nicht einfach,<br />

für diesen großen Raum eine Sitzanordnung zu<br />

erdenken, in der die Gottesdienstbesucher sich als<br />

<strong>Gemeinde</strong> erfahren und gleichzeitig die Freiheit haben,<br />

Nähe oder Distanz zum Geschehen selbst zu bestimmen.<br />

Wir sind noch nicht fertig, eher noch mittendrin. Zu<br />

den konzeptionellen Fragen gesellen sich ästhetische,<br />

und auch über die Finanzierung muss gesprochen und<br />

gestritten werden. Schön wäre es, wenn wir dennoch in<br />

diesem Jahr zu einem Abschluss kämen – mit einer<br />

Neugestaltung, die allen gefällt und entsprechend mitgetragen<br />

werden kann.<br />

Über eines jedenfalls kann man sich jetzt schon freuen:<br />

Die Reduzierung der Gottesdienste seit Januar des<br />

letzten Jahres bedeutet anders, als von vielen befürchtet,<br />

eben keinen langsamen Rückzug aus der kirchlichen<br />

Nutzung von St. Johannis. Im Gegenteil: Der monatliche<br />

Rhythmus hat zu einer inhaltlichen Belebung geführt,<br />

die sich auch in den Besucherzahlen ausdrückt und<br />

augenfällig wird. Kein schlechter Zeitpunkt also, wieder<br />

etwas anzustellen mit St. Johannis.<br />

Nils Kiesbye<br />

„Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit<br />

großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln.<br />

Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig<br />

vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deiner<br />

erbarmen, spricht der HERR, dein Erlöser.“<br />

Jesaja 54,7.8<br />

Ich bin dann mal weg?<br />

Er kann einem schon in den Sinn kommen, der Buchtitel<br />

von Hape Kerkelings Pilgerreise, zumindest dann,<br />

wenn man sich diese Zeilen aus dem Jesajabuch aus der<br />

Perspektive derer zu Gemüte führt, die ja auch gemeint<br />

sind: Nämlich die da Leid tragen. Wie mag sich das anhören<br />

für jemanden, dem der liebe Gott abhanden gekommen<br />

ist im Erleiden eines bösen Schicksals (weil die kleine<br />

Tochter gestorben ist, der Mann mit Krebs im Krankenhaus<br />

liegt, oder Vater und Mutter jeden Abend im<br />

Suff aufeinander losgehen)?<br />

Da hilft es wenig, dass im ursprünglichen Zusammenhang<br />

dieser Verse nicht der Einzelne gemeint ist mit seiner<br />

Verzweiflung, sondern das Volk Israel, das (ins babylonische<br />

Exil verschleppt) schon keines mehr gewesen ist<br />

zu dieser Zeit. Der Gott, den Jesaja da ins Feld führt, er<br />

spricht wie einer, der sich aus der Affaire ziehen will –<br />

einen kleinen Augenblick nur habe er die Menschen verlassen,<br />

ein wenig nur das Angesicht vor ihnen verborgen.<br />

Aber das Leiden dauert länger, als nur einen Augenblick,<br />

und es ist schwer vorstellbar, wie man sich von Gott bloß<br />

ein wenig verlassen fühlen können sollte. Wer Gottes<br />

Abwesenheit relativiert, der relativiert, verniedlicht auch<br />

das Leid, das dem jeweiligen Menschen widerfahren ist<br />

und widerfährt.


T H E O L O G I E<br />

Ein Teil des Problems liegt sicher in unserer Sprache,<br />

in den Möglichkeiten unseres Denkens begründet: „Wir<br />

müssen“, so hat Karl Barth es sinngemäß einmal auf den<br />

Punkt gebracht, „als Menschen von Gott reden und können<br />

es zugleich als Menschen nicht.“ Wir können es<br />

jedenfalls nicht auf angemessene Weise. Wir erleben<br />

Gott manchmal als ganz nah, fast greifbar seine<br />

Gegenwart, und dann wieder entzieht er sich, kommt uns<br />

abhanden in allen Erfahrungen, die gegen ihn sprechen.<br />

Beides zusammenzudenken, zusammenzubringen in<br />

einem göttlichen Wesen, das ist schwer. Vielleicht ist dies<br />

aber genau der Versuch, den Jesaja im Rahmen seiner<br />

geschichtlichen Denkweise mit den uns überlieferten<br />

Worten unternimmt. Der uns wohlgesonnene und der<br />

feindliche Gott, sie schließen einander nicht aus, sondern<br />

gehören zusammen. Wie Gott sich uns gegenüber letztlich<br />

verhält und zeigt, das liegt nach Jesaja dann in unserem<br />

eigenen Verhalten begründet. Diese Schlussfolgerung<br />

allerdings ist problematisch und verdankt sich wohl<br />

dem verständlichen Bedürfnis, die Erfahrungen von<br />

Gottes Abwesenheit verstehbar zu machen und damit zu<br />

legitimieren.<br />

Wir haben es heute schwerer damit, den „lieben Gott“<br />

gegen den uns fremden und fernen Gott in Schutz zu<br />

nehmen. Wir stehen beiden Gesichtern Gottes gegenüber<br />

und halten es dann unbewusst vielleicht mit <strong>Luth</strong>er,<br />

dem wir die Empfehlung verdanken, dass es gut sei, in<br />

solchen Situation von Gott zu Gott zu fliehen – also dem<br />

uns im Leiden abhanden gekommenen Gott immer wieder<br />

den anderen Gott entgegenzustellen, von dem jeder<br />

von uns auch etwas zu erzählen hat und der da ist, auch<br />

wenn wir ihn nicht sehen können. Ich glaube, dass es<br />

wichtig ist, die Verse des Jesaja ganz bewusst zu lesen<br />

auch vor dem Hintergrund der Passionszeit, auf die wir<br />

zugehen. Von Jesus ist uns überliefert, er habe am Kreuz<br />

den Satz hinausgeschrien: „Mein Gott, mein Gott,<br />

warum hast du mich verlassen?“ Und fast scheint es, als<br />

würde selbst in diesem Ausdruck tiefster Gottver -<br />

lassenheit noch tröstliche Gewissheit schlummern – wie<br />

sonst könnte man sich an jemanden wenden, von dem<br />

man sich zugleich verlassen meint?<br />

Nils Kiesbye<br />

Über das<br />

Gefühl, von<br />

Gott verlassen<br />

worden zu sein,<br />

philosophiert<br />

Pastor Nils<br />

Kiesbye<br />

So wie Janus in<br />

der römischen<br />

Mythologie hat<br />

auch der Gott<br />

des Alten<br />

Testaments<br />

mindestens zwei<br />

Gesichter<br />

G e m e i n d e A l t o n a – O s t · 21


22 . G e m e i n d e j o u r n a l<br />

D I A K O N I E<br />

Gemeinsame Erfahrungen mit der Diakonie<br />

Hamburg mal ganz<br />

anders<br />

Seit knapp einem Jahr bin ich als Vikar der <strong>Gemeinde</strong><br />

aktiv und möchte von einem Projekt mit den KonfirmandInnen<br />

erzählen. Im Herbst haben wir uns theoretisch<br />

und praktisch mit dem Thema „Diakonie“ beschäftigt.<br />

Wir haben uns mit Menschen getroffen, die<br />

Hilfe benötigt und erfahren haben und anderen, die<br />

Hilfe anbieten. Wir wollten ein Gefühl dafür bekommen,<br />

wie Menschen hilfsbedürftig werden und wie es<br />

ist, anderen Menschen zu helfen.<br />

In kleinen Gruppen sind wir losgezogen. Mit der<br />

ersten Gruppe ging es nach St. Georg ins „Café<br />

Sperrgebiet“, eine Einrichtung des Diakonischen Werks.<br />

Hier finden Mädchen und junge Frauen, die bereits früh<br />

Verantwor-tung für sich selbst übernehmen müssen,<br />

Unterstützung. Die Probleme, mit denen sie kämpfen,<br />

sind vielfältig. Drogen und Prostitution spielen eine große<br />

Rolle, aber auch Obdachlosigkeit und schwere<br />

Familiensituationen. Das „Sperrgebiet“ bietet einen<br />

Schutzraum und eine erste Möglichkeit, wieder zur Ruhe<br />

zu kommen. Aktive Hilfe nehmen die Mädchen meist<br />

erst nach einiger Zeit in Anspruch.<br />

Die natürliche Art des Umgangs der Menschen im<br />

„Sperrgebiet“ hat die Konfirmandinnen stark beeindruckt.<br />

Sie erzählten den anderen: „Die Mädchen kommen<br />

vorbei und denken sich: ‚Ach, da ist ja auf. Dann geh<br />

ich mal rein und lege mich aufs Sofa.‘ – Einmal in der<br />

Woche können die Mädchen auch basteln. Wenn sie wollen,<br />

werden sie massiert. Es gibt da auch Schlafplätze. –<br />

Ich fand es sehr heftig zu hören, dass die Mädchen oft in<br />

den Toiletten bewusstlos werden. Deshalb gibt es an den<br />

Toilettentüren keine Schlösser. Sie werden bewusstlos,<br />

weil sie Drogen nehmen oder weil sie nicht genug<br />

geschlafen haben oder weil es draußen kalt ist und sie die<br />

Wärme nicht gewohnt sind. Sie haben einen zu niedrigen<br />

Blutdruck. Wenn sie die Tür abgeschlossen haben, dann<br />

kann man ihnen im Notfall nicht helfen.“<br />

Eine andere Gruppe hatte sich für einen Ausflug mit<br />

dem Hinz & Kunzt-Verkäufer Fred entschieden. Fred ist<br />

seit mehreren Jahren obdachlos, inzwischen aus<br />

Überzeugung. Er erzählt seine Geschichte in einer nüchternen<br />

Art. Sein Leben hatte er eigentlich gut im Griff.<br />

Der tödliche Unfall von Frau und Kindern hat dann sein<br />

ganzes Leben verändert. Ohne Familie fehlte ihm jeglicher<br />

Halt. „Dann ging’s bergab. Zuerst der Job, dann<br />

die Wohnung. Da saß ich dann auf der Straße.“ So trokken<br />

wie Fred sein Schicksal präsentiert, kommt bei uns<br />

weder Scham noch falsches Mitleid auf. Ich merke ein<br />

Gefühl der Betroffenheit und des gleichzeitigen<br />

Respekts bei mir, der Gruppe geht es auch so. Fred steht<br />

zu seiner Geschichte. Er erzählt von seinem neuen<br />

Leben, seiner Arbeit als Verkäufer auf der Straße. Wir<br />

merken, welche Qualitäten dieses Leben bietet, wofür er<br />

dankbar ist und warum er nicht in eine Wohnung zurück<br />

möchte. „Ich fand es gut“, so schildert eine Konfirman-


D I A K O N I E<br />

din später, „dass er so offen über alles geredet hat. Er hat<br />

viele Vorurteile gegenüber Obdachlosen entkräftet.“<br />

Als Nebenjob führt Fred Menschen auf einem alternativen<br />

Stadtrundgang durch das Viertel um den Hauptbahnhof.<br />

Er schildert detailliert den Tagesablauf, den<br />

Obdachlose bewältigen, und spricht über Dinge, die man<br />

sonst nur selten erfährt: Dass den Geschäftsleuten<br />

Obdachlose nachts vor der Tür lieber sind als kaputte<br />

Schaufensterscheiben am Morgen, welche Schwierigkeiten<br />

Obdachlose untereinander haben, wie es sich anfühlt,<br />

wenn man fast den ganzen Tag draußen ist. Er führt<br />

uns an Orte, die keiner mitten in der Stadt vermutet.<br />

Zurück am Hauptbahnhof sind wir wie erschlagen. Wir<br />

bedanken uns bei Fred. Fröhlich macht er sich auf den<br />

Weg. Er hat uns sehr beeindruckt und irgendwie hat sich<br />

unser Bild von der Stadt verändert.<br />

Ein letzter Ausflug brachte sechs Konfis noch näher<br />

an diese Lebensrealität heran. Bei der Fahrt mit dem<br />

Mitternachtsbus müssen sie selbst mit anpacken und das<br />

von sieben Uhr abends bis ungefähr Mitternacht. Kein<br />

Problem für die Gruppe, die frisch von der Klassenfahrt<br />

kommt. Ich hatte den Eindruck, sie sind so richtig im<br />

Nachtmodus.<br />

Täglich wird der Mitternachtsbus von Ehrenamtlichen<br />

beladen und fährt dann durch die Stadt – zwischen<br />

Hauptbahnhof und Bahnhof Altona. Anfangs waren die<br />

Berührungsängste groß. Doch schon an der ersten Station<br />

bricht das Eis. Aus dem Bus reichen die Konfis<br />

belegte Brötchen und Getränke heraus, verkaufen<br />

Decken und Schlafsäcke. Das ehrenamtliche Bus-Team<br />

leitet nur an und nutzt die Gelegenheit, mit den Klienten<br />

zu reden. Auch die Konfis werden in Gespräche verwikkelt<br />

und fühlen sich wohl. Überall wird der Bus erwartet<br />

und freudig begrüßt. An einigen Stellen treffen wir<br />

Bekannte wieder, die uns sozusagen gefolgt sind. Am<br />

Schluss der Tour werden die Reste abgeliefert. Die<br />

Konfis erzählten: „Die meisten Obdachlosen waren total<br />

freundlich und dankbar, als sie ihre Verpflegung bekamen.<br />

– Ein Blinder trank einen Kaffee und wollte wissen,<br />

wer den Kaffee gemacht hat. ‚Diese Frau ist heiratsfähig‘,<br />

sagte er und ging.“<br />

Till Karnstädt<br />

Der<br />

Mitternachtsbus<br />

fährt dahin, wo<br />

die Obdachlosen<br />

sind<br />

G e m e i n d e A l t o n a – O s t · 23


Verkehrsverbindung<br />

S-Bahn Holstenstraße; Metro-Bus 3 und Bus 15,<br />

Haltestelle Sternbrücke; Bus 20, 25, 183 und<br />

283, Haltestelle Max-Brauer-Allee Mitte<br />

Adresse<br />

<strong>Ev</strong>.-<strong>Luth</strong>. <strong>Kirchengemeinde</strong> Altona-Ost<br />

Bei der Johanniskirche 16, 22767 Hamburg<br />

<strong>Gemeinde</strong>büro<br />

43 43 34, Fax: 43 93 637<br />

Ansprechpartnerinnen:<br />

Britta Nöbbe, Annika Köhler<br />

Montag: 10 bis 13 Uhr, 15 bis 17 Uhr<br />

Dienstag und Donnerstag: 10 bis 13 Uhr<br />

buero@gemeinde-altona-ost.de<br />

Pfarramt<br />

Pastor Dr. Friedrich Brandi-Hinnrichs:<br />

4 30 04 31, Fax: 43 18 84 57<br />

pastor.brandi@gemeinde-altona-ost.de<br />

Am Brunnenhof 38, 22767 Hamburg<br />

Pastor Nils Kiesbye: 43 20 01 36<br />

pastor.kiesbye@gemeinde-altona-ost.de<br />

Bei der Johanniskirche 16,<br />

22767 Hamburg<br />

Pastorin Irmgard Nauck: 43 64 15<br />

pastorin.nauck@gemeinde-altona-ost.de<br />

Bei der Johanniskirche 16,<br />

22767 Hamburg<br />

Pastorin Annette Reimers-Avenarius:<br />

43 29 17 32<br />

pastorin.reimers@gemeinde-altona-ost.de<br />

Am Brunnenhof 38, 22767 Hamburg<br />

Pastorin Vanessa von der Lieth:43 43 34<br />

pastorin.lieth@gemeinde-altona-ost.de<br />

Am Brunnenhof 38, 22767 Hamburg<br />

Jugendbüro<br />

Anna Lüdemann: 43 91 283<br />

Fax: 43 28 07 55<br />

jugendbuero@gemeinde-altona-ost.de<br />

Otzenstraße 19 (Kirche), 22767 Hamburg<br />

24 . G e m e i n d e j o u r n a l<br />

Absender: <strong>Ev</strong>.-<strong>Luth</strong>. <strong>Kirchengemeinde</strong> Altona-Ost<br />

Bei der Johanniskirche 16, 22767 Hamburg<br />

Kita Friedenskirche<br />

Wilma Wojtzik: 43 25 49 08<br />

kindergarten@friedenskirche-altona.de<br />

Otzenstraße 2a, 22767 Hamburg<br />

Kita Billrothstraße<br />

Maren Podgorsky/Dirk Konstanzer:<br />

38 61 63 61<br />

kita-billrothstrasse@gemeinde-altona-ost.de<br />

Billrothstraße 79, 22767 Hamburg<br />

Kirchenmusik<br />

Mike Steurenthaler: 28 06 132<br />

Chor St. Johannis / Kirchenmusik<br />

msteurenthaler@t-online.de<br />

Fernando Swiech: 43 28 07 53<br />

Organist / Chor der Friedenskirche<br />

fernando.swiech@gemeinde-altona-ost.de<br />

African Branch<br />

Joana Pokuwa: 84 43 56<br />

Otzenstraße 19, 22767 Hamburg<br />

Raumvermietung<br />

Friedenskirche und <strong>Gemeinde</strong>haus<br />

Giselinde Höppner: 34 60 39<br />

Mobil: 0162 34 08 782<br />

<strong>Gemeinde</strong>journal<br />

Dusan Deak: 43 20 01 33<br />

gejo@gemeinde-altona-ost.de<br />

Bankverbindung<br />

<strong>Kirchengemeinde</strong> Altona-Ost<br />

Hamburger Sparkasse,<br />

Kto. Nr. 1250/124920, BLZ 200 505 50<br />

Telefonseelsorge (kostenfrei)<br />

0800-111 0 111<br />

Kulturkirche Altona GmbH: 43 93 391<br />

www.kulturkirche.de<br />

Adressen unserer Kirchen:<br />

Kirche der Stille, Helenenstraße 14, 22765 Hamburg<br />

St. Johanniskirche, Max-Brauer-Allee/Sternbrücke, 22767 Hamburg<br />

Friedenskirche, Otzenstraße 19, 22767 Hamburg<br />

Unsere Gottesdienste und Veranstaltungen finden Sie auf:<br />

www.gemeinde-altona-ost.de.<br />

Impressum: Redaktionsgruppe Altona-Ost, Dr. Friedrich Brandi, Dusan Deak (Layout),<br />

Dr. Nina Feltz, Nils Kiesbye, Dr. Monika Rulfs, Karin Zickendraht<br />

Fotos: privat, Archiv, Dusan Deak, Nina Feltz, Till Karnstädt, Nils Kiesbye, Moritz Kühn,<br />

Monika Rulfs, Claudia Schober<br />

Kontakt: Dusan Deak, Tel. 43 20 01 33, gejo@gemeinde-altona-ost.de<br />

Druck: alsterpaper/alsterarbeit<br />

V.i.S.d.P.: Pastor Friedrich Brandi, Bei der Johanniskirche 16, 22767 Hamburg

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